L 16 R 92/08

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 12 R 815/04 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 R 92/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 123/09 B
Datum
Kategorie
Beschluss
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom
15. Februar 2006 wird als unzulässig verworfen.

II. Außergerichtliche Kosten des Klägers sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung streitig.

Der 1949 geborene Kläger stammt aus Bosnien-Herzegowina und hat dort seinen Wohnsitz. In Deutschland war der Kläger zwischen April 1970 und Dezember 1975 nach eigenen Angaben als LKW-Fahrer beschäftigt und entrichtete 68 Kalendermonate an Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung. Der Rentenversicherungsträger seiner Heimat bestätigte dem Kläger von April 1977 bis August 2003 insgesamt 315 Monate und 26 Tage an Pflichtbeitragszeiten.

Am 24.03.2003 beantragte der Kläger über den Versicherungsträger in Bosnien-Herzegowina bei der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 30.01.2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit der Begründung ab, dass die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung nicht erfüllt seien und daher ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht bestehe. Mit Widerspruch vom 25.02.2004 machte der Kläger geltend, dass er bis zum 01.08.2003 in Bosnien-Herzegowina gearbeitet habe und daher die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sein müssten. Daraufhin forderte die Beklagte einen aktuellen bosnisch-herzegowinischen Versicherungsverlauf an.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27.07.2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Nunmehr ging sie davon aus, dass die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung erfüllt seien, aber der Kläger nicht erwerbsgemindert sei. Dies ergebe sich aus dem Gutachten der Invalidenkommission in S. nach einer Untersuchung des Klägers am 05.06.2003, die ein zeitliches Leistungsvermögen von mehr als sechs Stunden für den allgemeinen Arbeitsmarkt festgestellt habe.

Am 13.08.2004 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Landshut und machte geltend, dass er aufgrund seiner Herzkrankheit, der allgemeinen Schwäche, Schmerzen in den Beinen und Armen und weiteren Krankheiten nicht einmal mehr zwei Stunden täglich arbeiten könne. Das Sozialgericht Landshut beauftragte, nachdem der Kläger verschiedene medizinische Unterlagen über seinen Gesundheitszustand vorlegte, den Internisten Dr.P. sowie den Neurologen und Psychiater Dr.R. mit der Begutachtung des Klägers. Beide Gutachter kamen in ihrem Gutachten vom 13.02.2006, nach persönlicher Untersuchung des Klägers, zu dem Ergebnis, dass der Kläger leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen, Sitzen und Stehen, ohne Heben und Tragen schwerer Lasten, ohne besonderen Zeitdruck, ohne Zwangshaltung, ohne Nachtdienst sowie ohne Akkord vollschichtig verrichten könne. Die Tätigkeiten sollten überwiegend in geschlossenen Räumen und frei von Zugluft ausgeübt werden.

Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 15.02.2006 ab, da der Kläger nach dem Gesamtergebnis der medizinischen Sachaufklärung trotz seiner Gesundheitsstörungen (Zustand nach Schlaganfall mit diskreter Rest-Halbseitensymptomatik links, leichte Depression, rezidivierende Kopfschmerzen, leichte Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Nerven- und Muskelreizerscheinungen, coronare Herzkrankheit bei Zustand nach Herzinfarkt 1995, arterielle Hypertonie bei Adipositas sowie einer Neigung zu Magen- und Darmbeschwerden), leichte Tätigkeiten vollschichtig verrichten könne.

Das Urteil wurde dem Kläger durch Einschreiben am 05.07.2006 zugestellt.

Am 09.10.2006 hat der Kläger beim Sozialgericht Landshut Berufung gegen das Urteil eingelegt, die am 01.02.2008 an das Bayer. Landessozialgericht weitergeleitet wurde.

Auf den Hinweis des Senates, dass die Berufung verfristet sei und daher als unzulässig zu verwerfen sei, der Kläger aber Wiedereinsetzungsgründe geltend machen könne, erfolgte zunächst keine Antwort.

