Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 1 SF 100/08
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Es wird festgestellt, dass die Klageverfahren mit den ursprünglichen Aktenzeichen L 1 SF 67/07 bis einschließlich L 1 SF 73/07 durch die Erklärung der seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 16. November 2007 erledigt sind.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert wird für jedes der mit Beschluss vom 1. August 2008 verbundenen Verfahren auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Weiterführung der Rechtsstreitigkeiten vor dem Bayer. Landessozialgericht, die zunächst unter den Aktenzeichen L 1 SF 3/07 und L 1 SF 67/07 bis L 1 SF 73/07 geführt wurden.
Der Kläger, bei dem wenige Tage nach einer Injektion im Jahre 1999 starke Schmerzen am linken Bein aufgetreten waren, erhob am 6. Juli 2007 beim Amtsgericht A-Stadt
(Az.: 191 C 19186/07) gegen die Beklagten Klage und machte jeweils einen Schadens- bzw. Schmerzensgeldanspruch wegen Behandlungsfehler (Beklagte zu 2 und 3), Fehler bei der Begutachtung (Beklagte zu 1, 4, 5 und 6) bzw. Anwaltfehler (Beklagter zu 7) geltend. Das Amtsgericht wies den Kläger mit Schreiben vom 16. Juli 2007 darauf hin, dass für die Klage wegen der damals geltend gemachten Höhe des Streitwerts die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts gegeben sei, und fragt an, ob der Kläger die Abgabe des Rechtsstreits beantrage. Der Kläger bat mit Schreiben vom 24. Juli 2007 um Weiterleitung an das Bayer. Landessozialgericht. Das Amtsgericht leitete die Klage am 30. Juli 2007 an das Bayer. Landessozialgericht weiter (Az.: L 1 SF 3/07), das die Verfahren mit Beschluss vom 5. November 2007 getrennt hat.
Der Berichterstatter hat mit Schreiben vom 16. November 2007 darauf hingewiesen, dass für die geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht gegeben sei; es sei daher beabsichtigt, den Rechtsstreit an das zuständige Landgericht A-Stadt I bzw. K. zu verweisen. Mit Schriftsatz vom 16. November 2007 hat die damalige Prozessbevollmächtigte, Rechtsanwältin G. K., "auftragsgemäß" die Klagen zurückgenommen und im Übrigen das Mandat niedergelegt. In dem Verfahren gegen Dr. I. E. (Az.: L 1 SF 3/07) hat die Prozessbevollmächtigte die Verweisung an das zuständige Landgericht beantragt und ebenfalls das Mandat niedergelegt. Mit Beschluss vom 19. November 2007 hat der Senat diesen Rechtsstreit an das Landgericht A-Stadt I verwiesen.
Am 7. Mai 2008 hat der Kläger persönlich am Bayer. Landessozialgericht vorgesprochen und die Fortsetzung zunächst der Verfahren Az. L 1 SF 69/07 bis L 1 SF 73/07 beantragt. Die Rücknahme der Klagen sei versehentlich aufgrund eines Missverständnisses erfolgt. Der Berichterstatter hat darauf hingewiesen, dass die Verfahren durch die eindeutige Erklärung der Prozessbevollmächtigten beendet worden seien. Im Übrigen sei für die Klagen das Landgericht zuständig. Mit Schriftsatz vom 23. Mai 2008 hat der Kläger an der Anfechtung der Klagerücknahme festgehalten und den Antrag auf Fortsetzung auf die Verfahren L 1 SF 67/07 und L 1 SF 68/07 ausgedehnt. Er möchte von jedem Beklagten 5.000 EUR. Mit Schriftsatz vom 21. Juli 2008 hat er nochmals ausgeführt, dass die Klagen aus Versehen zurückgezogen worden seien, weil die Prozessbevollmächtigte dies falsch verstanden habe.
Soweit sich die Beklagten geäußert haben, haben sie Ausführungen zu der Frage der Berechtigung eines Schadensersatzanspruchs gemacht. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 3) hat beantragt, den Rechtsstreit zuständigkeitshalber an das Amtsgericht A-Stadt zu verweisen.
Der Senat hat die Verfahren mit Beschluss vom 1. August 2008 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Mit Schriftsatz vom 4. September 2008 hat der Kläger Weiteres zu einer Begründung eines Schadensersatzanspruchs gegen die Beklagten zu 1) und zu 7) vorgebracht und eine weitere Klage erhoben, die gesondert erfasst wurde.
Der Kläger beantragt,
den Rechtsstreit fortzusetzen und die Beklagten zu verurteilen, an ihn jeweils
5.000,00 EUR als Schmerzensgeld zu zahlen, hilfsweise den Rechtsstreit an das Amtsgericht zu verweisen.
Der Beklagte zu 7) beantragt,
festzustellen, dass das ihn betreffende Klageverfahren durch die Erklärung der seinerzeitigen Klägerbevollmächtigten vom 16. November 2007 erledigt wurde.
Die übrigen Beklagten beantragen sinngemäß,
festzustellen, dass die sie betreffenden Klageverfahren durch die Erklärung der seinerzeitigen Klägerbevollmächtigten vom 16. November 2007 erledigt wurden, hilfsweise die Klagen an das Amtsgericht zu verweisen, hilfsweise die Klagen als unbegründet abzuweisen.
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Akte des Amtsgerichts A-Stadt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Antrag auf Weiterführung des Rechtsstreits ist zwar in Form eines Feststellungsantrags (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) zulässig, jedoch nicht begründet. Die Klagen wurden durch Klagerücknahmen gemäß klägerischem Schriftsatz vom 16. November 2007 zurückgenommen. Eine Wiederaufnahme der Verfahren scheidet aus, sodass weitergehende Fragen wie die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Sozialgerichten und die Begründetheit der Schadensersatz- bzw. Schmerzensgeldklagen nicht zu prüfen sind.
Da streitig ist, ob die Klagerücknahmen wirksam sind, ist die Verhandlung fortzusetzen und zunächst darüber zu entscheiden, ob die Klagen zurückgenommen wurden. Der Streit über die Wirksamkeit der Klagerücknahme ist vor dem Gericht fortzusetzen, vor dem die umstrittene Prozesshandlung vorgenommen wurde, so dass insoweit unbeachtlich ist, dass das Bayer. Landessozialgericht weder sachlich noch funktionell für die Klagen zuständig ist (s.a. VGH Baden-Württemberg, NJW 1978, 1599). Es handelt sich damit auch nicht um "neue" Klagen, sondern um die Fortsetzung der bisherigen Verfahren.
Die Klagen wurden durch den Schriftsatz vom 16. November 2007 ausdrücklich zurückgenommen. Sie sind damit gemäß § 102 S. 2 SGG in der Hauptsache erledigt. Die Existenz dieses Schreibens wird von dem Kläger nicht bestritten und es befindet sich in den Gerichtsakten. Nach § 102 S. 1 SGG kann die Klage bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zurückgenommen werden. Eine besondere Form ist hierfür nicht erforderlich, so dass eine einfache, schriftliche Erklärung des Klägers gegenüber dem Prozessgericht ausreichend ist (BSG SozR 1500 § 102 SGG Nr. 4 S. 6 m.w.N.). Hier liegt eine eindeutige Erklärung, abgegeben von der damaligen Prozessbevollmächtigten, vor, dass die Klagen auftragsgemäß zurückgenommen werden.
Die Klagerücknahme ist eine Prozesshandlung (BSG SozR 1500 § 102 SGG Nr. 2), die nicht nach den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) angefochten oder widerrufen werden kann (BSGE 14, 138). Sie kann nur ausnahmsweise widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens erfüllt sind (BSG, a.a.O.; BGHZ 33, 73, 75). Dies ist bedingt durch eine schützenswerte Rechtssicherheit, die durch eine prozessual abgegebene Erklärung bewirkt wird. Da die Klageverfahren nicht durch eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung abgeschlossen wurden, kommt allenfalls eine analoge Anwendung der Vorschriften der §§ 179, 180 SGG, 578 ff Zivilprozessordnung (ZPO) in Betracht. Gründe für eine Wiederaufnahme der Verfahren entsprechend §§ 179, 180 SGG und §§ 578 ff ZPO mit der Folge der Beseitigung der Rücknahmeerklärung sind jedoch nicht gegeben. Die Anfechtungsgründe sind in den genannten Vorschriften abschließend aufgeführt. Es handelt sich im Wesentlichen um schwerste Verfahrensmängel bzw. um eine Entscheidung, die auf einer unrichtigen, insbesondere einer verfälschten Grundlage beruht, wie z.B. auf einer Urkundenfälschung oder einer strafbaren Urteilserschleichung. Der Kläger beruft sich lediglich darauf, dass es aufgrund eines Missverständnisses zwischen ihm und der Prozessbevollmächtigten zu der Rücknahmeerklärung gekommen ist. Hierbei handelt es sich nicht um einen schwerwiegenden Mangel, sondern allenfalls um einen einfachen Erklärungsirrtum bzw. um einen unbeachtlichen Motivirrtum, der nicht zum Widerruf der prozessual abgegebenen Erklärung berechtigt. Es liegt auch nicht der Wiederaufnahmegrund der nicht ordnungsgemäßen Vertretung (entsprechend § 179 Abs. 1 SGG i.V.m. § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) vor, da die Prozessbevollmächtigte mit Vollmacht vom 9. August 2007 ordnungsgemäß ermächtigt war und das Mandat erst unmittelbar nach Abgabe der Klagerücknahmen niederlegte. Auch liegen keine Gründe vor, die gemäß dem Grundsatz von Treu und Glauben entsprechend § 242 BGB zu einer Fortsetzung der Klageverfahren führen könnten, insbesondere ist kein Pflichtenverstoß des Senats erkennbar. Vor allem war der gerichtliche Hinweis vom
16. November 2007, dass für die geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht gegeben ist, zutreffend. Im Übrigen ging die Rücknahmeerklärung noch per Fax am selben Tag ein, so dass das gerichtliche Schreiben auch nicht ursächlich für die Entscheidung, die Klagen zurückzunehmen, sein konnte.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Klagerücknahme bereits am 16. November 2007 erfolgte, die Anfechtung erst am 7. Mai 2008. Die Notfrist von einem Monat nach
§ 586 ZPO seit Kenntnis des Anfechtungsgrundes ist damit ebenfalls nicht gewahrt.
Die Klage ist auch im Hilfsantrag des Klägers nicht begründet. Eine Verweisung an das Amtsgericht ist in einem wie hier vorliegenden Fall, in dem die Klagen zurückgenommen wurden, nicht mehr möglich. Dem Kläger verbleibt allenfalls die Möglichkeit, vor dem Amtsgericht eine neue Klage zu erheben.
Es war daher festzustellen, dass die ursprünglichen Klagen durch die Erklärung der seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten vom 16. November 2007 erledigt wurden. Die Hilfsanträge der Beklagten zu 1) bis 6) waren daher nicht mehr zu prüfen.
Die Kostenfolge beruht auf § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und berücksichtigt, dass die Klagen nicht erfolgreich sind. Die Verfahren betreffen keine Ansprüche des Klägers als Versicherter, Leistungsempfänger, Behinderter oder deren Sonderrechtsnachfolger im Sinne des § 183 SGG. Auch die Beklagten gehören nicht zu diesem Personenkreis.
Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus §§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 3 Abs. 1, 52 GKG. Der Kläger bezifferte die Schadensersatzforderungen auf 5.000 EUR gegen jeden der Beklagten. Da der Antrag somit eine bezifferte Geldleistung betrifft, ist gemäß § 52 Abs. 3 GKG deren Höhe maßgebend.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert wird für jedes der mit Beschluss vom 1. August 2008 verbundenen Verfahren auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Weiterführung der Rechtsstreitigkeiten vor dem Bayer. Landessozialgericht, die zunächst unter den Aktenzeichen L 1 SF 3/07 und L 1 SF 67/07 bis L 1 SF 73/07 geführt wurden.
Der Kläger, bei dem wenige Tage nach einer Injektion im Jahre 1999 starke Schmerzen am linken Bein aufgetreten waren, erhob am 6. Juli 2007 beim Amtsgericht A-Stadt
(Az.: 191 C 19186/07) gegen die Beklagten Klage und machte jeweils einen Schadens- bzw. Schmerzensgeldanspruch wegen Behandlungsfehler (Beklagte zu 2 und 3), Fehler bei der Begutachtung (Beklagte zu 1, 4, 5 und 6) bzw. Anwaltfehler (Beklagter zu 7) geltend. Das Amtsgericht wies den Kläger mit Schreiben vom 16. Juli 2007 darauf hin, dass für die Klage wegen der damals geltend gemachten Höhe des Streitwerts die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts gegeben sei, und fragt an, ob der Kläger die Abgabe des Rechtsstreits beantrage. Der Kläger bat mit Schreiben vom 24. Juli 2007 um Weiterleitung an das Bayer. Landessozialgericht. Das Amtsgericht leitete die Klage am 30. Juli 2007 an das Bayer. Landessozialgericht weiter (Az.: L 1 SF 3/07), das die Verfahren mit Beschluss vom 5. November 2007 getrennt hat.
Der Berichterstatter hat mit Schreiben vom 16. November 2007 darauf hingewiesen, dass für die geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht gegeben sei; es sei daher beabsichtigt, den Rechtsstreit an das zuständige Landgericht A-Stadt I bzw. K. zu verweisen. Mit Schriftsatz vom 16. November 2007 hat die damalige Prozessbevollmächtigte, Rechtsanwältin G. K., "auftragsgemäß" die Klagen zurückgenommen und im Übrigen das Mandat niedergelegt. In dem Verfahren gegen Dr. I. E. (Az.: L 1 SF 3/07) hat die Prozessbevollmächtigte die Verweisung an das zuständige Landgericht beantragt und ebenfalls das Mandat niedergelegt. Mit Beschluss vom 19. November 2007 hat der Senat diesen Rechtsstreit an das Landgericht A-Stadt I verwiesen.
Am 7. Mai 2008 hat der Kläger persönlich am Bayer. Landessozialgericht vorgesprochen und die Fortsetzung zunächst der Verfahren Az. L 1 SF 69/07 bis L 1 SF 73/07 beantragt. Die Rücknahme der Klagen sei versehentlich aufgrund eines Missverständnisses erfolgt. Der Berichterstatter hat darauf hingewiesen, dass die Verfahren durch die eindeutige Erklärung der Prozessbevollmächtigten beendet worden seien. Im Übrigen sei für die Klagen das Landgericht zuständig. Mit Schriftsatz vom 23. Mai 2008 hat der Kläger an der Anfechtung der Klagerücknahme festgehalten und den Antrag auf Fortsetzung auf die Verfahren L 1 SF 67/07 und L 1 SF 68/07 ausgedehnt. Er möchte von jedem Beklagten 5.000 EUR. Mit Schriftsatz vom 21. Juli 2008 hat er nochmals ausgeführt, dass die Klagen aus Versehen zurückgezogen worden seien, weil die Prozessbevollmächtigte dies falsch verstanden habe.
Soweit sich die Beklagten geäußert haben, haben sie Ausführungen zu der Frage der Berechtigung eines Schadensersatzanspruchs gemacht. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 3) hat beantragt, den Rechtsstreit zuständigkeitshalber an das Amtsgericht A-Stadt zu verweisen.
Der Senat hat die Verfahren mit Beschluss vom 1. August 2008 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Mit Schriftsatz vom 4. September 2008 hat der Kläger Weiteres zu einer Begründung eines Schadensersatzanspruchs gegen die Beklagten zu 1) und zu 7) vorgebracht und eine weitere Klage erhoben, die gesondert erfasst wurde.
Der Kläger beantragt,
den Rechtsstreit fortzusetzen und die Beklagten zu verurteilen, an ihn jeweils
5.000,00 EUR als Schmerzensgeld zu zahlen, hilfsweise den Rechtsstreit an das Amtsgericht zu verweisen.
Der Beklagte zu 7) beantragt,
festzustellen, dass das ihn betreffende Klageverfahren durch die Erklärung der seinerzeitigen Klägerbevollmächtigten vom 16. November 2007 erledigt wurde.
Die übrigen Beklagten beantragen sinngemäß,
festzustellen, dass die sie betreffenden Klageverfahren durch die Erklärung der seinerzeitigen Klägerbevollmächtigten vom 16. November 2007 erledigt wurden, hilfsweise die Klagen an das Amtsgericht zu verweisen, hilfsweise die Klagen als unbegründet abzuweisen.
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Akte des Amtsgerichts A-Stadt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Antrag auf Weiterführung des Rechtsstreits ist zwar in Form eines Feststellungsantrags (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) zulässig, jedoch nicht begründet. Die Klagen wurden durch Klagerücknahmen gemäß klägerischem Schriftsatz vom 16. November 2007 zurückgenommen. Eine Wiederaufnahme der Verfahren scheidet aus, sodass weitergehende Fragen wie die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Sozialgerichten und die Begründetheit der Schadensersatz- bzw. Schmerzensgeldklagen nicht zu prüfen sind.
Da streitig ist, ob die Klagerücknahmen wirksam sind, ist die Verhandlung fortzusetzen und zunächst darüber zu entscheiden, ob die Klagen zurückgenommen wurden. Der Streit über die Wirksamkeit der Klagerücknahme ist vor dem Gericht fortzusetzen, vor dem die umstrittene Prozesshandlung vorgenommen wurde, so dass insoweit unbeachtlich ist, dass das Bayer. Landessozialgericht weder sachlich noch funktionell für die Klagen zuständig ist (s.a. VGH Baden-Württemberg, NJW 1978, 1599). Es handelt sich damit auch nicht um "neue" Klagen, sondern um die Fortsetzung der bisherigen Verfahren.
Die Klagen wurden durch den Schriftsatz vom 16. November 2007 ausdrücklich zurückgenommen. Sie sind damit gemäß § 102 S. 2 SGG in der Hauptsache erledigt. Die Existenz dieses Schreibens wird von dem Kläger nicht bestritten und es befindet sich in den Gerichtsakten. Nach § 102 S. 1 SGG kann die Klage bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zurückgenommen werden. Eine besondere Form ist hierfür nicht erforderlich, so dass eine einfache, schriftliche Erklärung des Klägers gegenüber dem Prozessgericht ausreichend ist (BSG SozR 1500 § 102 SGG Nr. 4 S. 6 m.w.N.). Hier liegt eine eindeutige Erklärung, abgegeben von der damaligen Prozessbevollmächtigten, vor, dass die Klagen auftragsgemäß zurückgenommen werden.
Die Klagerücknahme ist eine Prozesshandlung (BSG SozR 1500 § 102 SGG Nr. 2), die nicht nach den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) angefochten oder widerrufen werden kann (BSGE 14, 138). Sie kann nur ausnahmsweise widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens erfüllt sind (BSG, a.a.O.; BGHZ 33, 73, 75). Dies ist bedingt durch eine schützenswerte Rechtssicherheit, die durch eine prozessual abgegebene Erklärung bewirkt wird. Da die Klageverfahren nicht durch eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung abgeschlossen wurden, kommt allenfalls eine analoge Anwendung der Vorschriften der §§ 179, 180 SGG, 578 ff Zivilprozessordnung (ZPO) in Betracht. Gründe für eine Wiederaufnahme der Verfahren entsprechend §§ 179, 180 SGG und §§ 578 ff ZPO mit der Folge der Beseitigung der Rücknahmeerklärung sind jedoch nicht gegeben. Die Anfechtungsgründe sind in den genannten Vorschriften abschließend aufgeführt. Es handelt sich im Wesentlichen um schwerste Verfahrensmängel bzw. um eine Entscheidung, die auf einer unrichtigen, insbesondere einer verfälschten Grundlage beruht, wie z.B. auf einer Urkundenfälschung oder einer strafbaren Urteilserschleichung. Der Kläger beruft sich lediglich darauf, dass es aufgrund eines Missverständnisses zwischen ihm und der Prozessbevollmächtigten zu der Rücknahmeerklärung gekommen ist. Hierbei handelt es sich nicht um einen schwerwiegenden Mangel, sondern allenfalls um einen einfachen Erklärungsirrtum bzw. um einen unbeachtlichen Motivirrtum, der nicht zum Widerruf der prozessual abgegebenen Erklärung berechtigt. Es liegt auch nicht der Wiederaufnahmegrund der nicht ordnungsgemäßen Vertretung (entsprechend § 179 Abs. 1 SGG i.V.m. § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) vor, da die Prozessbevollmächtigte mit Vollmacht vom 9. August 2007 ordnungsgemäß ermächtigt war und das Mandat erst unmittelbar nach Abgabe der Klagerücknahmen niederlegte. Auch liegen keine Gründe vor, die gemäß dem Grundsatz von Treu und Glauben entsprechend § 242 BGB zu einer Fortsetzung der Klageverfahren führen könnten, insbesondere ist kein Pflichtenverstoß des Senats erkennbar. Vor allem war der gerichtliche Hinweis vom
16. November 2007, dass für die geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht gegeben ist, zutreffend. Im Übrigen ging die Rücknahmeerklärung noch per Fax am selben Tag ein, so dass das gerichtliche Schreiben auch nicht ursächlich für die Entscheidung, die Klagen zurückzunehmen, sein konnte.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Klagerücknahme bereits am 16. November 2007 erfolgte, die Anfechtung erst am 7. Mai 2008. Die Notfrist von einem Monat nach
§ 586 ZPO seit Kenntnis des Anfechtungsgrundes ist damit ebenfalls nicht gewahrt.
Die Klage ist auch im Hilfsantrag des Klägers nicht begründet. Eine Verweisung an das Amtsgericht ist in einem wie hier vorliegenden Fall, in dem die Klagen zurückgenommen wurden, nicht mehr möglich. Dem Kläger verbleibt allenfalls die Möglichkeit, vor dem Amtsgericht eine neue Klage zu erheben.
Es war daher festzustellen, dass die ursprünglichen Klagen durch die Erklärung der seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten vom 16. November 2007 erledigt wurden. Die Hilfsanträge der Beklagten zu 1) bis 6) waren daher nicht mehr zu prüfen.
Die Kostenfolge beruht auf § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und berücksichtigt, dass die Klagen nicht erfolgreich sind. Die Verfahren betreffen keine Ansprüche des Klägers als Versicherter, Leistungsempfänger, Behinderter oder deren Sonderrechtsnachfolger im Sinne des § 183 SGG. Auch die Beklagten gehören nicht zu diesem Personenkreis.
Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus §§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 3 Abs. 1, 52 GKG. Der Kläger bezifferte die Schadensersatzforderungen auf 5.000 EUR gegen jeden der Beklagten. Da der Antrag somit eine bezifferte Geldleistung betrifft, ist gemäß § 52 Abs. 3 GKG deren Höhe maßgebend.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
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