L 14 R 411/08

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 14 R 1068/07 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 411/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 58/09 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 23.04.2008 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte dem Kläger Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren hat.

Der Kläger ist 1954 geboren und hat seinen Wohnsitz in der Republik Kroatien. Vom 10.12.1971 bis zum 06.08.1977 und vom 01.10.1992 bis zum 31.12.1996 ging er in Deutschland einer versicherungspflichtigen Beschäftigung (nach seinem eigenen Angaben als Bauarbeiter) nach. Über Versicherungszeiten in Kroatien verfügt der Kläger nach Auskunft des dortigen Versicherungsträgers vom 28.09.2004 und 14.03.2005 nicht.

Am 22.09.2004 beantragte er über den kroatischen Versicherungsträger, ihm Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 07.10.2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Ausgehend vom Datum der Antragstellung lägen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht vor. Der Kläger verfüge nicht über drei Jahre mit Pflichtbeitragszeiten in den letzten fünf Jahren vor Antragstellung.

Mit Schreiben seines Dolmetschers vom 28.11.2005 erneuerte der Kläger seinen Antrag auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Er sei schwer erkrankt und aggressiv. Nach der letzten Beschäftigung sei er psychisch krank gewesen.

Mit Bescheid vom 10.01.2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Der Kläger verfüge nicht über drei Jahre Pflichtbeiträge in den letzten fünf Jahren.

Mit Schreiben vom 18.01.2006 legte der Kläger Widerspruch ein. Er sei nach Arbeitsunterbrechung im Jahr 1996 ständig im Krankenhaus gewesen und immer in ärztlicher Behandlung gestanden. Diese (psychiatrische) Behandlung dauere noch immer an. Er sei bereit, sich einer Untersuchung in Deutschland zu unterziehen.

Mit weiterem Bescheid vom 18.12.2006 stellte die Beklagte fest, dass zwar für die Zeit vom 05.12.2005 bis 31.12.2007 von einer Erwerbsminderung auszugehen sei, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für diesen Zeitraum aber nicht erfüllt seien, so dass Rente wegen Erwerbsminderung nicht zu gewähren sei.

Dazu teilte der Kläger mit Schreiben vom 29.12. 2006 mit, dass er nach Unterbrechung der Beschäftigung in Deutschland wegen der psychischen Beschwerden immer unter ärztlicher Behandlung gestanden habe. Erstmals sei er in S. drei Wochen bis zum 21.12.2000 und dann bis zum 08.07.2004 ohne Unterbrechung bei Dr. D. in S. in Behandlung gewesen.

Im Rahmen der weiteren Sachaufklärung zog die Beklagte ärztliche Unterlagen über (im Wesentlichen stationäre) Behandlungen und Untersuchungen des Klägers in Kroatien bei. Daraus ergibt sich Folgendes:
- Vom 25.10.1988 bis zum 06.01.1989 war der Kläger stationär in Z. wegen Alkoholismus und Polyneuropathie behandelt worden. Die Entlassung war als arbeitsfähig erfolgt (Entlassbericht vom 06.01.1989).
- Vom 21.12.2000 bis zum 08.07.2004 war der Kläger stationär in der Abteilung für die Behandlung von Suchtkrankheiten im psychiatrischen Krankenhaus U. behandelt worden. Dort hatte er angegeben, dass er vier Monate vor der stationären Behandlung begonnen habe, größere Mengen an alkoholischen Getränken zu konsumieren. Es waren auch paranoide Persönlichkeitszüge mit leichter Depressivität diagnostiziert worden. Der Kläger war als nicht mehr erwerbsfähig beschrieben worden. Die Entlassung war in gebessertem Zustand erfolgt.
- Bei einer gutachtlichen Untersuchung in Z. am 22.05.2006 war der Kläger als Person beschrieben worden, die wegen eines Hirnsyndroms nach Trauma von Kopf und Gehirn (nach Angaben des Klägers sei er im Jahre 1984 bei der Arbeit schwer verunglückt, eine schwere Eisenstange habe ihn getroffen; er sei am Kopf operiert worden) sozial geschädigt sei, mit möglichen psychotischen Zuständen, potenziert durch chronischen Alkoholismus. Der Kläger sei auf längere Zeit arbeitsunfähig.
- In einem psychiatrischen Gutachten vom 12.09.2006 war das Bild eines chronischen Hirn-Syndroms nach einer kraniozerebralen Verletzung etwa im Jahr 1976 mit nachfolgender symptomatischer Epilepsie, ein Alkoholismus sowie zeitweilige psychotische Episoden beschrieben worden. Tiefere intrakraniale Komplikationen seien bei einer neuroradiologischen Untersuchung nicht gefunden worden. Es sei von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit auf unter drei Stunden auszugehen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11.06.2007 wurde der Widerspruch gegen den Bescheid vom 10.01.2006 in Gestalt des Bescheides vom 18.12.2006 zurückgewiesen. In Auswertung der ärztlichen Unterlagen sei festgestellt worden, dass der Kläger seit 05.12.2005 befristet bis voraussichtlich 31.12.2007 voll erwerbsgemindert sei. Anhaltspunkte dafür, dass die Erwerbsminderung bereits zu einem früheren Zeitpunkt eingetreten sei, hätten sich aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht ergeben Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung seien aber für diesen Zeitraum nicht gegeben.

Am 03.09.2007 hat der Kläger Klage erhoben (Schreiben vom 19.08.2007). Er sei lange Jahre schwer erkrankt in stationärer Behandlung gewesen. Er sei immer noch in Therapie und es bestehe keine Möglichkeit, seinen Gesundheitszustand zu bessern.

Zur Behauptung des Klägers, er sei seit 1996 arbeitsunfähig gewesen, hat die Beklagte mit Schreiben vom 17.09.2007 darauf hingewiesen, dass nach Art. 26 des deutsch-kroatischen Sozialversicherungsabkommens eine Berücksichtigung als Anwartschaftserhaltungszeit gemäß § 241 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) nur in Betracht komme, wenn es sich hierbei um Zeiten des Bezugs von kroatischen Leistungen wegen Krankheit handele, die nicht bereits Pflichtbeitragszeiten nach kroatischem Recht seien. Ein solcher Leistungsbezug sei nach dem Akteninhalt nicht feststellbar.

Zur weiteren Sachaufklärung hat das Gericht den Kläger gebeten, mitzuteilen, ob er seit 1996 kroatische Leistungen wegen Krankheit bezogen habe, und sämtliche medizinische Unterlagen aus dieser Zeit vorzulegen.

Dazu hat der Kläger über seinen Dolmetscher darauf hingewiesen, dass dem Gericht und der Beklagten bereits alle Unterlagen vorgelegt worden seien. Der Kläger stehe jeden Monat in ärztlicher Behandlung. Zudem sind mehrere Unterlagen über psychiatrische Behandlungen im Jahre 2007 übersandt worden.

Nach Auswertung sämtlicher medizinischer Unterlagen hat die Beklagte mit Schreiben vom 10.12.2007 mitgeteilt, das von einem Eintritt der teilweisen Erwerbsminderung zum 21.12.2000 auszugehen sei. Aber auch zu diesem Zeitpunkt seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt. Der Leistungsfall der Erwerbsminderung hätte spätestens im Dezember 1998 eintreten müssen. Nach Einschätzung des sozialärztlichen Dienstes der Beklagten stehe im Vordergrund eine Alkoholkrankheit und ein psychoorganisches Syndrom. Im Rahmen der Alkoholkrankheit habe der Kläger psychotische Symptome und auch eine Epilepsie entwickelt. Eine frühere, nach Angaben des Klägers Jahr 1984 im Bundesgebiet erfolgte Verletzung sei mit Sicherheit nicht schwerwiegend gewesen; eine Computertomographie und ein EEG hätten keine Anhaltspunkte für eine schwerwiegende Verletzung ergeben, auch keine Anhaltspunkte für eine frühere Kopfverletzung. Medizinische Unterlagen seien dazu nicht mehr vorhanden.

