L 14 R 63/08

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 12 R 787/04 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 63/08
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 29. November 2007 wird als unzulässig verworfen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Streitig ist eine Rente wegen Erwerbsminderung über den 28.02.1999 hinaus.

Der 1948 geborene, in Bosnien und Herzegowina lebende Kläger wendet sich mit der Berufung gegen den abweisenden Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 29.11.2007, mit dem seine auf Weitergewährung einer befristeten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den Monat Februar 1999 hinaus gerichtete Klage abgewiesen wurde.
Vorangegangen war die Bewilligung der befristeten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Grund eines gerichtlichen Vergleichs für die Zeit vom 01.03.1997 bis 28.02.1999 und die bestandskräftige Ablehnung einer Weitergewährung dieser Rente mit Bescheid der Beklagten vom 28.08.2001 wegen fehlender Mitwirkung des Klägers, ferner ein Neuantrag vom 18.02.2002, welcher nach einer Untersuchung des Klägers in der Ärztlichen Gutachterstelle R. im November 2003 mit Bescheid vom 02.12.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.07.2004 unter Hinweis auf ein ausreichendes zeitliches Leistungsvermögen des auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Klägers von täglich mindestens sechs Stunden abgelehnt worden war.
Während des anschließenden Klageverfahrens war außerdem auf Grund eines Überprüfungsantrags des Klägers (Schriftsatz vom 27.05.2004) mit Bescheid vom 04.08.2004 der Weitergewährungsantrag nochmals abgelehnt worden mit der Begründung, Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit liege über den 28.02.1999 hinaus nicht vor; der wegen fehlender Mitwirkung insoweit ergangene Bescheid vom 28.01.2001 habe sich inzwischen infolge der Nachholung der Mitwirkung "erledigt".

Das SG hat nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung der bisherigen Bevollmächtigten ein Gutachten nach Aktenlage durch die Internistin und Ärztin für öffentliches Gesundheitswesen und Umweltmedizin Dr. L. vom 17.09.2007 eingeholt und sodann die Klage durch Gerichtsbescheid vom 29.11.2007 mit der Begründung abgewiesen, dass der Kläger, der nach seinem beruflichen Werdegang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sei, in seinem Leistungsvermögen nach dem Ablauf der Zeitrente am 28.02.1999 in quantitativer Hinsicht nicht mehr eingeschränkt gewesen sei, und zwar nach den Aussagen der Gutachterin Dr. L. mindestens bis zu seiner Untersuchung in der Ärztlichen Gutachterstelle am 18.11.2003. Ob nach diesem Zeitpunkt ein neuer Leistungsfall eingetreten sei, könne dahingestellt bleiben, denn nach dem aktenkundigen Versicherungsleben des Klägers (Versicherungsverlauf der Beklagten vom 16.08.2004, bosnischer Versicherungsverlauf vom 26.12.2002) mit nicht belegten Zeiten in den Jahren 1992/93 sowie ab März 1999 seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der §§ 43 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 2, 44 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 2 sowie §§ 240/241 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der hier noch anzuwendenden, bis 31.12.2000 geltenden Fassung, aber auch § 43 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 2 und Abs. 2 Satz 1 Ziffer 2 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung nicht erfüllt. Dies wäre lediglich bei einem vor dem 01.04.2001 eingetretenen neuen Leistungsfall der Fall gewesen.

Der Gerichtsbescheid vom 29.11.2007 wurde der in Deutschland ansässigen Prozessbevollmächtigten des Klägers, Rechtsanwältin M. S., am 30.11.2007 zugestellt. Die Berufung des Klägers (Schriftsatz vom 31.12.2007, Poststempel vom gleichen Tage) ging am 15.01.2008 per Einschreiben beim Bayerischen Landessozialgericht ein.

Nach Hinweis des Senats auf die am 31.12.2007 abgelaufene Berufungsfrist und Anfrage nach Gründen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 Abs.1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) übersandte der Kläger ein am 26.12.2007 in München zur Post gegebenes Schreiben des Übersetzers Prof. D. vom 24.12.2007, mit welchem ihm der Gerichtsbescheid vom 29.11.2007 übersandt worden war, ferner die unbeglaubigten Kopien von zwei postalischen Bescheinigungen über eine am 31.12.2007 eingegangene, an den Kläger adressierte Postsendung sowie über ein am 31.12.2007 an das BayLSG in B. (Wohnsitz des Klägers) abgesandtes Schreiben. In dem Schreiben des offenbar auch als muttersprachlicher Unterbevollmächtigter handelnden Übersetzers vom 26.12.2007 hieß es, der Rentenstreit sei wegen der nicht ausreichenden medizinischen Befunde abgelehnt worden; die Aussichten für einen weiteren Rechtsstreit seien schlecht. Man müsse sich deshalb aus dem weiteren Rechtsstreit ausschließen, um nicht dem Gericht zu "trotzen", wofür man mit einer Geldstrafe belegt werden könne. Dem Kläger als Laien stünde aber ein Anspruchsrecht innerhalb eines Monats ab dem Tage des "uns" zugestellten Ablehnungsbescheides zu; er müsse diesen Einspruch bis spätestens zum 10.01.2008 einlegen, damit dieser nicht verspätet sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,
ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 29.11.2007 sowie die Bescheide der Beklagten vom 02.12.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.07.2004 und vom 04.08.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 28.02.1999 hinaus zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.

Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die Akten der Beklagten vor, auf welche zur Ergänzung des Sachverhalts Bezug genommen wird.



Entscheidungsgründe:


Die formgerecht eingelegte Berufung ist wegen Fristversäumnis unzulässig und daher zu verwerfen. Die Entscheidung hierüber konnte durch Beschluss ergehen (§ 158 Satz 1 und 2 SGG).

Gemäß §§ 105 Abs. 2 Satz 1, 151 Abs.1 SGG ist die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung des angefochtenen Gerichtsbescheides einzulegen. Über diese Frist wurde der Bevollmächtigte des Klägers im angefochtenen Gerichtsbescheid ausdrücklich belehrt. Nach dem von ihm unterzeichneten Empfangsbekenntnis wurde ihm der angefochtene Gerichtsbescheid am 30.11.2007 zugestellt. Die Frist für die Einlegung der Berufung begann daher am 01.12.2007 und endete mit Ablauf des 31.12.2007, da der 30.12.2007 ein Sonntag war.
Diese Frist hat der Kläger versäumt. Seine Berufung ist erst am 15.01.2008 beim Bayerischen Landessozialgericht eingegangen. Ein zweites, von einem weiteren Bevollmächtigten für den Kläger formuliertes Berufungsschreiben ging noch später, am 24.01.2008, beim Sozialgericht Landshut und am 29.01.2008 beim BayLSG (ohne Vorlage einer Vollmacht) ein.

Der angefochtene Gerichtsbescheid ist mit Ablauf der Berufungsfrist rechtskräftig geworden, denn der Kläger hat auch keine Gründe vorgetragen, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen.
Gemäß § 67 Abs. 1 SGG ist auf Antrag Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten; Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden (Abs. 2 Satz 2).
Vorliegend hat der Kläger unter Vorlage entsprechender Unterlagen sinngemäß geltend gemacht, laut einer am 31.12.2007 erhaltenen Mitteilung des Prof. D. hätte er bis spätestens 10.01.2008 seine Berufung beim BayLSG einlegen können, er habe dies unmittelbar noch am 31.12.2007 in die Wege geleitet, die lange Postlaufzeit bis 15.01.2008 habe er nicht zu vertreten.
Mit diesem Vorbringen kann er nicht gehört werden. Mit dem am letzen Tag der Berufungsfrist per Einschreiben abgesandten Berufungsschreiben konnte die Berufungsfrist in keinem Fall mehr gewahrt werden, da es insoweit allein auf den Zugang des Rechtsmittels innerhalb der genannten Frist ankommt. Die Frage einer möglicherweise überlangen Postlaufzeit des noch am 31.12.2007 abgesandten Berufungsschreibens ist daher vorliegend nicht relevant.
Auch wenn den Kläger selbst an dem Überschreiten der Berufungsfrist kein Verschulden trifft, so hat er doch das Verschulden seiner für ihn tätig gewordenen Bevollmächtigten zu vertreten. Diese haben zum einen die Übersendung des bereits am 30.11.2007 zugestellten ablehnenden Gerichtsbescheids an den Kläger offenbar so spät veranlasst, dass ihm praktisch keine Möglichkeit blieb, mit einem eigenen Berufungsschreiben auf dem üblichen Postwege die Berufungsfrist zu wahren. Zum andern war die ihm gegebene Auskunft des Prof. D. über den Ablauf der Berufungsfrist am 10.01.2008, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, unzutreffend (ebenso wie auch die unsinnige Mitteilung, dass ein Bevollmächtigter mit einer Geldstrafe belegt werden könne, wenn er durch Einlegung einer Berufung "dem Gericht trotze").

Die Berufung war nach allem mit der Kostenfolge aus § 193 SGG als unzulässig zu verwerfen.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.

Gegen den Beschluss steht dem Kläger das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Sozialgericht durch Urteil entschieden hätte (§ 158 Satz 3 SGG). Hierzu wird auf die beigefügte Rechtsmittelbelehrung verwiesen.



-
Rechtskraft
Aus
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