L 13 B 641/08 KN

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 6 R 4359/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 B 641/08 KN
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Sozialgerichts
Bayreuth vom 03. Mai 2007 abgeändert und der Wert des Streitgegenstandes
auf 750,24 EUR festgesetzt.

II. Der Beschluss ergeht gebührenfrei.

III. Kosten sind nicht zu erstatten.



Gründe:

I.

Streitig war die Versicherungspflicht der bei der Klägerin und Beschwerdegegnerin Beschäftigten V. D ... Mit Bescheid vom 29. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. November 2006 stellte die Beklagte und Beschwerdeführerin Versicherungspflicht fest. Es läge keine geringfügige Beschäftigung vor, weil das Arbeitsentgelt aus mehreren Beschäftigungen den Betrag von 400,00 EUR übersteige und die Klägerin dies gewusst oder aus grober Fahrlässigkeit nicht gewusst habe.

Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Bayreuth schlossen die Beteiligten einen Vergleich, der am 25. April 2007 angenommen wurde und zur Erledigung des Rechtsstreits führte. Das Sozialgericht setzte mit Beschluss vom 3. Mai 2007 den Streitwert gemäß § 197 a Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) auf 5.000,00 EUR fest. Bei Anfechtungsklagen sei auf das Interesse am Wegfall des angefochtenen Verwaltungsaktes abzustellen. Dieses sei bei der Anfechtung einer Feststellung einer mehr als geringfügig entlohnten Beschäftigten nicht mit einer möglichen späteren Beitragsbelastung der Beschwerdegegnerin gleichzusetzen. Zum einen sei die spätere Festsetzung der Beiträge durch die zuständige Einzugsstelle lediglich mittelbare Folge des angefochtenen Verwaltungsaktes und die Beitragshöhe weder für die Vergangenheit noch für die Zukunft bestimmbar, zum anderen könnten aus den mit der Feststellung der Versicherungspflicht einhergehenden Sozialversicherungsansprüchen mittelbare Vorteile für die Beschwerdegegnerin resultieren. Der pauschale Streitwert von 5.000,00 EUR werde auch der aus einer Feststellung einer mehr als geringfügig entlohnten Beschäftigung für die Zeit ab 1. Januar 2006 resultierenden wirtschaftlichen Bedeutung hinreichend gerecht. Der Beschluss wurde der Beschwerdeführerin am 8. Mai 2007 zugestellt.

Am 26. Juni 2007 ist am Sozialgericht die Beschwerde eingegangen. Aufgrund falsch verarbeiteter Meldungen zur Minijob-Zentrale sei von einem Arbeitsentgelt in Höhe von 723,14 EUR ausgegangen worden. Davor errechne sich ein Gesamtsozialversicherungsbeitrag im Rahmen der Gleitzone in Höhe von 288,58 EUR. Auf die Beschwerdegegnerin würden davon 49,20 EUR entfallen. Abzüglich des bereits entrichteten Pauschalbeitrags zur Minijob-Zentrale (23 % von 123,30 EUR) ergebe sich ein monatlicher Mehraufwand in Höhe von 20,84 EUR. Der Streitwert betrage deshalb lediglich 750,24 EUR. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen, da sie verfristet sei, und sie dem Bayer. Landessozialgericht zugeleitet (Az. zunächst: L 5 B 671/07 KR).

Die Beschwerdegegnerin hat demgegenüber die Ansicht vertreten, für eine Streitwertfestsetzung unter den festgesetzten 5.000,00 EUR gebe es keinen Anlass. Es dürfe nicht übersehen werden, dass es für den betroffenen Arbeitgeber zusätzlich noch einen erheblichen Verwaltungsmehraufwand darstelle, eine Kraft über 400,00 EUR zu beschäftigen, so dass nicht auf das reine Beitragsaufkommen abgestellt werden könne. Abgesehen davon werde bestritten, dass der monatliche Mehraufwand lediglich 20,83 EUR ausmachen würde. Er hat auf zwei Entscheidungen des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (Az.: L 11 KR 3659/03 vom 13. November 2003 und L 11 R 2324/05 vom 2. Januar 2006) verwiesen, die ebenfalls von dem Auffangstreitwert ausgegangen seien bzw. ausführten, dass es bei der Bemessung des Streitwertes auf die längerfristige Auswirkung der Entscheidung ankomme und nicht lediglich auf die ggf. schon angefallenen Sozialversicherungsbeiträge.

Die Beschwerdeführerin hat darauf hingewiesen, dass das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit der Entscheidung vom 2. Januar 2006 ausdrücklich auf die Höhe der Beitragsbelastung als Streitwert abgestellt habe und seine frühere Rechtsprechung zur Anwendung des pauschalierten Streitwerts aufgegeben habe. Sie hat nochmals ihre Berechnung des Streitwerts von 750,24 EUR dargelegt.

