L 20 R 882/07

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 11 R 773/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 R 882/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 02.10.2007 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Witwenrente nach Beitragserstattung aus dem nicht erstatteten Arbeitgeberanteilen streitig.

Die 1934 geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige mit Wohnsitz in ihrem Heimatland. Sie ist die Witwe des verstorbenen Versicherten M. B. , der im Zeitraum vom 04.10.1966 bis 11.11.1976 in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt war. Mit Bescheid vom 07.05.1981 hatte die Beklagte dem Versicherten die von diesem im genannten Zeitraum zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung entrichteten Beiträge in Höhe von 8.183,40 DM erstattet. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass nur die vom Versicherten getragenen Arbeitnehmeranteile erstattungsfähig seien und mit der Erstattung weitere Ansprüche aus den bisher zurückgelegten Versicherungszeiten ausscheiden. Der Bescheid wurde bestandskräftig.

Den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Mannes lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13.08.2002 ab, weil aufgrund der durchgeführten Beitragserstattung keine auf die Wartezeit anrechenbaren Versicherungszeiten mehr vorhanden seien. Hiergegen erhob die Klägerin am 10.09.2002 Widerspruch. Ihr verstorbener Ehemann habe nur die von ihm zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung entrichteten Arbeitnehmeranteile erstattet erhalten. Ihr stehe aus den nicht erstatteten Arbeitgeberanteilen eine Witwenrente zu. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.11.2002 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit inhaltsgleicher Begründung wie im angefochtenen Ausgangsbescheid zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 04.12.2002 Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben.

Mit Gerichtsbescheid vom 02.10.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente aus den nicht erstatteten Arbeitgeberanteilen, weil wegen der 1981 durchgeführten Beitragserstattung die für eine Rentengewährung erforderliche Wartezeit nicht erfüllt sei. An den Bescheid vom 07.05.1981 seien die Beteiligten und das Gericht gebunden, § 77 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Nach dem zum Zeitpunkt der Beitragserstattung gültigen Recht der Reichsversicherungsordnung (RVO) schließe die Erstattung weitere Ansprüche aus den bis dahin zurückgelegten Versicherungszeiten aus, § 1303 Abs.7 RVO. Ansprüche aus dem bisher zurückgelegten Versicherungsverhältnis seien erloschen; das Erlöschen sei nicht auf den erstatteten Arbeitnehmeranteil beschränkt. Nach dem zwischenzeitlich zum 01.01.1992 in Kraft getretenen Recht des SGB VI sei keine inhaltliche Änderung gegenüber dem Vorstehenden eingetreten. Ferner würden Rentenversicherungsbeiträge auch weiterhin nur in der Höhe erstattet, in der die Versicherten diese getragen hätten, § 210 Abs.3 Satz 1 SGB VI. Nach wie vor schließe das Gesetz somit die Erstattung von Arbeitgeberanteilen aus. Dies gelte auch im Hinblick darauf, dass der Arbeitgeber aufgrund der hälftigen Beitragstragung zu Gunsten des Versicherten Beiträge auf dessen Versicherungskonto entrichtet habe. Nach der Beitragserstattung habe der Versicherte keine weiteren Beiträge mehr entrichtet, die auf die Wartezeit anrechenbar seien. Die genannte Regelung sei mit dem Verfassungsrecht vereinbar und verstoße insbesondere nicht gegen das Willkürverbot.

Hiergegen richtet sich die beim SG am 26.11.2007 und beim Bayer.Landessozialgericht am 03.12.2007 eingegangene Berufung der Klägerin. Sie bitte darum, ihre Akte noch einmal zu prüfen. Da sie zu alt sei, bekomme sie keinen Unterhalt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 02.10.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13.08.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.11.2002 aufzuheben und die Beklagte zur Gewährung einer Witwenrente aus den nicht erstatteten Arbeitgeberanteilen aus der Versicherung des M. B. zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 02.10.2007 zurückzuweisen.

Zur Berufungserwiderung nimmt die Beklagte auf die Ausführungen in der erstgerichtlichen Entscheidung Bezug.

