L 6 R 740/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 10 R 550/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 R 740/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgericht München vom 09.03.2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist Erwerbsminderungsrente.

Der Kläger ist 1946 geboren. Sein Versicherungsverlauf weist Pflichtbeitragszeiten in Deutschland bzw. nach dem Fremdrentengesetz von 1962 bis 1967 sowie eine anschließende Arbeitsunfähigkeit von Januar 1968 bis Dezember 1973 aus. In Österreich hat er Pflichtbeitragszeiten von Januar 1968 bis April 1969 sowie von Januar 1974 bis Juli 1996. Seit August 1996 bezieht er österreichische Rente. In Deutschland hat er Erwerbsunfähigkeitsrente von Januar 1997 bis Februar 1999 bezogen; dem lag eine psychiatrische Begutachtung Prof.H. zugrunde mit der Diagnose einer chronifizierten Depression mit deutlich endogenen Zügen. Der Weitergewährungsantrag des Klägers wurde bestandskräftig abgelehnt, nachdem die Folgegutachten durch Dr.W. und Dr.H. (09.11.1998 bzw. 09.01.1999) wieder ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Arbeiten ergeben hatten.

Der jetzige Rentenantrag datiert vom 25.07.2001. Die Beklagte hat diesen mit Bescheid vom 27.09.2001 aus medizinischen Gründen abgelehnt. Der Kläger leide zwar an Dysthymie, Zustand nach reaktiver Verschlechterung vor einem Jahr, sowie Bluthochdruck, Lendenwirbelsäulenbeschwerden, Zustand nach Kreuzbein- und Steißbeinbruch sowie Zustand nach Hepatitis. Er könne jedoch noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein und sei daher nicht erwerbsgemindert.

Den Widerspruch des Klägers, begründet mit einer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes durch Bandscheibenvorfall, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.01.2002 zurück.

Mit seiner Klage zum Sozialgericht (SG) München verwies der Kläger auf seine in Österreich seit langem bezogene Berufsunfähigkeitspension.

Das SG holte ein Gutachten nach Aktenlage des Orthopäden Dr. A. W. ein. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 07.10.2005 folgende Gesundheitsstörungen fest: 1. Bluthochdruck ohne Hinweis für Herzleistungsminderung oder koronare Herzerkrankung 2. Überbelastungsbeschwerden der Wirbelsäule bei Adipositas permagna ohne Hinweis für Funktionsminderung oder persistierende Nervenwurzelreizzustände oder Läsionen. 3. Sitzbeschwerden nach Beckenbruch 1968 mit Verknöcherung im rechten Sitzbeinast. 4. Psychophysischer Erschöpfungszustand. Der Kläger könne seit 2001 unter arbeitsmarktüblichen Bedingungen noch leichte bis mittelschwere Arbeiten im Gehen, Stehen und Sitzen vollschichtig verrichten.

Mit Urteil vom 09.03.2006 wies das SG die Klage ab und stützte sich dabei im Wesentlichen auf das Gutachten Dr. W ...

In seiner Berufung vom 30.10.2006 machte der Kläger geltend, das Gutachten Dr.W. basiere auf veralteter Aktenlage. Er habe eine neuerliche Untersuchung seines Gesundheitszustandes angeboten; diese sei jedoch nicht genehmigt worden. Er sei inzwischen pflegebedürftig.

Der Senat versuchte Befundberichte der behandelnden Ärzte einzuholen.

Die Befundberichtanforderungen bei den behandelnden Ärzten des Klägers an seinem derzeitigen Wohnort auf den Azoren blieben unbeantwortet. Hierzu teilte der Kläger mit, diese seien nicht in der Lage, einen Befundbericht zu verfassen, "sei es aus mangelnder Kompetenz oder ungeklärter Kostenübernahme".

Auf Anfrage des Senats berichtete der in B. (Österreich) behandelnde Arzt des Klägers Dr.L. von zwei Untersuchungen am 07.04.2003 und 02.07.2007. Im ersten Fall habe ein deutlich erhöhter Blutdruckwert vorgelegen mit Therapieindikation bei unauffälligem EKG. Als Diagnosen seien gestellt worden: Benigne Prostatahyperplasie, Hypertonie und Struma nodosa. Bei der neuerlichen Untersuchung habe an der unteren LWS ein deutlicher Klopfschmerz bestanden. Anamnestisch wird eine radikuläre Schmerzausstrahlung berichtet und die "Verdachtsdiagnose Lumboischialgie bei Discusprolaps L5/S1" gestellt. Außerdem bestehe eine Adipositas mit Belastungsdyspnoe bei überhöhten Blutdruckwerten, die ebenfalls weiter abzuklären sei.

Hierzu teilte der Kläger mit, dass der Blutdruck medikamentös auf Normalwerte eingestellt worden sei, jedoch mit der Folge starker Müdigkeit. Vom Bandscheibenleiden abgesehen fühle er sich allein durch die Müdigkeit und Antriebslosigkeit nicht in der Lage, irgendwelche Arbeiten zu verrichten.

Der Senat holte bei Dr. A. W. eine ergänzende Stellungnahme ein zu den neuerlichen Unterlagen. Die Frage, ob sich bezüglich der Beurteilung des gesundheitlichen Leistungsvermögens oder zumindest der Notwendigkeit weiterer Ermittlungen (Untersuchung in Deutschland) Neues ergeben habe, wird von Dr.W. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 14.02.2008 verneint. Dr.W. verweist auf den negativen Lasègue-Test, der bei Dr.L. durchgeführt worden sei. Somit liege kein anhaltender Nervenwurzelreizzustand im Sinne einer Lumboischialgie vor. Die geklagte Schmerzausstrahlung beruhe mit überwiegender Wahrscheinlich auf einem Überlastungssyndrom der Wirbelsäule bei hochgradigem Übergewicht. Trotz des Bluthochdruckleidens bestehe keine Herzinsuffizienz. Insgesamt ergeben sich dadurch keine neuen Erkenntnisse oder Ermittlungsnotwendigkeiten.

Der Kläger wurde darauf hingewiesen, dass die Beweisaufnahme abgeschlossen sei. Er äußerte sich nicht.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts München vom 09.03.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27.09.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2002 aufzuheben und die Beklagte zur Zahlung von Rente wegen Erwerbsminderung zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten und des SG sowie die Berufungsakte hingewiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger erfüllt zwar die versicherungsrechtlichen, nicht aber die medizinischen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente.

Die ursprüngliche Zeitrentengewährung war wohl in erster Linie durch ein psychisches Leiden bedingt; ein solches wird vom Kläger heute nicht mehr vorgetragen. Was die internistischen und orthopädischen Beschwerden des Klägers anbelangt, so sind diese als Lendenwirbelsäulensyndrom bzw. Bluthochdruckleiden zu objektivieren, jedoch nicht so gravierend, dass sie Konsequenzen im Hinblick auf die zumutbare Arbeitszeit nach sich ziehen würden. Dies steht zur Überzeugung des Senats fest aufgrund des Gutachtens Dr.W. mit nochmaliger ergänzender Stellungnahme.

Danach hat beim Kläger bereits im Jahr 1998 ein Bluthochdruck vorgelegen ohne Herzleistungsminderung und unter Therapie. Wesentliche Folgen der Gallenblasenoperation oder einer durchgemachten Hepatitis A sind nicht geblieben. Die Beschwerden nach Beckenbruch im Jahr 1968 sind nicht gravierend und im Übrigen durch ein Sitzkissen zu kompensieren. Bezüglich der Wirbelsäulenbeschwerden besteht ein unauffälliger radiologischer Befund; 1995 war lediglich der Zwischenwirbelraum L5/S1 etwas verschmälert. Es liegt ein Überlastungssyndrom der Wirbelsäule vor, das konservativen Behandlungsmaßnahmen zugänglich ist. Trotz geschilderter Antriebslosigkeit und Müdigkeit liegt objektiv keine psychische Erkrankung vor. Auch nach dem psychiatrischen Gutachten Dr.W. vom 26.02.2001 besteht keine wesentliche Depression mehr.

Soweit der Kläger mit seiner Berufung Ermittlungsdefizite des erstinstanzlichen Gerichtes geltend gemacht hat, so hätte es ihm oblegen, im Berufungsverfahren dies auch zu konkretisieren. Der Senat ist sämtlichen klägerischen Hinweisen nachgegangen und hat versucht Befundberichte beizuziehen. Dies war seitens der Ärzte am Wohnort des Klägers nicht möglich. Aber auch der durchaus aktuelle Bericht des behandelnden Arztes in Österreich vermag das klägerische Vorbringen nicht in entscheidungserheblicher Weise zu stützen. Somit hielt der Senat es auch nicht für geboten, den Kläger in Deutschland untersuchen zu lassen. Gerade wegen des aktuellen Befundberichtes aus Österreich bedurfte es angesichts des pauschalen und nicht näher konkretisierten Vorbringens des Klägers keinen weiteren Ermittlungen.

Die Berufung des Klägers konnte daher keinen Erfolg haben.

Dem entspricht auch die Kostenentscheidung (§§ 183, 193 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -)

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs.2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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