Mit Schreiben vom 21.04.2008 hat der Kläger über seinen Dolmetscher mitgeteilt, er werde schon vier Jahre ohne Unterbrechung wegen vieler Beschwerden behandelt. Es handele sich um eine akute psychische Krankheit, er stehe ständig in ärztlicher Behandlung. Der Gesundheitszustand sei jetzt noch schlimmer. Es sollte ihm daher eine Rente gewährt werden.

Mit Gerichtsbescheid vom 23.04.2008 hat das Sozialgericht Landshut die Klage abgewiesen. Der Kläger sei seit dem 21.12.2000 jedenfalls auf Zeit erwerbsgemindert. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen lägen aber zu diesem Zeitpunkt nicht mehr vor.

Mit Schreiben vom 15.05.2008 hat der Kläger Berufung eingelegt. Die Ablehnung sei ihm nicht verständlich, da er die ganze Zeit einige Jahre vor und nach der Rentenantragstellung in Krankenhäusern gewesen sei. Es handele sich nicht ausschließlich um den Alkoholkonsum, sondern um andere körperliche und psychische Probleme. Außerdem sei er mit 54 Jahren ledig, ohne Unterstützung und ohne irgendwelche Sozialhilfe. Er sei zu keiner Tätigkeit mehr fähig und müsse daher eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bekommen.

Auf die Aufforderung des Gerichts an den Kläger, die ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen über medizinische Behandlungen vor dem Jahr 2000 vorzulegen, ist lediglich mitgeteilt worden, dass er nach der Beschäftigung in Deutschland im Jahr 1996 schwer erkrankt sei; es sind Arztberichte aus Jahre 2008 übersandt worden.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 01.08.2008 ist dem Kläger nochmals ausführlich erläutert worden, dass eine zeitliche Leistungseinschränkung auf unter sechs Stunden pro Arbeitstag spätestens im Dezember 1998 nachgewiesen sein müsste, um ihm eine Rente wegen Erwerbsminderung zusprechen zu können. Später eintretende Leistungseinschränkungen seien ohne Bedeutung. Zudem ist der Kläger nochmals aufgefordert worden, medizinische Unterlagen für den Zeitraum ab 1996 vorzulegen.

Dazu hat der Kläger mit Schreiben seines Dolmetschers vom 25.07.2008 darauf hingewiesen, dass er schwer erkrankt sei. Er bitte um eine Untersuchung in Deutschland. Zudem hat er ein ärztliches Zeugnis des Dr. A. vom 22.08.2008 vorgelegt. Darin wird ausgeführt, dass der Kläger an einer Psychose erkrankt sei. In den Jahren 1997 und 1998 habe er keine Krankenhausbehandlung gewollt, sondern selbst Medikamente eingenommen. Später sei er stationär psychiatrisch behandelt worden. Ergänzend ist mit Schriftsatz vom 29.10.2008 ausgeführt worden, dass der Kläger an einer chronischen psychischen Krankheit und diversen weiteren Beschwerden leide. Seit der Rückkehr aus Deutschland habe er immer unter ärztlicher Behandlung gestanden.

Zur mündlichen Verhandlung am 20.11.2008 ist der ordnungsgemäß geladene Kläger, wie von ihm im Schreiben vom 29.10.2008 angekündigt, nicht erschienen. Er hat sinngemäß beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 23.04.2008 und den Bescheid vom 10.01.2006 in der Fassung des Bescheides vom 18.12.2006, diese wiederum in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2007 aufzuheben und ihm Rente wegen Erwerbsminderung zuzusprechen.

Die Vertreterin der Beklagte hat beantragt,

die Berufung abzuweisen.

