Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 53 SO 165/08 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 B 450/08 SO ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 13.05.2008 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Zwischen den Beteiligten ist die vorläufige Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von monatlich mindestens 71,99 Euro strittig.
Der 1942 geborene Antragsteller - Ast - bezieht Leistungen zur Grundsicherung im Alter gemäß §§ 41 ff. SGB XII von der Antragsgegnerin (Ag). Mit Bescheiden vom 04.01.2007 und 30.01.2007 sprach die Ag dem Ast Leistungen zur Grundsicherung in Höhe von 662,60 Euro monatlich zu, die ihm aufgrund seiner Vermögensverhältnisse gemäß § 91 SGB XII jedoch nur auf Darlehensbasis gewährt wurden.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch und einem Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz zum SG A-Stadt (SG) begehrte der Ast unter Berufung auf ein ärztliches Attest von Dr. W. vom 15.09.2006 die Übernahme der Kosten bezüglich eines monatlichen Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung im Höhe von mindestens 96.- Euro monatlich.
Mit Beschluss vom 19. Oktober 2007 verpflichtete das SG die Ag, dem Ast ab 28. September 2007 vorläufig einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung in Höhe von 69 Euro monatlich zu gewähren (Az. S 53 SO 433/07 ER). Auf die Beschwerde der Ag hin wurde der Beschluss des SG durch Beschluss des Senats vom 21.11.2007 (L 8 B 998/07 SO ER) abgeändert. Der Ag wurde verpflichtet, den Mehrbedarf in Höhe von 69 Euro vorläufig als Darlehen längstens bis zum 31.12.2007 oder bis zur Bestandskraft des Bescheides vom 30.01.2007 zu gewähren. Im übrigen wurde die Beschwerde zurückgewiesen. Mit dem Attest vom 15.09.2006 sei eine oligo-symptomatische Sprue und eine Hepatitis C hinreichend glaubhaft gemacht. Aufgrund der Empfehlungen für die Gewährung von Krankenzulagen in der Sozialhilfe des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge bestehe damit die Notwendigkeit einer kostenaufwändigen Ernährung (glutenfreie Kost/besondere eiweißdefinierte Kost). Eine auf die konkrete gesundheitliche Situation des Ast bezogene ärztliche Begründung für eine Nichtgewährung eines Mehrbedarfs liege bisher nicht vor.
Mit Änderungsbescheid vom 07.12. 2007 wurden dem Ast für den Zeitraum 01.01.2008
- 31.12. 2008 Leistungen in Höhe von 664,60 EUR monatlich erneut auf Darlehensbasis gewährt. Ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung ist hierin nicht enthalten. Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch begehrte der Ast die weitere Übernahme der kostenaufwändigen Ernährung. Zur Begründung wurde auf das Attest des Dr. W. vom 15.09.2006 sowie die oben zitierten Beschlüsse des SG und des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) verwiesen. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom
16. Juni 2008 zurückgewiesen. Hiergegen wurde Klage zum SG erhoben.
Die Ag stellte mit Schreiben vom 19.03.2008 den aufgrund des Beschlusses des Senats vom 21. November 2007 gewährten Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung zum 01.04.2008 ein. Zur Begründung verwies sie auf ein amtsärztliches Gutachten von Dr. S., RGU A-Stadt, vom 20.02.2008.
Mit Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz vom 18.04.2008 zum SG hat der Ast unter Verweis auf seinen Vortrag im Widerspruchsverfahren die Bewilligung eines monatlichen Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung in Höhe von mindestens 71,99 Euro monatlich begehrt.
Das SG hat mit Beschluss vom 13.05.2008 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Ein Anordnungsanspruch sei nicht gegeben. Nach dem Gutachten vom 20.02.2008 liege mit höchstmöglicher Wahrscheinlichkeit beim Ast keine Zöliakie vor, so dass eine glutenfreie Kost nicht erforderlich sei. Durch das Gutachten werde der Gesundheitszustand des Ast umfassend dargestellt. Es erfolge eine Auseinandersetzung mit den vorliegenden Befundberichten. Auch hinsichtlich anderer Gesundheitsstörungen (Laktoseintoleranz, Hepatitis, Übergewicht) ergebe sich keine Notwendigkeit einer bestimmten kostenaufwändigen Ernährung.
Mit der hiergegen zum LSG erhobenen Beschwerde macht der Ast geltend, das amtsärztliche Gutachten stelle den Gesundheitszustand des Ast nicht umfassend dar. Es setze sich nicht mit den rezidivierenden hypertonen Krisen sowie dem rezidivierenden Ulcus duodeni Leiden auseinander. Beide Gesundheitsstörungen würden nach den Empfehlungen des Deutschen Vereins zu einem Mehrbedarf führen. Das amtsärztliche Gutachten gebe eine signifikante Ernährung mit glutenhaltigen Nahrungsmitteln nicht her. Es sei keineswegs zwingend, dass der Ast glutenhaltige Nahrungsmittel zu sich nehme. Bei der Untersuchung am 24. Januar 2008 sei eine Blutentnahme erfolgt, die nicht aus dem Dünndarm stamme. Diese sei nicht sehr aussagekräftig. Erforderlich sei eine Bestätigung des Ergebnisses durch eine histologische Untersuchung aus Biopsiematerial. Es gebe Hinweise für eine Sprue. Der Kläger leide an Lactasemangel, Eisenmangelanämie, Osteoporose, Arthritis und chronische Hepatitis. Diese Krankheiten seien häufig mit Sprue assoziiert. Auch bestehe eine ausgeprägte Durchfallsymptomatik. Der Ast könne entgegen den Feststellungen des Amtsarztes durchaus angeben, welche Lebensmittel glutenfrei seien.
Dr. S. hat in einer ergänzenden Stellungnahme vom 26.06.2006 erklärt, aus dem Vorbringen des Ast ergebe sich keine Notwendigkeit, das amtsärztliche Gesundheitszeugnis vom 20.02.2008 abzuändern.
Der Ast beantragt sinngemäß,
den Beschluss des SG vom 27. September 2007 aufzuheben und die Ag zu verpflichten, dem Ast ab Antragseingang vorläufig einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung in Höhe von mindestens 71,99 Euro monatlich als Darlehen, längstens bis 31.12.08 oder bis zur Bestandskraft des Bescheides vom 07.12.2007 zu gewähren.
Die Ag beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten des Ag sowie die Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Entstehen ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Rechtsbeeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungs-gerichts das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes besonders ausgestaltet. In diesen Fällen müssen die Erfolgsaussichten der Klage abschließend geprüft werden, wobei die Anforderungen an die Glaubhaftmachung durch den Antragsteller des Eilver-fahrens nicht zu überspannen sind. Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, ist anhand einer umfassenden Güter- und Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 6. Februar 2007, 1 BvR 3101/06 und vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05).
Ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind schwerwiegende Grundrechts-verletzungen zulasten der Ast möglich. Der Ast erhielte ohne den Erlass einer einst-weiligen Anordnung nicht mehr Leistungen in einer Höhe, die für sein soziokulturelles Existenzminimum erforderlich sind. Durch die Einstellung der Leistungen für die kostenaufwändige Ernährung ist bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache die Verletzung des Anspruchs des Ast auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz) denkbar.
Eine abschließende Prüfung der Sach- und Rechtslage ist dem Senat jedoch nicht möglich, da weitere zeitaufwändige Ermittlungen wie die Einholung eines medizinischen Gutachtens erforderlich sind.
Es hat damit eine umfassende Güter- und Folgenabwägung stattzufinden. Hierbei sind auf der einen Seite die Bedeutung des Hauptsacheanspruchs und die Erfolgsaussichten des Ast in der Hauptsache einzustellen. Auf der anderen Seite sind die Schwere und die Wahrscheinlichkeit der drohenden Rechtsverletzung zu berücksichtigen, die dem Ast drohen, wenn die begehrte einstweilige Anordnung nicht ergeht. Diese Abwägungsbe-lange sind unter Einbeziehung des Verhaltens des Rechtsschutzsuchenden zu gewichten und zueinander in Bezug zu setzen.
Der Senat ist aufgrund des Gutachtens von Dr. S. davon überzeugt, dass die Er-folgsaussichten in der Hauptsache als äußerst gering anzusehen sind.
Gemäß §§ 42 Nr. 3, 30 Abs. 5 SGB XII wird für Kranke, Genesende, behinderte Men-schen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Eine Beschreibung der Krankheitsbilder, für die eine kostenaufwändige Er-nährung in aller Regel erforderlich ist, ist in den "Empfehlungen für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe" des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, 2. Auflage 1997 (Empfehlungen) enthalten. Hierin werden auch die jeweiligen Zuschläge der Höhe nach angegeben. Der Senat hat bereits mit Beschluss vom 21.11.2007 entschieden, dass der Heranziehung dieser Empfehlungen im Rahmen des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes keine durchgreifenden Bedenken entgegenstehen.
Nach den Empfehlungen wird eine glutenfreie Kost bei Zöliakie, Sprue (Durchfaller-krankung bedingt durch Überempfindlichkeit gegenüber Klebereiweiß) empfohlen, wenn mit ärztlichen Attesten die Erforderlichkeit einer besonderen Kostform bestätigt wird. Nach den Feststellungen von Dr. S. hat sich bereits bei einer gastroenterologischen Un-tersuchung des Ast am 28.02.2002 ergeben, dass beim Ast keine Sprue vorliegt. Im Rahmen einer Gastroskopie konnte keine Zottenatropie festgestellt werden. Die laborchemischen Untersuchungen von zöliakiespezifischen Antikörpern ergaben einen negativen Befund. Es zeigte sich vielmehr bei der Untersuchung der Disaccharidase-aktivität der Dünndarmschleimhaut ein Laktasemangel. Eine laktosearme oder laktosefreie Ernährung wurde empfohlen.
Auch bei der von Dr. S. veranlassten Blutuntersuchung ergab sich in Bezug auf die zöliakiespezifischen Antikörper ein negativer Befund. Es trifft zwar zu, dass die Kon-zentration der Antikörper mit zunehmender Therapiedauer unter die Nachweisgrenze absinkt (vgl. Wikipedia, Stichwort "Zöliakie"). Hier ist aber zu berücksichtigen, dass die vom Ast bei der Untersuchung durch Dr. S. demonstrierten Kenntnisse über eine glutenfreie Ernährung mangelhaft waren. So verwies er nur darauf, dass er glutenfreies Ersatzbrot verzehre. Auf Anfrage konnte er jedoch nicht benennen, in welchen weiteren Lebensmitteln Gluten enthalten sind und in welchem Bereich sonst noch Ersatzprodukte bei einer glutenfreien Diät erforderlich sind. Dies deckt sich auch mit den Feststellungen von Dr. B. in seinen gutachterlichen Stellungnahmen vom 21.11.2006 und 28.02.2007. Danach war dem Ast das im Rahmen einer Zöliakie erforderliche Ernährungsregime nach den Angaben in der Untersuchung völlig fremd. Zudem bezweifelte Dr. B., dass der Ast im Hinblick auf die bei ihm vorliegende chronische schizophrene Psychose in der Lage wäre, mit der schwierigen Anwendung dieser Diät zurechtzukommen.
