Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 AL 95/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 21/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 27.09.206 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe des Insolvenzgeldanspruches.
Der Kläger war seit dem 01.07.1982 bei der Fa. N. GmbH (N.) beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch arbeitgeberseitige Kündigung vom 15.06.2000 zum 30.06.2002.
Der Gesellschafter der N., die Fa. B. AG, hatte deren Aufspaltung und Veräußerung beschlossen, in deren Folge - im Zusammenhang mit geplantem Personalabbau - ein Interessenausgleich gemäß § 111 Betriebverfassungsgesetz (BetrVG) und ein Sozialplan nach § 112 BetrVG am 05.05.2000 abgeschlossen worden waren.
Im Rahmen eines Abwicklungsvertrages vom 15.06.2000 haben der Kläger und N. vereinbart, dass der Kläger - in Anlehnung an den Sozialplan vom 05.05.2000 - als sozialen Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von 173.500,- DM erhalten solle. Die Auszahlung der Abfindung erfolge in Teilbeträgen am 31.07.2000 (57.000,- DM), 30.11.2000 (15.000,- DM), 30.09.2001 (35.000,- DM) und 30.06.2002 (66.500,- DM). Mit Schreiben vom 03.06.2002 kündigte N. an, die letzte Rate der Abfindung aufgrund der getroffenen Tarifvereinbarungen auf 39.000,- EUR (brutto) zu erhöhen.
Am 12.09.2002 beantragte der Kläger die Bewilligung von Insolvenzgeld. Über das Vermögen der N. war am 01.09.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet worden.
Der Kläger machte das für Juni 2002 ausstehende Arbeitsentgelt geltend, wobei er die Auffassung vertrat, die Abgangsvergütung in Höhe von 39.000,- EUR sei in vollem Umfang insolvenzgeldfähig, denn diese sei steuer- und sozialversicherungspflichtig. Diese Sonderprämie sei ihm für besondere Leistungen in Aussicht gestellt worden, wobei sie zur Zahlung am 30.06.2002 fällig gewesen sei. Es handle sich um eine Leistungsprämie anlässlich der erfolgreichen Abwicklung des Unternehmens; dass es sich um eine Leistungsprämie handele, ergebe sich auch aus der Überlegung, dass sich nach dem Sozialplan allein ein Abfindungsanspruch in Höhe von 113.500,- DM errechne, sodass der Prämiencharakter der Abgangsvergütung offenkundig sei.
Der Insolvenzverwalter der N. teilte hierzu mit, dass nach den Personalunterlagen eine Vereinbarung über die Aufteilung der Zahlung von 173.500,- DM auf Abfindung und Prämie nicht vorliege. Lediglich die kalkulatorischen Überlegungen des ehemaligen kaufmännischen Leiters ließen den Schluss zu, dass ein Teil der Abfindung als Prämie zu verstehen sei, wobei in der Schlussrate von 66.500,- DM lediglich ein Prämienanteil von 10.000,- DM vorgesehen gewesen sei. Der Restbetrag von 56.500,- DM sei als Schlussrate der Sozialplanabfindung kalkuliert gewesen. Diese Kalkulation sei jedoch nie Vertragsgrundlage geworden. Lediglich der Differenzbetrag von 2.851,66 EUR, um den die Schlussrate erhöht worden sei (von DM 66.500,- DM = 34.000,91 EUR auf 39.000,- EUR abzüglich der tariflich bedingten Erhöhung der Sozialplanabfindung (= 2.147,43 EUR)), könne als Prämie angesehen werden.
Mit Bescheid vom 20.11.2002 bewilligte die Beklagte dem Kläger Insolvenzgeld, wobei sie eine Prämie von 7.964,58 EUR berücksichtigte. Sie ging davon aus, dass die Schlussrate noch einen Anteil der Sozialplanabfindung enthielte. Diese sei aufgrund der tariflichen Anpassungen des Gehaltes des Klägers (von 113.500,- DM auf 117.700,- DM) um 2.147,43 EUR zu erhöhen. Die Erhöhung der Schlussrate um 4.999,09 (von 66.500.- DM (= 34.000,91 EUR) auf 39.000,- EUR) sei auf die Erhöhung der Sozialplanabfindung (von 113.500.- DM auf 117.700.- DM; 2.147,43 EUR) und Prämie 2.851,66 EUR (= 4.999,09 EUR - 2.147,43 EUR) zu verteilen. Die kalkulatorische Schlussprämie von 10.000.- DM (= 5.112,92 EUR) und die Erhöhung der Schlusszahlung, soweit sie sich auf die Prämie beziehe (2.851,66 EUR), sei insolvenzgeldfähig.
Mit dem Widerspruch vom 10.12.2002 brachte der Kläger vor, dass die ersten drei Raten nach der Formel des Sozialplanes errechnet und ausgezahlt worden seien. Die letzte Rate könne nach Sinn und Zweck nur als Leistungsprämie bewertet werden. Diese wäre bei geringeren Erfolgen möglicherweise entfallen oder gekürzt worden. Aus den Entgeltnachweisen gehe hervor, dass die ersten Zahlungen sozialversicherungsfrei gewesen seien, weil sie vom Arbeitgeber als Abfindungszahlungen angesehen worden wären; dagegen sei die letzte Rate als sozialversicherungspflichtig ausgewiesen, weil sie als Arbeitsentgelt bezeichnet worden sei.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2003 zurück. Es gebe keinen Beleg, dass allein die Schlussrate als Prämie angesehen werden sollte. Der Abwicklungsvertrag selbst sei einer Auslegung nicht zugänglich und zugunsten des Klägers könne allenfalls berücksichtigt werden, dass intern ein Teil der Schlussrate als Prämie ausgewiesen sei.
Mit der am 17.02.2003 zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhobenen Klage machte der Kläger geltend, aus den Unterlagen sei ersichtlich, dass lediglich ein Teil der Abfindung auf die Sozialplanabfindung entfalle. Im Übrigen seien die zugesagten Zahlungen als Prämien für erbrachte Leistungen im Rahmen der Abwicklungsarbeiten zu werten. Auch die Bezeichnungen in den Gehaltsabrechnungen ließen den Schluss zu, dass die letzte Rate als Arbeitsentgelt zu werten sei. Es sei lediglich aus Vereinfachungsgründen der Begriff Abfindung verwendet worden, weil ohnehin die Grenzen der gesetzlichen Sozialversicherung überschritten worden seien. Die interne Regelung des Arbeitgebers könne nicht dazu führen, dass die Fälligkeit der Prämienzahlungen auf einen Zeitraum vor dem Insolvenzgeldraum zu verlegen sei. Die interne Abrechnung habe er nie zu Gesicht bekommen.
Die Einvernahme der Zeugen S. (Geschäftsführer der N.) und S. (Vorgesetzter des Klägers) in der mündlichen Verhandlung ergab, dass dem Kläger in einem Gespräch für die Abwicklungsarbeiten finanzielle Leistungen in Aussicht gestellt worden seien. Die Zahlung einer Prämie sei ein Modell gewesen, für bestimmte Mitarbeiter Anreize zu schaffen, nicht vorzeitig aus dem Betrieb auszuscheiden.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 27.09.2006 ab. Die Zahlungen seien als Abfindungen anzusehen, die nicht insolvenzgeldfähig seien. Es gebe keinen Beleg dafür, dass die Abfindungszahlung im Juni 2002 in vollem Umfang oder auch nur zum Teil als Prämie anzusehen sei.
Mit der am 05.01.2007 beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegten Berufung hat der Kläger vorgebracht, der Abwicklungsvertrag sei nach Sinn und Zweck auszulegen. Mit dem Geschäftsführer der N. sei zusätzlich zur Sozialplanabfindung eine "Durchhalteprämie" vereinbart worden, die nach seiner Überzeugung erst mit der letzten Rate von 66.500,- DM zur Auszahlung kommen sollte, denn die Sozialplanabfindung sei mit den ersten Raten abgegolten worden. Soweit im Abwicklungsvertrag einheitlich von einer Abfindung die Rede sei, beruhe dies allein auf Formulierungen der Personalabteilung, die eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen abzuwickeln hatte. Dies ändere jedoch nichts an der Vereinbarung mit der Geschäftsführung, dass ein Teil der "Abfindung" in Höhe von DM 60.000,- als Leistungsprämie zugesichert gewesen sei. Dieser Charakter einer Abschlussprämie zeige sich auch darin, dass ab dem 01.07.2000 für jeden Tag der tatsächlichen Anwesenheit ein Betrag von 75,- DM zu beanspruchen gewesen sei.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichtes Würzburg aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 20.11.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2003 zu verpflichten, dem Kläger Insolvenzgeld aus weiteren 25.564,59 EUR zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Allein die Bezeichnung der Rate von 39.000,- EUR in der Entgeltabrechnung vom 27.06.2002 als Abgangsvergütung lasse keinen zweifelsfreien Schluss zu, dass es sich insgesamt um eine Leistungsprämie handeln könnte.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die beigezogene Akte der Beklagten und die gerichtlichen Akten erster und zweiter Instanz.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerechte Berufung, §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG), ist zulässig, in der Sache aber unbegründet. Das Urteil des SG ist - zumindest im Ergebnis - nicht zu beanstanden.
Der Bescheid der Beklagten vom 20.11.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2003 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, aus der zuletzt noch streitgegenständlichen "Abgangsvergütung" von 39.000,- EUR einen höheren Bruttobetrag als 7.964,58 EUR als insolvenzgeldfähig zu berücksichtigen.
Arbeitnehmer haben Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitsgebers (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben, § 183 Abs.1 S.1 Nr.1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III).
Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch von 25.564,59 EUR beruht auf der Überlegung, dass von der nach seiner Auffassung ursprünglich vereinbarten Prämie von 60.000,- DM (= 30.677,51 EUR) die Beklagte bisher lediglich 10.000,- DM (= 5.112,92 EUR) bei der Berechnung des Insolvenzgeldes berücksichtigt habe.
Den vom Kläger geltend gemachten Restbetrag von 50.000,- DM (= 25.564,59 EUR) hatte die Beklagte bei der Berechnung des Insolvenzgeldanspruches jedoch nicht zu berücksichtigen, weil dieser Anspruch - soweit man ihn als Arbeitsentgeltanspruch ansieht - nicht im Insolvenzgeldzeitraum erarbeitet worden ist.
Den vom Kläger geltend gemachten Betrag von 60.000,- DM als Arbeitsentgelt zu qualifizieren begegnet zwar erheblichen Bedenken, denn der Wortlaut des Abwicklungsvertrages vom 15.06.2000 spricht allein von einer Abfindung entsprechend dem Sozialplan. Für eine solche Abfindung wäre nach § 184 Abs.1 Nr.1 SGB III ein Anspruch auf Insolvenzgeld ausgeschlossen.
Gleichwohl lassen die Gesamtumstände - entgegen der Auffassung des SG - den Schluss zu, dass die im Abwicklungsvertrag vom 15.06.2000 als Abfindung bezeichnete Leistungszusage von 173.500,- DM in einen Teil aufzuspalten ist, der sich auf die Sozialplanabfindung bezieht, und einem Teil Arbeitsentgeltcharakter für geleistete Dienste beizumessen ist.
Insoweit musste sich der Senat nicht gedrängt sehen, weitere Sachaufklärung von Amts wegen zu betreiben und den Anregungen des Klägers folgen, den Zeugen H. zu hören oder die Personalakte des Klägers beizuziehen.
Eine Einvernahme des Zeugen H. - wie im Vorfeld der mündlichen Verhandlung angeregt - war nicht geboten, denn der Kläger hatte bereits erstinstanzlich eingeräumt, dass dieser Zeuge bei den Vertragverhandlungen nicht beteiligt gewesen sei. Insofern war seitens des Klägers nicht nachvollziehbar dargelegt, aus welchen Gründen die Aussage des Zeugen erheblich gewesen wäre, denn letztlich hätte der Zeuge - wie auch der Senat - nur anhand der Personalakte Rückschlüsse auf möglicherweise getroffene Absprachen ziehen können. Insoweit wäre allenfalls die Beiziehung der Personalakte in Betracht zu ziehen gewesen, jedoch bestand auch hierfür kein Anlass.
Der Kläger hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt, dass über die - letztlich entscheidungserhebliche - Frage, welche Konsequenzen sich ergäben, wenn er vorzeitig aus dem Betrieb ausscheiden würde, nicht mit der Geschäftsführung gesprochen worden sei. Insofern war nicht zu erwarten, dass sich aus der Beiziehung der Personalakte weitere Erkenntnisse gewinnen ließen, als aus den Unterlagen, die der Kläger selbst gefertigt und im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren vorgelegt hat. Der Kläger hat selbst auch nicht behauptet, dass sich aus der Personalakte Informationen gewinnen ließen, die einen zweifelsfreien Schluss auf das Schicksal der Schlusszahlung zuließen, falls der Kläger vorzeitig aus dem Betrieb ausscheiden würde. Dem Kläger ging es im Wesentlichen darum - anhand der Personalakte - belegen zu können, dass eine Prämie von 60.000,- DM vereinbart worden war.
Dies bedarf jedoch keines Beweises, denn der Senat unterstellt - wie auch die Beklagte - die Vereinbarung einer Prämie von 60.000,- DM als wahr, denn hierfür spricht - auch wenn sich dies aus den vertraglichen Regelungen selbst nicht ergibt - bereits die Höhe der Abfindung. Nach dem Sozialplan hätte dem Kläger - entsprechend der Formel des Sozialplanes (Ziff. 3.1 des Sozialplanes vom 05.05.2000) beim Ausscheiden zum 30.06.2002 ein Betrag von gerundet 117.700,- DM (= 20 x 54 x 10.212,94: 93,75 bzw. von 113.500.- DM (auf der Grundlage des im Juni 2000 maßgeblichen Arbeitsentgeltes von 9.345,- DM) zugestanden. Insofern lässt sich die vom Kläger geltend gemachte Prämie von 60.000,- DM rechnerisch nachvollziehen (= 173.500,- DM - 113.500,- DM).
Die Höhe dieses Betrages, aber auch die Aufteilung in Abfindung und Prämie, lässt sich nach den vorgelegten Unterlagen aus der Personalakte des Klägers nachvollziehen. Im Vorfeld des Abwicklungsvertrages vom 15.06.2000 hatte die kaufmännische Abteilung der N. bereits die Höhe der Prämie und deren Auszahlungszeitpunkt kalkulatorisch geplant. Dies lässt den Schluss zu, dass dem Kläger seitens der Geschäftsführung der N. eine vom Sozialplan unabhängige Prämie zugesichert worden war; dass derartige Prämienmodelle für Mitarbeiter angedacht waren, die für die Abwicklung des Geschäftsbetriebes gehalten werden sollten, und dem Kläger seitens der Geschäftsführung der N. ein solcher finanzieller Anreiz auch in Aussicht gestellt worden war, hat die Einvernahme der Zeugen S. und S. im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem SG ergeben.
Gleichwohl hat der Kläger keinen Anspruch, dass die Prämie von 60.000,- DM in einem höheren Umfang in die Berechnung des Insolvenzgeldanspruches einbezogen wird, als dies die Beklagte mit Bescheid vom 20.11.2002, d.h. in Höhe von 10.000.- DM (= 5.112,59 EUR) bereits berücksichtigt hat.
Anspruch auf Insolvenzgeld besteht nur für Arbeitsentgelt, das dem Insolvenzgeldzeitraum, d.h. den drei Monaten vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses zuzuordnen ist. Hierbei verbietet sich eine schematische Betrachtungsweise, da sowohl das Bundessozialgericht als auch das Bundesarbeitsgericht zum Ausdruck gebracht haben, dass insoweit keine einheitlichen Grundsätze aufgestellt werden können. Es ist vielmehr für jede Art des Arbeitsentgeltes zu prüfen, wie es zeitlich zuzuordnen ist. Hierbei spielt die Frage der Fälligkeit regelmäßig keine Rolle, ebenso wenig, ob der Anspruch bezifferbar ist oder ob Realisierungshindernisse entgegenstehen (vgl. Peters-Lange in Gagel - SGB III, § 183 RdNr.106).
Unter Beachtung der Grundsätze des Bundessozialgerichtes, die zu den Jahressonderzahlungen entwickelt worden sind, kommt es für die Frage der zeitlichen Zuordnung darauf an, für welchen Zeitraum bzw. zu welchem Zeitpunkt und zu welchem Zweck das geschuldete Arbeitsentgelt vom Arbeitgeber zu erbringen war. (Peters-Lange aaO § 183 RdNr.108 mwN), denn allein die Fälligkeit einer Zahlung besagt nichts über deren Rechtsqualität.
Der Kläger selbst hat die Prämie stets als sogenannte "Durchhalteprämie" bezeichnet, die erst am Ende des Arbeitsverhältnisses fällig werden sollte. Es ist daher nicht erkennbar, dass die Prämie in irgend einer Form an einen Erfolg geknüpft gewesen wäre, der erst im Insolvenzgeldzeitraum eingetreten ist, und ohne den ein Anspruch auf die Prämie nicht bestanden hätte (zur Erfolgsprämie vgl. HessLSG, Urteil vom 29.04.1993 - L 6 Ar 666/92). Hierfür sprechen auch die Einlassungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 30.04.2008, dass er bereits einen unterschriftsreifen Anschlussarbeitsvertrag vorliegen hatte, der jedoch wegen der Insolvenz nicht mehr zustande gekommen sei. Dies lässt den Schluss zu, dass die Parteien des Arbeitsvertrages - aufgrund der Qualifikation des Klägers - bereits frühzeitig von einer Kontinuität des Beschäftigungsverhältnisses über den 30.06.2002 hinaus ausgegangen waren, sodass keine Zäsur erkennbar ist, die einen wie auch immer definierten Erfolg im Insolvenzgeldzeitraum nachvollziehbar macht.
Vorliegend lassen daher sowohl die nachvollziehbaren Anhaltspunkte, als auch die eigenen Angaben des Klägers lediglich den Schluss zu, dass die Prämie im Wesentlichen erbracht werden sollte für das zur Verfügungstellen der Arbeitskraft bis zu dem in der Abwicklungsvereinbarung vereinbarten Zeitpunkt. Ohne die Definition eines Erfolges, an den eine Zahlung der Prämie zu knüpfen wäre, ist die vom Kläger behauptete Zahlungspflicht des Arbeitgebers am Ende des Arbeitsverhältnisses allenfalls als Vereinbarung über die Fälligkeit des Anspruches anzusehen. Allein die Fälligkeit einer Zahlung ist jedoch kein Kriterium, das für die Zuordnung zum Insolvenzgeldzeitraum maßgeblich ist. In diesem Zusammenhang bedarf es auch keiner Klärung, zu welchem Zeitpunkt die Prämienzahlung fällig geworden ist, denn auch die vom Kläger behauptete Fälligkeit im Insolvenzgeldzeitraum führt zu keiner anderen Betrachtungsweise.
Mit der Zahlung der Prämie sollte auch nicht allein die Betriebstreue des Klägers belohnt werden, die unabhängig von einer erbrachten Arbeitsleistung des Klägers zu beanspruchen gewesen wäre (vgl. zu den Voraussetzungen einer Belohnung für Betriebstreue; BSG, Urteil vom 18.01.1990 - 10 RAr 10/89). Der Kläger hat hierzu selbst angegeben, dass in Bezug auf die Prämie keine Vereinbarungen, insbesondere kein Verfall der Prämie für den Fall getroffen waren, dass er frühzeitig aus dem Betrieb ausscheiden würde.
Dem Kläger ist - nach eigenen Angaben - die Prämie im Wesentlichen deshalb zugesagt worden, weil der Arbeitgeber auf das Engagement des Klägers bis zur Schließung des Betriebes angewiesen war und die Arbeitskraft des Klägers auch nutzen wollte. Dies hat auch der Zeuge S. , der Geschäftsführer der N., in der mündlichen Verhandlung vor dem SG bestätigt.
Soweit daher Elemente der Betriebstreue für die Auslobung der Prämie eine Rolle gespielt haben sollten, würde dies allenfalls dazu führen, dass der Prämie Mischcharakter beizumessen ist. Insgesamt spricht für eine derartige Qualifizierung der Prämie vor allem der Umstand, dass der Kläger ab dem 01.07.2000 neben der Prämie eine zusätzliche Entlohnung von 75,- DM für jeden Tag der tatsächlichen Anwesenheit erhalten hat.
Aber auch eine Prämie mit Mischcharakter im oben genannten Sinne, die sowohl eine Arbeitsleistung, als auch die Betriebstreue belohnt, ist dem Insolvenzgeldzeitraum nur zeitanteilig zuzuordnen (vgl. BSG, Urteil vom 10.09.1987 - 10 RAr 10/86, BSGE 62, 131).
Vorliegend hatte der Kläger nach Auffassung des Senates daher nur Anspruch auf eine - für die drei Monate des Insolvenzgeld- zeitraums - anteilige Prämie, die für den Zeitraum der Abwicklungsvereinbarung (vom 01.07.2000 bis 30.06.2002) über die Sozialplanabfindung hinaus zugesagt worden war.
Unter Berücksichtigung des zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses maßgeblichen Arbeitsentgeltes von monatlich 10.212,94 DM hatte der Kläger Anspruch auf eine Abfindung aus dem Sozialplan in Höhe von 117.700,- DM (= 60.179,05 EUR). Insgesamt waren dem Kläger bis zu Beginn des Insolvenzgeldzeitraumes aus der vereinbarten Abfindung 107.000,- DM (= 54.708,23 EUR) ausbezahlt. Mit Schreiben vom 03.06.2002 hat der Arbeitgeber die Zusage über die Schlusszahlung auf 39.000,- EUR erhöht, sodass der Kläger insgesamt Abfindungen und Prämien in Höhe von 93.708,23 EUR (= 54.708,23 EUR + 39.000,- EUR) zu beanspruchen hatte. Abzüglich der Sozialplanabfindung entfielen daher 33.529,18 EUR (= 93.708,23 EUR - 60.179,05 EUR) auf die zeitanteilig zu berücksichtigende Prämie. Nachdem diese Prämie das Engagement des Klägers nach der Abwicklungsvereinbarung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses, mithin für den Zeitraum vom 01.07.2000 bis 30.06.2002 befördern sollte, ist die Prämie auf 24 Monate zu verteilen, sodass sich zeitanteilig für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses ein Prämienanspruch von 4.191,15 EUR (= 33.529,18 EUR: 24 x 3) (brutto) errechnet. Die Beklagte hat demgegenüber mit Bescheid vom 20.11.2002 bereits einen Prämienanspruch von 7.964,58 EUR berücksichtigt, sodass eine rechtswidrige Entscheidung zu Ungunsten des Klägers und damit ein höherer Anspruch auf Insolvenzgeld nicht zu erkennen ist. In diesem Zusammenhang ist der Senat nicht an die unzutreffende Auffassung der Beklagten zur Beurteilung des Entgeltcharakters der Prämie gebunden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und ergibt sich aus dem Unterliegen des Klägers.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Absatz 2 Nr.1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe des Insolvenzgeldanspruches.
Der Kläger war seit dem 01.07.1982 bei der Fa. N. GmbH (N.) beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch arbeitgeberseitige Kündigung vom 15.06.2000 zum 30.06.2002.
Der Gesellschafter der N., die Fa. B. AG, hatte deren Aufspaltung und Veräußerung beschlossen, in deren Folge - im Zusammenhang mit geplantem Personalabbau - ein Interessenausgleich gemäß § 111 Betriebverfassungsgesetz (BetrVG) und ein Sozialplan nach § 112 BetrVG am 05.05.2000 abgeschlossen worden waren.
Im Rahmen eines Abwicklungsvertrages vom 15.06.2000 haben der Kläger und N. vereinbart, dass der Kläger - in Anlehnung an den Sozialplan vom 05.05.2000 - als sozialen Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von 173.500,- DM erhalten solle. Die Auszahlung der Abfindung erfolge in Teilbeträgen am 31.07.2000 (57.000,- DM), 30.11.2000 (15.000,- DM), 30.09.2001 (35.000,- DM) und 30.06.2002 (66.500,- DM). Mit Schreiben vom 03.06.2002 kündigte N. an, die letzte Rate der Abfindung aufgrund der getroffenen Tarifvereinbarungen auf 39.000,- EUR (brutto) zu erhöhen.
Am 12.09.2002 beantragte der Kläger die Bewilligung von Insolvenzgeld. Über das Vermögen der N. war am 01.09.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet worden.
Der Kläger machte das für Juni 2002 ausstehende Arbeitsentgelt geltend, wobei er die Auffassung vertrat, die Abgangsvergütung in Höhe von 39.000,- EUR sei in vollem Umfang insolvenzgeldfähig, denn diese sei steuer- und sozialversicherungspflichtig. Diese Sonderprämie sei ihm für besondere Leistungen in Aussicht gestellt worden, wobei sie zur Zahlung am 30.06.2002 fällig gewesen sei. Es handle sich um eine Leistungsprämie anlässlich der erfolgreichen Abwicklung des Unternehmens; dass es sich um eine Leistungsprämie handele, ergebe sich auch aus der Überlegung, dass sich nach dem Sozialplan allein ein Abfindungsanspruch in Höhe von 113.500,- DM errechne, sodass der Prämiencharakter der Abgangsvergütung offenkundig sei.
Der Insolvenzverwalter der N. teilte hierzu mit, dass nach den Personalunterlagen eine Vereinbarung über die Aufteilung der Zahlung von 173.500,- DM auf Abfindung und Prämie nicht vorliege. Lediglich die kalkulatorischen Überlegungen des ehemaligen kaufmännischen Leiters ließen den Schluss zu, dass ein Teil der Abfindung als Prämie zu verstehen sei, wobei in der Schlussrate von 66.500,- DM lediglich ein Prämienanteil von 10.000,- DM vorgesehen gewesen sei. Der Restbetrag von 56.500,- DM sei als Schlussrate der Sozialplanabfindung kalkuliert gewesen. Diese Kalkulation sei jedoch nie Vertragsgrundlage geworden. Lediglich der Differenzbetrag von 2.851,66 EUR, um den die Schlussrate erhöht worden sei (von DM 66.500,- DM = 34.000,91 EUR auf 39.000,- EUR abzüglich der tariflich bedingten Erhöhung der Sozialplanabfindung (= 2.147,43 EUR)), könne als Prämie angesehen werden.
Mit Bescheid vom 20.11.2002 bewilligte die Beklagte dem Kläger Insolvenzgeld, wobei sie eine Prämie von 7.964,58 EUR berücksichtigte. Sie ging davon aus, dass die Schlussrate noch einen Anteil der Sozialplanabfindung enthielte. Diese sei aufgrund der tariflichen Anpassungen des Gehaltes des Klägers (von 113.500,- DM auf 117.700,- DM) um 2.147,43 EUR zu erhöhen. Die Erhöhung der Schlussrate um 4.999,09 (von 66.500.- DM (= 34.000,91 EUR) auf 39.000,- EUR) sei auf die Erhöhung der Sozialplanabfindung (von 113.500.- DM auf 117.700.- DM; 2.147,43 EUR) und Prämie 2.851,66 EUR (= 4.999,09 EUR - 2.147,43 EUR) zu verteilen. Die kalkulatorische Schlussprämie von 10.000.- DM (= 5.112,92 EUR) und die Erhöhung der Schlusszahlung, soweit sie sich auf die Prämie beziehe (2.851,66 EUR), sei insolvenzgeldfähig.
Mit dem Widerspruch vom 10.12.2002 brachte der Kläger vor, dass die ersten drei Raten nach der Formel des Sozialplanes errechnet und ausgezahlt worden seien. Die letzte Rate könne nach Sinn und Zweck nur als Leistungsprämie bewertet werden. Diese wäre bei geringeren Erfolgen möglicherweise entfallen oder gekürzt worden. Aus den Entgeltnachweisen gehe hervor, dass die ersten Zahlungen sozialversicherungsfrei gewesen seien, weil sie vom Arbeitgeber als Abfindungszahlungen angesehen worden wären; dagegen sei die letzte Rate als sozialversicherungspflichtig ausgewiesen, weil sie als Arbeitsentgelt bezeichnet worden sei.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2003 zurück. Es gebe keinen Beleg, dass allein die Schlussrate als Prämie angesehen werden sollte. Der Abwicklungsvertrag selbst sei einer Auslegung nicht zugänglich und zugunsten des Klägers könne allenfalls berücksichtigt werden, dass intern ein Teil der Schlussrate als Prämie ausgewiesen sei.
Mit der am 17.02.2003 zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhobenen Klage machte der Kläger geltend, aus den Unterlagen sei ersichtlich, dass lediglich ein Teil der Abfindung auf die Sozialplanabfindung entfalle. Im Übrigen seien die zugesagten Zahlungen als Prämien für erbrachte Leistungen im Rahmen der Abwicklungsarbeiten zu werten. Auch die Bezeichnungen in den Gehaltsabrechnungen ließen den Schluss zu, dass die letzte Rate als Arbeitsentgelt zu werten sei. Es sei lediglich aus Vereinfachungsgründen der Begriff Abfindung verwendet worden, weil ohnehin die Grenzen der gesetzlichen Sozialversicherung überschritten worden seien. Die interne Regelung des Arbeitgebers könne nicht dazu führen, dass die Fälligkeit der Prämienzahlungen auf einen Zeitraum vor dem Insolvenzgeldraum zu verlegen sei. Die interne Abrechnung habe er nie zu Gesicht bekommen.
Die Einvernahme der Zeugen S. (Geschäftsführer der N.) und S. (Vorgesetzter des Klägers) in der mündlichen Verhandlung ergab, dass dem Kläger in einem Gespräch für die Abwicklungsarbeiten finanzielle Leistungen in Aussicht gestellt worden seien. Die Zahlung einer Prämie sei ein Modell gewesen, für bestimmte Mitarbeiter Anreize zu schaffen, nicht vorzeitig aus dem Betrieb auszuscheiden.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 27.09.2006 ab. Die Zahlungen seien als Abfindungen anzusehen, die nicht insolvenzgeldfähig seien. Es gebe keinen Beleg dafür, dass die Abfindungszahlung im Juni 2002 in vollem Umfang oder auch nur zum Teil als Prämie anzusehen sei.
Mit der am 05.01.2007 beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegten Berufung hat der Kläger vorgebracht, der Abwicklungsvertrag sei nach Sinn und Zweck auszulegen. Mit dem Geschäftsführer der N. sei zusätzlich zur Sozialplanabfindung eine "Durchhalteprämie" vereinbart worden, die nach seiner Überzeugung erst mit der letzten Rate von 66.500,- DM zur Auszahlung kommen sollte, denn die Sozialplanabfindung sei mit den ersten Raten abgegolten worden. Soweit im Abwicklungsvertrag einheitlich von einer Abfindung die Rede sei, beruhe dies allein auf Formulierungen der Personalabteilung, die eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen abzuwickeln hatte. Dies ändere jedoch nichts an der Vereinbarung mit der Geschäftsführung, dass ein Teil der "Abfindung" in Höhe von DM 60.000,- als Leistungsprämie zugesichert gewesen sei. Dieser Charakter einer Abschlussprämie zeige sich auch darin, dass ab dem 01.07.2000 für jeden Tag der tatsächlichen Anwesenheit ein Betrag von 75,- DM zu beanspruchen gewesen sei.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichtes Würzburg aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 20.11.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2003 zu verpflichten, dem Kläger Insolvenzgeld aus weiteren 25.564,59 EUR zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Allein die Bezeichnung der Rate von 39.000,- EUR in der Entgeltabrechnung vom 27.06.2002 als Abgangsvergütung lasse keinen zweifelsfreien Schluss zu, dass es sich insgesamt um eine Leistungsprämie handeln könnte.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die beigezogene Akte der Beklagten und die gerichtlichen Akten erster und zweiter Instanz.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerechte Berufung, §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG), ist zulässig, in der Sache aber unbegründet. Das Urteil des SG ist - zumindest im Ergebnis - nicht zu beanstanden.
Der Bescheid der Beklagten vom 20.11.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2003 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, aus der zuletzt noch streitgegenständlichen "Abgangsvergütung" von 39.000,- EUR einen höheren Bruttobetrag als 7.964,58 EUR als insolvenzgeldfähig zu berücksichtigen.
Arbeitnehmer haben Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitsgebers (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben, § 183 Abs.1 S.1 Nr.1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III).
Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch von 25.564,59 EUR beruht auf der Überlegung, dass von der nach seiner Auffassung ursprünglich vereinbarten Prämie von 60.000,- DM (= 30.677,51 EUR) die Beklagte bisher lediglich 10.000,- DM (= 5.112,92 EUR) bei der Berechnung des Insolvenzgeldes berücksichtigt habe.
Den vom Kläger geltend gemachten Restbetrag von 50.000,- DM (= 25.564,59 EUR) hatte die Beklagte bei der Berechnung des Insolvenzgeldanspruches jedoch nicht zu berücksichtigen, weil dieser Anspruch - soweit man ihn als Arbeitsentgeltanspruch ansieht - nicht im Insolvenzgeldzeitraum erarbeitet worden ist.
Den vom Kläger geltend gemachten Betrag von 60.000,- DM als Arbeitsentgelt zu qualifizieren begegnet zwar erheblichen Bedenken, denn der Wortlaut des Abwicklungsvertrages vom 15.06.2000 spricht allein von einer Abfindung entsprechend dem Sozialplan. Für eine solche Abfindung wäre nach § 184 Abs.1 Nr.1 SGB III ein Anspruch auf Insolvenzgeld ausgeschlossen.
Gleichwohl lassen die Gesamtumstände - entgegen der Auffassung des SG - den Schluss zu, dass die im Abwicklungsvertrag vom 15.06.2000 als Abfindung bezeichnete Leistungszusage von 173.500,- DM in einen Teil aufzuspalten ist, der sich auf die Sozialplanabfindung bezieht, und einem Teil Arbeitsentgeltcharakter für geleistete Dienste beizumessen ist.
Insoweit musste sich der Senat nicht gedrängt sehen, weitere Sachaufklärung von Amts wegen zu betreiben und den Anregungen des Klägers folgen, den Zeugen H. zu hören oder die Personalakte des Klägers beizuziehen.
Eine Einvernahme des Zeugen H. - wie im Vorfeld der mündlichen Verhandlung angeregt - war nicht geboten, denn der Kläger hatte bereits erstinstanzlich eingeräumt, dass dieser Zeuge bei den Vertragverhandlungen nicht beteiligt gewesen sei. Insofern war seitens des Klägers nicht nachvollziehbar dargelegt, aus welchen Gründen die Aussage des Zeugen erheblich gewesen wäre, denn letztlich hätte der Zeuge - wie auch der Senat - nur anhand der Personalakte Rückschlüsse auf möglicherweise getroffene Absprachen ziehen können. Insoweit wäre allenfalls die Beiziehung der Personalakte in Betracht zu ziehen gewesen, jedoch bestand auch hierfür kein Anlass.
Der Kläger hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt, dass über die - letztlich entscheidungserhebliche - Frage, welche Konsequenzen sich ergäben, wenn er vorzeitig aus dem Betrieb ausscheiden würde, nicht mit der Geschäftsführung gesprochen worden sei. Insofern war nicht zu erwarten, dass sich aus der Beiziehung der Personalakte weitere Erkenntnisse gewinnen ließen, als aus den Unterlagen, die der Kläger selbst gefertigt und im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren vorgelegt hat. Der Kläger hat selbst auch nicht behauptet, dass sich aus der Personalakte Informationen gewinnen ließen, die einen zweifelsfreien Schluss auf das Schicksal der Schlusszahlung zuließen, falls der Kläger vorzeitig aus dem Betrieb ausscheiden würde. Dem Kläger ging es im Wesentlichen darum - anhand der Personalakte - belegen zu können, dass eine Prämie von 60.000,- DM vereinbart worden war.
Dies bedarf jedoch keines Beweises, denn der Senat unterstellt - wie auch die Beklagte - die Vereinbarung einer Prämie von 60.000,- DM als wahr, denn hierfür spricht - auch wenn sich dies aus den vertraglichen Regelungen selbst nicht ergibt - bereits die Höhe der Abfindung. Nach dem Sozialplan hätte dem Kläger - entsprechend der Formel des Sozialplanes (Ziff. 3.1 des Sozialplanes vom 05.05.2000) beim Ausscheiden zum 30.06.2002 ein Betrag von gerundet 117.700,- DM (= 20 x 54 x 10.212,94: 93,75 bzw. von 113.500.- DM (auf der Grundlage des im Juni 2000 maßgeblichen Arbeitsentgeltes von 9.345,- DM) zugestanden. Insofern lässt sich die vom Kläger geltend gemachte Prämie von 60.000,- DM rechnerisch nachvollziehen (= 173.500,- DM - 113.500,- DM).
Die Höhe dieses Betrages, aber auch die Aufteilung in Abfindung und Prämie, lässt sich nach den vorgelegten Unterlagen aus der Personalakte des Klägers nachvollziehen. Im Vorfeld des Abwicklungsvertrages vom 15.06.2000 hatte die kaufmännische Abteilung der N. bereits die Höhe der Prämie und deren Auszahlungszeitpunkt kalkulatorisch geplant. Dies lässt den Schluss zu, dass dem Kläger seitens der Geschäftsführung der N. eine vom Sozialplan unabhängige Prämie zugesichert worden war; dass derartige Prämienmodelle für Mitarbeiter angedacht waren, die für die Abwicklung des Geschäftsbetriebes gehalten werden sollten, und dem Kläger seitens der Geschäftsführung der N. ein solcher finanzieller Anreiz auch in Aussicht gestellt worden war, hat die Einvernahme der Zeugen S. und S. im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem SG ergeben.
Gleichwohl hat der Kläger keinen Anspruch, dass die Prämie von 60.000,- DM in einem höheren Umfang in die Berechnung des Insolvenzgeldanspruches einbezogen wird, als dies die Beklagte mit Bescheid vom 20.11.2002, d.h. in Höhe von 10.000.- DM (= 5.112,59 EUR) bereits berücksichtigt hat.
Anspruch auf Insolvenzgeld besteht nur für Arbeitsentgelt, das dem Insolvenzgeldzeitraum, d.h. den drei Monaten vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses zuzuordnen ist. Hierbei verbietet sich eine schematische Betrachtungsweise, da sowohl das Bundessozialgericht als auch das Bundesarbeitsgericht zum Ausdruck gebracht haben, dass insoweit keine einheitlichen Grundsätze aufgestellt werden können. Es ist vielmehr für jede Art des Arbeitsentgeltes zu prüfen, wie es zeitlich zuzuordnen ist. Hierbei spielt die Frage der Fälligkeit regelmäßig keine Rolle, ebenso wenig, ob der Anspruch bezifferbar ist oder ob Realisierungshindernisse entgegenstehen (vgl. Peters-Lange in Gagel - SGB III, § 183 RdNr.106).
Unter Beachtung der Grundsätze des Bundessozialgerichtes, die zu den Jahressonderzahlungen entwickelt worden sind, kommt es für die Frage der zeitlichen Zuordnung darauf an, für welchen Zeitraum bzw. zu welchem Zeitpunkt und zu welchem Zweck das geschuldete Arbeitsentgelt vom Arbeitgeber zu erbringen war. (Peters-Lange aaO § 183 RdNr.108 mwN), denn allein die Fälligkeit einer Zahlung besagt nichts über deren Rechtsqualität.
Der Kläger selbst hat die Prämie stets als sogenannte "Durchhalteprämie" bezeichnet, die erst am Ende des Arbeitsverhältnisses fällig werden sollte. Es ist daher nicht erkennbar, dass die Prämie in irgend einer Form an einen Erfolg geknüpft gewesen wäre, der erst im Insolvenzgeldzeitraum eingetreten ist, und ohne den ein Anspruch auf die Prämie nicht bestanden hätte (zur Erfolgsprämie vgl. HessLSG, Urteil vom 29.04.1993 - L 6 Ar 666/92). Hierfür sprechen auch die Einlassungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 30.04.2008, dass er bereits einen unterschriftsreifen Anschlussarbeitsvertrag vorliegen hatte, der jedoch wegen der Insolvenz nicht mehr zustande gekommen sei. Dies lässt den Schluss zu, dass die Parteien des Arbeitsvertrages - aufgrund der Qualifikation des Klägers - bereits frühzeitig von einer Kontinuität des Beschäftigungsverhältnisses über den 30.06.2002 hinaus ausgegangen waren, sodass keine Zäsur erkennbar ist, die einen wie auch immer definierten Erfolg im Insolvenzgeldzeitraum nachvollziehbar macht.
Vorliegend lassen daher sowohl die nachvollziehbaren Anhaltspunkte, als auch die eigenen Angaben des Klägers lediglich den Schluss zu, dass die Prämie im Wesentlichen erbracht werden sollte für das zur Verfügungstellen der Arbeitskraft bis zu dem in der Abwicklungsvereinbarung vereinbarten Zeitpunkt. Ohne die Definition eines Erfolges, an den eine Zahlung der Prämie zu knüpfen wäre, ist die vom Kläger behauptete Zahlungspflicht des Arbeitgebers am Ende des Arbeitsverhältnisses allenfalls als Vereinbarung über die Fälligkeit des Anspruches anzusehen. Allein die Fälligkeit einer Zahlung ist jedoch kein Kriterium, das für die Zuordnung zum Insolvenzgeldzeitraum maßgeblich ist. In diesem Zusammenhang bedarf es auch keiner Klärung, zu welchem Zeitpunkt die Prämienzahlung fällig geworden ist, denn auch die vom Kläger behauptete Fälligkeit im Insolvenzgeldzeitraum führt zu keiner anderen Betrachtungsweise.
Mit der Zahlung der Prämie sollte auch nicht allein die Betriebstreue des Klägers belohnt werden, die unabhängig von einer erbrachten Arbeitsleistung des Klägers zu beanspruchen gewesen wäre (vgl. zu den Voraussetzungen einer Belohnung für Betriebstreue; BSG, Urteil vom 18.01.1990 - 10 RAr 10/89). Der Kläger hat hierzu selbst angegeben, dass in Bezug auf die Prämie keine Vereinbarungen, insbesondere kein Verfall der Prämie für den Fall getroffen waren, dass er frühzeitig aus dem Betrieb ausscheiden würde.
Dem Kläger ist - nach eigenen Angaben - die Prämie im Wesentlichen deshalb zugesagt worden, weil der Arbeitgeber auf das Engagement des Klägers bis zur Schließung des Betriebes angewiesen war und die Arbeitskraft des Klägers auch nutzen wollte. Dies hat auch der Zeuge S. , der Geschäftsführer der N., in der mündlichen Verhandlung vor dem SG bestätigt.
Soweit daher Elemente der Betriebstreue für die Auslobung der Prämie eine Rolle gespielt haben sollten, würde dies allenfalls dazu führen, dass der Prämie Mischcharakter beizumessen ist. Insgesamt spricht für eine derartige Qualifizierung der Prämie vor allem der Umstand, dass der Kläger ab dem 01.07.2000 neben der Prämie eine zusätzliche Entlohnung von 75,- DM für jeden Tag der tatsächlichen Anwesenheit erhalten hat.
Aber auch eine Prämie mit Mischcharakter im oben genannten Sinne, die sowohl eine Arbeitsleistung, als auch die Betriebstreue belohnt, ist dem Insolvenzgeldzeitraum nur zeitanteilig zuzuordnen (vgl. BSG, Urteil vom 10.09.1987 - 10 RAr 10/86, BSGE 62, 131).
Vorliegend hatte der Kläger nach Auffassung des Senates daher nur Anspruch auf eine - für die drei Monate des Insolvenzgeld- zeitraums - anteilige Prämie, die für den Zeitraum der Abwicklungsvereinbarung (vom 01.07.2000 bis 30.06.2002) über die Sozialplanabfindung hinaus zugesagt worden war.
Unter Berücksichtigung des zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses maßgeblichen Arbeitsentgeltes von monatlich 10.212,94 DM hatte der Kläger Anspruch auf eine Abfindung aus dem Sozialplan in Höhe von 117.700,- DM (= 60.179,05 EUR). Insgesamt waren dem Kläger bis zu Beginn des Insolvenzgeldzeitraumes aus der vereinbarten Abfindung 107.000,- DM (= 54.708,23 EUR) ausbezahlt. Mit Schreiben vom 03.06.2002 hat der Arbeitgeber die Zusage über die Schlusszahlung auf 39.000,- EUR erhöht, sodass der Kläger insgesamt Abfindungen und Prämien in Höhe von 93.708,23 EUR (= 54.708,23 EUR + 39.000,- EUR) zu beanspruchen hatte. Abzüglich der Sozialplanabfindung entfielen daher 33.529,18 EUR (= 93.708,23 EUR - 60.179,05 EUR) auf die zeitanteilig zu berücksichtigende Prämie. Nachdem diese Prämie das Engagement des Klägers nach der Abwicklungsvereinbarung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses, mithin für den Zeitraum vom 01.07.2000 bis 30.06.2002 befördern sollte, ist die Prämie auf 24 Monate zu verteilen, sodass sich zeitanteilig für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses ein Prämienanspruch von 4.191,15 EUR (= 33.529,18 EUR: 24 x 3) (brutto) errechnet. Die Beklagte hat demgegenüber mit Bescheid vom 20.11.2002 bereits einen Prämienanspruch von 7.964,58 EUR berücksichtigt, sodass eine rechtswidrige Entscheidung zu Ungunsten des Klägers und damit ein höherer Anspruch auf Insolvenzgeld nicht zu erkennen ist. In diesem Zusammenhang ist der Senat nicht an die unzutreffende Auffassung der Beklagten zur Beurteilung des Entgeltcharakters der Prämie gebunden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und ergibt sich aus dem Unterliegen des Klägers.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Absatz 2 Nr.1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
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