L 4 KR 166/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 KR 200/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 166/06
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 18. April 2006 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Streitig ist noch, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger einen zusätzlichen Zuschuss in Höhe von 1.000,00 EUR zur Versorgung mit Zahnersatz zu bezahlen.

Die Beklagte hat dem Kläger nach Vorlage eines Heil- und Kostenplanes vom 08.12.1999 Zahnersatz bewilligt. An den Gesamtkosten hat sie sich mit 1.098,55 EUR beteiligt. Der Zahnersatz wurde am 19.04.2000 eingegliedert. Die Herstellung der Brücke erfolgte durch das M ... Es stellte dem behandelnden Zahnarzt für Leistungen wie Keramikverblendung, Vollverblendung Keramik u.ä. einen Betrag von 1.078,22 EUR in Rechnung. Mit Schreiben vom 30.05.2001 wandte sich der Kläger an die Beklagte und beanstandete die mangelhafte Ausführung der Brücke. Er beabsichtigte, vom behandelnden Zahnarzt Dr.K. Schadenersatz in Form einer neuen Brücke zu verlangen und bat die Beklagte, ihm Wege hierzu aufzuweisen. Die Beklagte beauftragte den Zahnarzt Dr.P. (L.) mit der Begutachtung. Die Begutachtung erfolgte am 23.10.2001. Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, der Zahnersatz sei nicht mehr ordnungsgemäß funktionsfähig, die Brücke müsse entfernt und repariert werden. Der Kläger beanstandete das Gutachten und teilte seine Erwartung mit, eine neue Ersatzbrücke kostenlos zu erhalten. Der Zahnarzt Dr.K., den der Kläger beauftragt hatte, die zerstörte Brücke im Oberkiefer rechts zu erneuern, sobald eine Entscheidung über die Haftung gefallen sei, legte ebenfalls Widerspruch gegen das Gutachten Dr.P. ein und beantragte eine Neubegutachtung durch einen Obergutachter. Der zum Obergutachter ernannte Zahnarzt Dr.W. begutachtete den Kläger am 04.02.2002 und kam zu dem Ergebnis, da die Krone nur provisorisch eingesetzt sei und sich noch einmal abnehmen lasse, sei eine Nacharbeit möglich. Eine Neuanfertigung sei nicht erforderlich. Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 14.03.2002 ab, Regressansprüche gegen Dr.K. geltend zu machen. Die Gutachtenlage sei für diese Entscheidung richtungsweisend. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10.07.2002 abgewiesen. Auch wenn eine zahnprothetische Neuversorgung allein wegen einer mängelbehafteten Arbeit durch Dr.K. erforderlich wäre, könne dies nicht zu einer höheren Kostenbeteiligung seitens der Kasse führen. Ebenso wenig bestünde gegenüber der Kasse ein materiell-rechtlicher Anspruch, in Sachen Dr.K. ein Regressverfahren bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung einzuleiten.

Hiergegen richtete sich die am 31.07.2002 beim Sozialgericht Würzburg eingegangene Klage, mit der der Kläger beantragte, die Beklagte zu verpflichten, ihm die Versorgung mit einer neuen Brücke nach einem noch zu erstellenden Heil- und Kostenplan zu bewilligen und 50 % der Kosten hierfür zu übernehmen.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 18.04.2006 abgewiesen. Auch dem gesetzlich Versicherten sei zuzumuten, bei mangelhafter Arbeit eines kassenzahnärztlichen Leistungserbringers von diesem eine kostenlose Nachbesserung zu verlangen (und diese Forderung notfalls auch gerichtlich durchzusetzen, wie Prozesse solcher Art vor dem Zivilgericht, nicht dem Sozialgericht, belegen). Zum Umfang des Schadensersatzes bzw. zur Nachbesserungspflicht des Arztes, der eine mangelhafte Leistung erbracht habe, gehöre dann auch, dem Geschädigten von ggf. wieder anfallenden Eigenanteilen freizustellen. Der Patient wäre vom Leistungserbringer so zu stellen, wie wenn er von Anfang an eine fehlerfreie Leistung erhalten hätte. Dass § 66 SGB V in einem solchen Fall die Unterstützung der Versicherten durch die Krankenkasse vorsehe, belege anschaulich, dass die Krankenkasse keine Einstandspflicht für einen bestimmten Behandlungserfolg habe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die am 14.06.2006 beim Landessozialgericht eingegangene Berufung des Klägers, die er damit begründet, er könne nicht gezwungen werden, sich durch den "Pfuschzahnarzt" Dr.K. weiterbehandeln zu lassen. Es sei als dubios zu bewerten, wenn Dr.K. die Brückenanfertigung in Mallorca vornehmen lasse. Er habe den Brückenschaden als Beweis bis heute noch nicht aus eigenen Mitteln beheben lassen, so dass dadurch weitere Zähne beschädigt wurden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger, ein Heil- und Kostenplan vom 20.06.2008 sei genehmigt worden. Die Brücke werde auf Implantaten aufgebracht.

Der Kläger beantragt,
dass der Senat Augenschein nimmt von der seinerzeit gelieferten Brücke und damit ihre Fehlerhaftigkeit erkennen möge und zum zweiten Augenschein von dem ebenfalls mitgebrachten Gipsabdruck seines Gebisses nimmt. Ferner beantragt der Kläger, dass die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Würzburg vom 18.04.2006 und den zugrunde liegenden Bescheiden verurteilt wird, ihm zusätzlich zu dem bisher genehmigten Kostenzuschuss für die laufende Behandlung einen weiteren Zuschuss in Höhe von 1.000,00 EUR zu bezahlen. Dies in Hinblick auf die lange vorhergehende Leidensgeschichte.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie werde, sobald ein den Vorgaben des § 55 SGB V entsprechender Heil- und Kostenplan eingehe, die Leistungsvoraussetzungen prüfen und diesen ggf. entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen genehmigen. Keinesfalls werde sie allerdings den Kläger aufgrund der Behandlung durch Dr.K. von gesetzlich vorgesehenen Eigenanteilen befreien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:


Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die nicht der Zulassung gemäß § 144 SGG bedarf, ist zulässig, erweist sich aber als unbegründet.

Es gibt keine rechtliche Grundlage dafür, die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger einen weiteren Zuschuss zur Versorgung mit Zahnersatz zu bezahlen. Gemäß § 55 Abs.1 Satz 1 SGB V haben Versicherte nach den Vorgaben in den Sätzen 2 bis 7 Anspruch auf befundbezogene Festzuschüsse einer medizinisch notwendigen Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen (zahnärztliche und zahntechnische Leistungen) in den Fällen, in denen eine zahnprothetische Versorgung notwendig ist und die Methode einer Versorgung entspricht, die gemäß § 135 Abs.1 SGB V anerkennt ist. Nach § 55 Abs.1 Satz 2 SGB V umfassen die Festzuschüsse 50 v.H., der nach § 57 Abs.1 Satz 6 und Abs.2 Satz 6 und 7 SGB V festgesetzten Beträge für die jeweilige Regelversorgung.
Nach § 55 Abs.2 Satz 1 SGB V haben Versicherte bei der Versorgung mit Zahnersatz zusätzlich zu den Festzuschüssen nach Abs.1 Satz 2 Anspruch auf einen Betrag in jeweils gleicher Höhe, angepasst an die Höhe der für die Regelversorgungsleistungen tatsächlich anfallenden Kosten, höchstens jedoch in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten, wenn sie ansonsten unzumutbar belastet würden. Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend bestätigt, dass der dem Kläger gewährte Zuschuss unter Berücksichtigung von § 55 Abs.2 Satz 1 SGB V berechnet wurde. Für die vom Kläger zusätzlich beantragten 1.000,00 EUR gibt es keine Anspruchsgrundlage. Insbesondere der § 66 SGB V beinhaltet keine Einstandspflicht der Beklagten für die Beseitigung eventueller Behandlungsfehler. Ein Amtshaftungsanspruch gemäß § 839 BGB i.V.m. mit Art.34 Grundgesetz setzt ein Verschulden der Beklagten voraus. Es liegt weder ein Verschulden vor, noch wäre das Sozialgericht zur Entscheidung darüber zuständig. Auch öffentlich-rechtlicher Schadensersatzanspruch, Folgenbeseitigungsanspruch oder sozial-rechtlicher Herstellungsanspruch sind nicht geeignet, die Forderung des Klägers zu stützen. Schließlich ist die Beklagte in keiner Weise verantwortlich, dass sich das Verwaltungsverfahren längere Zeit hingezogen hat. Ursache dafür ist das Verhalten des Klägers, der mehrere Heil- und Kostenpläne vorgelegt hat, aber trotz deren Genehmigung die Pläne nicht realisiert wurden. Hierfür hat die Beklagte nicht einzustehen. Schließlich ist die Beklagte, worauf sie zutreffend hinweist, nicht verantwortlich für das von Klägerseite behauptete Fehlverhalten (Pfuscharbeit) des Zahnarztes Dr.K ... Schadensersatzansprüche gegen den Zahnarzt hätten ebenfalls vor dem Zivilgericht geltend gemacht werden müssen. Eine Verweisung dorthin wurde nicht beantragt.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 192 SGG und entspricht dem Verfahrensausgang.

Gründe, die Revision gemäß § 160 zuzulassen, sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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