L 14 R 614/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 12 RJ 807/03 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 614/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 28. Februar 2005 aufgehoben und der Rechtsstreit an das Sozialgericht zurückverwiesen.
II. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Rente wegen verminderter oder geminderter Erwerbsfähigkeit aufgrund eines Rentenantrags vom 13.06.2000.

Der im Jahre 1949 geborene Kläger, ein Serbe mit Wohnsitz in seinem Heimatland, hat zunächst dort - mit Unterbrechungen - Versicherungszeiten zwischen April 1964 und August 1968 zurückgelegt, rund drei Jahre und sieben Monate. Nach seinen Angaben soll er eine Ausbildung als Wasserinstallateur durchlaufen haben; ein Zeugnis hierzu wurde vom Kläger nicht vorgelegt, aber auch nicht von der Beklagten oder dem Sozialgericht angefordert.

In der Bundesrepublik Deutschland (BRD) bestanden - mit anfangs nur tageweisen Unterbrechungen - mehrere Beschäftigungsverhältnisse zwischen Februar 1970 und Oktober 1976, davon zweimal in der Rentenversicherung der Angestellten. Der Kläger will nach seinen vagen und bisher weitestgehend nicht hinterfragten Angaben als Fabrikarbeiter, dann als Installateur und zuletzt als Dekorateur gearbeitet haben. Sein Versicherungsverlauf gestaltete sich zuletzt folgendermaßen: 1974: 12 Pflichtbeiträge zur Angestelltenrentenversicherung 1975: 12 Pflichtbeiträge zur Arbeiterrentenversicherung 04.12.1975 bis 16.03.1976: krank/Anrechnungszeit (erste bekannte Krankheitszeit) 20.04. bis 12.06.1976: arbeitslos/Anrechnungszeit 14.06. bis 22.10.1976: 5 Pflichtbeiträge zur Arbeiterrentenversicherung (Beschäftigung bei der H. F. GmbH & Co.KG, Raumausstattung). 23.10.1976 bis 17.08.1977: krank/Anrechnungszeit.

In seinem Heimatland war der Kläger dann ca. fünf Wochen im Jahre 1979 und ununterbrochen vom 16.08.1982 bis 01.06.1999 versicherungspflichtig beschäftigt. Auf den am 13.06.2000 bei der serbischen Verbindungsstelle gestellten Rentenantrag bezog er in seinem Heimatland Invalidenrente seit dem 13.06.2000.

Zu Lasten der Beklagten wurde der Kläger am 22.01.2001 nochmals von der Invalidenkommission in N. untersucht (Gutachten des Psychiaters und Arbeitsmediziners Dr.P. vom 22.01.2001). Bei bisher vier stationären psychiatrischen Behandlungen des Klägers in der Zeit von Oktober 1999 bis Januar 2001, die letzte nach Intoxikation (Selbstmordversuch mit 100 Tabletten - Reanimationsabteilung des Medizinischen Zentrums S.) und unter Zugrundelegung weiterer fachärztlicher Befunde augenärztlicher, röntgenologischer und internistischer Art diagnostizierte Dr.P. ein schwerergradiges depressives Syndrom, einen Zustand nach Selbstmordversuch mit Medikament, eine Myopia alta degenerativa o.u. (Kurzsichtigkeit beider Augen mit Netzhautveränderungen, lt. Text des Gutachtens ist das Sehvermögen auf dem rechten Auge praktisch verloren und beträgt auf dem linken Auge mit starker Korrektur 0,4 bis 0,5), eine Arthrose im (linken) Handgelenk mit Kontraktur nach Fraktur der Mittelhandknochen 4 und 5 vor 24 Jahren sowie eine Lumboischialgie beidseits, stärker rechts aufgrund einer Discartrosis mit Bandscheibenhernien zwischen den Lendenwirbelkörpern L4, L5 und S1. Der Kläger wurde seit Rentenantragstellung nurmehr für fähig gehalten, weniger als zwei Stunden täglich als Installateur tätig zu sein oder Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten.

Die Beklagte ließ den Kläger in der Ärztlichen Gutachterstelle R. vom 14. bis 16.10.2002 untersuchen. Neben Erhebung technischer Befunde auf röntgenologischem und internistischem Gebiet (Röntgenaufnahmen des Brustkorbs, der Halswirbelsäule, der Lendenwirbelsäule, des rechten Schultergelenks; EKG in Ruhe und Ergometrie; Laborwerte) erstellte der Neurologe und Psychiater Dr.M. nach Untersuchung des Klägers auf allen ärztlichen Fachgebieten das Gutachten vom 17.10.2002. Er diagnostizierte rezidivierende depressive Störung, wirbelsäulenabhängige Beschwerden bei Abnützungserscheinungen, Schultergelenkbeschwerden rechts bei Abnützungserscheinungen und Sehschwäche beiderseits; aufgrund dessen hielt er den Kläger für fähig, seit dem 13.06.2000 täglich sechs Stunden und mehr leichte körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne Akkord, ohne Nachtschicht und ohne Zwangshaltungen zu verrichten. Als Installateur sei der Kläger aber nicht mehr einsetzbar.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 05.11.2002 lehnte die Beklagte einen Antrag "auf Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI" ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorlägen. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könne der Kläger im bisherigen Beruf Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Am Schluss des Bescheids befinden sich noch zwei Hinweise: "Selbst wenn die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland eine Facharbeitertätigkeit gewesen wäre, bestünde kein Anspruch auf teilweise Erwerbsminderungsrente bei Berufsunfähigkeit, weil Sie insoweit noch zumutbar auf Beschäftigungen wie Prüfer, Kontrolleur, Revisor in der Metallindustrie verweisbar wären. Nach dem bis 31.12.2000 geltenden Recht ergibt sich ebenfalls kein Anspruch."

Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger eine dauerhafte Zerrüttung seines psycho-physischen Zustands (seit fünf Jahren ambulante und stationäre psychiatrische Behandlung), einen fast völligen Verlust des Sehvermögens, Beschwerden der Wirbelsäule und eine Behinderung der linken Hand geltend und legte ärztliche Unterlagen vor. Nach Einholung einer ärztlichen Stellungnahme des Prüfarztes Dr.D. wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15.05.2003 zurückgewiesen, weil sich in der bisherigen ärztlichen Beurteilung keine Änderung ergeben habe. Ausgehend vom zuletzt ausgeübten Beruf als Dekorateur sei diese Berufstätigkeit in die Gruppe der angelernten Arbeiter einzuordnen, so dass der Kläger auf alle ungelernten Tätigkeiten nicht allereinfachster Art verwiesen werden könne und die Bezeichnung einer konkreten Verweisungstätigkeit nicht erforderlich sei.

Im anschließenden Klageverfahren legte der Kläger zahlreiche, zum Teil bekannte, zum Teil neuere ärztliche Unterlagen vor. Das Sozialgericht veranlasste zu den "wesentlichen Gesundheitsstörungen des Klägers seit Juni 2000" (vgl. Beweisanordnung vom 26.11.2003) eine Untersuchung und Begutachtung des Klägers in L. (Hauptgutachten des Internisten und Lungenarztes Dr.P. vom 19./20.01.2004 mit neurologisch-psychiatrischem Zusatzgutachten des Dr.R. vom 19.01.2004 und dem orthopädischen Gutachten des Dr.S. vom 19.01.2004).

Dr.R. ersah in psychischer Hinsicht Einschränkungen des Bewusstseins (unzureichende Orientierung, starke Reduzierung der Aufmerksamkeit und der Auffassungsgabe), des Denkens, des Gedächtnisses, des Intellekts, des Affekts und des Antriebs sowie im Übrigen deutliche Zeichen eines beginnenden hirnorganischen Abbauprozesses. Er diagnostizierte ein beginnendes hirnorganisches Psychosyndrom, eine schwere Depression und eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Nerven- und Muskel- reizerscheinungen. Der Kläger könne seit Dezember 2003 - siehe den vom Kläger vorgelegten Befundbericht des Dr.D. B. (gemeint: D. B.) vom 02.12.2003 des Psychiatrischen Krankenhauses S. (Anmerkung: Dieser Bericht gelangte nicht zu den Akten) - keine vollschichtigen Tätigkeiten mehr verrichten. Überblicke man den bisherigen Krankheitsverlauf, sei davon auszugehen, dass die tägliche Leistungsfähigkeit des Klägers ab Juni 2003 unter die 6-Stunden-Grenze gefallen sei. Im Übrigen führte der Sachverständige aus, der Kläger könne unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen, Sitzen und Stehen, in geschlossenen Räumen, ohne besonderen Zeitdruck, ohne Nacht- und Schichtdienst, ohne Wechselschicht, ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit und ohne häufiges Heben oder Tragen schwerer Lasten unter zwei Stunden ausüben und nur ihm bekannte Wege eigenständig zurücklegen.

Dr.S. diagnostizierte eine Hüftgelenksarthrose rechts (mit Bewegungseinschränkung), ein Impingement-Syndrom der rechten Schulter, ein Carpaltunnel-Syndrom an der rechten Hand mit Sensibilitätsverlusten (Finger 2, 3 und 4 zur Hälfte), eine Fehlhaltung der Finger 4 und 5 links (die Finger 3 und 4 ? sollen in leichter Streckstellung stehenbleiben, damit sei der Faustschluss links nicht vollkommen) und eine teilweise Gebrauchsunfähigkeit der Wirbelsäule ("Unbeweglichkeit der Wirbelsäule" - Bewegungseinschränkungen in allen drei Abschnitten). Im Gutachtenstext wird u.a. erwähnt, dass der Achillessehnenreflex rechts und der Posticus rechts nicht auslösbar seien, in L5 eine Herabsetzung der Sensibilität des rechten Beines bestehe und wegen Schonhaltung eine Muskelminderung am rechten Oberschenkel um 3 cm gegenüber links eingetreten sei; sicher liege hier eine ältere Wurzelschädigung vor. Der Sachverständige vertrat die Auffassung, in Übereinstimmung mit dem Gutachten des Dr.R. werde eine quantitative Leistungsminderung ab Untersuchungstag anzunehmen sein (Begründung: in den Vorbefunden seien die Hüftgelenksveränderungen sowie das Carpaltunnelsyndrom nicht geschildert); der Kläger könne unter Berücksichtigung des Befunds des Dr.R. nur noch leichte Arbeiten im Stehen, Gehen und Sitzen unter zwei Stunden täglich verrichten. Daneben bestünden zahlreiche qualitative Einschränkungen (Heben und Tragen von Lasten, Steigen auf Leitern und Gerüsten sowie Überkopfarbeiten rechts).

Dr.P. diagnostizierte ergänzend einen Verdacht auf latenten Diabetes, eine Neigung zu Gastritiden und ein Struma. Die Leistungsfähigkeit des Klägers sei seit Dezember 2003 quantitativ auf unter zwei Stunden gesunken. Unter Berücksichtigung der vorhandenen Diagnosen sei ebenfalls ein Leistungsabsinken unter die Vollschichtgrenze im Juni 2003 anzunehmen. In diesem zeitlichen Rahmen könne der Kläger leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen, in geschlossenen Räumen, ohne Heben und Tragen von Lasten, ohne Steigen auf Leitern und Gerüsten sowie ohne Überkopfarbeiten, weiterhin ohne besonderen Zeitdruck, ohne Nachtdienst, Schichtdienst oder Wechselschicht verrichten.

Das Sozialgericht vertagte die mündliche Verhandlung vom 21.01.2004 und gab dem Kläger auf, sämtliche verfügbaren medizinischen Unterlagen aus den Jahren 2000 und 2001 vorzulegen. Der Kläger brachte daraufhin eine Vielzahl ärztlicher Unterlagen aus dem genannten Zeitraum bei, die zum Teil bekannt waren, im Übrigen aber auch neue Gesichtspunkte einbrachten (vgl. z.B. den Arztbrief des Psychiaters Dr.B. D. vom 10.02.2001 über eine stärkergradige Depression mit psychotischen Elementen und einen epileptischen Anfall).

Das Sozialgericht holte daraufhin das Aktenlage-Gutachten der Neurologin und Psychiaterin S. vom 17.01.2005 ein, wobei es als Beweisfrage nur vorgab, ob das Leistungsvermögen des Klägers bereits vor Juni 2003 in quantitativer Hinsicht eingeschränkt gewesen sei, ggf. seit wann und in welchem zeitlichen Umfang. Die Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass bei der Begutachtung durch Dr.M. eine leichtgradige depressive Störung festgestellt worden sei, so dass zu diesem Zeitpunkt offensichtlich eine weitgehende Remission der depressiven Störung vorgelegen habe. Seit der letzten Begutachtung durch Dr.R. habe sich eine schwerwiegende depressive Erkrankung, überlagert durch psycho-organische Veränderungen, ergeben, die die Chronifizierung und inzwischen schlechte therapeutische Beeinflussbarkeit der Depression erklären könnten. Es sei von einer langsam fortschreitenden Verschlechterung der vorliegenden depressiven Erkrankung auszugehen, die zwischen den Gutachtensterminen Oktober 2002 und Januar 2004 eingetreten sei. In Übereinstimmung mit Dr.R. sei von einer quantitativen Einschränkung des Leistungsvermögens ab Juni 2003 auszugehen.

Mit Urteil vom 28.02.2005 wies das Sozialgericht die Klage ab. Auf einen Tatbestand von etwas mehr als eineinhalb Seiten folgen die Entscheidungsgründe von einer Seite, die sich im wesentlichen auf den Punkt beschränken, dass der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit oder auf eine Rente wegen Erwerbsminderung habe, weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Ein Anspruch hätte nur dann bestanden, wenn vor dem 01.08.2001 verminderte Erwerbsfähigkeit eingetreten wäre. Hiervon könne die Kammer aber nicht ausgehen, nachdem die vom Gericht mit der Erstellung eines abschließenden Gutachtens beauftragte Sachverständige Dr.S. überzeugend dargelegt habe, dass für quantitative Einschränkungen des Leistungsvermögens in der vor dem von Dr.P. und vom Neurologen und Psychiater Dr.R. festgestellten Zeitpunkt Juni 2003 Anhaltspunkte nicht gegeben seien.

Mit dem Rechtsmittel der Berufung verfolgt der Kläger sein Rentenbegehren unter Bezug auf den serbischen Invalidenrentenbescheid vom 24.04.2001 weiter. Er rügt, dass das Sozialgericht eine augenärztliche Untersuchung versäumt und im Übrigen 14 medizinische Befunde, die am 05.02.2004 übersandt worden seien, nicht berücksichtigt habe. Er übersendet erneut ärztliche Befunde, unter denen sich einige wenige bisher nicht bekannte befinden.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

die Beklagte unter Aufhebung bzw. Abänderung des Urteils des Sozialgerichts vom 28.02.2005 und des Bescheides vom 05.11.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2003 zu verurteilen, ihm Rente wegen verminderter oder geminderter Erwerbsfähigkeit aufgrund des Rentenantrags vom 13.06.2000 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Sache an das Sozialgericht zurückzuverweisen.

Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die zu Beweiszwecken beigezogene Versichertenakte der Beklagten vor.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung (§§ 143 f., 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG) ist insoweit begründet, als das Urteil vom 28.02.2005 aufgehoben und der Rechtsstreit zurückverwiesen wird (§ 159 Abs.1 SGG). Das Verfahren in erster Instanz litt an mehreren wesentlichen Mängeln.