Das Gericht hat die Akten der Beklagten und des SG beigezogen. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Das SG durfte gemäß § 105 Abs.1 Satz 1 SGG durch Gerichtsbescheid ohne mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Sache weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf und der Sachverhalt ist geklärt. Das SG hat die Beteiligten mit Schreiben vom 07.09.2007 zuvor gehört, § 105 Abs.1 Satz 2 SGG.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG ).

Die Berufung erweist sich jedoch nicht als begründet.

Zu Recht hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 02.10.2007 die Klage gegen den Bescheid vom 13.08.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.11.2002 abgewiesen. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 54 Abs.2 Satz 1 SGG.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Mannes zu, weil wegen der mit Bescheid vom 07.05.1981 durchgeführten Beitragserstattung die für eine Rentengewährung erforderliche Wartezeit nicht erfüllt ist.

Witwen haben Anspruch auf kleine bzw. große Witwenrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, § 46 Abs.1, 2 Satz 1 SGB VI. Die allgemeine Wartezeit beträgt fünf Jahre, § 50 Abs.1 Satz 1 SGB VI.

Aufgrund der mit Bescheid vom 07.05.1981 durchgeführten Beitragserstattung sind die Rentenanwartschaftszeiten erloschen. Der Erstattungsbescheid vom 07.05.1981 ist bestandskräftig, sodass die Beteiligten und das Gericht an ihn gebunden sind, §§ 39 Abs.2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), 77 SGG. Nach dem zum Zeitpunkt der Beitragserstattung gültigen Recht der Reichsversicherungsordnung (RVO) schließt die Erstattung weitere Ansprüche aus den bis dahin zurückgelegten Versicherungszeiten aus, § 1303 Abs.7 RVO. Ansprüche aus dem bisher zurückgelegten Versicherungsverhältnis erlöschen also hinsichtlich des Arbeitgeber- und des Arbeitnehmeranteils; das Erlöschen ist nicht auf den erstatteten Arbeitnehmeranteil beschränkt, § 1303 Abs.1 Satz 1 RVO. Die Rentenanwartschaftszeiten erlöschen somit in vollem Umfang.

Eine andere Rechtslage ergibt sich auch nicht nach dem zwischenzeitlich zum 01.01.1992 in Kraft getretenen Recht des SGB VI. Nach § 210 Abs.6 Satz 2, 3 SGB VI wird mit der Erstattung das bisherige Versicherungsverhältnis aufgelöst; Ansprüche aus den bis zur Erstattung zurückgelegten Versicherungszeiten bestehen nicht mehr. Weiterhin werden Rentenversicherungsbeiträge nur in der Höhe erstattet, in der die Versicherten diese getragen haben, § 210 Abs.3 Satz 1 SGB VI. Nach wie vor schließt das Gesetz somit die Erstattung von Arbeitgeberanteilen aus. Somit besteht weder nach dem Recht der RVO noch nach demjenigen des SGB VI ein Anspruch auf Erstattung der vom Arbeitgeber entrichteten Beitragsanteile. Dies gilt auch trotz des Umstands, dass der Arbeitgeber aufgrund der hälftigen Beitragstragung zu Gunsten des Versicherten Beiträge auf dessen Versicherungskonto entrichtet hat. Die genannte Regelung ist mit dem Verfassungsrecht vereinbar und verstößt insbesondere nicht gegen das Willkürverbot (vgl. dazu beispielhaft BSG SozR 2200 § 1303 Nr.18, 33; BVerfG SozR 2200 § 1303 Nr.19; 34; BSG SozR 3-2600 § 210 Nr.2; BSG Beschluss vom 31.07.2007 Az: B 5a/4 R 199/07 B; BayLSG, Urteil vom 31.01.2007 Az: L 20 R 592/06).

Nach der Beitragserstattung hat der Versicherte keine weiteren Beiträge mehr entrichtet, die auf die Wartezeit anrechenbar sind. Wesentliche Gesichtspunkte hat die Klägerin in der Berufungsbegründung vom 09.11.2007, 04.12.2008 und 31.01.2008 nicht vorgetragen. Dass sie - wie sie vorträgt - keinen Unterhalt erhalte, ist rechtlich unerheblich.

Nach alledem war die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 02.10.2007 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, § 160 Abs.2 Nrn. 1 und 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved