Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 14 P 23/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 P 2/07
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 31. Januar 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist - auf Grund der zuletzt gestellten Anträge nur noch - die Gewährung von Pflegegeld aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I für die Zeit vom
1. Februar 2002 bis 31. März 2006.
Der 1998 geborene Kläger, der von seinen Eltern gesetzlich vertreten wird, leidet seit Geburt an Mukoviszidose. Auf den Antrag vom 5. August 1998 gewährte die Beklagte, bei der der Kläger bis 31. März 2006 familienversichert war, Leistungen der Pflegestufe I. Dem lag ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 4. Dezember 1998 zugrunde. Den Mehrbedarf im Bereich der Grundpflege gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind schätzte der MDK auf 100 Minuten und im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung auf 60 Minuten ein.
Am 22. Februar 2001 stellten die Eltern einen Verschlimmerungsantrag. Der MDK gelangte in einem Gutachten vom 20. Juni 2001 nach Hausbesuch vom 29. Mai 2001 zu dem Ergebnis, dass keine Pflegestufe mehr vorliege. Der Zeitbedarf in der Grundpflege betrage 165 Minuten (Körperpflege: 70 Minuten; Ernährung: 40 Minuten; Mobilität: 55 Minuten), im Bereich der Hauswirtschaft 30 Minuten. Der Mehrbedarf sei jedoch für die Grundpflege nur mit 15 Minuten anzusetzen. Bei einem gesunden gleichaltrigen Kind sei Versorgung im Umfang von 150 Minuten erforderlich. Der Kläger habe sich körperlich gut entwickelt; es bestünden motorisch keine Einschränkungen. Therapiemaßnahmen wie Inhalieren und Abklopfen könnten nicht zur Grundpflege gerechnet werden. Dasselbe gelte für Zeiten der allgemeinen Betreuung.
Im Rahmen der Anhörung holte die Beklagte eine erneute Stellungnahme des MDK vom 18. Januar 2002 nach Hausbesuch vom 2. Januar 2002 ein. Der Mehrbedarf für Grundpflege (170 Minuten abzüglich 150 Minuten) betrage 20 Minuten und 45 Minuten für hauswirtschaftliche Versorgung.
Mit Bescheid vom 22. Januar 2002 stellte die Beklagte die Zahlung des Pflegegeldes mit Ablauf des Monats Januar 2002 ein. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. März 2002 zurück.
Hiergegen wandte sich der Kläger mit der Klage zum Sozialgericht Würzburg und begehrte Leistungen der Pflegestufe II ab dem Höherstufungsantrag vom 22. Januar 2001. Das Sozialgericht zog aktuelle Befundberichte, einen Bericht des Kindergartens sowie ein Pflegeprotokoll der Eltern für die Zeit vom 25. bis 26. August 2003 bei und beauftragte den Arbeitsmediziner Dr. H. mit der Erstellung eines Gutachtens. Er berichtete in dem Gutachten vom 14. Juni 2004 nach Hausbesuch, der Kläger befinde sich aufgrund der regelmäßigen Behandlungspflege in einem erfreulichen Allgemeinzustand. Der Hilfebedarf betrage für Grundpflege 134 Minuten (Körperpflege: 68 Minuten; Ernährung:
36 Minuten; Mobilität: 30 Minuten); der Mehrbedarf gegenüber einem gleichaltrigen gesunden Kind betrage 14 Minuten für den fünfjährigen und 29 Minuten für den sechsjährigen Kläger. Der Zeitbedarf für die hauswirtschaftliche Versorgung betrage 45 Minuten. Es bestehe ein verstärkter Versorgungsaufwand insbesondere beim Einkaufen und Kochen diätischer Kost. Ferner sei von einem zusätzlichen Reinigungsbedarf der Wohnung auszugehen. Zu den Einwendungen des Klägers nahm der Sachverständige am 12. August 2004 Stellung.