1. Zunächst liegt ein Verstoß gegen § 136 Abs.1 Nr.5 und Nr.6, § 128 Abs.1 Satz 2 SGG vor. Das Urteil muss eine gedrängte Darstellung des Tatbestands enthalten (§ 136 Abs.1 Nr.5 SGG). Es muss erkennen lassen, welchen Sachverhalt das Gericht seiner Entscheidung zugrundegelegt hat. Dies ist vorliegend nicht gewahrt. Über das Berufsbild des Klägers kann bei Lesen des Urteils nichts in Erfahrung gebracht werden; mehr als die Tatsache, dass der Kläger in seinem Heimatland und in der BRD Versicherungszeiten zurückgelegt hat, wurde im Tatbestand (und im Übrigen auch in den Entscheidungsgründen) nicht erwähnt. Das Sozialgericht hat ferner nichts über die Gesundheitsstörungen des Klägers mitgeteilt. So blieb bei Inhalt des Urteils unbekannt, weswegen er Rente begehrt hat, von welchen Gesundheitsstörungen die Beklagte ausgegangen ist und welche Gesundheitsstörungen die ärztlichen Sachverständigen und behandelnden oder anderweitig tätig gewordenen Ärzte festgestellt haben. Der Inhalt und das Ergebnis des Gutachtens der Invalidenkommission in N. , des Dr.M. und der Dres.P. , S. und R. sowie des Gutachtens der Dr.S. bleibt dem Leser des Urteils im Verborgenen; es ist dort nicht mehr erwähnt, als dass "Ergebnisse von N." vorlagen und "in R. ärztliche Untersuchungen durchgeführt wurden", ferner dass das Sozialgericht vier Gutachten von namentlich benannten Sachverständigen eingeholt hat und laut dem Gutachten der Dr.S. eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers vor Juni 2003 nicht vorgelegen haben soll. Über qualitative Einschränkungen des Erwerbsvermögens des Klägers in der maßgebenden Zeit bis 01.08.2001 (und auch danach) wurde ohnehin nicht berichtet.

Das Urteil ist im Tatbestand ungenügend. Der Mangel wurde auch nicht dadurch beseitigt, dass das Sozialgericht in seinem Urteil "hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf den Inhalt der Klageakte sowie der beigezogenen Rentenakte der Beklagten" verwiesen hat. Zwar ist eine Bezugnahme in Grenzen zulässig. Gemäß § 136 Abs.2 Satz 1 SGG kann die Darstellung des Sachverhalts durch eine Bezugnahme auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und auf die zur Sitzungsniederschrift erfolgten Feststellungen ersetzt werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand richtig und vollständig ergibt. In jedem Fall sind jedoch die erhobenen Ansprüche genügend zu kennzeichnen und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel ihrem Wesen nach hervorzuheben (§ 136 Abs.2 Satz 2 SGG).

Die Grenzen der Bezugnahme wurden vom Sozialgericht bei weitem überschritten, zumal auch nicht aus den Entscheidungsgründen wesentliche Teile des Tatbestandes im Rahmen einer rechtlichen Würdigung hervorgehen. Eine Bezugnahme darf nicht dazu führen, dass erhebliche Teile des Tatbestandes (z.B. das Ergebnis der Beweisaufnahme) sich nicht mehr aus dem Urteil erschließen lassen und der dem Urteil zugrundeliegende Sachverhalt nicht mehr in sich verständlich ist. Bereits dies stellt einen erheblichen Mangel dar, der sich im Übrigen in ähnlicher Weise in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils fortsetzt.

Die Entscheidungsgründe (§ 136 Abs.1 Nr.6 SGG) müssen eine Zusammenfassung der Erwägungen enthalten, auf denen das Urteil in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht (§ 313 Zivilprozessordnung - ZPO - i.V.m. § 202 SGG). Danach muss sich das Gericht - schriftlich - mit allen wesentlichen Streitpunkten auseinandersetzen. Besonders weist der Senat darauf hin, dass unverzichtbar zum Kernbereich der Entscheidungsgründe die Beweiswürdigung und die Anführung der vom Sozialgericht festgestellten Gesundheitsstörungen zählen.

Maßgebende Entscheidungsgründe sind vorliegend nicht ersichtlich. Sie waren aber notwendig, denn die Beteiligten sollen Kenntnis erhalten, von welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Überlegungen das Gericht ausgegangen ist. Eine Überprüfung anhand des geschriebenen Urteils soll ermöglicht werden. Vorliegend sind aber die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils inhaltlos, so dass davon auszugehen ist, dass es ohne Gründe ergangen ist (erheblicher Verfahrensfehler im Sinne eines absoluten Revisionsgrundes).

Bei einer künftigen erneuten Entscheidung wird das Sozialgericht zu beachten haben, dass der Tatbestand vollständig ist und in dem Urteil die Gründe angegeben werden, die für die richterliche Entscheidung leitend gewesen sind (§ 128 Abs.1 Satz 2 SGG); darüber hinaus ist die richterliche Überzeugung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu bilden (§ 128 Abs.1 Satz 1 SGG). Es sind alle vorgetragenen oder bekannt gewordenen Umstände zu berücksichtigen; insbesondere sind die eingeholten Sachverständigengutachten sowie die im Wege des Urkundsbeweises auszuwertenden Gutachten (Gutachten der Invalidenkommission sowie des Dr.M.) zu würdigen, d.h. nicht einfach zu übernehmen, sondern kritisch nachzuvollziehen und zu überprüfen. Das Gericht hat sich ferner mit entgegenstehenden Ergebnissen auseinanderzusetzen; entgegenstehende Gutachten und andere Beweismittel dürfen in den Entscheidungsgründen nicht übergangen werden. Vielmehr müssen diese über eine Abwägung Aufschluss geben ("wohlerwogene und stichhaltige Gründe").

2. Das Verfahren des Sozialgerichts ist weiterhin mangelhaft, weil das Sozialgericht gegen die Amtsermittlungspflicht (§§ 103, 106 SGG) verstoßen und zu entscheidungsrelevanten Sachverhalten nichts oder nicht Hinreichendes ermittelt hat.

Zu dem bisherigen (in der BRD) ausgeübten Beruf des Klägers ist nicht ermittelt worden, wobei in rechtlicher Hinsicht davon auszugehen ist, dass bei einem vor dem 01.01.2001 gestellten Rentenantrag eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit bei einem Leistungsfall spätestens im Jahre 2000 oder eine Rente wegen voller/teilweiser Erwerbsminderung bzw. eine Rente (wegen teilweiser Erwerbsminderung) aufgrund von Berufsunfähigkeit bei einem im Januar bis Juli 2001 gegebenen Leistungsfall in Frage kommen kann.

Der bisherige Beruf kann - unabhängig von der Leistungsfähigkeit des Klägers für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts - von Bedeutung sein, wenn er den Berufsschutz eines Facharbeiters genießt oder wegen der Wertigkeit seiner Tätigkeit (z.B. Angelernter im oberen Bereich) nicht auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verweisbar ist. Das Sozialgericht hat hierzu nichts festgestellt, es fehlt bereits an hinreichenden Ermittlungen. Keineswegs ist die "Übernahme" der bisherigen Feststellungen der Beklagten (Tätigkeit des Klägers als Dekorateur vom 14.06. bis 22.10.1976) hinreichend. Die "bisherige Berufstätigkeit" (in der BRD) im Sinne von § 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI a.F. bzw. der "bisherige Beruf" im Sinne von § 240 Abs.2 Satz 2 SGB VI n.F. beurteilt sich nämlich nicht nach dem zuletzt ausgeübten Beruf, ausgenommen den Fall, dass dieser zugleich der qualitativ höchste gewesen wäre (BSG in SozR 2200 § 1246 Nrn.53 und 66). Ansonsten ist die Berufstätigkeit zugrundezulegen, die bei im wesentlichen ungeschwächter Arbeitskraft nicht nur vorübergehend (bei Beginn voraussichtlich für mehr als ein Jahr angestrebt) eine nennenswerte Zeit ausgeübt wurde (BSG in SozR 2200 § 1246 Nr.130), es sei denn, der Abbruch erfolgte aus gesundheitlichen Gründen. Wurden mehrere Berufe ausgeübt, ist nach den vom BSG aufgestellten Kriterien der Hauptberuf zu ermitteln.

Aufgrund des Versicherungsverlaufs des Klägers und seiner bisherigen Angaben muss das Sozialgericht Ermittlungen zum gesamten Berufsleben des Klägers in der BRD einschließlich einer vorausgehenden einschlägigen Ausbildung ermitteln und dann eine Gewichtung treffen. Die Zeit vom 14.06. bis 22.10.1976 dürfte kaum - es sei denn als höchstwertige Tätigkeit bzw. als auf länger geplante und nur aus gesundheitlichen Gründe beendete Beschäftigung (Unfall des Klägers?) - von großem Gewicht sein. Möglicherweise war der Kläger vorher, z.B. von Januar bis Dezember 1975, als Facharbeiter oder angelernter Installateur tätig, wobei hier wiederum gesundheitsbedingt (Zeit der Arbeitsunfähigkeit ab 04.12.1975) ein Bruch im Versicherungsleben erfolgt sein könnte. Nach Abschluss der entsprechenden Ermittlungen wird das Sozialgericht in Zusammenhang mit den Gesundheitsstörungen des Klägers und einem ggf. verbliebenen restlichen Erwerbsvermögen des Klägers eine nachvollziehbare Entscheidung zu treffen haben.

Nicht nur in beruflicher Hinsicht, sondern auch bezüglich der bis zum 31.07.2001 vorliegenden Gesundheitsstörungen des Klägers und den hieraus folgenden Einschränkungen im Erwerbsleben hat das Sozialgericht noch zu ermitteln. Auch insoweit war die bisherige Beweisaufnahme nicht hinreichend.

Die Gutachten der Dres.S. , R. und P. waren bereits deshalb ungenügend, weil sie weder auf die Beweisfragen (Gesundheitsstörungen sowie qualitative und quantitative Leistungseinschränkungen seit Juni 2000) eingegangen sind, noch die vorhandenen medizinischen Unterlagen aus den Jahren ab 1984 hinreichend berücksichtigt haben. Die Sachverständigen haben sich im wesentlichen mit einer Momentaufnahme zum Zeitpunkt ihrer Untersuchung begnügt. Lediglich Dr.R. hat etwas weiter zurückgegriffen und Bezug auf einen ihm vorgelegten Befundbericht des Dr.D. vom 02.12.2003 genommen. Eine Auswertung der Krankenberichte zu fünf vorausgegangenen stationären Behandlungen des Klägers, wie auch der sonstigen älteren Unterlagen ist aber nicht erfolgt. Zu letzterem wird z.B. auf den Arztbrief des Dr.D. vom 24.02.2003 ("seit zehn Tagen totale Insomnie, ständige psychomotorische Unruhe, erhöhte Anxiosität usw ... auf Dauer leistungsunfähig") Bezug genommen. Nicht mehr berücksichtigen konnte der Sachverständige allerdings den später vom Kläger im Sozialgerichtsverfahren vorgelegten Arztbrief desselben serbischen Arztes vom 10.02.2001 ("epileptischer Anfall", schweres depressives Syndrom mit psychotischen Elementen). Gleichwohl bleibt festzustellen, dass Dr.R. den medizinischen Sachverhalt in den letzten Jahren weder besprochen noch gewürdigt hat. Auf neurologischem Gebiet fällt im Übrigen auf, dass der Sachverständige dies völlig vernachlässigt hat und insoweit die Feststellungen des Orthopäden Dr.S. zum aktuellen Gesundheitszustand des Klägers (Achillessehnenreflex und Posticus rechts nicht auslösbar, Schonhaltung, alter Wurzelschaden bei Lendenwirbelkörper 5 rechts mit Sensibilitätsstörungen, Carpaltunnelsyndrom) erstaunlicherweise wesentlich gehaltvoller ausgefallen sind. Andererseits hat sich Dr.S. nicht mit dem Gesundheitszustand des Klägers vor Januar 2004 befasst, obwohl dies dringend notwendig gewesen wäre. Davon abgesehen ist die Meinung des Sachverständigen über ein Leistungsvermögen unter zwei Stunden ab Untersuchungstag nicht recht nachvollziehbar, weil die hierfür genannten Gründe (bisher nicht bekannte geringe Hüftgelenksveränderung und ein Carpaltunnelsyndrom - die Gefühlsstörungen in den Fingern der rechten Hand sollen nicht durch die Veränderungen der Halswirbelsäule bedingt sein) wenig geeignet sind, auf orthopädischem Gebiet ein Absinken des Leistungsvermögens auf unter zwei Stunden zu begründen; geeigneter wäre hierfür wohl der Wirbelsäulenschaden des Klägers mit altem Nervenschaden und Muskelminderung des Beines gewesen. Im Übrigen sind in den ärztlichen Unterlagen seit dem Jahre 1999, und das nicht nur einmal, durchaus schon Taubheitsgefühle in den Fingern der rechten Hand erwähnt, so dass es sich hier nicht um einen neuen medizinischen Tatbestand handeln dürfte.

Das Gutachten des Dr.P. wiederum hat im wesentlichen nur eine Zusammenfassung der Ergebnisse des Dr.S. und des Dr.R. gebracht; auch im Gutachten des Dr.P. fehlten Feststellungen zu der Zeit ab Juni 2000 (vor allem bis zum maßgebenden Stichtag am 01.07.2001). Völlig übergangen hat der Sachverständige, dass beim Kläger Gesundheitsstörungen auf ohrenärztlichem und augenärztlichem Gebiet vorliegen. Hierzu hat der Sachverständige in seinem Hauptgutachten nichts ausgeführt und erkenntlich weder eigene Befunde erhoben noch eine Zusatzbegutachtung oder wenigstens eine einschlägige fachärztliche Untersuchung veranlasst. Die genannten Gesundheitsstörungen durften nicht übergangen werden (vgl. die Beweisfragen, welche Gesundheitsstörungen vorliegen und ob weitere Gutachten für erforderlich gehalten werden).

Das Gericht hätte die Mängel in den eingeholten Gutachten auch bemerken müssen. Bereits in den im Gutachten der Invalidenkommission vom 22.01.2001 geschilderten Beschwerden ist von einer Beeinträchtigung des Hör- und Sehvermögens die Rede und waren Befunde und Diagnosen hinsichtlich der Augen des Klägers angeführt, weiterhin ein augenärztlicher Bericht vom 04.02.2000 beigelegt. Die Umschreibung im Gutachten der Invalidenkommission mit praktischem Verlust des Sehvermögens auf dem rechten Auge und Einschränkung der Sehschärfe des linken Auges auf 0,4 bis 0,5 trotz starker Korrektur verdeutlicht auch einem Laien auf medizinischem Gebiet, dass eine erhebliche Sehbehinderung mit Folgen hinsichtlich des Erwerbsvermögens vorlag oder zumindest vorliegen konnte. Nicht zu übersehen waren auch in der Folgezeit wiederholte Klagen des Klägers hinsichtlich des Sehvermögens, eines Tinnitus (ständiges störendes Summen im Kopf laut Gutachten des Dr.M. ; häufige Geräusche im Kopf und Durchblutungsmittel wegen Ohrgeräusche laut Gutachten des Dr.P. ; im Kopf ständige Geräusche wie tausend Telefone laut Gutachten des Dr.R.) und auch hinsichtlich einer Verschlechterung des Hörvermögens sowie im Übrigen Hinweise hierauf in ärztlichen Unterlagen (vgl. z.B. den augenärztlichen Befund vom 14.02.2003 auf Bl.55 des Gutachtensheftes der Beklagten und Bl.28 der Sozialgerichtsakte).

Die genannten Gesundheitsstörungen sind noch nach Art, Ausmaß und Auswirkung aufzuklären. Nur nebenbei weist der Senat darauf hin, dass zwischenzeitlich ein augenärztlicher Befund vom 24.10.1996 (Visus rechts 2/60 cc, links 0,5 cc - Myopathie alta) und ein ohrenärztlicher Befund vom 08.02.2000 (Tinnitus auris bilateral, Gehörsinn beeinträchtigt nach Fowler rechts 32,3 %, links 54,4 %, beidseitig 36,06 %) zu der Berufungsakte gelangt sind.

Die Gesundheitsstörungen können, ggf. in Häufung mit anderen, Einfluss auf das Erwerbsvermögen des Klägers haben und einen Rentenanspruch begründen. Möglicherweise sind die Befunde aus Serbien so zu interpretieren, dass bereits vor dem Stichtag 01.07.2001 ein erheblich eingeschränktes Sehvermögen (rechtes Auge unter 0,1 und linkes Auge 0,4 bis 0,5) vorlag (hochgradige Sehbehinderung laut den Richtlinien über die Sozialmedizinische Begutachtung in der gesetzlichen Rentenversicherung) und eine geringe Schwerhörigkeit bei Tinnitus (eventuell in Verbindung mit cerebralen Durchblutungsstörungen, worauf möglicherweise die Diagnose cerebrovaskuläre Insuffizienz im Bericht des Neuropsychiaters Dr.F. vom 03.02.2001 auf B.105, 121 Sozialgerichtsakte hinweist) vorlagen.

Die mangelhafte Beweiserhebung durch die Gutachten der Dres.P. , S. und R. - möglicherweise auch dadurch verursacht, dass die vollständigen Akten den Sachverständigen zur Auswertung nicht oder nur sehr kurze Zeit zur Verfügung standen - wird nicht dadurch ausgeglichen, dass das Sozialgericht das Aktenlage-Gutachten der Dr.S. eingeholt hat. In diesem wurde weder auf die Beeinträchtigungen des Seh- und Hörvermögens des Klägers noch auf die Gesundheitsstörung auf orthopädisch-neurologischem Gebiet (Zeitraum bis Juli 2001) eingegangen; die Sachverständige hat sich auf die Abhandlung der depressiven Störung des Klägers beschränkt. Auch in diesem engen Bereich hat das Sozialgericht keine ordnungsgemäße und vollständige Beweiserhebung durchgeführt, denn es hat die Sachverständige durch eine unsachgemäße Beweisfrage (Überprüfung der vom Kläger nach Einholung von drei Sachverständigengutachten vorgelegten ärztlichen Unterlagen daraufhin, ob vor Juni 2003 ein in zeitlicher Hinsicht eingeschränktes Leistungsvermögen des Klägers vorlag. Anmerkung: Besser wäre hier doch die Frage für die Zeiträume bis Dezember 2000 und bis einschließlich Juli 2001 gewesen) nur eines von mehreren im Streitfall des Klägers entscheidungserheblichen Problemen zur Begutachtung gegeben. Dr.S. ist den Vorgaben des Sozialgerichts nachgekommen, so dass die Frage nach den qualitativen Leistungseinschränkungen des Klägers im maßgeblichen Zeitraum auch hinsichtlich der depressiven Störung offen blieb.

Bekanntermaßen spielen die qualitativen Leistungseinschränkungen nicht nur eine Rolle in dem vom Sozialgericht unberücksichtigt gebliebenen Bereich der Berufsunfähigkeit, sondern auch bei der Frage, ob einem Versicherten unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarkts der BRD noch Erwerbstätigkeiten möglich sind und ob in nennenswertem Umfang Arbeitsplätze zur Verfügung stehen. Vorliegend spitzt sich die Frage vor allem darauf zu, ob wegen fehlender Anpassungsfähigkeit oder wegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder wegen einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung dem Kläger eine zumutbare Erwerbstätigkeit konkret zu benennen ist oder ihm der Arbeitsmarkt der BRD bereits in der Zeit bis Juli 2001 verschlossen war. Der Senat weist darauf hin, dass das Bundessozialgericht bei einem auf leichte körperliche Arbeiten beschränkten Einäugigen mit nur wenigen zusätzlichen Einschränkungen des Erwerbsvermögens die konkrete Prüfung und Benennung einer Verweisungstätigkeit als notwendig angesehen hat (BSG vom 19.04.1978 - 4 RJ 55/77 in SozR 2200 § 1246 Nr.30).

Die Sachverhaltsermittlungen des Sozialgerichts haben bisher teiweise zu unrichtigen und im Übrigen auch zu unvollständigen Ergebnissen geführt. Selbst die Richtigkeit des Gutachtens der Dr.S. muss auch insoweit bezweifelt werden, als es um das psychiatrische Gebiet geht. Die Sachverständige hat nicht alle markanten Befunde und Diagnosen aus dem Heimatland des Klägers angeführt, hingegen einen breiten Raum dem Gutachten des Dr.M. eingeräumt und dessen Feststellungen als richtig und zutreffend unterstellt; ausgehend hiervon wurde die zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers zwischen 2002 und 2004 datiert, wobei im Übrigen der angenommene Juni 2003 ziemlich willkürlich erscheint, da es eine Vielzahl von Anknüpfungspunkten in den ärztlichen Unterlagen aus Serbien gibt, die auf andere Zeitpunkte hinweisen.

Das Gutachten des Dr.M. , auf dem Dr.S. aufbaut, erscheint dem Senat aufgrund vieler Ungereimtheiten nicht hinreichend verlässlich und aussagekräftig (an der Kritik des Klägers, er sei bei diesem Arzt nur fünf Minuten gewesen, mag durchaus ein zutreffender Kern vorhanden sein). Mit den vorhandenen ärztlichen Unterlagen aus Serbien kann sich Dr.M. nicht hinreichend befasst haben, ansonsten wäre neben der "viermaligen stationären Behandlung in der Psychiatrie ... das letzte Mal vom 12.12.2000 bis zum 05.01.2001 (Bl.10)" auch die fünfte stationäre Behandlung vom 20.12.2001 bis 03.01.2002 (auf Bl.21 des Gutachtensheftes der Versichertenakte) erwähnt worden (dies gilt im Übrigen auch für Dr.R.). Unberücksichtigt blieben Angaben des Klägers zu einem Tinnitus. Das erkenntlich eingeschränkte Sehvermögen wurde nebenbei unter dem neurologischen Befund mit "keine Gesichtsausfälle. Visus durch Brille korrigiert" und unter den Diagnosen mit "Sehschwäche beiderseits" ohne die Folge irgendeiner qualitativen Einschränkung des Erwerbsvermögens geführt. Entsprechende Ergebnisse einer augenärztlichen Untersuchung (Visus/Sehschärfe, Augenhintergrund, Störungen des Lichtsinns, oft auftretend bei Chorioretinitis und hoher Myopie, Gesichtsfeldausfälle mittels perimetrischer oder anderer tauglicher Untersuchungen) sind im Gutachten nicht geschildert, ebensowenig, ob Dr.M. selbst oder ein anderer Arzt (die Beklagte zieht gewöhnlich konsiliarisch einen Augenarzt zu) die Befunde erhoben hat. Nach Sachlage ist davon auszugehen, dass hier unfundierte ärztliche Äußerungen vorliegen, die nicht zu Lasten des klägerischen Anspruchs gehen dürfen.

Die Passage im Gutachten "keine Hörminderung" lässt nicht erkennen, worauf diese Erkenntnis fußt, und auf die weiterhin vom Kläger vorgebrachten Ohrgeräusche ging Dr.M. ohnehin nicht ein.

Woraus dieser Arzt schließt, dass außer einem vom Kläger angegebenen Klopf- und Druckschmerz "keine Funktionseinschränkungen an der Wirbelsäule und den Extremitäten" vorliegen, ist mangels beschriebenen einschlägigen funktionellen Befunden nicht nachvollziehbar, im Übrigen schon deshalb nicht glaubhaft, weil bei Aktenstudium oder bei einer gründlichen Untersuchung des Klägers die bleibenden Unfallfolgen an der linken Hand auffallen hätten müssen. Der Eindruck der mangelnden Sorgfalt verstärkt sich dadurch, dass bei den Befunden im Übrigen noch eine Verspannung der paravertebralen Muskulatur des Rückens vermerkt ist, wohingegen in der Epikrise zu lesen ist, dass die Muskulatur nicht verspannt gewesen sei.

Angesichts der beschriebenen Unstimmigkeiten kann nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Befunde des Dr.M. auf psychiatrischem Gebiet sorgfältig erhoben und richtig beschrieben sind.

Das Sozialgericht muss durch geeignete Ermittlungen und im Übrigen durch eine erneute Beweisaufnahme feststellen, ob die Voraussetzungen für einen Rentenanspruch des Klägers bis zum 31.12.2000 nach altem Recht oder bis zum 31.07.2001 nach neuem Recht vorgelegen haben. Es hat dann den gesamten Sachverhalt in den wesentlichen Zügen darzulegen und seine Entscheidung sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht zu begründen und hierbei insbesondere divergierende Meinungen und Wertungen in wichtigen Punkten zu würdigen.

Der Senat machte von der Möglichkeit der Zurückverweisung Gebrauch, weil besonders schwerwiegende Verfahrensmängel vorliegen und der Rechtsstreit nicht entscheidungsreif ist, vielmehr noch eine umfangreiche Beweisaufnahme erforderlich macht, die das Sozialgericht selbst durchführen kann.

Die Kostenentscheidung bleibt dem künftigen Urteil des Sozialgerichts vorbehalten.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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