L 12 B 440/08 KA ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 KA 12/08 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 B 440/08 KA ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Auf die Beschwerde des Antragstellers und Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 28.04.2008 abgeändert.
II. Es wird angeordnet, dass die Zulassung des Antragstellers und Beschwerdeführers bis 30.01.2009 wirksam bleibt.
III. Die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge haben Beschwerdeführer und Beschwerdegegner je zur Hälfte zu tragen.
IV. Der Wert des Streitgegenstandes beträgt 65.895,00 EUR.

Gründe:

I.

Der 1939 geborene Antragsteller und Beschwerdeführer streitet gegen die Beendigung seiner Zulassung als Vertragsarzt durch die gesetzliche Altersgrenze. Er ist seit 13.06.1988 als praktischer Arzt in W. in Oberfranken, einer Gemeinde mit 3000 Einwohnern, zugelassen. Mit Bescheid vom 08.06.2007 hatte der Antragsgegner als Termin zur Beendigung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit den 30.06.2008 festgesetzt, da der Antragsteller erst zu diesem Zeitpunkt zwanzig Jahre als Vertragsarzt tätig gewesen wäre.

Mit Schriftsatz vom 04.04.2008 hat der Antragsteller und Beschwerdeführer den Erlass einer einstweiligen Anordnung gefordert, mit welcher er an seinem Praxisort über den 30.06.2008 hinaus als Vertragsarzt zugelassen bleibe, bis ein geeigneter Nachfolger gefunden sei. Der Antragsteller sei dort neben einem weiteren Arzt allein für die hausärztliche Versorgung zuständig. Dieser Kollege bewege sich aber am Rande der Insolvenz, gegen ihn sei auch eine Räumungsklage anhängig. Er selbst sei seit etwa drei Jahren auch unter Mithilfe der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung darum bemüht, einen geeigneten Nachfolger zu finden; dies sei bisher jedoch fehlgeschlagen. Dies hat der Antragsteller eidesstattlich versichert; aktuelle Pressemeldungen (vgl. "Frankfurter Allgemeine Zeitung" vom 01.07.2008 Seite 9) bestätigen dies. Es gebe zwar - so hat er weiter ausgeführt - im Zulassungsbezirk noch andere hausärztliche Kollegen, die aber gerade von älteren oder schwerkranken Patienten nur unter größten Anstrengungen erreicht werden könnten. Im Mitteilungsblatt der Gemeinde W. für die 10. Kalenderwoche 2008 ist unter den nunmehr nach der Kommunalwahl zu lösenden Problemen vor dem Hintergrund der bevorstehenden Beendigung der Zulassung des Beschwerdeführers ausgeführt, "die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung ist derzeit die wichtigste Aufgabe."

Der Antragsteller hat daher beantragt, seine Zulassung über den 30.06.2008 aufrecht zu erhalten.

Demgegenüber beantragt der Antragsgegner und Beschwerdegegner - der Zulassungsausschuss Ärzte Oberfranken -, den Antrag zurückzuweisen.

Es fehle schon am Anordnungsgrund, weil durchaus Gelegenheit bestünde, sich an den zuständigen Zulassungsausschuss statt ans Gericht zu wenden. Es fehle aber auch am Anordnungsanspruch, weil die fragliche Altersgrenze mehrfach höchstrichterlich als verfassungskonform und in Übereinstimmung mit europäischem Recht stehend gewertet worden sei.

Mit Beschluss vom 28.04.2008 hat das Sozialgericht Nürnberg den Antrag zurückgewiesen. Da der Antragsteller beim Antragsgegner keinen Antrag auf Verlängerung seiner Zulassung gestellt habe, fehle es für die beantragte Anordnung an einem Rechtsschutzbedürfnis.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.

Inzwischen hat der Zulassungsausschuss mit Bescheid vom 19.06.2008 einen Antrag des Beschwerdeführers, das Ende seiner Zulassung über den 30.06.2008 hinauszuschieben, abgelehnt. Eine weitere Ausnahme von der Regel des § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V als dessen Satz 4 gebe es nicht; zudem habe der Antragsteller seine Praxis noch nicht ausgeschrieben; der betreffende Planungsbereich sei auch mit einer Zulassungssperre für Hausärzte belegt. Eine Unterversorgung sei nicht gegeben. Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller mit Schreiben vom 23.06.2008 Widerspruch eingelegt.

II.

Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet.

Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Diese Voraussetzzungen liegen hier vor; der Antragsteller muss befürchten, dass er beim sofortigen Verlust seiner Zulassung seine Praxis verliert und dass er diesen Nachteil für den Fall, dass sich am Ende die Rechtmäßigkeit des Fortbestandes seiner Zulassung ergibt, nicht mehr wird ausgleichen können. Dabei bedeutet der Verlust der Praxis nicht nur den Verlust der Einnahmen des Antragstellers und seiner Möglichkeiten, sein Recht auf Ausübung seines Berufs i.S.d. Art. 12 Abs. 1 GG zu verwirklichen, sondern auch den Verlust der Chance, den Vermögenswert seiner Praxis als eingerichteten und ausgeübten Praxisbetrieb i.S.d. Art 14 GG zu verwerten.

Dem Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung steht nicht entgegen, dass dem Antrag das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Denn es trifft nicht zu, dass der Antragsteller sein Ziel auch auf andere Weise als durch den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hätte erreichen können und dass er deshalb seinen Antrag im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz nicht habe zu stellen brauchen. Auf den nunmehr eingereichten Antrag auf Verlängerung seiner Zulassung bzw. die inzwischen erfolgte Ablehnung durch den Zulassungsausschuss kommt es nicht an. Es kann dem Antragsteller und Beschwerdeführer in diesem Sinne weder entgegengehalten werden, dass er nicht früher einen entsprechenden Antrag beim zuständigen Zulassungsausschuss gestellt hat, noch, dass er sich nicht damit begnügt hat, einen Rechtsbehelf gegen den die Fortführung der Zulassung in Frage stellenden Bescheid einzulegen und auf die aufschiebende Wirkung des § 86a Abs. 1 Satz 2 SGG zu vertrauen. Es trifft zwar zu, dass - wie das Erstgericht ausgeführt hat - das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung grundsätzlich fehlt, wenn der Antragsteller sich nicht zuvor an die zuständige Behörde gewandt und dort einen Antrag auf die geforderte Leistung gestellt hat. Ausnahmsweise kann aber auch dann, wenn noch kein förmlicher Antrag auf die betreffende Leistung gestellt ist, bereits ein Rechtsschutzbedürfnis bestehen, wenn die Sache besonders eilig ist und wenn der Antragsteller mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann, dass die Behörde ohnehin keine andere Entscheidung treffen würde (vgl. LSG Thüringen, Breith. 2002, 684; vgl. auch Bayer. LSG Breith. 2000, 245). Dies ist hier der Fall; der hier umstrittene Beendigungszeitpunkt für die Zulassung war dem Antragsteller und Beschwerdeführer seitens der zuständigen Stelle bereits formell mitgeteilt worden. Hinzu kommt, dass der fragliche Beendigungszeitpunkt ohnehin nunmehr bereits verstrichen ist, und dass es auch für die Frage des Rechtsschutzbedürfnisses auf den Zeitpunkt der Entscheidung ankommt (Keller in Meyer-Ladewig-Leitherer SGG, 8.Aufl., München 2005, § 86b Rz. 42). Entsprechende Überlegungen gelten für die Frage, ob es dem Antragsteller und Beschwerdeführer anstelle eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zumutbar gewesen wäre, sich auf die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen den Bescheid vom 08.06.2007 (§ 86b Abs. 1 Satz 2 SGG) zu verlassen. Denn diese Frage muss aus den oben dargelegten Gründen verneint werden.

Die zugrunde zu legenden Tatsachen reichen dafür aus, sowohl vom Bestehen eines Anordnungsanspruchs als auch vom Vorhandensein eines Anordnungsgrundes auszugehen (vgl. §§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. 920 ZPO).

Was den i.S.d. § 86b Abs. 1 erforderlichen Verfügungsanspruch angeht, so ist zunächst darauf hin zu weisen, dass der Beschwerdeführer die Zulassung als Vertragsarzt innehatte. Ihr zwischenzeitliches Erlöschen beruht auf der Bestimmung des § 95 Abs. 7 Satz 3 i.V.m. Satz 4 SGB V. Maßgebende Frage ist somit, inwieweit vom Bestehen übergeordneter Rechtsnormen ausgegangen werden kann, welche die Wirksamkeit dieser Grenze in Frage stellen.

Als solche Rechtsvorschriften, welche die Wirkungen des § 95 Abs. 7 Satz 3, hier i.V.m. Satz 4 SGB V in Frage stellen könnten, kommen die Vorschriften des Art. 12 Abs. 1 GG sowie das europarechtliche Verbot der Diskriminierung wegen des Alters in Betracht.