Das Sozialgericht vertagte den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vom 25. November 2004, führte weitere Ermittlungen durch und holte ein Gutachten des Internisten Dr. D. vom 9. Oktober 2005 nach Hausbesuch ein. Er bewertete den Zeitbedarf für Grundpflege mit 64 Minuten (Körperpflege: 38 Minuten; Ernährung: 13 Minuten; Mobilität: 13 Minuten), den krankheitsbedingten Mehrbedarf mit 15 Minuten. Für die hauswirtschaftliche Versorgung seien 30 Minuten anzusetzen; der Kläger werde anteilig im Rahmen eines 5-Personen-Haushalts versorgt. Ein Mehraufwand infolge der Mukoviszidoseerkrankung bestehe nicht. Ergänzend führte der Gutachter am 26. November 2005 aus, der Mehrbedarf erhöhe sich im Bereich der Mobilität um fünf Minuten, wenn man von
der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel für die Wegstrecke zur krankengymnastischen Praxis auszugehen habe.
Der auf klägerischen Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gehörte Arzt für Innere Medizin Dr. L. gelangte in seinem Gutachten vom 25. August 2006 nach Hausbesuch zu einem krankheitsbedingten Mehrbedarf von 14 Minuten für Grundpflege. Für hauswirtschaftliche Versorgung falle kein Mehraufwand an.
Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 31. Januar 2007 wies das Sozialgericht die Klage ab. Alle Gutachter seien übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen der Pflegestufe I nicht vorlägen. Die Änderung der Begutachtungsrichtlinien in der Fassung vom 11. Mai 2006 zum 1. September 2006 könne nur für die Zukunft gelten. Im Übrigen sei der MDK der AOK-Gesundheitskasse Niedersachsen-Pflegekasse, bei der der Kläger jetzt versichert sei, in seinem Gutachten vom 20. September 2006 unter Zugrundelegung der neuen Begutachtungsrichtlinien ebenfalls nicht zum Vorliegen der Pflegestufe I gelangt.
Mit der Berufung hat der Kläger geltend gemacht, er müsse vor allem zu Mukoviszidose-typischen Verrichtungen angehalten werden. Er habe noch nicht das erforderliche Krankheitsbewusstsein entwickeln können, um mit der Grunderkrankung selbstständig umzugehen. Ferner sei der Hilfebedarf eines gesunden gleichaltrigen Kindes zu hoch angesetzt gewesen, wie sich auch aus den neuen Begutachtungsrichtlinien ergebe. Danach hätte sich aus dem Gutachten des Dr. H. ein Mehrbedarf bei einem 6-jährigen Kind von
85 Minuten ergeben.
Die Beklagte hat demgegenüber die Ansicht vertreten, für die Zeit vor dem 1. September 2006 seien die alten Begutachtungsrichtlinien heranzuziehen. Nach den Gutachten des Dr. D. und Dr. L. werde auch bei Anwendung der neuen Fassung der Begutachtungsrichtlinien die Pflegestufe I nicht erreicht.
Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme des Dr. D. vom 16. Februar 2008 zur Bewertung nach der neuen Fassung der Begutachtungsrichtlinien eingeholt. Auch unter Berücksichtigung der neuen Begutachtungsrichtlinien hätten im Zeitraum vom 1. Februar 2002 bis 31. März 2006 die Voraussetzungen für die Einstufung in die Pflegestufe I nicht vorgelegen. Allerdings hätte sich aus dem Gutachten von 2004 dann ein Grundpflegebedarf von 82 Minuten ergeben, jedoch habe durchgehend kein krankheitsbedingter zeitlicher Mehrbedarf für hauswirtschaftliche Versorgung bestanden. Insbesondere sei verschwitzte Wäsche zwar zu waschen, aber in gleichem Umfang und nicht öfter als bei Gesunden. Inhalation und Physiotherapie seien der Behandlungspflege zuzuordnen.
Der Kläger hat darauf hingewiesen, dass die Beklagte den hauswirtschaftlichen Hilfebedarf im Widerspruchsbescheid mit 45 Minuten aufgeführt habe. Auch Dr. H. sei von maximal 45 Minuten ausgegangen. Es habe noch ein verstärkter Versorgungsaufwand beim Einkaufen, insbesondere von Medikamenten, Lebens- und Reinigungsmitteln, Körperpflegemitteln, sowie für das Kochen hochkalorischer Kost bestanden. Auch sei es notwendig gewesen, ihm vermehrt Nahrung anzubieten. Ferner sei aus krankheitsbedingten hygienisch-prophylaktischen Gründen ein zusätzlicher Reinigungsbedarf der Wohnung erwachsen. Schließlich sei auch der MDK im Januar 2002 von einem hauswirtschaftlichen Versorgungsbedarf von 45 Minuten ausgegangen.
Die Beklagte hat ausgeführt, der Kläger habe wie jedes Kind einen hauswirtschaftlichen Hilfebedarf, aber keinen krankheitsbedingten Mehrbedarf.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 31. Januar 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
15. März 2002 aufzuheben und ihm für die Dauer seiner Mitgliedschaft bei der Beklagten Leistungen der Pflegestufe I bis 31. März 2006 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 SGG auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), jedoch unbegründet.
Die Klage ist im Rahmen der zuletzt gestellten Anträge als Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG zulässig. Mit dieser Klageart kann die Aufhebung des Bescheids vom 22. Januar 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15. März 2002 und damit die Aufhebung der Einstellung des Pflegegeldes nach der Pflegestufe I verbunden mit der Fortgewährung dieser Leistung über den 31. Januar 2002 hinaus erreicht werden. Es handelt sich um eine reine Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG. Maßgeblich ist die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Widerspruchsbescheides (Meyer-Ladewig, a.a.O.,
§ 54 Rnr. 32 a). Das Ende der Leistung wird durch § 35 des Elften Sozialgesetzbuchs (SGB XI) bestimmt. Danach erlischt der Anspruch auf Leistungen mit dem Ende der Mitgliedschaft. Unstreitig endete die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten am
31. März 2006.
Der Bescheid vom 22. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
15. März 2002 entspricht jedoch der Sach- und Rechtslage. Ab dem 01. Februar 2002 hatte der Kläger keinen Anspruch mehr auf Pflegegeld. Die Voraussetzungen für eine Neufeststellung nach § 48 SGB X waren zu diesem Zeitpunkt erfüllt. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.
Pflegebedürftige können nach § 37 Abs. 1 S. 1 bis 3 SGB XI Pflegegeld erhalten, wenn sie die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung durch eine Pflegeperson (§ 19 S. 1 SGB XI) in geeigneter Weise sowie dem Umfang des Pflegegeldes entsprechend selbst sicherstellen und mindestens die Pflegestufe I vorliegt.
Maßgebend für die Feststellung von Pflegebedürftigkeit und die Zuordnung zu den einzelnen Pflegestufen ist der Umfang des Pflegebedarfs bei denjenigen gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens, die in § 14 Abs. 4 SGB XI aufgeführt und dort in die Bereiche Körperpflege, Ernährung und Mobilität (Nrn. 1 bis 3), die zur Grundpflege gehören, sowie den Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung (Nr. 4) aufgeteilt sind. Zur Grundpflege zählen:
im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- oder Blasenentleerung;
im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung;
im Bereich der Mobilität das selbstständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung.
Unter hauswirtschaftlicher Versorgung ist die Hilfe bei der Nahrungsbesorgung und
-zubereitung, bei der Kleidungspflege sowie bei der Wohnungsreinigung und -beheizung (§ 14 Abs. 4 Nr. 4 SGB XI) zu verstehen. Der Katalog der Verrichtungen stellt eine abschließende Regelung dar (BSGE 82, 27), die sich am üblichen Tagesablauf eines gesunden bzw. nicht behinderten Menschen orientiert (BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 3).
Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen, hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens 45 Minuten entfallen.
Bei Kindern ist ferner gemäß § 15 Abs. 2 SGB XI für die Zuordnung lediglich der zusätzliche Hilfebedarf gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind maßgebend. Hierzu sehen die Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI (Begutachtungs-Richtlinien - BRi) vom 21. März 1997 in der Fassung vom 11. Mai 2006 (zuvor: Begutachtungs-Richtlinien - BRi vom 21. März 1997 in der Fassung vom 22. August 2001) Zeitkorridore vor, die für Säuglinge, Kleinkinder, Kindergartenkinder, Grundschulkinder und Kinder, die weiterführende Schulen besuchen, gestaffelt sind. Die BRi der neuen Fassung (n.F.) finden seit 1. September 2006 Anwendung.
Allerdings binden die BRi das Gericht nicht, vielmehr bezwecken sie lediglich die Gewährleistung einer Begutachtung nach einheitlichen Kriterien auf der Basis der bisherigen Erfahrungen mit dem Begutachtungsgeschehen. Sie enthalten jedoch medizinische Erfahrungssätze, die eine Beweisaufnahme überflüssig machen (s.a. Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 103 Rnr. 7 c), und die für die Gerichte wichtige Anhaltspunkte sein können. Somit stellt sich für den Senat die Frage, ob die BRi eine rechtliche Rückwirkung entfalten, nicht. Entscheidend ist vielmehr, ob bereits für frühere Fallkonstellationen der Inhalt der Richtlinie angemessen gewesen wäre. Bezogen auf die Berücksichtigung des Mehrbedarfs gegenüber einem gesunden Kind dürfte dies zu bejahen sein, da die BRi n.F. einen teilweise deutlich geringeren Abzug als angemessen ansehen, ohne dass dem eine andere rechtliche Wertung zugrunde läge. Dies gilt zumindest für die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage, bei der für die Entscheidung der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend ist.
Ob dies auch für die - zuletzt gestellte - Anfechtungsklage gilt, kann der Senat offen lassen. Denn auch bei Anwendung der BRi n.F. lag der Hilfemehrbedarf des Klägers zum maßgeblichen Zeitpunkt, nämlich am 1. Februar 2002 im Bereich der Grundpflege gegenüber einem gesunden Kind unter 46 Minuten pro Tag, so Dr. D. in seiner Stellungnahme vom 16. Februar 2008.
Unter Anwendung der BRi a.F. ergibt sich ohnehin nach allen Gutachten einschließlich dem gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten des Dr. L. und der Gutachten des MDK, dass die Voraussetzungen der Pflegestufe I nicht vorlagen.
Für den Bereich der Grundpflege gelangt man lediglich aufgrund der Begutachtung durch Dr. H. bei Anwendung der BRi n.F. zu einem für Pflegestufe I relevanten Zeitbedarf. Von den dort geschätzten 134 Minuten für Grundpflege wären nach den BRi n.F. für ein fünfjähriges Kind lediglich 52 Minuten abzuziehen, so dass der Mehrbedarf 82 Minuten beträgt. Hingegen beurteilten Dr. D. bei dem damals 7 Jahre 3 Monate alten Kläger die Fremdhilfe auf 64 Minuten und Dr. L. bei dem damals 8 Jahre 2 Monate alten Kläger auf 14 Minuten. Für ein siebenjähriges Kind beträgt der Abzug nach den BRi n.F. 21 Minuten. Damit verbleiben 43 Minuten, die für Zuerkennung der Pflegestufe I nicht ausreichen. Ob zumindest für einen gewissen Zeitraum Pflegegeld nach Stufe I zugestanden hätte, wäre in einem Verfahren nach § 44 SGB X zu überprüfen. Hierüber liegt keine Entscheidung der Beklagten vor. Streitgegenstand ist allein der Aufhebungsbescheid vom 22. Januar 2002 i.d.F. des Widerspruchsbescheids vom 15. März 2002.
Zeiten für notwendige Inhalationen und Physiotherapie sind der Behandlungspflege zuzurechnen, da sie nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit einer grundpflegerischen Verrichtung stehen. Ferner sind Zeiten der allgemeinen Aufsicht, bei der die Pflegeperson einer eigenen Tätigkeit nachkommen kann, nicht berücksichtigungsfähig (siehe insb.: BSG, Beschluss vom 8. Mai 2001 - B 3 P 4/01 B). Danach hatte der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung von Pflegegeld über den 31. Januar 2002 hinaus, weil schon für Grundpflege nicht 46 Minuten pro Tag erreicht wurden. Ohne Bedeutung ist deshalb, ob im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung ein Zeitbedarf von 45 Minuten angefallen ist.
Das Urteil des Sozialgerichts und die streitgegenständlichen Bescheide sind nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist - auf Grund der zuletzt gestellten Anträge nur noch - die Gewährung von Pflegegeld aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I für die Zeit vom
1. Februar 2002 bis 31. März 2006.
Der 1998 geborene Kläger, der von seinen Eltern gesetzlich vertreten wird, leidet seit Geburt an Mukoviszidose. Auf den Antrag vom 5. August 1998 gewährte die Beklagte, bei der der Kläger bis 31. März 2006 familienversichert war, Leistungen der Pflegestufe I. Dem lag ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 4. Dezember 1998 zugrunde. Den Mehrbedarf im Bereich der Grundpflege gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind schätzte der MDK auf 100 Minuten und im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung auf 60 Minuten ein.
Am 22. Februar 2001 stellten die Eltern einen Verschlimmerungsantrag. Der MDK gelangte in einem Gutachten vom 20. Juni 2001 nach Hausbesuch vom 29. Mai 2001 zu dem Ergebnis, dass keine Pflegestufe mehr vorliege. Der Zeitbedarf in der Grundpflege betrage 165 Minuten (Körperpflege: 70 Minuten; Ernährung: 40 Minuten; Mobilität: 55 Minuten), im Bereich der Hauswirtschaft 30 Minuten. Der Mehrbedarf sei jedoch für die Grundpflege nur mit 15 Minuten anzusetzen. Bei einem gesunden gleichaltrigen Kind sei Versorgung im Umfang von 150 Minuten erforderlich. Der Kläger habe sich körperlich gut entwickelt; es bestünden motorisch keine Einschränkungen. Therapiemaßnahmen wie Inhalieren und Abklopfen könnten nicht zur Grundpflege gerechnet werden. Dasselbe gelte für Zeiten der allgemeinen Betreuung.
Im Rahmen der Anhörung holte die Beklagte eine erneute Stellungnahme des MDK vom 18. Januar 2002 nach Hausbesuch vom 2. Januar 2002 ein. Der Mehrbedarf für Grundpflege (170 Minuten abzüglich 150 Minuten) betrage 20 Minuten und 45 Minuten für hauswirtschaftliche Versorgung.
Mit Bescheid vom 22. Januar 2002 stellte die Beklagte die Zahlung des Pflegegeldes mit Ablauf des Monats Januar 2002 ein. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. März 2002 zurück.
Hiergegen wandte sich der Kläger mit der Klage zum Sozialgericht Würzburg und begehrte Leistungen der Pflegestufe II ab dem Höherstufungsantrag vom 22. Januar 2001. Das Sozialgericht zog aktuelle Befundberichte, einen Bericht des Kindergartens sowie ein Pflegeprotokoll der Eltern für die Zeit vom 25. bis 26. August 2003 bei und beauftragte den Arbeitsmediziner Dr. H. mit der Erstellung eines Gutachtens. Er berichtete in dem Gutachten vom 14. Juni 2004 nach Hausbesuch, der Kläger befinde sich aufgrund der regelmäßigen Behandlungspflege in einem erfreulichen Allgemeinzustand. Der Hilfebedarf betrage für Grundpflege 134 Minuten (Körperpflege: 68 Minuten; Ernährung:
36 Minuten; Mobilität: 30 Minuten); der Mehrbedarf gegenüber einem gleichaltrigen gesunden Kind betrage 14 Minuten für den fünfjährigen und 29 Minuten für den sechsjährigen Kläger. Der Zeitbedarf für die hauswirtschaftliche Versorgung betrage 45 Minuten. Es bestehe ein verstärkter Versorgungsaufwand insbesondere beim Einkaufen und Kochen diätischer Kost. Ferner sei von einem zusätzlichen Reinigungsbedarf der Wohnung auszugehen. Zu den Einwendungen des Klägers nahm der Sachverständige am 12. August 2004 Stellung.
