L 20 R 852/07

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 11 R 488/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 R 852/07
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 19.01.2007 wird als unzulässig verworfen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Altersrente, hilfsweise Erstattung der Arbeitgeberanteile aus der gesetzlichen Rentenversicherung streitig.
Der 1934 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in seinem Heimatland. Er war vorübergehend in der Bundesrepublik Deutschland sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Auf den Antrag des Klägers vom 22.02.1980 erstattete die Beklagte mit Bescheid vom 28.02.1981 dem Kläger die von diesem in der Zeit vom 10.04.1973 bis 18.04.1978 zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung entrichteten Arbeitnehmeranteile in Höhe von 10.451,30 DM. Mit weiterem Bescheid vom 16.06.1981 erstattete die Beklagte dem Kläger die in der Zeit vom 24.01.1964 bis 16.03.1970 zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung entrichteten Arbeitnehmeranteile in Höhe von 3.534,30 DM. Beide Bescheide enthalten den Hinweis, dass nur die vom Versicherten getragenen Beitragsanteile erstattungsfähig sind und die Erstattung weiterer Ansprüche aus den bisher zurückgelegten Versicherungszeiten ausschließt. Beide Bescheide wurden bestandskräftig.
Am 13.03.2006 beantragte der Kläger die Gewährung von Altersrente. Mit Bescheid vom 23.03.2006 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil die für eine Rentengewährung erforderliche Wartezeit aufgrund der Beitragserstattung nicht erfüllt sei. Hiergegen erhob der Kläger am 12.04.2006 Widerspruch. Die Beklagte habe nicht das Recht, die Arbeitgeberbeiträge einzubehalten. Die Beiträge der Arbeitgeber seien auf seinen Namen und für seine Altersrente eingezahlt worden und Eigentum des Versicherten, nicht der Versicherung, wenn die Versicherung nicht Rente gewähre. Die Beklagte müsse die Arbeitgeberbeiträge an die türkische Versicherung SSK übertragen, damit dann die SSK den Betroffenen davon eine Rente gewähre. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.07.2006 wies die Beklagte mit im Wesentlichen inhaltsgleicher Begründung wie im zugrunde liegenden Ausgangsbescheid den Widerspruch des Klägers zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 02.08.2006 Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben. Wesentlich neue Argumente hat der Kläger nicht vorgetragen.
Mit Gerichtsbescheid vom 19.01.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Die zulässige Anfechtungs- und Leistungsklage sei nicht begründet. Der Kläger habe weder einen Anspruch auf Gewährung einer Altersrente aus den nicht erstatteten Arbeitgeberanteilen (sog. "Halbrente") noch auf Erstattung der Arbeitgeberanteile. Aufgrund der durchgeführten Beitragserstattung habe er die für die Gewährung einer Altersrente erforderliche Wartezeit nicht erfüllt, weil seine Rentenanwartschaftszeiten mit der 1981 durchgeführten Beitragserstattung erloschen seien. Das hilfsweise geltend gemachte Begehren des Klägers auf Erstattung der Arbeitgeberanteile sei gleichfalls nicht begründet, weil nur ein Anspruch auf Erstattung der Arbeitnehmeranteile bestehe. Die Erstattung von Pflichtbeiträgen sei vom Gesetz ausdrücklich auf die Erstattung der vom Versicherten entrichteten Beitragsanteile begrenzt worden. Auch nach dem zwischenzeitlich zum 01.01.1992 in Kraft getretenen Recht des Sozialgesetzbuch Sechs (SGB VI) sei keine inhaltliche Änderung hinsichtlich der zu erstattenden Anteile eingetreten. Dies gelte auch im Hinblick darauf, dass der Arbeitgeber aufgrund der hälftigen Beitragstragung zugunsten des Versicherten Beiträge auf dessen Versicherungskonto entrichtet habe. Die Beklagte könne auch keine Arbeitgeberanteile an die SSK überweisen, weil hierfür die gesetzliche Grundlage fehle. Der Gerichtsbescheid wurde an den Kläger am 30.01.2007 zugestellt.
Hiergegen richtet sich die beim SG am 15.11.2007 und beim Bayer. Landessozialgericht am 21.11.2007 eingegangene Berufung des Klägers. Auf gerichtliche Nachfrage vom 27.12.2007, ob beim Kläger Wiedereinsetzungsgründe hinsichtlich der Versäumung der Berufungsfrist vorliegen, hat der Kläger gebeten, das Gericht möge seine Akten noch einmal anschauen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
1. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren,
2. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 19.01.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 14.07.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Altersrente aus
den nicht erstatteten Arbeitgeberanteilen zu gewähren,
hilfsweise, die Arbeitgeberanteile zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth
vom 19.01.2007 als unzulässig, hilfsweise unbegründet zu verwerfen.
Ein Anspruch des Klägers auf Regelaltersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung bestehe nicht, da durch die erfolgte Beitragserstattung das bis dahin bestehende Versicherungsverhältnis aufgelöst worden sei. Es ergäben sich somit keine auf die erforderliche allgemeine Wartezeit von 60 Monaten (§§ 35, 50 Abs 1 SGB VI) anrechenbaren Beitragszeiten. Aufgrund der eindeutigen Gesetzeslage sei auch kein Anspruch auf Erstattung der vom Arbeitgeber getragenen Rentenversicherungsbeiträge, Zahlung einer Rente allein aus diesen Beiträgen oder Übertragung der Arbeitgeberbeiträge auf den türkischen Rentenversicherungsträger gegeben. Sofern keine Wiedereinsetzungsgründe vorlägen, sei die Berufung zudem wegen Fristversäumnis unzulässig. Bei Zustellung des Gerichtsbescheids am 30.01.2007 habe die Frist zur Einlegung der Berufung am 31.01.2007 begonnen und - wegen des Auslandswohnsitzes des Klägers - nach Ablauf von 3 Monaten am Montag, den 30.04.2007, geendet (§§ 64, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Das Gericht hat die Akte der Beklagten und des SG beigezogen. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Gerichtsakte verwiesen.



Entscheidungsgründe:


Das SG konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, denn die Sache weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf und der Sachverhalt ist geklärt, § 105 Abs 1 Satz 1 SGG. Die Beteiligten sind auch durch Schreiben des SG vom 14.12.2006 zuvor gehört worden, § 105 Abs 1 Satz 2 SGG.
Die Berufung des Klägers ist gemäß §§ 105 Abs 2 Satz 1, 151 Abs 1 iVm § 153 Abs 1 iVm § 87 Abs 1 Satz 2 SGG nicht fristgerecht eingelegt worden und deshalb als unzulässig zu verwerfen, § 158 SGG.
Nach dem vorliegenden Rückschein wurde der Gerichtsbescheid, der mit einer zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung gemäß § 66 Abs 1 SGG versehen war, dem Kläger am 30.01.2007 zugestellt. Die Frist für die Einlegung der Berufung begann daher am 31.01.2007 zu laufen, § 64 Abs 1 SGG, und endete mit Ablauf des 30.04.2007 (= Montag), § 64 Abs 2 SGG. Die Berufung ist jedoch erst am 15.11.2007 beim Sozialgericht Bayreuth eingegangen und damit verspätet eingelegt worden.
Dem Kläger ist auch nicht Wiedereinsetzung in der vorigen Stand gemäß §§ 153 Abs 1 iVm § 67 SGG zu gewähren.
Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, § 67 Abs 1 SGG.
Mit Schreiben vom 27.12.2007 hat das Gericht beim Kläger wegen eventueller Wiedereinsetzungsgründe nachgefragt. Der Kläger hat zwar mit Schriftsatz vom 24.01.2008 hierauf geantwortet, jedoch keine Wiedereinsetzungsgründe dargelegt. Insbesondere hat der Kläger keine Tatsachen vorgetragen, die zur Annahme berechtigt hätten, dass er ohne Verschulden an der rechtzeitigen Berufungseinlegung verhindert gewesen wäre. Vielmehr hat er die Beklagte lediglich gebeten, die Akten noch einmal durchzuschauen.
Die Berufung war daher gemäß § 158 SGG als unzulässig zu verwerfen.
Im Übrigen wäre die Berufung auch unbegründet. Es besteht kein Anspruch auf Gewährung einer Regelaltersrente gemäß § 35 SGB VI. Der Kläger hat aufgrund der durchgeführten Beitragserstattung die für die Gewährung einer Altersrente erforderliche Wartezeit gemäß §§ 34 Abs 1, 50 Abs 1 Nr 1 SGB VI nicht erfüllt. Mit Bescheiden vom 28.02.1981/ 16.06.1981 wurden dem Kläger nämlich die Arbeitnehmeranteile an der Beitragszahlung erstattet. Nach dem zum Zeitpunkt der Beitragserstattung gültigen Recht der Reichsversicherungsordnung (RVO) schließt die Erstattung weitere Ansprüche aus den bis dahin zurückgelegten Versicherungszeiten aus, § 1303 Abs 7 RVO. Ansprüche aus dem bisher zurückgelegten Versicherungsverhältnis erlöschen. Nach der Beitragserstattung hat der Kläger keine weiteren Beiträge zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung mehr entrichtet. Auch die vom Kläger erstrebte Erstattung der Arbeitgeberanteile scheidet aus, denn Beiträge sind nur in der Höhe zu erstatten, in der die Versicherten sie getragen haben, § 1303 Abs 7 RVO.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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