Ob die genannte Bestimmung des SGB V durch Art 12 Abs. 1 GG in Frage gestellt wird, ist bereits mehrfach Gegenstand von Rechtsstreiten gewesen. In der Vergangenheit beruhte die Rechtsprechung über die in der genannten Vorschrift geregelte Altersgrenze von 68 Jahren im wesentlichen auf dem Gedanken, Ärzte, die ein höheres Alter erreicht hätten, sein nicht mehr ausreichend leistungsfähig und stellten daher eine Gefährdung der Volksgesundheit dar (vgl. BVerfG 31.03.1998, 1 BvR 2167 und 2198/93). Im Rahmen eines Rechtsstreits über den einstweiligen Rechtsschutz muss insoweit aber auch ins Kalkül gezogen werden, dass der Gesetzgeber diese Grenze selbst in mehreren Schritten in erheblichem Umfang relativiert hat und damit deutlich gemacht hat, dass die mit höherem Alter angeblich einher gehende Gefährdung der Volksgesundheit nicht absolut gesehen wird. So hat er in solchen Fällen, in denen der Vertragsarzt - wie hier - noch nicht zwanzig Jahre über diese Zulassung verfügt hat, diesem einen Anspruch auf eine entsprechende Verlängerung zugebilligt (§ 95 Abs. 7 Satz 4 SGB V). Damit soll berücksichtigt werden, dass der Vertragsarzt zumindest so lange tätig sein können soll, wie er benötigt, um für sich eine angemessene Altersversorgung aufzubauen. Der Gesetzgeber hat damit versucht, dem Widerspruch zwischen einer allgemeinen Gesundheitsgefährdung und den subjektiven (Grund-)Rechten des Arztes (Art. 12, 14 GG) Rechnung zu tragen und auf diesem Wege den Gegensatz zwischen den beiden Prinzipien auszugleichen. Eine weitere Relativierung der Annahme, Ärzte mit einem höheren Alter als 68 seien eine Gefährdung der öffentlichen Gesundheit, ergibt sich sodann aus der Regelung, dass nunmehr auch in unterversorgten Gebieten eine Verlängerung der Zulassung möglich ist (§§ 95 Abs. 7 Satz 8, 100 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Auch dies stellt die Reichweite der Überlegung, dass das Praktizieren älterer Ärzte eine Gefahr für die Volksgesundheit darstellt, in Frage. Schließlich liegt eine Relativierung des Grundsatzes, dass Ärzte mit einem Lebensalter von mehr als 68 Jahren als nicht mehr ausreichend leistungsfähig betrachtet werden können, auch darin, dass diese Beschränkung sich allein auf Ärzte bezieht, die im Rahmen einer Zulassung als Vertragsarzt tätig werden, nicht jedoch, solange sie lediglich Privatpatienten behandeln. Als weiterer Gesichtspunkt, der die umstrittene Altersgrenze gegenüber dem Recht des Arztes auf die Freiheit seiner Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG) rechtfertigen soll, ist der Gedanke der "Generationengerechtigkeit" - jüngeren Ärzten soll der Zugang zur Kassenpraxis erleichtert werden - zu berücksichtigen. Ein Verfahren um einstweiligen Rechtsschutz ist nicht der Ort, wo abschließend über die Reichweite des Rechts auf Freiheit der Berufsausübung zu entscheiden ist, zumal gerade diesem Aspekt im vorliegenden Falle ohnehin wenig Überzeugungskraft zukommt. Denn eines der Probleme, die zu diesem Verfahren geführt haben, ist gerade der Umstand, dass ein Praxisnachfolger bislang nicht gefunden werden konnte; ein Fortbestand der Zulassung des Beschwerdeführers hat hier somit offensichtlich nicht zur Folge, dass jüngere Bewerber nicht zum Zuge kommen könnten. Insgesamt stehen daher der Altersgrenze des § 95 Abs. 7 SGB V nicht unerhebliche Bedenken aus dem Blickwinkel des Rechts auf Freiheit der Berufsausübung entgegen.

Auch aus der Sicht des europäischen Rechts kann hier nicht davon gesprochen werden, dass die Rechtslage widerspruchsfrei für die Wirksamkeit der umstrittenen Altersgrenze spräche. Auf der Grundlage des Art. 13 EG hat der Europäische Rat die Richtlinie vom 27.11.2000 (2000/78/EG) zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf erlassen. In dieser Richtlinie wird u.a. die Diskriminierung wegen Alters untersagt, sofern nicht bestimmte Ausnahmetatbestände erfüllt sind. Dass auch Vertragsärzte von der Richtlinie erfasst werden, steht soweit ersichtlich außer Zweifel. Ausgehend von der Begrifflichkeit der Richtlinie ist die Altersgrenze für den Bestand der Zulassung von Vertragsärzten als unmittelbare Diskriminierung zu werten. Ausnahmen von der Unzulässigkeit einer solchen Diskriminierung wegen des Alters liegen nach der Terminologie der Richtlinie aber dann vor (Art. 6 Abs. 1 Satz 1), wenn die Berücksichtigung von besonderen Fällen objektiv angemessen und im Rahmen nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist, wobei hier insbesondere Regelungen aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitmarkt und berufliche Bildung in Betracht kommen, wenn die Mittel zur Erreichung des Zieles angemessen und erforderlich sind. Auch unter europarechtlichem Blickwinkel erscheint die Abwendung einer Gefährdung der allgemeinen Gesundheit zwar als legitimes Ziel in diesem Sinne. Doch auch hier ist zu berücksichtigen, dass das Gesetz (SGB V), das die Altersgrenze regelt, durch seine Ausnahmen zum Ausdruck bringt, dass diese für das damit verfolgte Ziel nicht wirklich erforderlich ist. Entsprechendes gilt für das Argument der Generationengerechtigkeit. Denn gerade der vorliegende Fall eignet sich nicht zur Untermauerung des Standpunktes, dass die umstrittene Altersgrenze erforderlich sei, die beruflichen Möglichkeiten jüngerer Ärzte zu verbessern. Etwas Gegenteiliges folgt nicht aus der Entscheidung des EuGH vom 16.10.2007 ("Palacios" C-411/05). Diese Entscheidung ergibt zwar, dass eine gesetzliche Regelung über die Zulässigkeit von Altersgrenzen in einem Tarifvertrag mit dem Verbot der Altersdiskriminierung der EU-Richtlinie 2000/78/EG vereinbar sein könne. Dies bedeutet aber nicht, dass auch gegen eine gesetzliche Reglung über eine Altersgrenze für Vertragsärzte andererseits nichts eingewandt werden könne. Dabei braucht hier nicht auf die grundsätzliche Verschiedenheit des Arbeitsmarktes einerseits und der Arbeitsbedingungen freiberuflich tätiger Vertragsärzte eingegangen zu werden. Denn es darf nicht übersehen werden, dass tarifliche Reglungen einen gänzlich anderen Entstehungsgrund haben als gesetzliche. Tarifverträge sind Vereinbarungen zweier - oder mehrerer - im Idealfall gleichstarker Organisationen - Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände - zur Vertretung der Interessen ihrer Mitglieder; ihre Vereinbarungen beruhen daher zwangsläufig auf einem gegenseitigen Ausgleich von Interessen, einem gegenseitigen Geben und Nehmen; Nachteilen, die die eine Seite auf sich nimmt, stehen daher in aller Regel gleichwertige Zugeständnisse der Gegenseite gegenüber; in diesem Sinne wäre es unangemessen, eine isolierte Regelung aus einem derartigen Verhandlungs"paket" herauszunehmen und für unwirksam zu erklären. Akzeptiert eine Tarifvertragspartei die Einführung einer Altersgrenze, so kann unterstellt werden, dass dem als Zugeständnis der Gegenseite ein Äquivalent gegenüber steht. Eine so begründete Altersbegrenzung kann somit als objektiv angemessen und gewertet werden. Insgesamt erscheint es daher keineswegs als zwingend, dass europarechtliche Bedenken nicht erfolgreich gegen die Altersgrenze des § 95 Abs. 7 SGB V erhoben werden könnten, zumal andernfalls das europarechtliche Verbot einer Diskriminierung wegen des Alters weitgehend auf das Recht der abhängig Beschäftigten beschränkt bliebe und im Bereich selbständiger Berufe somit leer liefe.

Was den Anordnungsgrund angeht, gilt Folgendes: Angesichts der klaren Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 07.08.2007 (1 BvR 1941/01) sowie des Bundessozialgerichts vom 06.02.2008 (B 6 KA 41/06 R) sähe der Senat keinen Raum, aufgrund der Widersprüche in der Rechtfertigung der Altersgrenze nach Rechtsfolgenabwägung zu einer für den Antragsteller positiven Entscheidung zu gelangen. Indes sind dem Senat gesetzgeberische Bestrebungen bekannt geworden, die eine Abschaffung der Altersgrenze für Vertragsärzte umfassen (E-GKVOrgWG). Das Inkrafttreten des Gesetzes ist zum 01.01.2009 vorgesehen. Im Hinblick darauf hält der Senat es für unverhältnismäßig, wenn der Antragsteller unter Verlust des Patientenstammes seine Kassenpraxis schließen müsste, obgleich er im nächsten Jahr seine Tätigkeit fortsetzen könnte. Daher war im Rahmen der Rechtsfolgeabwägung zu entscheiden, dass die Zulassung bis zur Realisierung/Nichtrealisierung der gesetzgeberischen Absichten weiter tätig sein darf.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf der Tatsache, dass der Senat die Verlängerung der Zulassung nur für rund ein halbes Jahr angeordnet hat. In der Frage des Gegenstandswerts folgt der Senat den Überlegungen des Erstgerichts. Die Entscheidung ist wegen § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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