Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 7 R 428/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 465/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 6. Juni 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der Altersrente des Klägers.
Der 1939 geborene Kläger, der in der ehemaligen DDR als Arzt und Hochschullehrer tätig war und dort Anwartschaften auf Grund der Zugehörigkeit zu den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen Altersversorgung der Intelligenz und Altersversorgung für Hochschullehrer erworben hat, wendet sich mit der Berufung gegen die Abweisung seiner Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 13.09.2004/Neuberechnungsbescheid vom 18.11.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2005, mit dem ihm auf seinen Antrag Regelaltersrente ab 01.11.2004 bewilligt wurde.
Der Kläger hatte bereits gegen den vom Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme erlassenen Feststellungsbescheid vom 20.02.1998 über die in der ehemaligen DDR verbrachten Zeiten der Zugehörigkeit zu den genannten Zusatz- und Sonderversorgungssystemen und die dabei erzielten Entgelte Einwendungen wegen nicht ausreichender Berücksichtigung der tatsächlichen Arbeitsverdienste und der Anwartschaften aus der Zusatzversorgung der Intelligenz bzw. der Zusatzversorgung für Hochschullehrer erhoben, ebenso gegen den darauf beruhenden Vormerkungsbescheid der Beklagten gemäß § 149 Abs.5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) vom 07.07.1998 /Widerspruchsbescheid vom 08.12.1998. Zur Begründung hatte er angeführt, er fühle sich als Arzt und Hochschullehrer der ehemaligen DDR vom Rentenrecht im geeinten Deutschland nachträglich "bestraft"; der Gesetzgeber habe die soziale Nivellierung der Menschen in der ehemaligen DDR durch das Renten-Überleitungsgesetz (RÜG) und durch die Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung (BBG) für seine Berufsgruppe wieder eingeführt.
Eine erste, auf unbegrenzte Anrechnung der Arbeitsverdienste über die BBG des § 260 SGB VI hinaus unter Berücksichtigung der Anwartschaften aus der Altersversorgung der Intelligenz und für Hochschullehrer im Rahmen der Vormerkung gerichtete Klage (S 11 RA 317/98 des SG Landshut) hatte das zuständige SG mit Urteil vom 15.03.2000 abgewiesen und u.a. auf die inzwischen ergangene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.04.1999 (1 BvL 32/95 und 1 BvR 2105/95) verwiesen, wonach es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei, dass die in der DDR bestehenden Zusatz- und Sonderversorgungssysteme geschlossen und die darin erworbenen Ansprüche und Anwartschaften in die gesetzliche Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland überführt worden seien (sog. Systementscheidung). Für die (weitere) Absenkung des Sicherungsniveaus durch die Berücksichtigung der versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen nur bis zur BBG gelte nach den Ausführungen des BVerfG dasselbe; beide Schritte wahrten den Bezug zur persönlichen Arbeitsleistung und erhielten den Renten grundsätzlich ihre existenzsichernde Funktion. Das BVerfG habe damit im Bewusstsein der Nachteiligkeit für die Versichertengruppe, der der Kläger angehöre, die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers als verfassungskonform beurteilt. Die Berufung gegen dieses Urteil (L 1 RA 88/00) hatte der Kläger nach Rechtshinweisen des Gerichts, dass über die Rentenhöhe erst im Leistungsfall entschieden werde, zurückgenommen.
Nach Erhalt des streitgegenständlichen Altersrentenbescheides erhob der Kläger im Widerspruchsverfahren und im anschließenden Klageverfahren vor den Sozialgericht (SG) erneut Einwendungen gegen die Begrenzung der für die Zeit seiner DDR-Tätigkeiten berücksichtigten Einkommen auf die nach seiner Meinung willkürlich festgelegte Beitragsbemessungsgrenze und begehrte die Durchführung einer Vergleichsrentenberechnung im Sinne von § 4 Abs.4 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) für Fälle des Rentenbeginns bis zum 30.06.1995. Im Falle eines bis 30.06.1995 eingetretenen Leistungsfalles hätte ihm ein Rentenanspruch nach dem Recht des Beitrittsgebietes zugestanden. Die statt dessen bei der Regelaltersrente angewandte Rentenberechnung stelle für ihn eine unbillige Härte dar. Seine langjährige berufliche Tätigkeit als Arzt und Hochschullehrer werde damit nicht angemessen berücksichtigt. Auch liege eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes gegenüber seinen unter gleichen Bedingungen tätig gewesenen Kollegen mit früherem Rentenbeginn vor.
Das SG hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 06.06.2006 zurückgewiesen und zur Begründung gemäß § 136 Abs.3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Darlegungen im Widerspruchsbescheid vom 17.03.2005 Bezug genommen, in welchem die Beklagte Ausführungen zur Berücksichtigung der die BBG übersteigenden Entgelte unter Hinweis auf § 260 SGB VI und § 6 Abs.1 AAÜG, zur Durchführung einer Vergleichsberechnung nach § 4 Abs.4 AAÜG sowie zur Frage der Feststellung einer höheren Rentenleistung auf der Grundlage der beruflichen Tätigkeit des Klägers als Arzt und Hochschullehrer ausführlich Stellung genommen hatte.
Mit der Berufung trägt der Kläger unter Bezugnahme auf sein gesamtes Vorbringen in den bisherigen Verfahren vor, die Entscheidung des SG sei nicht gerecht. Die Höhe seiner Altersrente sei diskriminierend und stelle eine moralische Herabsetzung seiner über mehrere Jahrzehnte hinweg geleisteten Arbeit dar. Er habe nicht wie seine Kollegen in den alten Bundesländern eine berufsständische Versorgung für das Alter erwerben können, denn er sei im Jahre 1991 wegen seines Alters von damals 51 Jahren nicht in die Ärzteversorgung aufgenommen worden. Seine Rentenansprüche aus den Anwartschaften auf Grund der Zugehörigkeit zu den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen der Intelligenz sowie für Hochschullehrer seien "de facto enteignet worden"; er komme zusammen mit seiner Frau - die selbst nur Anspruch auf eine sehr geringe Rente habe, in der DDR aber durch seine Zusatzversorgung auch als Hinterbliebene gut abgesichert gewesen sei - "an die Grenzen der Altersarmut".
Der Kläger vertritt weiter die Auffassung, die angewandte BBG sei willkürlich und mit den Gleichheitsgrundsätzen der Europäischen Verfassung, welche vom Bundestag bereits ratifiziert worden sei, nicht in Einklang zu bringen. Gleiches gelte für die Stichtagsregelung des § 4 Abs.4 AAÜG. Er verweist auf den inzwischen ergangenen Neuberechnungsbescheid vom 10.04.2006 (Neuberechnung rückwirkend ab 01.07.2005 - monatlicher Rentenzahlbetrag 1.597,70 EUR) und bringt seinen Unmut über die Altersversorgung verschiedener Politiker sowie über die Ungleichbehandlung von Akademikern im Rentenrecht zum Ausdruck: die Altersbezüge von ihm und seinen Kollegen aus der ehemaligen DDR betrügen nur 30 bis 50 % der Altersbezüge gleichgestellter Ärzte und Professoren in den alten Bundesländern ("Rentenstrafrecht, Zweiklassen-Versorgung der Akademiker").
Der Kläger legt zu seinem Vorbringen u.a. ein Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherheit vom 10.10.2002 vor, in welchem als Antwort auf ein eigenes Schreiben an den Bundeskanzler vom 10.09.2005 die Grundlagen der Entwicklung des Rentenrechts seit der Herstellung der deutschen Einheit einschließlich der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts dazu ausführlich dargelegt wurden.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Beklagte Unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Landshut vom 06.06.2006 sowie des Bescheides vom 18.11.2004 nebst Folgebescheiden in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 17.03.2005 zu verpflichten, ihm eine höhere Altersrente zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge, der beigezogenen Beklagtenakten sowie der beigezogenen Akten L 1 RA 88/00 des BayLSG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, erweist sich aber nicht als begründet.
Zu Recht hat das Erstgericht die Klage abgewiesen.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Altersrentenbescheid vom 13.09.2004/Neuberechnungsbescheid vom 18.11.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2005. Die Bescheide sind rechtmäßig. Zutreffend wurde die Altersrente des Klägers unter Berücksichtigung aller nachgewiesenen bzw. glaubhaft gemachten Beschäftigungs- und Anrechnungszeiten entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen des Rentenrechts berechnet.
1) Zu Recht erfolgte dabei die Berücksichtigung der im Beitrittsgebiet erzielten Entgelte höchstens bis zur jeweiligen in den alten Bundesländern geltenden BBG, wie dies durch die - auch für die nach dem AAÜG anerkannten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen geltende - Vorschrift des § 260 SGB VI festgelegt ist. Für eine wie auch immer geartete zusätzliche Berücksichtung von Entgelten auf Grund der beruflichen Tätigkeiten des Klägers mit der Folge einer höheren Rentenleistung gibt es keine Rechtsgrundlage.
Das BVerfG hat in seinen grundlegenden Entscheidungen vom 28.04.1999 (1 BvL 32/95 und 1 BvR 2105/95) dazu festgestellt, es begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass der Gesetzgeber die in der ehemaligen DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften in der Rentenversicherung und in den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen durch eine einheitliche, ausschließlich aus der gesetzlichen Rentenversicherung stammende Rentenleistung unter Verzicht auf Zusatzleistungen ersetzt hat (sog. Systementscheidung) und dass die versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen sodann nach Hochwertung durch die Faktoren der Anlage 10 zum SGB VI auf Westniveau nur bis zur BBG berücksichtigt werden. Das BVerfG befasste sich dabei auch mit den Folgen dieser Überführung in die gesetzliche Rentenversicherung für viele Angehörige der Versorgungssysteme der DDR, für die sich die Systementscheidung und die Folge der Anwendung der BBG nachteilig auswirke. Es verwies insoweit jedoch auf die Befugnis des Gesetzgebers, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen (Art.14 Abs.1 Satz 2 GG). Es legte dar, dass der Bezug zur persönlichen Arbeitsleistung durch die Regelungen gewahrt und die existenzsichernde Funktion der Renten erhalten werde. Auch sei die Erstreckung der BBG auf die überführten Leistungen erforderlich, um das Rentensystem nicht zu sprengen.
Der Gesetzgeber war nach allem nicht von Verfassungs wegen verpflichtet, für Angehörige der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme zusätzliche Regelungen, z.B. auch in Form einer beamtenähnlichen Versorgung für Hochschullehrer, zu treffen.
Das BVerfG hat im Übrigen die Annahme von zwei weiteren Verfassungsbeschwerden zur Anwendung der BBG bei überführten Ansprüchen bzw. Anwartschaften abgelehnt (Beschlüsse vom 09.03.2000 - 1 BvR 2216/96 - zu § 6 Abs.1 AAÜG und vom 06.08.2002 - 1 BvR 586/98 - zu in der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung versicherten Verdiensten). Die Beklagte weist daher zu Recht darauf hin, dass abschließende höchstrichterliche Entscheidungen zu der hier streitigen Problematik vorliegen.
2) Auf die Durchführung einer Vergleichsrentenberechnung nach dem Recht des Beitrittsgebietes im Sinne von § 4 AAÜG hat der Kläger ebenfalls keinen Rechtsanspruch. § 4 Abs.4 AAÜG enthält Besitzschutzregelungen für Angehörige der ehemaligen Zusatz- und Sonderversorgungssysteme (rentennahe Jahrgänge). Ihre Voraussetzungen liegen beim Kläger nicht vor. Erforderlich ist u.a. der Beginn einer Rente im Zeitraum vom 01.01.1992 bis 30.06.1995, wobei der Endzeitpunkt auf Regelungen des Einigungsvertrages zur Zahlbetragsgarantie beruht.
Der Kläger wird wegen des wesentlich späteren Rentenbeginns im Jahre 2004 von der Vertrauensschutzregelung nicht erfasst. Entgegen seiner Auffassung ist die Beschränkung der Durchführung einer Vergleichsrentenberechnung auf diesen Zeitraum auch nicht verfassungswidrig. Insbesondere der von ihm geltend gemachte Verstoß gegen Art.3 Abs.1 GG liegt nicht vor, vgl. Urteil des BSG vom 10.04.2003 - B 4 RA 41/02 R -. Das BSG hat darin unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des BVerfG vom 28.04.1999 (a.a.O.) dargelegt, dass die getroffene Stichtagsregelung sachlich gerechtfertigt und nicht willkürlich ist.
Im Übrigen sind nach ständiger höchstricherlicher Rechtsprechung die mit jeder Stichtagsregelung unvermeidlich verbundenen Härten hinzunehmen. Der Kläger, der nicht zu den rentennahen Jahrgängen gehörte, kann sich nach allem nicht darauf berufen, dass Kollegen aus der ehemaligen DDR mit einem früheren Rentenbeginn unter den Voraussetzungen des § 4 Abs.4 AAÜG eine Vergleichsrentenberechnung nach dem Recht des Beitrittsgebiets erhalten haben und er selbst nicht.
Bei dieser Sach- und Rechtslage hat die Berufung keine Aussicht auf Erfolg. Sie ist mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich, insbesondere hat die Rechtssache nicht wegen einer höchstrichterlich bisher nicht geklärten Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der Altersrente des Klägers.
