L 18 U 342/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 11 U 34/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 18 U 342/04
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts B. vom 26.07.2004 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Der Kläger begehrt Rente im Wege der Neufeststellung.

Der 1972 geborene Kläger war als Pflegehelfer im mobilen Pflegedienst beschäftigt. Er rutschte am 02.03.2000 auf dem Weg zu einem Patienten auf einer Holztreppe aus. Nach dem Durchgangsarztbericht des Chirurgen Dr.G. vom 07.03.2000 zog sich der Kläger eine partielle Innenbandläsion des linken Knies zu. Bei der am 13.03.2000 durchgeführten Arthroskopie wurde eine Innenbandläsion Grad I bis II und eine Patella-Subluxation links feststellt (Bericht des H.-Klinikums L. vom 21.03.2000). Außer der stattgehabten Subluxation der Patella mit Einriss der medialen Kapsel und Lateralstellung der Patella habe sich keine versorgungswürdige weitere Binnenläsion gezeigt. Eine Innenbandläsion sei bereits bekannt gewesen.

Die Beklagte zog ärztliche Unterlagen über Vorerkrankungen des Klägers bei, insbesondere Befunde betreffend stattgehabter Verletzungen des linken Kniegelenkes. Hieraus ergab sich, dass sich der Kläger am 29.09.1987 eine Weichteilquetschung der Bursa praepatellaris links zugezogen hatte (Bericht Dr.B. vom 30.09.1987). Nach dem Bericht des Dr.K. vom 08.07.1993 bestanden beim Kläger retropatellare Schmerzen links. Röntgenologisch zeigte sich eine Chondropathia patellae links mit chondromalazischen Veränderungen. Dem Bericht der F.klinik K. vom 08.01.1999 ist zu entnehmen, dass der Kläger dort nach einem Unfall vom 18.11.1998 stationär behandelt und am linken Knie eine Innenmeniskusläsion und ein Knorpelschaden festgestellt wurde.

Die Beklagte veranlasste ein Gutachten des Dr.G. vom 29.04.2002 mit ergänzender Äußerung vom 24.05.02 (Begutachtung 25.01.2002). Der Kläger habe sich eine partielle Innenbandläsion links und eine Subluxation der Patella nach lateral mit Einriss der medialen Gelenkkapsel zugezogen. Die beim Kläger bestehenden Beschwerden seien nicht auf den Unfall vom 02.03.2000 zurückzuführen. Es sei zu einer Verschlimmerung der vorbestehenden Leiden - Chondropathia patellae links, Chondromalaxie links - gekommen. Als Unfallfolgen bestünden eine vermehrte Beweglichkeit der Patella und vorübergehende verstärkte subjektive Beschwerden. Nach unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit bis 04.06.2000 habe eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ab dem 05.06.2000 für die nachfolgenden sechs Monate in Höhe von 20 vH, bis zum 25.01.2002 in Höhe von 10 vH und ab dem 25.01.2002 in Höhe von unter 10 vH bestanden.

Mit Bescheid vom 04.11.2002 gewährte die Beklagte eine Rente für den Zeitraum vom 05.06.2000 bis 31.12.2000 nach einer MdE von 20 vH. Sie erkannte als Folgen des Arbeitsunfalls an: Vermehrte Beweglichkeit der Kniescheibe nach Innenbandläsion am linken Knie und unvollständiger Verrenkung der linken Kniescheibe mit Einriss der Gelenkkapsel sowie vorübergehende Verschlimmerung der vorbestehenden Knorpelveränderungen an der Kniescheibe links. Nicht Folgen des Unfalls seien Beschwerden im linken Kniegelenk seit 1993 (Knorpelveränderungen, Teilentfernung des Innenmeniskus 1998) und Schleimbeutelquetschung am linken Knie 1987.

Der Kläger beantragte am 03.03.2003 die Neufeststellung der Rente wegen Verschlimmerung. Nach Einholung ärztlicher Unterlagen beauftragte die Beklagte den Chirurgen Dr.K. mit der Erstellung eines Gutachtens. Dieser stellte mit Gutachten vom 08.09.2003 fest, dass über Narben nach Arthroskopie des Kniegelenks hinausgehende Unfallverletzungsfolgen nicht mehr nachweisbar seien. Funktionelle Beeinträchtigungen oder Belastungsminderungen bestünden nicht.

Mit Bescheid vom 28.10.2003 und Widerspruchsbescheid vom 28.01.2004 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Seit dem 10.01.2001 bestünden keine funktionelle Folgen des Unfalls mehr. Zwischenzeitlich sei auch keine Verschlimmerung im Unfallfolgezustand eingetreten.

Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht B. (SG) erhoben und vorgetragen, dass er unfallbedingt unter starke Schmerzen am linken Knie und auch unter Beeinträchtigungen leide, die der Ausübung einer Erwerbstätigkeit entgegenstünden.

Das SG hat die Verwaltungsakten der Beklagten und des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MdK) sowie die medizinische Unterlagen der F.klinik K., des H.-Klinikums L. und der Justizvollzugsanstalt (JVA) B. beigezogen. Es hat den Chirurgen Dr.B. mit Gutachten vom 10.05.2004 gehört. Im Vergleich zu den Voruntersuchungen sei eine wesentliche Änderung im Sinne einer Verschlimmerung der Unfallfolgen nicht festzustellen. Die geklagten Beschwerden und Veränderungen im Bereich der unteren Extremitäten stellten mit großer Wahrscheinlichkeit keinen ursächlichen Zusammenhang mit den am 02.03.2000 erlittenen Verletzungen und deren Folgen dar.

Mit Gerichtsbescheid vom 26.07.2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat sich auf die Ausführungen des Dr.B. gestützt.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Er bezieht sich auf einen Bericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik M. vom 20.07.2004. Dort werde als Diagnose ein Schwellungszustand des linken Kniegelenks und Unterschenkels unklarer Genese und eine Kniescheibenluxation aus dem März 2000 genannt. Es sei davon auszugehen, dass die Klinik die Beschwerden als unfallbedingt ansehe. In einem Bericht des H.-Klinikums L. vom 25.01.2005 werde als Diagnose aufgeführt: Komplexe posterolateral betonte Instabilität des linken Kniegelenkes bei Zustand nach Patellasubluxation und Innenbandläsion 03/00. Das Bezirksklinikum O. habe am 30.04.2007 eine komplexe Knieinstabilität links bei klinischem Genu recurvatum (vermehrte Überstreckbarkeit des Kniegelenks) mit unphysiologischem Bewegungsablauf festgestellt.

Der Senat hat die Akten der Beklagten, über Rentenstreitigkeiten des Klägers geführte Akten des SG, Akten des Zentrums Bayern Familie und Soziales, Akten des MdK und Akten der Deutschen Rentenversicherung Bund beigezogen und Röntgenaufnahmen sowie ärztliche Unterlagen der F.klinik K., der JVA B. und des Dr.M. eingeholt. Des Weiteren hat das Bezirksklinikum O. einen Bericht vom 01.06.2007 übersandt.

Der Senat hat den Chirurgen Dr.C. mit Gutachten vom 04.03.2008 und Stellungnahme vom 17.06.2008 gehört. Er hat beim Kläger eine deutliche Instabilität des linken Kniegelenks mit vermehrter Überstreckbarkeit, diskret auslösbare vordere Schublade sowie einer postero-lateralen Instabilität festgestellt. Diese Gesundheitsstörungen seien nicht als Folge des Unfalls vom 02.03.2000, sondern vielmehr als Folge der vorbestehenden Schädigung des Kniegelenks zu bewerten. Hinsichtlich der Einschätzung der MdE schließe er sich der Bewertung des Dr.G. an.

Der Kläger hat sich zu den Ausführungen des Dr.C. nicht geäußert.

Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts B. vom 26.07.2004 und den Bescheid vom 28.10.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für die Folgen des Unfalls vom 02.03.2000 Rente nach einer MdE von mindestens 20 vH zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts B. vom 26.07.2004 zurückzuweisen.

Sie verweist auf die Ausführungen des Dr.C ...

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:


Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber in der Sache nicht begründet. Der Gerichtsbescheid des SG vom 26.07.2004 ist nicht zu beanstanden, da die angefochtenen Bescheide rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen. Eine Änderung der unfallbedingten Befunde, die dem Bescheid vom 04.11.2002 zugrunde lagen, ist nicht eingetreten.

Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt gemäß § 48 Abs 1 S 1 des Zehntes Buch Sozialgesetzbuchs (SGB X) mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Maßgeblich ist eine wesentliche Leidensverschlimmerung oder das Hinzukommen neuer Leiden, die in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall stehen. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse liegt vor, wenn sich der Grad der MdE wegen der nach § 56 Abs 1 S 3 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) anerkannten oder neu anzuerkennenden Unfallfolgen um mindestens 10 vH ändert.

Nach dem Bescheid vom 04.11.2002 und dem dem Bescheid zugrunde liegenden Gutachten des Dr.G. vom 29.04.2002 bestanden beim Kläger seinerzeit als Folgen des Unfalls vom 02.03.2000 eine vermehrte Beweglichkeit der Kniescheibe nach Innenbandläsion am linken Knie und unvollständiger Verrenkung der linken Kniescheibe mit Einriss der Gelenkkapsel sowie eine vorübergehende Verschlimmerung der vorbestehenden Knorpelveränderungen an der Kniescheibe links.

Nach den überzeugenden Ausführungen des Dr.C. ist der nunmehr festgestellte Befund einer deutlichen Instabilität des linken Kniegelenks mit vermehrter Überstreckbarkeit, diskret auslösbaren vorderen Schublade sowie einer postero-lateralen Instabilität weder als wesentliche Leidensverschlimmerung noch als ursächlich mit dem Unfall vom 02.03.2000 in Zusammenhang stehendendes neues Leiden anzusehen. Eine messbare MdE aufgrund der Unfolgen besteht nicht.

Nach Dr.C. ist der festgestellte Befund Folge der unfallunabhängigen, vorbestehenden erheblichen Schädigung des Kniegelenkes. Er verweist auf die Verletzungen des Kniegelenkes im Jahre 1987 sowie auf die nach dem Unfall vom 18.11.1998 in der F.klinik K. festgestellten Schädigungen im Sinne einer Innenmeniskusläsion und einer Knorpelschädigung. Hierzu gehört auch die 1993 durch den Orthopäden Dr.K. beschriebene Chondropathia patellae mit rezidivierender Arthritis im Bereich der Kniegelenke. Im Bericht des H.-Klinikums L. vom 21.03.2000 wird nach arthroskopischer Abklärung nach dem Unfall vom 02.03.2000 eindeutig außer der stattgehabten Subluxation der Patella mit Einriss der medialen Kapsel und Lateralstellung der Patella keine versorgungswürdige weitere Binnenläsion beschrieben. Es findet sich auch kein Hinweis auf einen Hämarthros, der als Folge einer schweren traumatischen Binnenschädigung des Kniegelenks zu erwarten gewesen wäre.

Im Ergebnis ist daher - auch in Übereinstimmung mit dem erstinstanzlich gehörten Dr.K. - eine wesentliche Änderung nicht festzustellen, so dass die Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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