L 11 AS 26/08

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 4 AS 885/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 26/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 10.12.2007 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen ein Wertermittlungsgutachten in Bezug auf ein ihr gehörendes Mehrfamilienwohnhaus.

Die Klägerin beantragte erstmals am 11.04.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II – Alg II -) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Sie gab an Eigentümerin eines – in Eigentumswohnungen aufgeteilten – Mehrfamilienwohnhauses zu sein. Den Wert gab die Klägerin mit ca. 360.000,00 EUR an.

Die Beklagte bewilligte der Klägerin daraufhin Alg II als Darlehen, weil das vorhandene Vermögen nicht sofort verwertbar sei. Am 07.09.2005 beantragte die Beklagte beim Bauverwaltungsamt der Stadt A-Stadt die Erstellung eines einfachen Wertgutachtens, weil der genaue Wert des Wohnhauses der Klägerin ansonsten nicht zu ermitteln sei.

Mit seinem Gutachten vom 25.10.2005 (Bewertungsstichtag 30.09.2005) bewertete der Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Bereich der kreisfreien Stadt A-Stadt den Gesamtwert des Grundstückes - einschließlich der von der Klägerin selbst genutzten Wohnung - mit 200.000,00 EUR. Das Gutachten wurde der Beklagten zugeleitet und diese erbrachte in der Folgezeit weiterhin Alg II auf Darlehensbasis.

Am 25.04.2007 ging bei der Stadt A-Stadt (Geschäftsstelle des Gutachterausschusses) ein Schreiben der Klägerin ein, mit dem sie Widerspruch gegen das Wertermittlungsgutachten in Bezug auf ihr Grundstück erhob. Die Bewertung sei sittenwidrig. Weitere Gutachten eines Maklers und eines staatlich geprüften Sachverständigen hätten erheblich höhere Werte ergeben, und auch die Brandversicherung weise einen Wert des Hauses in Höhe von 668.300,00 EUR aus.

Der Gutachterausschuss leitete den Widerspruch der Klägerin an die Beklagte zur Erledigung in deren Zuständigkeit weiter.

Die Beklagte verwarf den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04.05.2007 als unzulässig, weil es sich bei dem Gutachten – mangels Regelungscharakter mit Außenwirkung - nicht um einen Verwaltungsakt handele. Der Widerspruchsbescheid wurde ausweislich des Vermerkes auf dem in der Beklagtenakte befindlichen Bescheidentwurf am 09.05.2007 zur Post gegeben.

Mit Schreiben vom 29.05.2007 – durch die Klägerin bei der Beklagten persönlich am 13.06.2007 abgegeben – erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Widerspruchsbescheid vom 04.05.2007. Auf Nachfrage der Beklagten (Schreiben vom 23.08.2007) wollte die Klägerin den Widerspruch als Klage verstanden wissen und bat um Weiterleitung an das Sozialgericht Bayreuth (SG).

Das SG hat die Klägerin mit Schreiben vom 04.10.2007 darauf hingewiesen, dass die Klage verfristet und damit unzulässig sei. Dem hat die Klägerin entgegengehalten, dass die Klage zulässig sei, weil seit der Antragstellung auf Alg II verschiedene Verfahrensfehler/ Straftaten stattgefunden hätten. Die Beklagte wende seit mehr als zwei Jahren krankmachende und existenzvernichtende Betrugsmethoden an. Darüber hinaus hat sie zusätzlich beantragt, dass in Bezug auf ihr Wohnhaus ein neues Wertgutachten durch die Stadt B. zu erstellen sei.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 10.12.2007 als unzulässig abgewiesen, weil die Klagefrist von einem Monat mit der Klage vom 13.06.2007 nicht eingehalten sei. Der Widerspruchsbescheid vom 04.05.2007 gelte am 12.05.2007 als bekannt gegeben, nachdem der Widerspruchsbescheid ausweislich des Postabgangvermerkes am 09.05.2007 zur Post gegeben worden sei. Gründe für eine Wiedereinsetzung habe die Klägerin – trotz gerichtlichen Hinweises – weder vorgetragen, noch seien Gründe für die Säumnis ersichtlich, so dass auch nicht von Amts wegen Wiedereinsetzung zu gewähren sei.

Gegen den Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 16.01.2008 Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt, ohne diese weiter zu begründen. Die Klägerin beantragt sinngemäß:

Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes C-Stadt vom 10.12.2007 und der Widerspruchsbescheid vom 04.05.2007 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, ein neues Wertgutachten in Bezug auf das Wohnhaus L. Straße, A-Stadt durch die Stadt B. erstellen zu lassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten, sowie auf die gerichtlichen Akten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerechte Berufung ist zulässig, §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG), in der Sache jedoch unbegründet.

Das SG hat die Klage vom 13.06.2007 zu Recht als unzulässig abgewiesen. Die Klägerin hat mit der Erhebung der Klage am 13.06.2007 die Klagefrist von einem Monat (§ 87 Abs 1 Satz 1; Abs 2 SGG) nicht gewahrt.

Die Klagefrist begann am 13.05.2007 d.h. am Tag nach der Bekanntgabe des streitgegenständlichen Widerspruchsbescheides – entsprechend der Fiktion des § 37 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) – am 12.05.2007 und endete somit mit Ablauf des 12.06.2007 (§ 64 SGG). In diesem Zusammenhang ist auch die von der Beklagten gewählte Rechtsbehelfsbelehrung zutreffend, denn mit dem "Widerspruch" vom 25.04.2007 hatte die Klägerin lediglich das bisherige Gutachten in Frage gestellt; einen Antrag, ein neues Gutachten zu erstellen, hat die Klägerin erst während des Klageverfahrens vor dem SG gestellt, so dass die Beklagte lediglich Anlass hatte, über den Anfechtungswiderspruch der Klägerin zu entscheiden.

Gründe für eine Wiedereinsetzung (§ 67 SGG) sind weder vorgetragen noch sind dem Senat solche Gründe ersichtlich. Insoweit wird von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen und auf die zutreffenden Gründe des Gerichtsbescheides vom 10.12.2007 Bezug genommen, § 153 Abs 2 SGG.

Ergänzend ist hierzu nur auszuführen, dass das SG die Klägerin zwar nicht auf die Möglichkeit hingewiesen hat, Wiedereinsetzungsgründe vorzutragen. Hierin ist jedoch kein wesentlicher Verfahrensmangel zu sehen, denn die Klägerin war während des Klageverfahrens vor dem SG rechtskundig durch einen Sozialverband vertreten.

Auch im Berufungsverfahren hat die Klägerin – trotz Kenntnis der Fristversäumnis und der Möglichkeit die Wiedereinsetzung zu beantragen – nichts vorgetragen, was die Zugangsfiktion des § 37 Abs 2 SGB X erschüttern könnte, worauf für die Frage der Fristwahrung der Klage aber maßgeblich abzustellen war. Darüber hinaus erscheint auch in Bezug auf die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung eine unverschuldete Säumnis der Klägerin nicht gegeben, denn es ist insbesondere nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin gehindert gewesen sein soll, den Klageschriftsatz, den sie nach dem Datum dieses Schreibens bereits am 29.05.2007 gefertigt hat, vor dem 13.06.2007 an die Beklagte oder das SG zu übersenden.

Im Ergebnis ist die Berufung daher zurückzuweisen, so dass der Klägerin als Unterliegender keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten sind. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.

Gründe nach § 160 Abs 1 Nr.1 und 2 SGG, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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