Mit Schreiben vom 03.08.2008 hat der Kläger mitgeteilt, dass er der Auffassung sei, dass "die am 15.02.2006 eingelegte Berufung" nicht verfristet sei. Das Urteil des Sozialgerichts sei ihm am 05.07.2006 zugestellt worden. Daher dürfte die Frist auch erst ab Zustellung des erstinstanzlichen Urteils begonnen haben, so dass seine "Berufungseinlegung vom 29.09.2006 fristgerecht" erfolgt sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 15.02.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.07.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab Rentenantragstellung eine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

Dem Senat liegen zur Entscheidung die Rentenakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vor. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird hierauf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und formgerecht eingelegte Berufung ist unzulässig. Gemäß § 158 Satz 2 SGG kann die Entscheidung durch Beschluss ergehen.
Nach § 151 SGG in Verbindung mit den §§ 153 Abs.1, 87 Abs.2 Satz 1 SGG ist die Berufung innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen, d.h. sie muss innerhalb dieser Frist bei Gericht eingegangen sein. Hierüber wurde der Kläger durch die Rechtsmittelbelehrung des Urteils erster Instanz ausdrücklich belehrt.

Die Zustellung des Urteils erfolgte laut Rückschein am 05.07.2006, dies bestätigt auch der Kläger in seinem Schriftsatz vom 03.08.2008. Die Frist für die Einlegung der Berufung begann daher am 06.07.2006 und endete mit dem Ablauf des 05.10.2006. Tatsächlich ging die Berufung jedoch erst am 09.10.2006 beim Sozialgericht Landshut ein. Sie ist damit nicht fristgerecht eingelegt worden.

Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 Abs.1 SGG hat der Kläger nicht vorgetragen. Nach dieser Vorschrift ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Der Beteiligte hat die Sorgfalt anzuwenden, die einem gewissenhaft Prozessführenden nach den gesamten Umständen und nach allgemeiner Verkehrsanschauung vernünftigerweise zuzumuten ist (vgl. BSGE 72, 158).

Der Kläger selbst hat ausgeführt, dass er der Meinung ist, dass er die Berufungsfrist eingehalten habe. Wiedereinsetzungsgründe hat er nicht geltend gemacht. Zwar hat der Kläger noch innerhalb der Berufungsfrist, nämlich am 29.09.2006, die Berufungsschrift verfasst und nach seinen Angaben zur Post gegeben, er hat allerdings die Postlaufzeit falsch eingeschätzt. Dies geht zu seinen Lasten.

Ein Wiedereinsetzungsgrund kann dann vorliegen, wenn eine Abweichung von der normalen Postlaufzeit festzustellen ist, mit der der Kläger nicht zu rechnen hatte. Im konkreten Fall betrug die Postlaufzeit zehn Tage. Dies ist nach Auffassung des Senats ein üblicher Zeitraum, da für die Zustellung des Urteils von Deutschland nach Bosnien-Herzegowina fünf Tage benötigt wurden und die Zurücksendung des Einschreiben-Rückscheins an das Sozialgericht aus Bosnien-Herzegowina acht Tage dauerte. Daher handelt es sich bei einer Postlaufzeit von neun Tagen für die Berufungseinlegung um eine übliche Postlaufzeit, mit der der Kläger rechnen musste. Er kann sich deshalb nicht darauf berufen, dass die Post ungewöhnlich lange gebraucht habe und dies von ihm nicht zu vertreten sei. Insbesondere durfte der Kläger sich nicht darauf verlassen, dass die Post innerhalb von sechs Tagen rechtzeitig ankommen würde. Da es sich hier um eine Auslandszustellung handelt und dieser Umstand schon bei der Verlängerung der Klagefrist von einem auf drei Monate berücksichtigt wird, muss es sich der Kläger zurechnen lassen, wenn er die Klagefrist bis zum Ende ausschöpft und nicht einrechnet, dass Postsendungen aus dem Ausland eine längere Postlaufzeit haben. Ein Wiedereinsetzungsgrund liegt hierin nicht.

Daher ist die Berufung verspätet eingelegt worden und der Senat konnte die materielle Rechtslage nicht überprüfen. Die Berufung ist daher als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs.2 SGG) bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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