Der Senat hat mit Schreiben vom 1. August 2008 auf den Vorrang einer konkreten Berechnung, wie er auch in Ziff. VI Nr. 1.2 des Streitwertkatalogs für die Sozialgerichtsbarkeit zum Ausdruck komme, hingewiesen. Die Beschwerdegegnerin hat weiterhin bestritten, dass bei einem Arbeitsentgelt von 723,14 EUR nur 49,20 EUR Sozialversicherungsbeiträge anfallen würden und somit ein monatlicher Mehraufwand von 20,84 EUR bestünde. Es sei von einem deutlich höheren Mehraufwand auszugehen.

II.

Die Streitwertbeschwerde ist zulässig (§ 197 a SGG, § 68 Abs. 1 S. 1 GKG), da der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt. Die Beschwerde ist auch fristgerecht am 1. August 2007 eingelegt. Sie ist innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat (§§ 68 Abs. 1 S. 3, 63 Abs. 3 S. 2 GKG); dies war vorliegend am 25. April 2007.

Das Verfahren ist gemäß § 197 a SGG grundsätzlich kostenpflichtig. Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus §§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 3 Abs. 1, 52 GKG. In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist der Streitwert grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen, § 52 Abs. 1 GKG. Bietet der bisherige Sach- und Streitstand keine genügende Anhaltspunkte für die Bestimmung des Streitwerts, ist gemäß § 52 Abs. 2 GKG ein Streitwert von 5.000 Euro anzunehmen. Betrifft der Antrag eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend, § 52 Abs. 3 GKG.

Im Rahmen eines Antrags auf Feststellung der Versicherungspflicht ergeben sich ausreichende Anhaltspunkte, um den Streitwert bzw. einen bezifferbaren Geldbetrag festzustellen, so dass der subsidiär anzuwendenden pauschale Streitwert von 5.000,00 EUR nach § 52 Abs. 2 GKG nicht zur Anwendung gelangt. Zutreffend weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass auf die Differenz einer erhöhten Beitragspflicht und der Pauschalbeträge ab 1. Januar 2006 abzustellen ist (so auch z.B. Bayer. Landessozialgericht, Urteil vom 22. Oktober 2008, Az.: L 13 KN 16/08).

Es wurde von einem Arbeitsentgelt in Höhe von 723,14 EUR ausgegangen. Hieraus errechnet sich ein Gesamtsozialversicherungsbeitrag in Höhe von 288,58 EUR. Auf die Beschwerdegegnerin entfielen davon 49,20 EUR monatlich (590,40 EUR jährlich). Der bereits entrichtete Pauschalbeitrag zur Minijob-Zentrale betrug 28,36 EUR (23 v.H. - bis 30. Juni 2006 12 v.H. für Renten- und 11 v.H. für Krankenversicherung - des tatsächlichen Pauschalbeitrags von 123,30 EUR, ohne Berücksichtigung des einheitlichen Pausch-steuersatzes von 2 %), somit 38,36 EUR. Hieraus errechnet sich ein monatlicher Differenzbetrag von 20,84 EUR, auf ein Jahr gerechnet 250,08 EUR. Dabei ist bei der wirtschaftlichen Bewertung des Rechtsstreits nicht auf ein Jahr abzustellen, sondern auf einen darüber hinausgehenden Zeitraum. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beschwerdegegnerin hierbei auf drei Jahre abstellt, so dass sich ein Streitwert von 750,24 EUR ergibt. Damit ist nach Ansicht des Senats der Zukunftsgerichtetheit des Verfahrens ausreichend Rechnung getragen, so dass die Festsetzung des pauschalen Streitwerts von 5.000,00 EUR nicht gerechtfertigt ist.

Weitere Mehraufwendungen wie ein von der Beschwerdegegnerin vorgebrachter erhöhter Verwaltungsmehraufwand für eine geringfügige Beschäftigte sind nicht zu berücksichtigen, da dieser unabhängig von der Feststellung der Versicherungspflicht anfällt.

Eine weitere Herabsetzung des Streitwerts, die sich bei Berücksichtigung der Erhöhung der Pauschbeträge zum 1. Juli 2006 durch das Haushaltsbegleitgesetz vom 29. Juni 2006 (BGBl. I S. 1402) von 23 % auf 28 % ergeben würde, kann im Rahmen der gerichtlichen Ermessensentscheidung dahin gestellt bleiben, da dies zum einen von der Beschwerdeführerin nicht beantragt wurde und zum anderen der weitere Absenkungsbetrag im Hinblick auf den vom Sozialgericht angenommenen pauschalen Streitwert gering ausfällt.

Gemäß § 52 Abs. 1 GKG war der Streitwert somit auf 750,24 EUR festzusetzen.

Die Gebührenfreiheit und die Kostenentscheidung folgen aus § 68 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs.1 Satz 5, 66 Abs.3 Satz 3 und Abs.4 GKG).
Rechtskraft
Aus
Saved