Zu berücksichtigen ist auch, dass das zur Stützung des Antragsbegehrens vorgelegte Attest des Allgemeinarztes Dr. W. vom 15.09.2006 keine eigenen medizinischen Feststellungen enthält, die die Diagnose "oligosymptomatische Sprue" stützt. Dr. W. bezieht sich vielmehr nur auf einen Befundbericht von Dr. H./Dr. S. vom September 1986, in dem nur der Verdacht auf eine symptomatische Sprue geäußert wurde. Ein endoskopischer Nachweis oder Labornachweis der Sprue lässt sich aus diesem Befundbericht nach den Feststellungen von Dr. B. in seinem Gutachten vom 28.02.2007 nicht entnehmen. Zudem äußerte Dr. W. in einem Attest vom 18.05.2004, dass diese Diagnose im Dezember 1987 von den gleichen Gastro-enterologen nicht mehr habe bestätigt werden können. Es seien nur wässrige Diarrhoen aufgetreten, die sich nach einer glutein/gliadinfreien Diät gebessert hätten. Bei der Untersuchung durch Dr. B. berichtete der Ast jedoch weder etwas von anhaltenden wässrigen Diarrhoen noch von einer speziellen Diät, die er einnehme.
Zusammenfassend lässt sich damit festhalten, dass ein diagnostischer Nachweis einer Zöliakie/Sprue fehlt. Die Untersuchung im Jahr 1986 hat nur den Verdacht auf eine Sprue erbracht, sämtliche Untersuchungen nach diesem Zeitpunkt haben diesen Verdacht nicht erhärten können. Eine plausible Erklärung für die behaupteten Diarrhoen des Ast liegt nach den überzeugenden Feststellungen von Dr. S. vielmehr in der Laktose-unverträglichkeit des Ast, die von der gastroenterologischen Spezialambulanz des Krankenhauses A-Stadt-S. festgestellt werden konnte.
Auch die sonstigen genannten Gesundheitsstörungen können keinen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung rechtfertigen.
Dies gilt zunächst für die Laktoseintoleranz. Insoweit wird in den Empfehlungen un-missverständlich ausgeführt, dass durch eine in diesen Fällen indizierte lactosearme Kostform keine Mehrkosten im Vergleich zu der üblichen Normalkosten entstehen (Empfehlungen, S. 83). Eine Ausnahme bilden unter Umständen nur spezielle bilanzierte Formuladiäten, die als sogenannte Heilnahrung bei Säuglingen mit chronisch protahierter Diarrhoe und Laktoseintoleranz aufgrund eines sekundären Laktasemangels im Einzelfall aus ärztlicher Sicht indiziert sind. Dieser Ausnahmefall ist beim Ast offensichtlich nicht gegeben.
Die vom Ast geltend gemachte Hepatitis rechtfertigt ebenfalls keinen Mehrbedarf. Nach den Empfehlungen ist nur in den Fällen der Leberinsuffizienz (Leberversagen) ein Mehrbedarf für eiweißdefinierte Kost anzunehmen, nicht jedoch schon bei Vorliegen einer chronischen Leberentzündung (Hepatitis). Bestätigt wird dies auch durch den Begutachtungsleitfaden für den Mehrbedarf bei krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung (Krankenkostzulagen) des Arbeitsausschusses der Sozialdezernenten Westfalen-Lippe (2002; Begutachtungsleitfaden). Danach ist in den Fällen der infektiösen Leberentzündung eine Nahrungsanpassung erforderlich, die vor allem darin besteht, weitere Leberschädigungen zu vermeiden, z.B. durch Vermeidung von Alkohol, Drogen, lebertoxischen Medikamenten. Außerdem ist der Fettgehalt der Nahrung zu reduzieren (z.B. Magerquark und Magerjoghurt statt entsprechender Vollfettprodukte). Mehrkosten entstünden dadurch nicht. Eine Leberinsuffizienz bzw. ein Leberversagen liegen beim Ast nach den überzeugenden Feststellungen von Dr. S. beim Ast nicht vor. Bei der Untersuchung des Ast ergaben sich völlig normale Blutwerte des Ast. Die leberspezi-fischen Laborwerte GOT, GPT, Gamma-GT, Bilirubin befanden sich alle im Normbereich. Es fanden sich weder laborchemisch noch klinisch Hinweise für eine Leberinsuffizienz, es fehlten selbst laborchemische Hinweise auf eine chronische bzw. akute Hepatitis. Damit kommt insoweit die Anerkennung eines Mehrbedarfs nicht in Betracht.
In Bezug auf die Hypertonie ist darauf zu verweisen, dass kein ärztliches Attest vorgelegt wurde, wonach für den Ast aufgrund seiner hypertonen Erkrankung eine besondere Kostform empfohlen wird. Dies ist jedoch nach den Empfehlungen Voraussetzung für die Anerkennung eines Mehrbedarfs. In den Empfehlungen ist darüber hinaus ausgeführt, Hypertonie sei eng mit Übergewicht, einem erhöhten Alkoholkonsum und bei dem dafür empfindlichen Teil der Bevölkerung mit einer erhöhten Natriumaufnahme assoziiert. Als erfolgversprechende ernährungsmedizinische Maßnahmen ergeben sich insbesondere die Kontrolle des Körpergewichts durch eine Verschiebung der Energiebilanz und eine Reduktion der Natrium- bzw. Alkoholzufuhr. Diese Maßnahmen führten zu einer Senkung der Lebensmittelkosten. Mit einer Verteuerung der Ernährungskosten sei bei der Mehrzahl der kardiovaskulären Krankheiten nicht zu rechnen. Eine Ausnahme könnten sehr fortgeschrittene Krankheitszustände (zum Beispiel dekompensierte Herzinsuffizienz oder angeborene Herzfehler) bilden. Dekompensierte Herzkrankheiten gingen zudem nicht selten mit Ödemen einher. Hier sei eine Kontrolle der Natriumretention durch Verringe-rung der Natriumzufuhr oder Erhöhung der Natriumausscheidung erforderlich. Häufig genüge jedoch eine Beschränkung der Kochsalzzufuhr durch Weglassen natriumreicher Lebensmittel und Verzicht auf das Salzen der Speisen. Ein finanzieller Mehraufwand für den Einsatz natriumarmer Lebensmittel sei nur gerechtfertigt, falls die Restriktion der Natriumzufuhr so stark sein soll, dass sie nicht allein durch eine umsichtige Auswahl aus Lebensmitteln des allgemeinen Verzehrs bewerkstelligt werden kann (Empfehlungen,
S. 104, 105). Auch der Begutachtungsleitfaden hält nach neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen im Falle der Hypertonie nur eine mäßig reduzierte Kochsalzzufuhr mit üblichen Lebensmitteln, ggf. eine Reduktionskost zur Gewichtsreduzierung sowie eine Einschränkung des Alkoholkonsums für erforderlich. Mehrkosten seien damit nicht verbunden.
Insoweit ist festzustellen, dass beim Ast nur ein Hypertonus vorliegt. Ein Nachweis für eine fortgeschrittene hypertensive Herzerkrankung oder einen angeborenen Herzfehler ist nicht erbracht; derartiges wird auch nicht behauptet. Über Ödeme wird nicht berichtet. Auch fehlt jegliche ärztliche Feststellung, dass eine Restriktion der Natriumzufuhr beim Ast den Einsatz teurer natriumarmer Lebensmittel voraussetzt.
Auch die geltend gemachten Gesundheitsstörungen bulbo duodenitis / Ulcus duodeni können einen kostbedingten Mehrbedarf nicht rechtfertigen. Nach den Empfehlungen ist nur bei einem Ulcus duodeni (Geschwür im Zwölffingerdarm) bzw. Ulcus ventriculi (Magengeschwür) ein Mehrbedarf für Vollkost angezeigt. Eine ein Ulcus-Leiden bestätigende ärztliche Bescheinigung wurde jedoch vom Ast nunmehr schon seit Jahren nicht mehr vorgelegt. So ist weder in dem Attest des Krankenhauses A-Stadt -S. vom 28.02.2002 noch in den ärztlichen Bescheinigungen des Dr. W. vom 15.09.2006 und 12.10.2006 von einem Ulcus-Leiden mehr die Rede. Ein etwaiger Mehrbedarf ist aber spätestens nach 12 Monaten erneut durch eine ärztliche Bescheinigung zu belegen (vgl. Bay. Landessozialgericht, Urteil vom 13.09.2007, L 11 AS 258/06, zum SGB II). Dies ist hier nicht erfolgt. Schließlich ist auch in dem Gutachten von Dr. S. festghalten, dass aus amtsärztlicher Sicht keine Notwendigkeit für den Mehrbedarf einer Vollkost bestehe.
Die weiteren vom Ast geltend gemachten Gesundheitsstörungen (Osteoporose, Eisen-mangelanämie, Arthritis und Dermatitis, Übergewicht) bedingen nach den Empfehlungen keinen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung.
Angesichts der damit äußerst geringen Erfolgsaussicht hält der Senat es auch unter Berücksichtigung der Bedeutung der Angelegenheit für den Ast für nicht gerechtfertigt, der Ag vorläufig die Kosten für eine kostenaufwändige Ernährung aufzuerlegen. Sollte derAst entgegen der Annahmen des Senats doch einer kostenaufwändigen Ernährung wegen Zöliakie/Sprue bedürfen, so ist dem Ast deren Finanzierung bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache dennoch möglich. Der Ast erhält Leistungen zur Grundsicherung, in denen Ansparbeträge enthalten sind, die vom Hilfebedürftigen für anzuschaffende einmalige Bedarfe zurückzulegen sind. Es ist dem Ast nach Auffassung des Senats zuzumuten, diese Ansparbeträge ggf. bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache für glutenfreie Kost zu verwenden. Dem Ast verbleibt damit immer noch ein Betrag (347.- Euro abzüglich 71,58 Euro = 275,42 Euro bzw. 351.- Euro abzüglich 72,40 Euro = 278,60 Euro), der über 70% der Regelleistung liegt (vgl. insoweit LSG Berlin-Brandenburg vom 11.9.2006, L 19 B 698/06 AS ER, wonach ein Anordnungsgrund erst bei einer Differenz von mehr als 30 % zum Regelsatz zu bejahen ist). Damit ist dem Ast ein menschenwürdiges Dasein möglich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das durch das SGB XII garantierte sog. "soziokulturelle Existenzminimum" über den durch Art. 1 GG gebotenen existenzsichernden Leistungen liegt. Diese Grenze wurde im Leistungskatalog des Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) gezogen, das selbst verfassungsmäßigen Erfordernissen genügt. In dem aufgezeigten Ausmaß von mehr als 275.- Euro ist diese Grenze aber nicht unterschritten (vgl. § 3 Abs. 2 S. 2 AsylbLG).
Gegen eine zusprechende Entscheidung spricht auch das Verhalten des durch einen Betreuer vertretenen Ast. Von Seiten des Ast wurden weder in dem Verfahren vor dem SG noch vor dem LSG aktuelle Befundberichte vorgelegt, mit denen das Begehren des Ast nachvollziehbar untermauert worden wäre. Die Befundberichte vom 15.09.2006 und 12.10.2006 des Dr. W. reichen zur Stützung des Begehrens des Ast schon aufgrund des Zeitablaufs nicht aus. In ihnen wird darüber hinaus nur eine mehrbedarfsrelevante Diagnose (oligosymptomatische Sprue) behauptet. Diese Diagnose wird jedoch nicht durch aktuelle Untersuchungsergebnisse, sondern nur durch den Verweis auf eine bereits rd. 20 Jahre zurückliegende Untersuchung gestützt. Damit trägt der Ast nicht dem Erfordernis Rechnung, seinen Mehrbedarf jährlich durch Vorlage aktueller Atteste zu belegen.
Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung spricht schließlich nicht durchgreifend, dass eine Bewilligung nur auf Darlehensbasis erfolgen müsste. Denn es ist gegenwärtig völlig unsicher, ob die Ag ihren Rückgewähranspruch jemals in voller Höhe befriedigen kann.
Nach alledem ist der Beschluss des SG nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz analog.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Zwischen den Beteiligten ist die vorläufige Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von monatlich mindestens 71,99 Euro strittig.
Der 1942 geborene Antragsteller - Ast - bezieht Leistungen zur Grundsicherung im Alter gemäß §§ 41 ff. SGB XII von der Antragsgegnerin (Ag). Mit Bescheiden vom 04.01.2007 und 30.01.2007 sprach die Ag dem Ast Leistungen zur Grundsicherung in Höhe von 662,60 Euro monatlich zu, die ihm aufgrund seiner Vermögensverhältnisse gemäß § 91 SGB XII jedoch nur auf Darlehensbasis gewährt wurden.
Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch und einem Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz zum SG A-Stadt (SG) begehrte der Ast unter Berufung auf ein ärztliches Attest von Dr. W. vom 15.09.2006 die Übernahme der Kosten bezüglich eines monatlichen Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung im Höhe von mindestens 96.- Euro monatlich.
Mit Beschluss vom 19. Oktober 2007 verpflichtete das SG die Ag, dem Ast ab 28. September 2007 vorläufig einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung in Höhe von 69 Euro monatlich zu gewähren (Az. S 53 SO 433/07 ER). Auf die Beschwerde der Ag hin wurde der Beschluss des SG durch Beschluss des Senats vom 21.11.2007 (L 8 B 998/07 SO ER) abgeändert. Der Ag wurde verpflichtet, den Mehrbedarf in Höhe von 69 Euro vorläufig als Darlehen längstens bis zum 31.12.2007 oder bis zur Bestandskraft des Bescheides vom 30.01.2007 zu gewähren. Im übrigen wurde die Beschwerde zurückgewiesen. Mit dem Attest vom 15.09.2006 sei eine oligo-symptomatische Sprue und eine Hepatitis C hinreichend glaubhaft gemacht. Aufgrund der Empfehlungen für die Gewährung von Krankenzulagen in der Sozialhilfe des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge bestehe damit die Notwendigkeit einer kostenaufwändigen Ernährung (glutenfreie Kost/besondere eiweißdefinierte Kost). Eine auf die konkrete gesundheitliche Situation des Ast bezogene ärztliche Begründung für eine Nichtgewährung eines Mehrbedarfs liege bisher nicht vor.
Mit Änderungsbescheid vom 07.12. 2007 wurden dem Ast für den Zeitraum 01.01.2008
- 31.12. 2008 Leistungen in Höhe von 664,60 EUR monatlich erneut auf Darlehensbasis gewährt. Ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung ist hierin nicht enthalten. Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch begehrte der Ast die weitere Übernahme der kostenaufwändigen Ernährung. Zur Begründung wurde auf das Attest des Dr. W. vom 15.09.2006 sowie die oben zitierten Beschlüsse des SG und des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) verwiesen. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom
16. Juni 2008 zurückgewiesen. Hiergegen wurde Klage zum SG erhoben.
Die Ag stellte mit Schreiben vom 19.03.2008 den aufgrund des Beschlusses des Senats vom 21. November 2007 gewährten Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung zum 01.04.2008 ein. Zur Begründung verwies sie auf ein amtsärztliches Gutachten von Dr. S., RGU A-Stadt, vom 20.02.2008.
Mit Antrag auf Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz vom 18.04.2008 zum SG hat der Ast unter Verweis auf seinen Vortrag im Widerspruchsverfahren die Bewilligung eines monatlichen Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung in Höhe von mindestens 71,99 Euro monatlich begehrt.
Das SG hat mit Beschluss vom 13.05.2008 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Ein Anordnungsanspruch sei nicht gegeben. Nach dem Gutachten vom 20.02.2008 liege mit höchstmöglicher Wahrscheinlichkeit beim Ast keine Zöliakie vor, so dass eine glutenfreie Kost nicht erforderlich sei. Durch das Gutachten werde der Gesundheitszustand des Ast umfassend dargestellt. Es erfolge eine Auseinandersetzung mit den vorliegenden Befundberichten. Auch hinsichtlich anderer Gesundheitsstörungen (Laktoseintoleranz, Hepatitis, Übergewicht) ergebe sich keine Notwendigkeit einer bestimmten kostenaufwändigen Ernährung.
Mit der hiergegen zum LSG erhobenen Beschwerde macht der Ast geltend, das amtsärztliche Gutachten stelle den Gesundheitszustand des Ast nicht umfassend dar. Es setze sich nicht mit den rezidivierenden hypertonen Krisen sowie dem rezidivierenden Ulcus duodeni Leiden auseinander. Beide Gesundheitsstörungen würden nach den Empfehlungen des Deutschen Vereins zu einem Mehrbedarf führen. Das amtsärztliche Gutachten gebe eine signifikante Ernährung mit glutenhaltigen Nahrungsmitteln nicht her. Es sei keineswegs zwingend, dass der Ast glutenhaltige Nahrungsmittel zu sich nehme. Bei der Untersuchung am 24. Januar 2008 sei eine Blutentnahme erfolgt, die nicht aus dem Dünndarm stamme. Diese sei nicht sehr aussagekräftig. Erforderlich sei eine Bestätigung des Ergebnisses durch eine histologische Untersuchung aus Biopsiematerial. Es gebe Hinweise für eine Sprue. Der Kläger leide an Lactasemangel, Eisenmangelanämie, Osteoporose, Arthritis und chronische Hepatitis. Diese Krankheiten seien häufig mit Sprue assoziiert. Auch bestehe eine ausgeprägte Durchfallsymptomatik. Der Ast könne entgegen den Feststellungen des Amtsarztes durchaus angeben, welche Lebensmittel glutenfrei seien.
Dr. S. hat in einer ergänzenden Stellungnahme vom 26.06.2006 erklärt, aus dem Vorbringen des Ast ergebe sich keine Notwendigkeit, das amtsärztliche Gesundheitszeugnis vom 20.02.2008 abzuändern.
Der Ast beantragt sinngemäß,
den Beschluss des SG vom 27. September 2007 aufzuheben und die Ag zu verpflichten, dem Ast ab Antragseingang vorläufig einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung in Höhe von mindestens 71,99 Euro monatlich als Darlehen, längstens bis 31.12.08 oder bis zur Bestandskraft des Bescheides vom 07.12.2007 zu gewähren.
Die Ag beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten des Ag sowie die Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Entstehen ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Rechtsbeeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungs-gerichts das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes besonders ausgestaltet. In diesen Fällen müssen die Erfolgsaussichten der Klage abschließend geprüft werden, wobei die Anforderungen an die Glaubhaftmachung durch den Antragsteller des Eilver-fahrens nicht zu überspannen sind. Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, ist anhand einer umfassenden Güter- und Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 6. Februar 2007, 1 BvR 3101/06 und vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05).
Ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind schwerwiegende Grundrechts-verletzungen zulasten der Ast möglich. Der Ast erhielte ohne den Erlass einer einst-weiligen Anordnung nicht mehr Leistungen in einer Höhe, die für sein soziokulturelles Existenzminimum erforderlich sind. Durch die Einstellung der Leistungen für die kostenaufwändige Ernährung ist bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache die Verletzung des Anspruchs des Ast auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz) denkbar.
Eine abschließende Prüfung der Sach- und Rechtslage ist dem Senat jedoch nicht möglich, da weitere zeitaufwändige Ermittlungen wie die Einholung eines medizinischen Gutachtens erforderlich sind.
Es hat damit eine umfassende Güter- und Folgenabwägung stattzufinden. Hierbei sind auf der einen Seite die Bedeutung des Hauptsacheanspruchs und die Erfolgsaussichten des Ast in der Hauptsache einzustellen. Auf der anderen Seite sind die Schwere und die Wahrscheinlichkeit der drohenden Rechtsverletzung zu berücksichtigen, die dem Ast drohen, wenn die begehrte einstweilige Anordnung nicht ergeht. Diese Abwägungsbe-lange sind unter Einbeziehung des Verhaltens des Rechtsschutzsuchenden zu gewichten und zueinander in Bezug zu setzen.
Der Senat ist aufgrund des Gutachtens von Dr. S. davon überzeugt, dass die Er-folgsaussichten in der Hauptsache als äußerst gering anzusehen sind.
Gemäß §§ 42 Nr. 3, 30 Abs. 5 SGB XII wird für Kranke, Genesende, behinderte Men-schen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Eine Beschreibung der Krankheitsbilder, für die eine kostenaufwändige Er-nährung in aller Regel erforderlich ist, ist in den "Empfehlungen für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe" des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, 2. Auflage 1997 (Empfehlungen) enthalten. Hierin werden auch die jeweiligen Zuschläge der Höhe nach angegeben. Der Senat hat bereits mit Beschluss vom 21.11.2007 entschieden, dass der Heranziehung dieser Empfehlungen im Rahmen des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes keine durchgreifenden Bedenken entgegenstehen.
Nach den Empfehlungen wird eine glutenfreie Kost bei Zöliakie, Sprue (Durchfaller-krankung bedingt durch Überempfindlichkeit gegenüber Klebereiweiß) empfohlen, wenn mit ärztlichen Attesten die Erforderlichkeit einer besonderen Kostform bestätigt wird. Nach den Feststellungen von Dr. S. hat sich bereits bei einer gastroenterologischen Un-tersuchung des Ast am 28.02.2002 ergeben, dass beim Ast keine Sprue vorliegt. Im Rahmen einer Gastroskopie konnte keine Zottenatropie festgestellt werden. Die laborchemischen Untersuchungen von zöliakiespezifischen Antikörpern ergaben einen negativen Befund. Es zeigte sich vielmehr bei der Untersuchung der Disaccharidase-aktivität der Dünndarmschleimhaut ein Laktasemangel. Eine laktosearme oder laktosefreie Ernährung wurde empfohlen.
Auch bei der von Dr. S. veranlassten Blutuntersuchung ergab sich in Bezug auf die zöliakiespezifischen Antikörper ein negativer Befund. Es trifft zwar zu, dass die Kon-zentration der Antikörper mit zunehmender Therapiedauer unter die Nachweisgrenze absinkt (vgl. Wikipedia, Stichwort "Zöliakie"). Hier ist aber zu berücksichtigen, dass die vom Ast bei der Untersuchung durch Dr. S. demonstrierten Kenntnisse über eine glutenfreie Ernährung mangelhaft waren. So verwies er nur darauf, dass er glutenfreies Ersatzbrot verzehre. Auf Anfrage konnte er jedoch nicht benennen, in welchen weiteren Lebensmitteln Gluten enthalten sind und in welchem Bereich sonst noch Ersatzprodukte bei einer glutenfreien Diät erforderlich sind. Dies deckt sich auch mit den Feststellungen von Dr. B. in seinen gutachterlichen Stellungnahmen vom 21.11.2006 und 28.02.2007. Danach war dem Ast das im Rahmen einer Zöliakie erforderliche Ernährungsregime nach den Angaben in der Untersuchung völlig fremd. Zudem bezweifelte Dr. B., dass der Ast im Hinblick auf die bei ihm vorliegende chronische schizophrene Psychose in der Lage wäre, mit der schwierigen Anwendung dieser Diät zurechtzukommen.
Zu berücksichtigen ist auch, dass das zur Stützung des Antragsbegehrens vorgelegte Attest des Allgemeinarztes Dr. W. vom 15.09.2006 keine eigenen medizinischen Feststellungen enthält, die die Diagnose "oligosymptomatische Sprue" stützt. Dr. W. bezieht sich vielmehr nur auf einen Befundbericht von Dr. H./Dr. S. vom September 1986, in dem nur der Verdacht auf eine symptomatische Sprue geäußert wurde. Ein endoskopischer Nachweis oder Labornachweis der Sprue lässt sich aus diesem Befundbericht nach den Feststellungen von Dr. B. in seinem Gutachten vom 28.02.2007 nicht entnehmen. Zudem äußerte Dr. W. in einem Attest vom 18.05.2004, dass diese Diagnose im Dezember 1987 von den gleichen Gastro-enterologen nicht mehr habe bestätigt werden können. Es seien nur wässrige Diarrhoen aufgetreten, die sich nach einer glutein/gliadinfreien Diät gebessert hätten. Bei der Untersuchung durch Dr. B. berichtete der Ast jedoch weder etwas von anhaltenden wässrigen Diarrhoen noch von einer speziellen Diät, die er einnehme.
Zusammenfassend lässt sich damit festhalten, dass ein diagnostischer Nachweis einer Zöliakie/Sprue fehlt. Die Untersuchung im Jahr 1986 hat nur den Verdacht auf eine Sprue erbracht, sämtliche Untersuchungen nach diesem Zeitpunkt haben diesen Verdacht nicht erhärten können. Eine plausible Erklärung für die behaupteten Diarrhoen des Ast liegt nach den überzeugenden Feststellungen von Dr. S. vielmehr in der Laktose-unverträglichkeit des Ast, die von der gastroenterologischen Spezialambulanz des Krankenhauses A-Stadt-S. festgestellt werden konnte.
Auch die sonstigen genannten Gesundheitsstörungen können keinen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung rechtfertigen.
Dies gilt zunächst für die Laktoseintoleranz. Insoweit wird in den Empfehlungen un-missverständlich ausgeführt, dass durch eine in diesen Fällen indizierte lactosearme Kostform keine Mehrkosten im Vergleich zu der üblichen Normalkosten entstehen (Empfehlungen, S. 83). Eine Ausnahme bilden unter Umständen nur spezielle bilanzierte Formuladiäten, die als sogenannte Heilnahrung bei Säuglingen mit chronisch protahierter Diarrhoe und Laktoseintoleranz aufgrund eines sekundären Laktasemangels im Einzelfall aus ärztlicher Sicht indiziert sind. Dieser Ausnahmefall ist beim Ast offensichtlich nicht gegeben.
Die vom Ast geltend gemachte Hepatitis rechtfertigt ebenfalls keinen Mehrbedarf. Nach den Empfehlungen ist nur in den Fällen der Leberinsuffizienz (Leberversagen) ein Mehrbedarf für eiweißdefinierte Kost anzunehmen, nicht jedoch schon bei Vorliegen einer chronischen Leberentzündung (Hepatitis). Bestätigt wird dies auch durch den Begutachtungsleitfaden für den Mehrbedarf bei krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung (Krankenkostzulagen) des Arbeitsausschusses der Sozialdezernenten Westfalen-Lippe (2002; Begutachtungsleitfaden). Danach ist in den Fällen der infektiösen Leberentzündung eine Nahrungsanpassung erforderlich, die vor allem darin besteht, weitere Leberschädigungen zu vermeiden, z.B. durch Vermeidung von Alkohol, Drogen, lebertoxischen Medikamenten. Außerdem ist der Fettgehalt der Nahrung zu reduzieren (z.B. Magerquark und Magerjoghurt statt entsprechender Vollfettprodukte). Mehrkosten entstünden dadurch nicht. Eine Leberinsuffizienz bzw. ein Leberversagen liegen beim Ast nach den überzeugenden Feststellungen von Dr. S. beim Ast nicht vor. Bei der Untersuchung des Ast ergaben sich völlig normale Blutwerte des Ast. Die leberspezi-fischen Laborwerte GOT, GPT, Gamma-GT, Bilirubin befanden sich alle im Normbereich. Es fanden sich weder laborchemisch noch klinisch Hinweise für eine Leberinsuffizienz, es fehlten selbst laborchemische Hinweise auf eine chronische bzw. akute Hepatitis. Damit kommt insoweit die Anerkennung eines Mehrbedarfs nicht in Betracht.
In Bezug auf die Hypertonie ist darauf zu verweisen, dass kein ärztliches Attest vorgelegt wurde, wonach für den Ast aufgrund seiner hypertonen Erkrankung eine besondere Kostform empfohlen wird. Dies ist jedoch nach den Empfehlungen Voraussetzung für die Anerkennung eines Mehrbedarfs. In den Empfehlungen ist darüber hinaus ausgeführt, Hypertonie sei eng mit Übergewicht, einem erhöhten Alkoholkonsum und bei dem dafür empfindlichen Teil der Bevölkerung mit einer erhöhten Natriumaufnahme assoziiert. Als erfolgversprechende ernährungsmedizinische Maßnahmen ergeben sich insbesondere die Kontrolle des Körpergewichts durch eine Verschiebung der Energiebilanz und eine Reduktion der Natrium- bzw. Alkoholzufuhr. Diese Maßnahmen führten zu einer Senkung der Lebensmittelkosten. Mit einer Verteuerung der Ernährungskosten sei bei der Mehrzahl der kardiovaskulären Krankheiten nicht zu rechnen. Eine Ausnahme könnten sehr fortgeschrittene Krankheitszustände (zum Beispiel dekompensierte Herzinsuffizienz oder angeborene Herzfehler) bilden. Dekompensierte Herzkrankheiten gingen zudem nicht selten mit Ödemen einher. Hier sei eine Kontrolle der Natriumretention durch Verringe-rung der Natriumzufuhr oder Erhöhung der Natriumausscheidung erforderlich. Häufig genüge jedoch eine Beschränkung der Kochsalzzufuhr durch Weglassen natriumreicher Lebensmittel und Verzicht auf das Salzen der Speisen. Ein finanzieller Mehraufwand für den Einsatz natriumarmer Lebensmittel sei nur gerechtfertigt, falls die Restriktion der Natriumzufuhr so stark sein soll, dass sie nicht allein durch eine umsichtige Auswahl aus Lebensmitteln des allgemeinen Verzehrs bewerkstelligt werden kann (Empfehlungen,
S. 104, 105). Auch der Begutachtungsleitfaden hält nach neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen im Falle der Hypertonie nur eine mäßig reduzierte Kochsalzzufuhr mit üblichen Lebensmitteln, ggf. eine Reduktionskost zur Gewichtsreduzierung sowie eine Einschränkung des Alkoholkonsums für erforderlich. Mehrkosten seien damit nicht verbunden.
Insoweit ist festzustellen, dass beim Ast nur ein Hypertonus vorliegt. Ein Nachweis für eine fortgeschrittene hypertensive Herzerkrankung oder einen angeborenen Herzfehler ist nicht erbracht; derartiges wird auch nicht behauptet. Über Ödeme wird nicht berichtet. Auch fehlt jegliche ärztliche Feststellung, dass eine Restriktion der Natriumzufuhr beim Ast den Einsatz teurer natriumarmer Lebensmittel voraussetzt.
Auch die geltend gemachten Gesundheitsstörungen bulbo duodenitis / Ulcus duodeni können einen kostbedingten Mehrbedarf nicht rechtfertigen. Nach den Empfehlungen ist nur bei einem Ulcus duodeni (Geschwür im Zwölffingerdarm) bzw. Ulcus ventriculi (Magengeschwür) ein Mehrbedarf für Vollkost angezeigt. Eine ein Ulcus-Leiden bestätigende ärztliche Bescheinigung wurde jedoch vom Ast nunmehr schon seit Jahren nicht mehr vorgelegt. So ist weder in dem Attest des Krankenhauses A-Stadt -S. vom 28.02.2002 noch in den ärztlichen Bescheinigungen des Dr. W. vom 15.09.2006 und 12.10.2006 von einem Ulcus-Leiden mehr die Rede. Ein etwaiger Mehrbedarf ist aber spätestens nach 12 Monaten erneut durch eine ärztliche Bescheinigung zu belegen (vgl. Bay. Landessozialgericht, Urteil vom 13.09.2007, L 11 AS 258/06, zum SGB II). Dies ist hier nicht erfolgt. Schließlich ist auch in dem Gutachten von Dr. S. festghalten, dass aus amtsärztlicher Sicht keine Notwendigkeit für den Mehrbedarf einer Vollkost bestehe.
Die weiteren vom Ast geltend gemachten Gesundheitsstörungen (Osteoporose, Eisen-mangelanämie, Arthritis und Dermatitis, Übergewicht) bedingen nach den Empfehlungen keinen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung.
Angesichts der damit äußerst geringen Erfolgsaussicht hält der Senat es auch unter Berücksichtigung der Bedeutung der Angelegenheit für den Ast für nicht gerechtfertigt, der Ag vorläufig die Kosten für eine kostenaufwändige Ernährung aufzuerlegen. Sollte derAst entgegen der Annahmen des Senats doch einer kostenaufwändigen Ernährung wegen Zöliakie/Sprue bedürfen, so ist dem Ast deren Finanzierung bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache dennoch möglich. Der Ast erhält Leistungen zur Grundsicherung, in denen Ansparbeträge enthalten sind, die vom Hilfebedürftigen für anzuschaffende einmalige Bedarfe zurückzulegen sind. Es ist dem Ast nach Auffassung des Senats zuzumuten, diese Ansparbeträge ggf. bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache für glutenfreie Kost zu verwenden. Dem Ast verbleibt damit immer noch ein Betrag (347.- Euro abzüglich 71,58 Euro = 275,42 Euro bzw. 351.- Euro abzüglich 72,40 Euro = 278,60 Euro), der über 70% der Regelleistung liegt (vgl. insoweit LSG Berlin-Brandenburg vom 11.9.2006, L 19 B 698/06 AS ER, wonach ein Anordnungsgrund erst bei einer Differenz von mehr als 30 % zum Regelsatz zu bejahen ist). Damit ist dem Ast ein menschenwürdiges Dasein möglich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das durch das SGB XII garantierte sog. "soziokulturelle Existenzminimum" über den durch Art. 1 GG gebotenen existenzsichernden Leistungen liegt. Diese Grenze wurde im Leistungskatalog des Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) gezogen, das selbst verfassungsmäßigen Erfordernissen genügt. In dem aufgezeigten Ausmaß von mehr als 275.- Euro ist diese Grenze aber nicht unterschritten (vgl. § 3 Abs. 2 S. 2 AsylbLG).
Gegen eine zusprechende Entscheidung spricht auch das Verhalten des durch einen Betreuer vertretenen Ast. Von Seiten des Ast wurden weder in dem Verfahren vor dem SG noch vor dem LSG aktuelle Befundberichte vorgelegt, mit denen das Begehren des Ast nachvollziehbar untermauert worden wäre. Die Befundberichte vom 15.09.2006 und 12.10.2006 des Dr. W. reichen zur Stützung des Begehrens des Ast schon aufgrund des Zeitablaufs nicht aus. In ihnen wird darüber hinaus nur eine mehrbedarfsrelevante Diagnose (oligosymptomatische Sprue) behauptet. Diese Diagnose wird jedoch nicht durch aktuelle Untersuchungsergebnisse, sondern nur durch den Verweis auf eine bereits rd. 20 Jahre zurückliegende Untersuchung gestützt. Damit trägt der Ast nicht dem Erfordernis Rechnung, seinen Mehrbedarf jährlich durch Vorlage aktueller Atteste zu belegen.
Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung spricht schließlich nicht durchgreifend, dass eine Bewilligung nur auf Darlehensbasis erfolgen müsste. Denn es ist gegenwärtig völlig unsicher, ob die Ag ihren Rückgewähranspruch jemals in voller Höhe befriedigen kann.
Nach alledem ist der Beschluss des SG nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz analog.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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