Das Sozialgericht vertagte den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vom 25. November 2004, führte weitere Ermittlungen durch und holte ein Gutachten des Internisten Dr. D. vom 9. Oktober 2005 nach Hausbesuch ein. Er bewertete den Zeitbedarf für Grundpflege mit 64 Minuten (Körperpflege: 38 Minuten; Ernährung: 13 Minuten; Mobilität: 13 Minuten), den krankheitsbedingten Mehrbedarf mit 15 Minuten. Für die hauswirtschaftliche Versorgung seien 30 Minuten anzusetzen; der Kläger werde anteilig im Rahmen eines 5-Personen-Haushalts versorgt. Ein Mehraufwand infolge der Mukoviszidoseerkrankung bestehe nicht. Ergänzend führte der Gutachter am 26. November 2005 aus, der Mehrbedarf erhöhe sich im Bereich der Mobilität um fünf Minuten, wenn man von
der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel für die Wegstrecke zur krankengymnastischen Praxis auszugehen habe.
Der auf klägerischen Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gehörte Arzt für Innere Medizin Dr. L. gelangte in seinem Gutachten vom 25. August 2006 nach Hausbesuch zu einem krankheitsbedingten Mehrbedarf von 14 Minuten für Grundpflege. Für hauswirtschaftliche Versorgung falle kein Mehraufwand an.
Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 31. Januar 2007 wies das Sozialgericht die Klage ab. Alle Gutachter seien übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen der Pflegestufe I nicht vorlägen. Die Änderung der Begutachtungsrichtlinien in der Fassung vom 11. Mai 2006 zum 1. September 2006 könne nur für die Zukunft gelten. Im Übrigen sei der MDK der AOK-Gesundheitskasse Niedersachsen-Pflegekasse, bei der der Kläger jetzt versichert sei, in seinem Gutachten vom 20. September 2006 unter Zugrundelegung der neuen Begutachtungsrichtlinien ebenfalls nicht zum Vorliegen der Pflegestufe I gelangt.
Mit der Berufung hat der Kläger geltend gemacht, er müsse vor allem zu Mukoviszidose-typischen Verrichtungen angehalten werden. Er habe noch nicht das erforderliche Krankheitsbewusstsein entwickeln können, um mit der Grunderkrankung selbstständig umzugehen. Ferner sei der Hilfebedarf eines gesunden gleichaltrigen Kindes zu hoch angesetzt gewesen, wie sich auch aus den neuen Begutachtungsrichtlinien ergebe. Danach hätte sich aus dem Gutachten des Dr. H. ein Mehrbedarf bei einem 6-jährigen Kind von
85 Minuten ergeben.
Die Beklagte hat demgegenüber die Ansicht vertreten, für die Zeit vor dem 1. September 2006 seien die alten Begutachtungsrichtlinien heranzuziehen. Nach den Gutachten des Dr. D. und Dr. L. werde auch bei Anwendung der neuen Fassung der Begutachtungsrichtlinien die Pflegestufe I nicht erreicht.
Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme des Dr. D. vom 16. Februar 2008 zur Bewertung nach der neuen Fassung der Begutachtungsrichtlinien eingeholt. Auch unter Berücksichtigung der neuen Begutachtungsrichtlinien hätten im Zeitraum vom 1. Februar 2002 bis 31. März 2006 die Voraussetzungen für die Einstufung in die Pflegestufe I nicht vorgelegen. Allerdings hätte sich aus dem Gutachten von 2004 dann ein Grundpflegebedarf von 82 Minuten ergeben, jedoch habe durchgehend kein krankheitsbedingter zeitlicher Mehrbedarf für hauswirtschaftliche Versorgung bestanden. Insbesondere sei verschwitzte Wäsche zwar zu waschen, aber in gleichem Umfang und nicht öfter als bei Gesunden. Inhalation und Physiotherapie seien der Behandlungspflege zuzuordnen.
Der Kläger hat darauf hingewiesen, dass die Beklagte den hauswirtschaftlichen Hilfebedarf im Widerspruchsbescheid mit 45 Minuten aufgeführt habe. Auch Dr. H. sei von maximal 45 Minuten ausgegangen. Es habe noch ein verstärkter Versorgungsaufwand beim Einkaufen, insbesondere von Medikamenten, Lebens- und Reinigungsmitteln, Körperpflegemitteln, sowie für das Kochen hochkalorischer Kost bestanden. Auch sei es notwendig gewesen, ihm vermehrt Nahrung anzubieten. Ferner sei aus krankheitsbedingten hygienisch-prophylaktischen Gründen ein zusätzlicher Reinigungsbedarf der Wohnung erwachsen. Schließlich sei auch der MDK im Januar 2002 von einem hauswirtschaftlichen Versorgungsbedarf von 45 Minuten ausgegangen.
Die Beklagte hat ausgeführt, der Kläger habe wie jedes Kind einen hauswirtschaftlichen Hilfebedarf, aber keinen krankheitsbedingten Mehrbedarf.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 31. Januar 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
15. März 2002 aufzuheben und ihm für die Dauer seiner Mitgliedschaft bei der Beklagten Leistungen der Pflegestufe I bis 31. März 2006 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 SGG auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), jedoch unbegründet.
Die Klage ist im Rahmen der zuletzt gestellten Anträge als Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG zulässig. Mit dieser Klageart kann die Aufhebung des Bescheids vom 22. Januar 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15. März 2002 und damit die Aufhebung der Einstellung des Pflegegeldes nach der Pflegestufe I verbunden mit der Fortgewährung dieser Leistung über den 31. Januar 2002 hinaus erreicht werden. Es handelt sich um eine reine Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG. Maßgeblich ist die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Widerspruchsbescheides (Meyer-Ladewig, a.a.O.,
§ 54 Rnr. 32 a). Das Ende der Leistung wird durch § 35 des Elften Sozialgesetzbuchs (SGB XI) bestimmt. Danach erlischt der Anspruch auf Leistungen mit dem Ende der Mitgliedschaft. Unstreitig endete die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten am
31. März 2006.
Der Bescheid vom 22. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
15. März 2002 entspricht jedoch der Sach- und Rechtslage. Ab dem 01. Februar 2002 hatte der Kläger keinen Anspruch mehr auf Pflegegeld. Die Voraussetzungen für eine Neufeststellung nach § 48 SGB X waren zu diesem Zeitpunkt erfüllt. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt.
Pflegebedürftige können nach § 37 Abs. 1 S. 1 bis 3 SGB XI Pflegegeld erhalten, wenn sie die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung durch eine Pflegeperson (§ 19 S. 1 SGB XI) in geeigneter Weise sowie dem Umfang des Pflegegeldes entsprechend selbst sicherstellen und mindestens die Pflegestufe I vorliegt.
Maßgebend für die Feststellung von Pflegebedürftigkeit und die Zuordnung zu den einzelnen Pflegestufen ist der Umfang des Pflegebedarfs bei denjenigen gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens, die in § 14 Abs. 4 SGB XI aufgeführt und dort in die Bereiche Körperpflege, Ernährung und Mobilität (Nrn. 1 bis 3), die zur Grundpflege gehören, sowie den Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung (Nr. 4) aufgeteilt sind. Zur Grundpflege zählen:
im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- oder Blasenentleerung;
im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung;
im Bereich der Mobilität das selbstständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung.
Unter hauswirtschaftlicher Versorgung ist die Hilfe bei der Nahrungsbesorgung und
-zubereitung, bei der Kleidungspflege sowie bei der Wohnungsreinigung und -beheizung (§ 14 Abs. 4 Nr. 4 SGB XI) zu verstehen. Der Katalog der Verrichtungen stellt eine abschließende Regelung dar (BSGE 82, 27), die sich am üblichen Tagesablauf eines gesunden bzw. nicht behinderten Menschen orientiert (BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 3).
Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen, hierbei müssen auf die Grundpflege mindestens 45 Minuten entfallen.
Bei Kindern ist ferner gemäß § 15 Abs. 2 SGB XI für die Zuordnung lediglich der zusätzliche Hilfebedarf gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind maßgebend. Hierzu sehen die Richtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI (Begutachtungs-Richtlinien - BRi) vom 21. März 1997 in der Fassung vom 11. Mai 2006 (zuvor: Begutachtungs-Richtlinien - BRi vom 21. März 1997 in der Fassung vom 22. August 2001) Zeitkorridore vor, die für Säuglinge, Kleinkinder, Kindergartenkinder, Grundschulkinder und Kinder, die weiterführende Schulen besuchen, gestaffelt sind. Die BRi der neuen Fassung (n.F.) finden seit 1. September 2006 Anwendung.
Allerdings binden die BRi das Gericht nicht, vielmehr bezwecken sie lediglich die Gewährleistung einer Begutachtung nach einheitlichen Kriterien auf der Basis der bisherigen Erfahrungen mit dem Begutachtungsgeschehen. Sie enthalten jedoch medizinische Erfahrungssätze, die eine Beweisaufnahme überflüssig machen (s.a. Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 103 Rnr. 7 c), und die für die Gerichte wichtige Anhaltspunkte sein können. Somit stellt sich für den Senat die Frage, ob die BRi eine rechtliche Rückwirkung entfalten, nicht. Entscheidend ist vielmehr, ob bereits für frühere Fallkonstellationen der Inhalt der Richtlinie angemessen gewesen wäre. Bezogen auf die Berücksichtigung des Mehrbedarfs gegenüber einem gesunden Kind dürfte dies zu bejahen sein, da die BRi n.F. einen teilweise deutlich geringeren Abzug als angemessen ansehen, ohne dass dem eine andere rechtliche Wertung zugrunde läge. Dies gilt zumindest für die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage, bei der für die Entscheidung der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend ist.
Ob dies auch für die - zuletzt gestellte - Anfechtungsklage gilt, kann der Senat offen lassen. Denn auch bei Anwendung der BRi n.F. lag der Hilfemehrbedarf des Klägers zum maßgeblichen Zeitpunkt, nämlich am 1. Februar 2002 im Bereich der Grundpflege gegenüber einem gesunden Kind unter 46 Minuten pro Tag, so Dr. D. in seiner Stellungnahme vom 16. Februar 2008.
Unter Anwendung der BRi a.F. ergibt sich ohnehin nach allen Gutachten einschließlich dem gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten des Dr. L. und der Gutachten des MDK, dass die Voraussetzungen der Pflegestufe I nicht vorlagen.
Für den Bereich der Grundpflege gelangt man lediglich aufgrund der Begutachtung durch Dr. H. bei Anwendung der BRi n.F. zu einem für Pflegestufe I relevanten Zeitbedarf. Von den dort geschätzten 134 Minuten für Grundpflege wären nach den BRi n.F. für ein fünfjähriges Kind lediglich 52 Minuten abzuziehen, so dass der Mehrbedarf 82 Minuten beträgt. Hingegen beurteilten Dr. D. bei dem damals 7 Jahre 3 Monate alten Kläger die Fremdhilfe auf 64 Minuten und Dr. L. bei dem damals 8 Jahre 2 Monate alten Kläger auf 14 Minuten. Für ein siebenjähriges Kind beträgt der Abzug nach den BRi n.F. 21 Minuten. Damit verbleiben 43 Minuten, die für Zuerkennung der Pflegestufe I nicht ausreichen. Ob zumindest für einen gewissen Zeitraum Pflegegeld nach Stufe I zugestanden hätte, wäre in einem Verfahren nach § 44 SGB X zu überprüfen. Hierüber liegt keine Entscheidung der Beklagten vor. Streitgegenstand ist allein der Aufhebungsbescheid vom 22. Januar 2002 i.d.F. des Widerspruchsbescheids vom 15. März 2002.
Zeiten für notwendige Inhalationen und Physiotherapie sind der Behandlungspflege zuzurechnen, da sie nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit einer grundpflegerischen Verrichtung stehen. Ferner sind Zeiten der allgemeinen Aufsicht, bei der die Pflegeperson einer eigenen Tätigkeit nachkommen kann, nicht berücksichtigungsfähig (siehe insb.: BSG, Beschluss vom 8. Mai 2001 - B 3 P 4/01 B). Danach hatte der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung von Pflegegeld über den 31. Januar 2002 hinaus, weil schon für Grundpflege nicht 46 Minuten pro Tag erreicht wurden. Ohne Bedeutung ist deshalb, ob im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung ein Zeitbedarf von 45 Minuten angefallen ist.
Das Urteil des Sozialgerichts und die streitgegenständlichen Bescheide sind nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved