Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 7 AL 601/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 7/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 108/08 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 12. November 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig sind die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld vom 1. Dezember 1998 bis 31. März 1999 und die Rückerstattung der Leistung.
Der 1940 geborene Kläger bezog von der Beklagten vom 20. Oktober 1997 bis 8. März 1998 Arbeitslosengeld und vom 9. März 1998 bis 13. August 1998 von der AOK Bayern Krankengeld.
Auf seinen Antrag auf Fortzahlung des Arbeitslosengeldes und der Arbeitslosmeldung vom 27. Juli 1998 gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 18. August 1998 Arbeitslosengeld ab 14. August 1998 (217,14 DM wöchentlich, ab 1. Januar 1999 215,32 DM wöchentlich). Mit Bescheid der (damaligen) LVA Unterfranken vom 28. Oktober 1998 erhielt der Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. Februar 1998 in Höhe von monatlich 977,15 DM; die laufenden Zahlungen begannen ab 1. Dezember 1998. Die LVA Unterfranken unterrichtete die Beklagte hiervon mit Schreiben vom 28. Oktober 1998, das dort am 6. November 1998 einging.
Die Beklagte machte mit Schreiben vom 11. November 1998 gegen die LVA Unterfranken einen Erstattungsanspruch für die Zeit vom 1. Februar 1998 bis 8. März 1998 in Höhe von 1.428,11 DM geltend. Mit dem weiteren Schreiben vom gleichen Tag setzte sie den Kläger von der Aufhebung der Bewilligungsentscheidung und die beim Rentenversicherungsträger geltend gemachte Erstattung in Kenntnis. Die Zahlung von Arbeitslosengeld wurde zum 1. April 1999 eingestellt.
Die Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 20. Juli 1999 zu der beabsichtigten Rückforderung der Überzahlung des Arbeitslosengeldes an. Er antwortete, dass er wegen der Überzahlung nach Erhalt des Rentenbescheides fünfmal beim Arbeitsamt S. auf die Überzahlung hingewiesen habe; ihm sei klar, dass er das Geld zurückzahlen müsse.
Mit Bescheid vom 28. Sepember 1999 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 14. August 1998 auf und forderte die Erstattung des vom 14. August 1998 bis 31. März 1999 gezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von 7.111,20 DM.
Der Kläger erklärte sich am 4. Oktober 1999 schriftlich mit der Rückzahlung einverstanden, bat jedoch um Ratenzahlung. Sein Prozessbevollmächtigter legte am 8. Oktober 1999 gegen den Bescheid Widerspruch ein. Die Beklagte treffe ein Mitverschulden an der Überzahlung, der Kläger habe das Arbeitslosengeld gutgläubig verbraucht und sei insoweit entreichert. Die Rückforderung sei für ihn eine unbillige Härte, es liege ein sog. atypischer Fall vor, der eine Aufhebung nur für die Zukunft erlaube.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 28. März 2000 den Widerspruch zurück. Auch wenn sie versäumt habe, den laufenden Leistungsbezug zu beenden, müsse die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit ab 14. August 1998 aufgehoben werden. Das nachträglich erzielte Einkommen führe zum Ruhen des Leistungsanspruchs und dem Kläger sei auch bewusst gewesen, dass ihm das Arbeitslosengeld aufgrund der Rentenbewilligung nicht mehr zugestanden habe. Eine Ermessensausübung sei nicht durchzuführen. Der Kläger könne jedoch Stundung beantragen.
Sein Prozessbevollmächtigter hat mit der Klage vom 14. April 2000 beim Sozialgericht München (SG) u.a. geltend gemacht, der Leistungsanspruch auf Arbeitslosengeld habe erst ab 1. Dezember 1999 geruht. Für den davor liegenden Zeitraum sei eine Rückforderung ausgeschlossen. Die gesetzliche Regelung, die eine rückwirkende Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosengeld wegen wesentlicher Änderung ohne Ermessensausübung zulasse, sei verfassungswidrig; sie verstoße gegen das Willkürverbot und das Rechtstaatsprinzip.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 17. August 2000 entgegnet, wegen der laufenden Rentengewährung erst ab 1. Dezember 1998 ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld ab diesem Zeitpunkt. Der Erstattungszeitraum sei daher auf die Zeit vom 1. Dezember 1998 bis 31. März 1999 - bis zu diesem Tag sei Arbeitslosengeld gezahlt worden - begrenzt. Entgegen dem Klägerbevollmächtigten sei die gesetzliche Regelung nicht verfassungswidrig. Ein Erlass der Rückforderung komme nicht in Betracht.
Das SG hat mit Urteil vom 12. November 2002 die Beklagte unter Abänderung des Bescheides und 28. September 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. März 2000 verurteilt, die Aufhebung und Erstattung des Arbeitslosengeldes auf die Zeit ab 1. Dezember 1998 zu begrenzen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, wie sie bei Erlass des Bewilligungsbescheides von Arbeitslosengeld für die Zeit ab 14. August 1998 vorlagen, sei ab 1. Dezember 1998 insoweit eingetreten, als das Arbeitslosengeld wegen der ab diesem Zeitpunkt beginnenden laufenden Zahlung der Erwerbsunfähigkeitsrente ruhe. Die Beklagte sei daher zur Rückforderung der Leistungsbewilligung für die Vergangenheit ab 1. Dezember 1998 berechtigt. Hingegen seien die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld und die Verpflichtung zur Erstattung der erbrachten Leistung in der Zeit vom 14. August 1998 bis 30. November 1998 rechtswidrig.
Der Klägerbevollmächtigte hat gegen das Urteil am 9. Januar 2003 Berufung eingelegt. Dem Kläger stehe gegen den Anspruch der Beklagten auf Erstattung des Arbeitslosengeldes vom 1. Dezember 1998 bis 31. März 1999 Vertrauensschutz zu. Die Beklagte allein trage die Verantwortung für die Überzahlung des Arbeitslosengeldes. Der gesetzlich geregelte Wegfall einer Verpflichtung zur Ermessensausübung sei verfassungswidrig.
Er beantragt, die Beklagte zu verurteilen unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts München vom 12. November 2002 und den Bescheid vom 28. September 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. März 2000 auch insoweit aufzuheben, als die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. Dezember 1998 bis 31. März 1999 aufgehoben und Erstattung des Arbeitslosengeldes für die Zeit vom 1. Dezember 1998 bis 31. März 1999 vom Kläger gefordert wird.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Im Übrigen wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten und des SG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung ist unbegründet.
Streitig ist im vorliegenden Fall nur noch die Erstattung des überzahlten Arbeitslosengeldes vom 1. Dezember 1998 bis 31. März 1999, da die Beklagte mit Schreiben vom 17. August 2000 unter Bezugnahme auf die Bestimmung des § 142 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch III (SGB III) von einer weiteren Rückerstattung ab 14. August 1998 abgesehen hat.
Rechtsgrundlage für die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung des Arbeitslosengeldes und Rückforderung sind § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch X (SGB X) i.V.m. § 330 Abs. 3 Sozialgesetzbuch III (SGB III) und § 50 Abs. 1 SGB X. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1, 2 SGB X ist ein Verwaltungsakt aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll nach § 48 Abs. 1 Satz 2, 3 Nr. 4 SGB X vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen ist, oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Der Verwaltungsakt soll gleichfalls mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde.
§ 330 Abs. 3 SGB III regelt, dass bei Vorliegen der in § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung dieser mit Wirkung von Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben ist. § 50 Abs. 1 SGB X sieht vor, dass bereits erbrachte Leistungen zu erstatten sind, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist.
Die Beklagte hat die Jahresfrist des §§ 48 Abs. 4 S. 1 i.V.m. 45 Abs. 4 S. 2 SGB X eingehalten. Danach muss die Behörde die Aufhebung eines Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen durchführen, die die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen. Die Jahresfrist hat mit dem Tag nach Eingang der Mitteilung des Rentenversicherungsträgers am 6. November 1998 begonnen (§ 26 Abs. 1 SGB X i.V.m. §§ 187, 188 Bürgerliches Gesetzbuch) und war noch nicht abgelaufen, als die Beklagte den angefochtenen Änderungs- und Erstattungsbescheid vom 28. September 1999 erlassen hat.
Die Aufhebung der Bewilligung des Arbeitslosengeldes richtet sich nach § 48 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 4 SGB X, weil der Kläger wusste, dass ihm als Rentner diese Leistung mit Beginn der laufenden Rentenzahlung nicht mehr zustand. Er hatte mehrmals auf die Überzahlung des Arbeitslosengeldes hingewiesen und sich daher zur Rückzahlung bereit erklärt.
Im vorliegenden Fall stützt die Beklagte die Aufhebung der Bewilligung des Arbeitslosengeldes auf die entsprechende Anwendung des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X. Denn es ist in den Vermögensverhältnissen des Klägers nach der Weiterbewilligung von Arbeitslosengeld ab 14. August 1998 (Bescheid vom 18. August 1998) mit der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. Februar 1998 (Bescheid der LVA Unterfranken vom 28. Oktober 1998) zu einer wesentlichen Änderung in den Vermögensverhältnissen gekommen. Diese Regelung kommt hilfsweise in Betracht. § 48 SGB X erfasst in Abgrenzung zu § 45 SGB X den Fall der nachträglichen Rechtswidrigkeit und zwar auch dann, wenn die Änderung eine rückwirkende Änderung auf den Zeitpunkt des Erlasses oder davor bewirkt (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 9. Juni 1988, Breithaupt 1980, 390; Urteil vom 26. August 1994, SGb 1995, 71). Dagegen richtet sich die Aufhebung nach § 45 SGB X, wenn nach Antragstellung, aber vor Erlass des aufzuhebenden Bescheids Einkommen zugeflossen ist und die Behörde dies nicht erfahren oder beachtet hat. Dieser Fall der ursprünglichen Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts ist somit hier nicht gegeben.
Zu den relevanten wesentlichen Änderungen im Sinne des § 48 SGB X zählen auch Änderungen in wirtschaftlicher Hinsicht, die zu einer Änderung der Berechnung des Arbeitslosengeldanspruchs führen (BSG vom 21.03.1996, BSGE 78, 109 f.). Derartige Änderungen, wie im vorliegenden Fall der Bezug der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, sind wesentlich, weil der Verwaltungsakt (Bescheid vom 18. August 1998) nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen Verhältnissen so, wie er ergangen ist, nicht mehr erlassen werden durfte. Denn der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht gemäß § 142 Abs. 1 Nr. 3 SGB III während der Zeit, für die dem Arbeitslosen ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung zuerkannt ist (Schütze in von Wulffen, SGB X, 6. Auflage, § 48 Rn. 12 m.w.N.)
Zwar setzt § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X nach seinem Wortlaut voraus, dass das erzielte Einkommen oder Vermögen zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs führt, aber nach allgemeiner Meinung wird diese Vorschrift für den Fall des Ruhens des Anspruchs entsprechend angewendet. Denn dem Wegfall der Leistung steht es gleich, wenn sie lediglich zum Ruhen gekommen ist. Die Regelung beruht nämlich auf der Erwägung, dass die bewilligte Leistung dem Betroffenen nicht belassen werden soll, soweit Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das an die Stelle der Leistung treten kann (BSG vom 19.02.1986 SozR 1300 § 48 Nr. 22, BSG vom 13.08.1986 SozR 1300 § 48 Nr. 26; Schütze in von Wulffen, a.a.O., Rn. 25; Düe in Niesel, SGB III, 4. Auflage, § 330, Rn. 45).
Die Rücknahmemöglichkeit, die auf die Einkommenserzielung gründet, ist jedoch auf den Zahlbetrag der ruhensbegründenden Leistung beschränkt, da es mit dem in § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X zu Grunde liegenden Vertrauenschutzgedanken nicht zu vereinbaren wäre, eine Erstattungspflicht zu begründen, die über den Wert der Leistung hinausgeht, die die Rücknahmemöglichkeit eröffnet (Düe in Niesel, SGB III, § 142, Rn. 15 m.w.N.). Dies ist hier der Fall, weil das Arbeitslosengeld im streitigen Zeitraum geringer als die Rente war.
Im vorliegenden Fall lag die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung des Arbeitslosengeldes nicht im Ermessen der Beklagten. Zwar enthält § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X als Regelfall die Aufhebung mit Wirkung ab Änderung der Verhältnisse, jedoch ist bei den Tatbeständen der Nrn. 1 bis 4 grundsätzlich auch zu prüfen, ob ein sog. atypischer Fall vorliegt, der in Bezug auf die Sondersituation eine Ermessensentscheidung gebietet; der Verwaltung wird hier ein Ermessen eingeräumt, das sich auf die Frage erstreckt, was in atypischen Fällen zu geschehen hat (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, z.B. BSG vom 06.11.1985, BSGE 59, 111 f.; BSG vom 18.09.1991, BSGE 69, 233). Zu diesen atypischen Fällen gehören besondere, von den Normalfällen der Tatbestände der Nrn. 1 bis 4 so signifikant abweichende Nachteile, die eine besondere Bedrängnis des Antragstellers bei einer Aufhebung für die Vergangenheit erkennen lassen.
Dies kann jedoch im vorliegenden Fall offen bleiben, da die Beklagte aufgrund der Sonderregelung des § 330 Abs. 3 SGB III eine Ermessensprüfung nicht durchzuführen hatte. Der Gesetzgeber hat mit dieser Vorschrift Besonderheiten für die Arbeitsverwaltung geregelt, weil die Verwaltung die meisten Leistungen kurzfristig zu erbringen und vielfach ebenso kurzfristig wieder zu beenden hat, so dass Überzahlungen praktisch nicht mehr zu vermeiden sind (Bundestagsdrucksache 12/5502 S. 37 zu Nr. 43 zur Vorgängervorschrift des § 152 Arbeitslosenförderungsgesetz (AFG)). Der Normzweck dieser Regelung besteht darin, dass die Verwaltung bei der Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an auch in atypischen Fällen kein Ermessen ausüben muss, sondern eine gebundene Entscheidung zu treffen hat.
Entgegen dem Kläger ist diese Vorschrift nicht verfassungswidrig. Wie das BSG bereits zur Vorgängervorschrift des § 152 Abs. 3 AFG entschieden hat (Urteil vom 28.11.1996, NZS 1997, 378) begegnet die Norm keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Denn das Vertrauen in den Fortbestand verfahrensrechtlicher Regelungen ist allgemein weniger geschützt als das Vertrauen in die Aufrechterhaltung materieller Rechtspositionen. Die Anwendung des § 152 Abs. 3 AFG (§ 330 Abs. 3 SGB III) steht einem Eingriff in eine, einer materiell-rechtlichen Gewährleistung gleichwertigen Position nicht gleich. § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X will grundsätzlich einen Doppelbezug von Leistungen verhindern und es lediglich in Ausnahmefällen dem Ermessen der Behörde überlassen, ob der Verwaltungsakt ganz oder teilweise aufgehoben oder von der Aufhebung abgesehen werden soll. Insoweit ist dem Vertrauenschutz des Betroffenen hinsichtlich der Beibehaltung dieser Ausnahmeregelung kein besonderes Gewicht beizumessen; denn der Arbeitslose hat beim Zusammentreffen von Einkommen oder Vermögen mit Lohnersatzleistungen von einer vollständigen Anrechnung auszugehen. Auch kann der Betroffene in den sogenannten atypischen Fällen nicht ohne weiteres darauf bauen, dass die Arbeitsverwaltung von einer Aufhebung bzw. Rückforderung absehen wird.
Der Kläger ist gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zur Erstattung des zugeflossen Arbeitslosengeldes im hier noch streitigen Zeitraum verpflichtet. Auch hier ist ein Ermessensausübung durch die Beklagte nicht erforderlich. Es ist auch unerheblich, ob die Behörde ein Verschulden an der Überzahlung trifft. Da die Erstattung nach § 50 Abs. 1 SGB X einen Vermögensausgleich eigener Art darstellt und nicht ein öffentlich-rechtlicher Bereicherungsanspruch ist, auf den die §§ 812 f. Bürgerliches Gesetzbuch entsprechend anzuwenden wären, spielt die Frage der Entreicherung des Klägers durch die Überzahlung keine Rolle (Schütze in von Wulffen, a.a.O., § 50, Rn. 27 m.w.N.).
Die Kostentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig sind die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld vom 1. Dezember 1998 bis 31. März 1999 und die Rückerstattung der Leistung.
Der 1940 geborene Kläger bezog von der Beklagten vom 20. Oktober 1997 bis 8. März 1998 Arbeitslosengeld und vom 9. März 1998 bis 13. August 1998 von der AOK Bayern Krankengeld.
Auf seinen Antrag auf Fortzahlung des Arbeitslosengeldes und der Arbeitslosmeldung vom 27. Juli 1998 gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 18. August 1998 Arbeitslosengeld ab 14. August 1998 (217,14 DM wöchentlich, ab 1. Januar 1999 215,32 DM wöchentlich). Mit Bescheid der (damaligen) LVA Unterfranken vom 28. Oktober 1998 erhielt der Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. Februar 1998 in Höhe von monatlich 977,15 DM; die laufenden Zahlungen begannen ab 1. Dezember 1998. Die LVA Unterfranken unterrichtete die Beklagte hiervon mit Schreiben vom 28. Oktober 1998, das dort am 6. November 1998 einging.
Die Beklagte machte mit Schreiben vom 11. November 1998 gegen die LVA Unterfranken einen Erstattungsanspruch für die Zeit vom 1. Februar 1998 bis 8. März 1998 in Höhe von 1.428,11 DM geltend. Mit dem weiteren Schreiben vom gleichen Tag setzte sie den Kläger von der Aufhebung der Bewilligungsentscheidung und die beim Rentenversicherungsträger geltend gemachte Erstattung in Kenntnis. Die Zahlung von Arbeitslosengeld wurde zum 1. April 1999 eingestellt.
Die Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 20. Juli 1999 zu der beabsichtigten Rückforderung der Überzahlung des Arbeitslosengeldes an. Er antwortete, dass er wegen der Überzahlung nach Erhalt des Rentenbescheides fünfmal beim Arbeitsamt S. auf die Überzahlung hingewiesen habe; ihm sei klar, dass er das Geld zurückzahlen müsse.
Mit Bescheid vom 28. Sepember 1999 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 14. August 1998 auf und forderte die Erstattung des vom 14. August 1998 bis 31. März 1999 gezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von 7.111,20 DM.
Der Kläger erklärte sich am 4. Oktober 1999 schriftlich mit der Rückzahlung einverstanden, bat jedoch um Ratenzahlung. Sein Prozessbevollmächtigter legte am 8. Oktober 1999 gegen den Bescheid Widerspruch ein. Die Beklagte treffe ein Mitverschulden an der Überzahlung, der Kläger habe das Arbeitslosengeld gutgläubig verbraucht und sei insoweit entreichert. Die Rückforderung sei für ihn eine unbillige Härte, es liege ein sog. atypischer Fall vor, der eine Aufhebung nur für die Zukunft erlaube.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 28. März 2000 den Widerspruch zurück. Auch wenn sie versäumt habe, den laufenden Leistungsbezug zu beenden, müsse die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit ab 14. August 1998 aufgehoben werden. Das nachträglich erzielte Einkommen führe zum Ruhen des Leistungsanspruchs und dem Kläger sei auch bewusst gewesen, dass ihm das Arbeitslosengeld aufgrund der Rentenbewilligung nicht mehr zugestanden habe. Eine Ermessensausübung sei nicht durchzuführen. Der Kläger könne jedoch Stundung beantragen.
Sein Prozessbevollmächtigter hat mit der Klage vom 14. April 2000 beim Sozialgericht München (SG) u.a. geltend gemacht, der Leistungsanspruch auf Arbeitslosengeld habe erst ab 1. Dezember 1999 geruht. Für den davor liegenden Zeitraum sei eine Rückforderung ausgeschlossen. Die gesetzliche Regelung, die eine rückwirkende Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosengeld wegen wesentlicher Änderung ohne Ermessensausübung zulasse, sei verfassungswidrig; sie verstoße gegen das Willkürverbot und das Rechtstaatsprinzip.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 17. August 2000 entgegnet, wegen der laufenden Rentengewährung erst ab 1. Dezember 1998 ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld ab diesem Zeitpunkt. Der Erstattungszeitraum sei daher auf die Zeit vom 1. Dezember 1998 bis 31. März 1999 - bis zu diesem Tag sei Arbeitslosengeld gezahlt worden - begrenzt. Entgegen dem Klägerbevollmächtigten sei die gesetzliche Regelung nicht verfassungswidrig. Ein Erlass der Rückforderung komme nicht in Betracht.
Das SG hat mit Urteil vom 12. November 2002 die Beklagte unter Abänderung des Bescheides und 28. September 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. März 2000 verurteilt, die Aufhebung und Erstattung des Arbeitslosengeldes auf die Zeit ab 1. Dezember 1998 zu begrenzen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, wie sie bei Erlass des Bewilligungsbescheides von Arbeitslosengeld für die Zeit ab 14. August 1998 vorlagen, sei ab 1. Dezember 1998 insoweit eingetreten, als das Arbeitslosengeld wegen der ab diesem Zeitpunkt beginnenden laufenden Zahlung der Erwerbsunfähigkeitsrente ruhe. Die Beklagte sei daher zur Rückforderung der Leistungsbewilligung für die Vergangenheit ab 1. Dezember 1998 berechtigt. Hingegen seien die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld und die Verpflichtung zur Erstattung der erbrachten Leistung in der Zeit vom 14. August 1998 bis 30. November 1998 rechtswidrig.
Der Klägerbevollmächtigte hat gegen das Urteil am 9. Januar 2003 Berufung eingelegt. Dem Kläger stehe gegen den Anspruch der Beklagten auf Erstattung des Arbeitslosengeldes vom 1. Dezember 1998 bis 31. März 1999 Vertrauensschutz zu. Die Beklagte allein trage die Verantwortung für die Überzahlung des Arbeitslosengeldes. Der gesetzlich geregelte Wegfall einer Verpflichtung zur Ermessensausübung sei verfassungswidrig.
Er beantragt, die Beklagte zu verurteilen unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts München vom 12. November 2002 und den Bescheid vom 28. September 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. März 2000 auch insoweit aufzuheben, als die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. Dezember 1998 bis 31. März 1999 aufgehoben und Erstattung des Arbeitslosengeldes für die Zeit vom 1. Dezember 1998 bis 31. März 1999 vom Kläger gefordert wird.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Im Übrigen wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten und des SG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung ist unbegründet.
Streitig ist im vorliegenden Fall nur noch die Erstattung des überzahlten Arbeitslosengeldes vom 1. Dezember 1998 bis 31. März 1999, da die Beklagte mit Schreiben vom 17. August 2000 unter Bezugnahme auf die Bestimmung des § 142 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch III (SGB III) von einer weiteren Rückerstattung ab 14. August 1998 abgesehen hat.
Rechtsgrundlage für die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung des Arbeitslosengeldes und Rückforderung sind § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch X (SGB X) i.V.m. § 330 Abs. 3 Sozialgesetzbuch III (SGB III) und § 50 Abs. 1 SGB X. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1, 2 SGB X ist ein Verwaltungsakt aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll nach § 48 Abs. 1 Satz 2, 3 Nr. 4 SGB X vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen ist, oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Der Verwaltungsakt soll gleichfalls mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde.
§ 330 Abs. 3 SGB III regelt, dass bei Vorliegen der in § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung dieser mit Wirkung von Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben ist. § 50 Abs. 1 SGB X sieht vor, dass bereits erbrachte Leistungen zu erstatten sind, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist.
Die Beklagte hat die Jahresfrist des §§ 48 Abs. 4 S. 1 i.V.m. 45 Abs. 4 S. 2 SGB X eingehalten. Danach muss die Behörde die Aufhebung eines Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen durchführen, die die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen. Die Jahresfrist hat mit dem Tag nach Eingang der Mitteilung des Rentenversicherungsträgers am 6. November 1998 begonnen (§ 26 Abs. 1 SGB X i.V.m. §§ 187, 188 Bürgerliches Gesetzbuch) und war noch nicht abgelaufen, als die Beklagte den angefochtenen Änderungs- und Erstattungsbescheid vom 28. September 1999 erlassen hat.
Die Aufhebung der Bewilligung des Arbeitslosengeldes richtet sich nach § 48 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 4 SGB X, weil der Kläger wusste, dass ihm als Rentner diese Leistung mit Beginn der laufenden Rentenzahlung nicht mehr zustand. Er hatte mehrmals auf die Überzahlung des Arbeitslosengeldes hingewiesen und sich daher zur Rückzahlung bereit erklärt.
Im vorliegenden Fall stützt die Beklagte die Aufhebung der Bewilligung des Arbeitslosengeldes auf die entsprechende Anwendung des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X. Denn es ist in den Vermögensverhältnissen des Klägers nach der Weiterbewilligung von Arbeitslosengeld ab 14. August 1998 (Bescheid vom 18. August 1998) mit der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. Februar 1998 (Bescheid der LVA Unterfranken vom 28. Oktober 1998) zu einer wesentlichen Änderung in den Vermögensverhältnissen gekommen. Diese Regelung kommt hilfsweise in Betracht. § 48 SGB X erfasst in Abgrenzung zu § 45 SGB X den Fall der nachträglichen Rechtswidrigkeit und zwar auch dann, wenn die Änderung eine rückwirkende Änderung auf den Zeitpunkt des Erlasses oder davor bewirkt (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 9. Juni 1988, Breithaupt 1980, 390; Urteil vom 26. August 1994, SGb 1995, 71). Dagegen richtet sich die Aufhebung nach § 45 SGB X, wenn nach Antragstellung, aber vor Erlass des aufzuhebenden Bescheids Einkommen zugeflossen ist und die Behörde dies nicht erfahren oder beachtet hat. Dieser Fall der ursprünglichen Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts ist somit hier nicht gegeben.
Zu den relevanten wesentlichen Änderungen im Sinne des § 48 SGB X zählen auch Änderungen in wirtschaftlicher Hinsicht, die zu einer Änderung der Berechnung des Arbeitslosengeldanspruchs führen (BSG vom 21.03.1996, BSGE 78, 109 f.). Derartige Änderungen, wie im vorliegenden Fall der Bezug der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, sind wesentlich, weil der Verwaltungsakt (Bescheid vom 18. August 1998) nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen Verhältnissen so, wie er ergangen ist, nicht mehr erlassen werden durfte. Denn der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht gemäß § 142 Abs. 1 Nr. 3 SGB III während der Zeit, für die dem Arbeitslosen ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung zuerkannt ist (Schütze in von Wulffen, SGB X, 6. Auflage, § 48 Rn. 12 m.w.N.)
Zwar setzt § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X nach seinem Wortlaut voraus, dass das erzielte Einkommen oder Vermögen zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs führt, aber nach allgemeiner Meinung wird diese Vorschrift für den Fall des Ruhens des Anspruchs entsprechend angewendet. Denn dem Wegfall der Leistung steht es gleich, wenn sie lediglich zum Ruhen gekommen ist. Die Regelung beruht nämlich auf der Erwägung, dass die bewilligte Leistung dem Betroffenen nicht belassen werden soll, soweit Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das an die Stelle der Leistung treten kann (BSG vom 19.02.1986 SozR 1300 § 48 Nr. 22, BSG vom 13.08.1986 SozR 1300 § 48 Nr. 26; Schütze in von Wulffen, a.a.O., Rn. 25; Düe in Niesel, SGB III, 4. Auflage, § 330, Rn. 45).
Die Rücknahmemöglichkeit, die auf die Einkommenserzielung gründet, ist jedoch auf den Zahlbetrag der ruhensbegründenden Leistung beschränkt, da es mit dem in § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X zu Grunde liegenden Vertrauenschutzgedanken nicht zu vereinbaren wäre, eine Erstattungspflicht zu begründen, die über den Wert der Leistung hinausgeht, die die Rücknahmemöglichkeit eröffnet (Düe in Niesel, SGB III, § 142, Rn. 15 m.w.N.). Dies ist hier der Fall, weil das Arbeitslosengeld im streitigen Zeitraum geringer als die Rente war.
Im vorliegenden Fall lag die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung des Arbeitslosengeldes nicht im Ermessen der Beklagten. Zwar enthält § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X als Regelfall die Aufhebung mit Wirkung ab Änderung der Verhältnisse, jedoch ist bei den Tatbeständen der Nrn. 1 bis 4 grundsätzlich auch zu prüfen, ob ein sog. atypischer Fall vorliegt, der in Bezug auf die Sondersituation eine Ermessensentscheidung gebietet; der Verwaltung wird hier ein Ermessen eingeräumt, das sich auf die Frage erstreckt, was in atypischen Fällen zu geschehen hat (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, z.B. BSG vom 06.11.1985, BSGE 59, 111 f.; BSG vom 18.09.1991, BSGE 69, 233). Zu diesen atypischen Fällen gehören besondere, von den Normalfällen der Tatbestände der Nrn. 1 bis 4 so signifikant abweichende Nachteile, die eine besondere Bedrängnis des Antragstellers bei einer Aufhebung für die Vergangenheit erkennen lassen.
Dies kann jedoch im vorliegenden Fall offen bleiben, da die Beklagte aufgrund der Sonderregelung des § 330 Abs. 3 SGB III eine Ermessensprüfung nicht durchzuführen hatte. Der Gesetzgeber hat mit dieser Vorschrift Besonderheiten für die Arbeitsverwaltung geregelt, weil die Verwaltung die meisten Leistungen kurzfristig zu erbringen und vielfach ebenso kurzfristig wieder zu beenden hat, so dass Überzahlungen praktisch nicht mehr zu vermeiden sind (Bundestagsdrucksache 12/5502 S. 37 zu Nr. 43 zur Vorgängervorschrift des § 152 Arbeitslosenförderungsgesetz (AFG)). Der Normzweck dieser Regelung besteht darin, dass die Verwaltung bei der Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an auch in atypischen Fällen kein Ermessen ausüben muss, sondern eine gebundene Entscheidung zu treffen hat.
Entgegen dem Kläger ist diese Vorschrift nicht verfassungswidrig. Wie das BSG bereits zur Vorgängervorschrift des § 152 Abs. 3 AFG entschieden hat (Urteil vom 28.11.1996, NZS 1997, 378) begegnet die Norm keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Denn das Vertrauen in den Fortbestand verfahrensrechtlicher Regelungen ist allgemein weniger geschützt als das Vertrauen in die Aufrechterhaltung materieller Rechtspositionen. Die Anwendung des § 152 Abs. 3 AFG (§ 330 Abs. 3 SGB III) steht einem Eingriff in eine, einer materiell-rechtlichen Gewährleistung gleichwertigen Position nicht gleich. § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X will grundsätzlich einen Doppelbezug von Leistungen verhindern und es lediglich in Ausnahmefällen dem Ermessen der Behörde überlassen, ob der Verwaltungsakt ganz oder teilweise aufgehoben oder von der Aufhebung abgesehen werden soll. Insoweit ist dem Vertrauenschutz des Betroffenen hinsichtlich der Beibehaltung dieser Ausnahmeregelung kein besonderes Gewicht beizumessen; denn der Arbeitslose hat beim Zusammentreffen von Einkommen oder Vermögen mit Lohnersatzleistungen von einer vollständigen Anrechnung auszugehen. Auch kann der Betroffene in den sogenannten atypischen Fällen nicht ohne weiteres darauf bauen, dass die Arbeitsverwaltung von einer Aufhebung bzw. Rückforderung absehen wird.
Der Kläger ist gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zur Erstattung des zugeflossen Arbeitslosengeldes im hier noch streitigen Zeitraum verpflichtet. Auch hier ist ein Ermessensausübung durch die Beklagte nicht erforderlich. Es ist auch unerheblich, ob die Behörde ein Verschulden an der Überzahlung trifft. Da die Erstattung nach § 50 Abs. 1 SGB X einen Vermögensausgleich eigener Art darstellt und nicht ein öffentlich-rechtlicher Bereicherungsanspruch ist, auf den die §§ 812 f. Bürgerliches Gesetzbuch entsprechend anzuwenden wären, spielt die Frage der Entreicherung des Klägers durch die Überzahlung keine Rolle (Schütze in von Wulffen, a.a.O., § 50, Rn. 27 m.w.N.).
Die Kostentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG).
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