L 7 B 674/08 AS PKH

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AS 332/08 PKH
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 B 674/08 AS PKH
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 13. Juni 2008 wird zurückgewiesen.



Gründe:

I.
Die Beteiligten streiten wegen der Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren wendet sich die Klägerin und Beschwerdeführerin (Bf.) gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 13.06.2008, mit dem die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Klageverfahren S 13 AS 332/08 und Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten abgelehnt wurden.

In der Sache begehrt die Bf., dass die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Bg.) eine Mietkaution in Höhe von 710 EUR trägt; zum 01.03.2008 hatte die Bf. eine neue Wohnung angemietet. Die Bg. hat dies abgelehnt, weil die Bf. es versäumt habe, vor Abschluss des Mietvertrages eine Zusicherung im Sinn von § 22 Abs. 3 SGB II einzuholen. Die Bf. bringt dagegen vor, dies sei ihr aus tatsächlichen Gründen - der neue Vermieter habe sie zum Vertragsschluss gedrängt - unzumutbar gewesen.

Im Beschluss vom 13.06.2008 hat das Sozialgericht die Ansicht vertreten, es begegne Zweifeln, ob entgegen dem Wortlaut des Gesetzes die Mietkaution auch ohne vorherige Zusicherung übernommen werden könne. Selbst wenn das im Prinzip ausnahmsweise möglich sein sollte, so läge ein solcher Ausnahmefall hier nicht vor. Denn die Bf. habe sich selbst zuzuschreiben, dass sie schließlich in großer Eile eine neue Wohnung habe finden müssen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Zurecht hat das Sozialgericht eine hinreichende Erfolgsaussicht des Rechtsschutzbegehrens verneint.

Wie die Bf. richtig bemerkt, ist insoweit als Maßstab zu berücksichtigen, dass aus verfassungsrechtlichen Gründen das Verfahren in der Hauptsache nicht in nennenswertem Umfang in das PKH-Verfahren verlagert werden darf. Die Klärung schwieriger Rechtsfragen (vgl. BVerfG NJW 2000, S. 1936; BVerfG NJW 2003, S. 1857) sowie Beweiserhebungen haben dort grundsätzlich keinen Platz. Die Gewährung von PKH soll den Rechtsschutz ermöglichen, ihn aber nicht vorwegnehmen.

Trotz dieses großzügigen Maßstabs darf PKH im vorliegenden Fall nicht bewilligt werden. In der Tat fehlt dem Rechtsschutzbegehren der Bf. eine hinreichende Erfolgsaussicht. Der Bescheid der Beklagten vom 06.03.2008 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.03.2008) stellt sich im Rahmen der vorgegebenen summarischen Prüfung als rechtmäßig dar. Dabei gereicht der Bf. nicht zum Vorteil, dass sich der Rechtsfindungsprozess möglicherweise als durchaus mehrschichtig erweist. Entscheidend ist vielmehr, dass das Ergebnis klar und alternativlos erscheint. Denn nur dann, wenn mit einer gewissen Berechtigung im Ergebnis abweichende Ansichten vertretbar erscheinen, wäre es nicht tragbar, die Klärung in ein PKH-Verfahren zu verlagern.

Es bestehen im Ergebnis nach der jetzigen Sach- und Rechtslage keine signifikanten Zweifel, dass die Bf. keinen Anspruch auf Übernahme der Mietkaution hat. Immerhin hat das Bundessozialgericht im Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R (RdNr. 27 des Umdrucks) die Auffassung vertreten, die in § 22 Abs. 3 SGB II vorgesehene Zusicherung sei Anspruchsvoraussetzung. Der Senat sieht indes davon ab, hinreichende Erfolgsaussichten allein aufgrund dieser höchstrichterlichen Judikatur zu verneinen. Denn die Äußerung des Bundessozialgerichts erfolgte lediglich als obiter dictum.

Keinesfalls aber vermag sich der Senat der von der Bf. implizit vertretenen Gegenposition anzuschließen, die Zusicherung solle ausschließlich dem Schutz des Hilfesuchenden dienen, weswegen es unbeachtlich sei, wenn jener darauf verzichte, sie einzuholen. Vielmehr soll mit der Zusicherungspflicht erreicht werden, dass die Behörde im Vorfeld die Wohnungssuche zu preislich angemessenem Wohnraum hin lenken kann. Es liegt auf der Hand, dass das Motiv hierfür nicht ausschließlich in der Fürsorge für den Hilfesuchenden, sondern auch in einer sinnvollen Ausgabenbegrenzung gesucht werden muss.

Konkret bezweckt das Zusicherungserfordernis, dass der Hilfesuchende die Behörde nicht vor vollendete Tatsachen stellt. Von daher erscheint es falsch, dem Fehlen einer Zusicherung - wie es die Bf. praktiziert - keinerlei anspruchshindernde Wirkung beizumessen. Will man sich der vom Bundessozialgericht vertretenen restriktiven Ansicht nicht anschließen, kann man allenfalls - wobei der in § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V sowie in § 15 Abs. 1 Satz 4 1. Alt. SGB IX enthaltene Rechtsgedanke fruchtbar gemacht werden kann - in besonderen Ausnahmefällen das Zusicherungserfordernis "suspendieren".

Diesen Weg hat das Sozialgericht im angefochtenen Beschluss beschritten und ist - soweit die summarische Prüfung es ergibt - zu einem überzeugenden Ergebnis gekommen. Eine Ausnahmekonstellation, bei der die Bf. schutzwürdig erscheinen könnte, liegt nicht vor. Die Bf. stellt dabei zu Unrecht nur auf das punktuelle Ereignis der Unterzeichnung des Mietvertrags am 25.02.2008 ab; darauf kommt es letztlich nicht an. In diesem Zusammenhang bedarf keiner Klärung, ob der Vermieter die Bf. tatsächlich davon abgehalten hat, vorher noch die Zusicherung der Bg. einzuholen. Nur am Rande sei angemerkt, dass die Schilderung, die Bf. habe die Bg. telefonisch nicht erreichen können, wenig einleuchtend erscheint; denn selbst wenn die zuständige Sachbearbeiterin nicht erreichbar gewesen sein sollte, hätte die Bf. nach allgemeiner Erfahrung über die Amtsvermittlung immerhin eine Vertretung sprechen können. Dass gar kein Ansprechpartner zur Verfügung gestanden haben soll, vermag der Senat schwerlich zu glauben.

Jedenfalls müssen in die Abwägung, ob ein Ausnahmefall gegeben ist, alle Gesichtspunkte einbezogen werden, die mit dem Wohnungswechsel in Zusammenhang stehen. Daher darf der zeitliche Kontext seit 28.09.2007, als die Bf. - und nicht, wie ursprünglich behauptet, die Vermieterin - ihr Mietverhältnis zum 31.12.2007 kündigte, nicht außer Acht gelassen werden. Bei dieser Gesamtbetrachtung gewinnt der Senat den Eindruck, dass die Bf. sich nicht mit der gebotenen Nachhaltigkeit rechtzeitig um neuen Wohnraum bemüht hatte. Bereits mit Schreiben ihrer bisherigen Vermieterin vom 18.10.2007 hatte die Bf. erfahren, dass sie nicht in der Wohnung bleiben konnte. Sie hatte sich damals also darauf einzustellen, die Wohnung zum 31.12.2007 räumen zu müssen. Jedoch hat die Bf. wegen des bevorstehenden Wohnungswechsels nicht mit der Bg. Kontakt aufgenommen, obwohl dies nahegelegen hätte. Wenn sie schon nicht um Hilfe bei der Wohnungssuche bitten wollte, so hätte die Bf. wenigstens zeitnah mitteilen müssen, dass das alte Mietverhältnis sein Ende finden würde, damit die Bg. die Zahlungen an die bisherige Vermieterin einstellen würde. Sogar das hat sie, wie sich aus den Akten der Beklagten ergibt, unterlassen.

Welche Bemühungen die Bf. nach der ersten Absage von Seiten der alten Vermieterin unternommen hatte, hat sie weder in der Klage- noch in der Beschwerdeschrift mitgeteilt; in der Klageschrift ist lediglich von "Problemen" bei der Wohnungssuche die Rede. Dass ihr Vortrag insoweit unsubstantiiert ist, wirkt sich im PKH-Verfahren zu ihren Lasten aus. Gewisse Substantiierungsanforderungen dürfen an einen PKH-Antragsteller, zumal wenn er anwaltlich vertreten ist, gestellt werden, ohne dass darin eine unzulässige Vorwegnahme der Sachverhaltsaufklärung liegen würde.

Schon weil keine Ausnahmekonstellation gegeben war, welche die Einholung einer Zusicherung hätte verzichtbar erscheinen lassen, musste die Bg. kein Ermessen ausüben, ob sie die Mietkaution gleichwohl tragen wollte.

Eine Entscheidung zur Tragung der außergerichtlichen Kosten unterbleibt wegen § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss ist nicht weiter anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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