Der 1939 geborene Kläger, der in der ehemaligen DDR als Arzt und Hochschullehrer tätig war und dort Anwartschaften auf Grund der Zugehörigkeit zu den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen Altersversorgung der Intelligenz und Altersversorgung für Hochschullehrer erworben hat, wendet sich mit der Berufung gegen die Abweisung seiner Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 13.09.2004/Neuberechnungsbescheid vom 18.11.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2005, mit dem ihm auf seinen Antrag Regelaltersrente ab 01.11.2004 bewilligt wurde.
Der Kläger hatte bereits gegen den vom Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme erlassenen Feststellungsbescheid vom 20.02.1998 über die in der ehemaligen DDR verbrachten Zeiten der Zugehörigkeit zu den genannten Zusatz- und Sonderversorgungssystemen und die dabei erzielten Entgelte Einwendungen wegen nicht ausreichender Berücksichtigung der tatsächlichen Arbeitsverdienste und der Anwartschaften aus der Zusatzversorgung der Intelligenz bzw. der Zusatzversorgung für Hochschullehrer erhoben, ebenso gegen den darauf beruhenden Vormerkungsbescheid der Beklagten gemäß § 149 Abs.5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) vom 07.07.1998 /Widerspruchsbescheid vom 08.12.1998. Zur Begründung hatte er angeführt, er fühle sich als Arzt und Hochschullehrer der ehemaligen DDR vom Rentenrecht im geeinten Deutschland nachträglich "bestraft"; der Gesetzgeber habe die soziale Nivellierung der Menschen in der ehemaligen DDR durch das Renten-Überleitungsgesetz (RÜG) und durch die Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung (BBG) für seine Berufsgruppe wieder eingeführt.
Eine erste, auf unbegrenzte Anrechnung der Arbeitsverdienste über die BBG des § 260 SGB VI hinaus unter Berücksichtigung der Anwartschaften aus der Altersversorgung der Intelligenz und für Hochschullehrer im Rahmen der Vormerkung gerichtete Klage (S 11 RA 317/98 des SG Landshut) hatte das zuständige SG mit Urteil vom 15.03.2000 abgewiesen und u.a. auf die inzwischen ergangene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.04.1999 (1 BvL 32/95 und 1 BvR 2105/95) verwiesen, wonach es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei, dass die in der DDR bestehenden Zusatz- und Sonderversorgungssysteme geschlossen und die darin erworbenen Ansprüche und Anwartschaften in die gesetzliche Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland überführt worden seien (sog. Systementscheidung). Für die (weitere) Absenkung des Sicherungsniveaus durch die Berücksichtigung der versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen nur bis zur BBG gelte nach den Ausführungen des BVerfG dasselbe; beide Schritte wahrten den Bezug zur persönlichen Arbeitsleistung und erhielten den Renten grundsätzlich ihre existenzsichernde Funktion. Das BVerfG habe damit im Bewusstsein der Nachteiligkeit für die Versichertengruppe, der der Kläger angehöre, die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers als verfassungskonform beurteilt. Die Berufung gegen dieses Urteil (L 1 RA 88/00) hatte der Kläger nach Rechtshinweisen des Gerichts, dass über die Rentenhöhe erst im Leistungsfall entschieden werde, zurückgenommen.
Nach Erhalt des streitgegenständlichen Altersrentenbescheides erhob der Kläger im Widerspruchsverfahren und im anschließenden Klageverfahren vor den Sozialgericht (SG) erneut Einwendungen gegen die Begrenzung der für die Zeit seiner DDR-Tätigkeiten berücksichtigten Einkommen auf die nach seiner Meinung willkürlich festgelegte Beitragsbemessungsgrenze und begehrte die Durchführung einer Vergleichsrentenberechnung im Sinne von § 4 Abs.4 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) für Fälle des Rentenbeginns bis zum 30.06.1995. Im Falle eines bis 30.06.1995 eingetretenen Leistungsfalles hätte ihm ein Rentenanspruch nach dem Recht des Beitrittsgebietes zugestanden. Die statt dessen bei der Regelaltersrente angewandte Rentenberechnung stelle für ihn eine unbillige Härte dar. Seine langjährige berufliche Tätigkeit als Arzt und Hochschullehrer werde damit nicht angemessen berücksichtigt. Auch liege eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes gegenüber seinen unter gleichen Bedingungen tätig gewesenen Kollegen mit früherem Rentenbeginn vor.
Das SG hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 06.06.2006 zurückgewiesen und zur Begründung gemäß § 136 Abs.3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die Darlegungen im Widerspruchsbescheid vom 17.03.2005 Bezug genommen, in welchem die Beklagte Ausführungen zur Berücksichtigung der die BBG übersteigenden Entgelte unter Hinweis auf § 260 SGB VI und § 6 Abs.1 AAÜG, zur Durchführung einer Vergleichsberechnung nach § 4 Abs.4 AAÜG sowie zur Frage der Feststellung einer höheren Rentenleistung auf der Grundlage der beruflichen Tätigkeit des Klägers als Arzt und Hochschullehrer ausführlich Stellung genommen hatte.
Mit der Berufung trägt der Kläger unter Bezugnahme auf sein gesamtes Vorbringen in den bisherigen Verfahren vor, die Entscheidung des SG sei nicht gerecht. Die Höhe seiner Altersrente sei diskriminierend und stelle eine moralische Herabsetzung seiner über mehrere Jahrzehnte hinweg geleisteten Arbeit dar. Er habe nicht wie seine Kollegen in den alten Bundesländern eine berufsständische Versorgung für das Alter erwerben können, denn er sei im Jahre 1991 wegen seines Alters von damals 51 Jahren nicht in die Ärzteversorgung aufgenommen worden. Seine Rentenansprüche aus den Anwartschaften auf Grund der Zugehörigkeit zu den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen der Intelligenz sowie für Hochschullehrer seien "de facto enteignet worden"; er komme zusammen mit seiner Frau - die selbst nur Anspruch auf eine sehr geringe Rente habe, in der DDR aber durch seine Zusatzversorgung auch als Hinterbliebene gut abgesichert gewesen sei - "an die Grenzen der Altersarmut".
Der Kläger vertritt weiter die Auffassung, die angewandte BBG sei willkürlich und mit den Gleichheitsgrundsätzen der Europäischen Verfassung, welche vom Bundestag bereits ratifiziert worden sei, nicht in Einklang zu bringen. Gleiches gelte für die Stichtagsregelung des § 4 Abs.4 AAÜG. Er verweist auf den inzwischen ergangenen Neuberechnungsbescheid vom 10.04.2006 (Neuberechnung rückwirkend ab 01.07.2005 - monatlicher Rentenzahlbetrag 1.597,70 EUR) und bringt seinen Unmut über die Altersversorgung verschiedener Politiker sowie über die Ungleichbehandlung von Akademikern im Rentenrecht zum Ausdruck: die Altersbezüge von ihm und seinen Kollegen aus der ehemaligen DDR betrügen nur 30 bis 50 % der Altersbezüge gleichgestellter Ärzte und Professoren in den alten Bundesländern ("Rentenstrafrecht, Zweiklassen-Versorgung der Akademiker").
Der Kläger legt zu seinem Vorbringen u.a. ein Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherheit vom 10.10.2002 vor, in welchem als Antwort auf ein eigenes Schreiben an den Bundeskanzler vom 10.09.2005 die Grundlagen der Entwicklung des Rentenrechts seit der Herstellung der deutschen Einheit einschließlich der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts dazu ausführlich dargelegt wurden.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Beklagte Unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Landshut vom 06.06.2006 sowie des Bescheides vom 18.11.2004 nebst Folgebescheiden in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 17.03.2005 zu verpflichten, ihm eine höhere Altersrente zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge, der beigezogenen Beklagtenakten sowie der beigezogenen Akten L 1 RA 88/00 des BayLSG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, erweist sich aber nicht als begründet.
Zu Recht hat das Erstgericht die Klage abgewiesen.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Altersrentenbescheid vom 13.09.2004/Neuberechnungsbescheid vom 18.11.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2005. Die Bescheide sind rechtmäßig. Zutreffend wurde die Altersrente des Klägers unter Berücksichtigung aller nachgewiesenen bzw. glaubhaft gemachten Beschäftigungs- und Anrechnungszeiten entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen des Rentenrechts berechnet.
1) Zu Recht erfolgte dabei die Berücksichtigung der im Beitrittsgebiet erzielten Entgelte höchstens bis zur jeweiligen in den alten Bundesländern geltenden BBG, wie dies durch die - auch für die nach dem AAÜG anerkannten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen geltende - Vorschrift des § 260 SGB VI festgelegt ist. Für eine wie auch immer geartete zusätzliche Berücksichtung von Entgelten auf Grund der beruflichen Tätigkeiten des Klägers mit der Folge einer höheren Rentenleistung gibt es keine Rechtsgrundlage.
Das BVerfG hat in seinen grundlegenden Entscheidungen vom 28.04.1999 (1 BvL 32/95 und 1 BvR 2105/95) dazu festgestellt, es begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass der Gesetzgeber die in der ehemaligen DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften in der Rentenversicherung und in den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen durch eine einheitliche, ausschließlich aus der gesetzlichen Rentenversicherung stammende Rentenleistung unter Verzicht auf Zusatzleistungen ersetzt hat (sog. Systementscheidung) und dass die versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen sodann nach Hochwertung durch die Faktoren der Anlage 10 zum SGB VI auf Westniveau nur bis zur BBG berücksichtigt werden. Das BVerfG befasste sich dabei auch mit den Folgen dieser Überführung in die gesetzliche Rentenversicherung für viele Angehörige der Versorgungssysteme der DDR, für die sich die Systementscheidung und die Folge der Anwendung der BBG nachteilig auswirke. Es verwies insoweit jedoch auf die Befugnis des Gesetzgebers, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen (Art.14 Abs.1 Satz 2 GG). Es legte dar, dass der Bezug zur persönlichen Arbeitsleistung durch die Regelungen gewahrt und die existenzsichernde Funktion der Renten erhalten werde. Auch sei die Erstreckung der BBG auf die überführten Leistungen erforderlich, um das Rentensystem nicht zu sprengen.
Der Gesetzgeber war nach allem nicht von Verfassungs wegen verpflichtet, für Angehörige der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme zusätzliche Regelungen, z.B. auch in Form einer beamtenähnlichen Versorgung für Hochschullehrer, zu treffen.
Das BVerfG hat im Übrigen die Annahme von zwei weiteren Verfassungsbeschwerden zur Anwendung der BBG bei überführten Ansprüchen bzw. Anwartschaften abgelehnt (Beschlüsse vom 09.03.2000 - 1 BvR 2216/96 - zu § 6 Abs.1 AAÜG und vom 06.08.2002 - 1 BvR 586/98 - zu in der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung versicherten Verdiensten). Die Beklagte weist daher zu Recht darauf hin, dass abschließende höchstrichterliche Entscheidungen zu der hier streitigen Problematik vorliegen.
2) Auf die Durchführung einer Vergleichsrentenberechnung nach dem Recht des Beitrittsgebietes im Sinne von § 4 AAÜG hat der Kläger ebenfalls keinen Rechtsanspruch. § 4 Abs.4 AAÜG enthält Besitzschutzregelungen für Angehörige der ehemaligen Zusatz- und Sonderversorgungssysteme (rentennahe Jahrgänge). Ihre Voraussetzungen liegen beim Kläger nicht vor. Erforderlich ist u.a. der Beginn einer Rente im Zeitraum vom 01.01.1992 bis 30.06.1995, wobei der Endzeitpunkt auf Regelungen des Einigungsvertrages zur Zahlbetragsgarantie beruht.
Der Kläger wird wegen des wesentlich späteren Rentenbeginns im Jahre 2004 von der Vertrauensschutzregelung nicht erfasst. Entgegen seiner Auffassung ist die Beschränkung der Durchführung einer Vergleichsrentenberechnung auf diesen Zeitraum auch nicht verfassungswidrig. Insbesondere der von ihm geltend gemachte Verstoß gegen Art.3 Abs.1 GG liegt nicht vor, vgl. Urteil des BSG vom 10.04.2003 - B 4 RA 41/02 R -. Das BSG hat darin unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des BVerfG vom 28.04.1999 (a.a.O.) dargelegt, dass die getroffene Stichtagsregelung sachlich gerechtfertigt und nicht willkürlich ist.
Im Übrigen sind nach ständiger höchstricherlicher Rechtsprechung die mit jeder Stichtagsregelung unvermeidlich verbundenen Härten hinzunehmen. Der Kläger, der nicht zu den rentennahen Jahrgängen gehörte, kann sich nach allem nicht darauf berufen, dass Kollegen aus der ehemaligen DDR mit einem früheren Rentenbeginn unter den Voraussetzungen des § 4 Abs.4 AAÜG eine Vergleichsrentenberechnung nach dem Recht des Beitrittsgebiets erhalten haben und er selbst nicht.
Bei dieser Sach- und Rechtslage hat die Berufung keine Aussicht auf Erfolg. Sie ist mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich, insbesondere hat die Rechtssache nicht wegen einer höchstrichterlich bisher nicht geklärten Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung.
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