Dem Gericht haben die Prozessakten beider Rechtszüge und die Akten der Beklagten vorgelegen. Zur Ergänzung des Sachverhalts, insbesondere hinsichtlich des Vortrags der Prozessbeteiligten, wird hierauf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte gemäß § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch den Berichterstatter zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheiden (Beschluss vom 29.09.2008).

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Das Sozialgericht Landshut hat die Klage zutreffend abgewiesen. Eine Erwerbsminderung zu einem Zeitpunkt, als noch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt waren, ist nicht nachgewiesen.

Voraussetzung für die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ist zum einen eine rentenrechtlich relevante Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes.

Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).

Bei der Prüfung, ob eine Erwerbsminderung vorliegt, kommt es nicht auf den bisherigen Beruf an, sondern darauf, ob mit dem verbliebenen Restleistungsvermögen noch Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs bzw. drei Stunden täglich verrichtet werden können.

Sofern das Leistungsvermögen bei sechs oder mehr Stunden liegt, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass eine Erwerbsminderung nicht vorliegt und dem Versicherten der Arbeitsmarkt nicht verschlossen ist (vgl. Niesel, in: Kasseler Kommentar, § 43 SGB VI, Rn. 34). Das - gegebenenfalls durch gewisse qualitative gesundheitliche Einschränkungen erhöhte - Risiko, einen offenen Arbeitsplatz zu finden, trägt die Arbeitslosenversicherung und nicht die Rentenversicherung (vgl. BSGE 44, 39, 40). Im Rahmen der Frage, ob Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren ist, ist es damit grundsätzlich unerheblich, wie die Chancen eines Versicherten auf dem Arbeitsmarkt sind.

Versicherte, deren Leistungsvermögen sich am allgemeinen Arbeitsmarkt orientiert, sind grundsätzlich auf jede erwerbswirtschaftliche Tätigkeitsart verweisbar, die keine formale Ausbildung erfordert. In diesen Fällen besteht daher nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch grundsätzlich kein Anlass zur Benennung einer spezifischen Verweisungstätigkeit, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG, Urteile vom 18.04.1978, Az.: 4 RJ 55/77, und vom 28.08.1991, Az.: 13/5 RJ 47/90).

Zum anderen erfordert die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung die Erfüllung der so genannten besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Dies bedeutet grundsätzlich, dass der Versicherte in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben muss (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI).

Die anspruchsbegründenden Tatsachen, also insbesondere der Umstand, dass das Leistungsvermögen des Versicherten allein wesentlich bedingt durch Krankheit oder Behinderung ab einem bestimmten Zeitpunkt dauerhaft derart herabgesunken ist, dass er mit seinem Restleistungsvermögen nicht mehr in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, müssen im Vollbeweis nachgewiesen sein.

Der Vollbeweis erfordert, dass die Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen müssen (vgl. BayLSG, Urteil vom 26.07.2006, Az.: L 16 R 100/02; BSG, Urteil vom 14.12.2006, Az.: B 4 R 29/06 R). Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, Az.: 2 RU 43/84). Oder in anderen Worten gesagt - das Gericht muss von der zu beweisenden Tatsache mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit ausgehen können (vgl. BSG, Urteil vom 02.02.1978, Az.:8 RU 66/77). Es darf kein vernünftiger, in den Umständen des Einzelfalles begründeter Zweifel mehr bestehen (vgl. BayLSG, Urteil vom 26.07.2006, Az.: L 16 R 100/02).

Kann das Gericht die genannten Tatsachen trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nicht feststellen, gilt der Grundsatz, dass jeder die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen (vgl. BSG, Urteil vom 29.06.1967, Az.: 2 RU 198/64). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht im Vollbeweis nachgewiesen werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleiten möchte, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 24.10.1957, Az.:10 RV 945/55). Denn für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatbestandsvoraussetzung der Erwerbsminderung trägt der Versicherte die Darlegungs- sowie die objektive Beweislast (vgl. BSG, Urteil vom 23.10.1996, Az.: 4 RA 1/96).

Auf den hier zu entscheidenden Fall übertragen bedeutet dies Folgendes:

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat das Gericht nicht die Überzeugung gewinnen können, dass das Leistungsvermögen des Klägers auf unter sechs Stunden pro Arbeitstag zumindest für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu einem Zeitpunkt abgesunken wäre, an dem noch die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt gewesen sind.

Letztmals verfügte der Kläger über 36 Monate mit Pflichtbeiträgen innerhalb der letzten fünf Jahre im Dezember 1998. Die Monate Januar 1994 bis Dezember 1996, also 36 Monate, sind durchweg mit Pflichtbeiträgen zur deutschen Rentenversicherung belegt. Anschließend hat der Kläger weder in Deutschland noch - nach Angaben des kroatischen Versicherungsträgers - in seinem Heimatland Kroatien Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet. Ohne Auswirkung auf die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen wären im Falle des Klägers Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, wie es der Kläger für die Zeit nach Ende seiner Beschäftigung in Deutschland behauptet hat, da derartige Zeiten gemäß Art. 26 Abs. 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Kroatien über Soziale Sicherheit vom 24.11.1997 nur dann Berücksichtigung finden können, wenn in diesen Zeiten Leistungen nach den Rechtsvorschriften der Republik Kroatien gezahlt worden sind. Derartige Leistungen hat der Kläger aber, auch nach seinen eigenen Angaben, nicht erhalten.

Einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hätte der Kläger daher nur dann, wenn sein zeitliches Leistungsvermögen bis spätestens Dezember 1998 auf unter sechs Stunden täglich abgesunken wäre. Eine derartige Leistungseinschränkung lässt sich aber nicht im Vollbeweis nachweisen.

Wie sich aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen ergibt, steht im Vordergrund der Erkrankung des Klägers ein Alkoholmissbrauch mit daraus resultierenden Folgebeschwerden im Wesentlichen psychischer Art. Wegen dieser Erkrankung ist der Kläger auch stationär über dreieinhalb Jahre in der Suchtstation eines psychiatrischen Krankenhauses behandelt worden. Begonnen worden ist diese Behandlung im Dezember 2000. Aufgrund der vorliegenden Berichte über diese Behandlung ist eine zeitliche Leistungsminderung und damit eine Erwerbsminderung ab Dezember 2000 nachgewiesen. Auch aus den Berichten, die sich an diese Behandlung anschließen, sind deutliche Hinweise darauf zu entnehmen, dass auch in der Folgezeit eine zeitliche Leistungseinschränkung vorgelegen hat.

Aus den Behandlungsunterlagen ab dem 21.12.2000 bis heute lässt sich aber nicht ableiten, dass der Kläger bereits im Dezember 1998, als noch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (letztmals) erfüllt waren, in seiner zeitlichen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt gewesen wäre. Es ist zwar nicht auszuschließen, dass der Kläger bereits eine gewisse, sich im Rahmen weniger Monate bewegende Zeit vor dem Beginn der stationären Behandlung aufgrund des Alkoholmissbrauchs und der psychischen Beschwerden erwerbsgemindert gewesen ist. Es fehlen aber nicht nur Belege dafür, dass bereits zwei Jahre vor Beginn der stationären Behandlung die Erkrankung so stark ausgeprägt gewesen wäre, dass der Kläger nicht mehr sechs Stunden pro Tag einer zumindest leichten Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes hätte nachgehen können. Es ist vielmehr so, dass sich aus den Behandlungsunterlagen Hinweise darauf ergeben, dass der Alkoholmissbrauch des Klägers in einem Umfang, wie er dann im Dezember 2000 eine stationäre Behandlung erforderlich gemacht hat, erst ab Spätsommer 2000 vorgelegen hat. Denn der Kläger hat selbst im Rahmen der stationären Behandlung im psychiatrischen Krankenhaus U. angegeben, dass er erst vier Monate vor der stationären Behandlung begonnen habe, größere Mengen an alkoholischen Getränken zu konsumieren. Offensichtlich war also die Alkoholkrankheit des Klägers vor diesem Zeitpunkt geringer ausgeprägt, so dass jedenfalls nicht nachgewiesen ist, dass die Erkrankung schon im Dezember 1998 einer vollschichtigen beruflichen Tätigkeit entgegen gestanden wäre.

Keine Gesichtspunkte, die für eine zu einem früheren Zeitpunkt eingetretene zeitliche Leistungsminderung sprechen würden, lassen sich daraus ableiten, dass der Kläger, bereits Ende 1988/Anfang 1989 stationär wegen seiner Alkoholkrankheit behandelt worden ist. Er ist aus dieser Behandlung als arbeitsfähig entlassen worden und bis Ende 1996 auch wieder über vier Jahre einer beruflichen Tätigkeit in Deutschland nachgegangen.

Auch liegen für die Zeit vor Dezember 2000 keinerlei weiteren Unterlagen über medizinische Behandlungen wegen der Alkoholkrankheit und psychischer Beschwerden vor. Der Kläger ist mehrfach vom Gericht darauf hingewiesen worden, dass für einen Erfolg der Klage und Berufung entsprechende Unterlagen für den Zeitraum bis 1998 erforderlich seien, die ein Bild seiner Erkrankung zum relevanten Zeitpunkt vermitteln könnten. Trotz dieser deutlichen Hinweise hat der Kläger keine weiteren Unterlagen vorgelegt. Irgendwelchen weiteren Erkenntnismöglichkeiten zum Gesundheitszustand des Klägers bis Dezember 1998 liegen nicht vor; eine Unaufklärbarkeit über die bisherigen Erkenntnisse hinaus muss nach den Beweislastgrundsätzen zu Lasten des Klägers gehen.

Die vom Kläger beigebachten Unterlagen über aktuelle Behandlungen aus den Jahren 2007 und 2008 sind ohne Bedeutung, da entscheidend allein der Gesundheitszustand des Klägers bis Dezember 1998 ist; Rückschlüsse darauf lassen die aktuellen Behandlungsunterlagen nicht zu.

Sofern der Kläger vorgetragen hat, er habe ab Ende seiner beruflichen Tätigkeit in Deutschland im Jahre 1996 regelmäßig in ärztlicher, auch stationärer Behandlung in Kroatien gestanden, ist nicht nur der Nachweis für die Richtigkeit seiner Behauptung nicht gelungen, sondern es spricht alles dafür, dass diese Angaben zur durchgeführten Behandlung auch falsch sind. Ganz abgesehen davon, dass der Kläger keinerlei Unterlagen zur Stütze seines Vortrags hat beibringen könnten, ist auch dem vom Kläger vorgelegten Attest des Dr. A. vom 22.08.2008 zu entnehmen, dass der Kläger in den Jahren 1997 und 1998 nicht in Behandlung gestanden ist, sondern sich allenfalls selbst therapiert hat.

Ob der Kläger in Deutschland einen Arbeitsunfall (zum Unfallzeitpunkt schwanken seine Angaben) mit einer Kopfverletzung erlitten hat, kann dahingestellt bleiben, da irgendwelche gesundheitliche Folgen davon nicht mehr nachweisbar sind, wie die durchgeführten Untersuchungen (Computertomographie, EEG) ergeben haben.

Eine zeitliche Leistungsminderung des Klägers lässt sich jedenfalls bis Dezember 1998 - damals lagen letztmals die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vor - nicht im erforderlichen Vollbeweis nachweisen. Ein Eintritt der Erwerbsminderung zu einem späteren Zeitpunkt kann wegen des Fehlens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen keinen Rentenanspruch begründen.

Die Berufung ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung (§ 193 SG) beruht darauf, dass die Berufung des Klägers erfolglos geblieben ist.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved