Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 19 KR 1873/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 173/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 50/08 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 10. Mai 2005 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert wird auf 7.209,38 EUR festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Steitig ist die Vergütung für die Zurverfügungstellung von Camoped-Bewegungsschienen.
Die Klägerin ist eine in A-Stadt, Landkreis M., ansässige Firma mit dem Geschäftsgegenstand Entwicklung und Produktion von orthopädischen Produkten und Hilfsmitteln für den therapeutischen Bereich. Sie produziert und vermarktet u.a. die Knie-Bewegungs- schiene Camoped. Diese dient der funktionellen postoperativen Therapie vor allem im Kniebereich. Mit Hilfe der Schiene bewegt das gesunde Bein das nicht gesunde und verhilft im weiteren Verlauf beiden Beinen zu aktiven Bewegungsübungen.
In der Zeit vom August bis November 2004 versorgte die Klägerin Patienten des Orthopäden Dr. R. (M.), die sich einer operativen Knie-Band-Plastik unterzogen hatten. Es handelt sich um insgesamt 13 bei der Beklagten gesetzlich Krankenversicherte, die wenige Tage nach dem Eingriff entlassen wurden mit Verordnung der Camoped-Schiene. Diese stellte die Klägerin jeweils mietweise für vier Wochen zur Verfügung. Jeweils rund eine Woche nach Entlassung und Zurverfügungstellung der Schiene erstellte die Klägerin der Beklagten einen Kostenvoranschlag in Höhe von rund 550,00 EUR pro Fall. Nach Einholung von Stellungnahmen des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen lehnte die Beklagte mit Ablehnungsbescheiden vom 06.11., 11.11., 30.11. sowie 01.12.2004 gegenüber den 13 Versicherten die Kostenübernahme ab, weil der therapeutische Nutzen dieses Hilfsmittels nicht ausreichend belegt sei.
In der Folge lehnte die Beklagte auch gegenüber der Klägerin selbst die Erstattung der Kosten in den 13 Ablehnungsfällen ab. Deshalb hat die Klägerin am 21.12.2004 die Beklagte auf Zahlung von 7.209,38 Euro vor dem Sozialgericht München verklagt. Sie hat geltend gemacht, sie sei gemäß Rahmenvereinbarung vom 28.11.2000 mit der AOK Bayern als Leistungserbringer von Hilfsmitteln nach den Normen der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassen. Diese Vereinbarung habe Geltung auch gegenüber der Beklagten, weil nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Zulassung als Leistungserbringer in einem Bundesland die Zulassung in anderen Bundesländern nach sich ziehe. Es bestünden auch Rahmenvereinbarungen mit Ersatzkassen, insbesondere der Barmer Ersatzkasse und der Deutschen Angestellten Krankenkasse. Die Beklagte dürfe sich auf mangelnden therapeutischen Nutzen der Camoped-Schienen nicht berufen, weil bereits beantragt sei, das Hilfsmittel in den Hilfsmittelkatalog aufzunehmen. Die Beklagte hat dagegen eingewandt, sie sei an eine Verordnung des Vertragsarztes Dr. R. nicht gebunden, weil vor Lieferung der Schienen die erforderlichen Genehmigung der Hilfsmittel-Verordnung nicht eingeholt worden sei. Vereinbarungen der AOK Bayern und der Klägerin hätten für sie keine Gültigkeit. Die Klägerin sei nicht als Leistungserbringerin zugelassen. Die Camoped-Schiene sei kein zugelassenes Hilfsmittel.
Mit Urteil vom 10.05.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen im Wesentlichen mit der Begründung, die Klägerin sei nicht als Leistungserbringerin der Beklagten zugelassen, weil die zwischen ihnen abzuschließende Rahmenvereinbarung fehle. Die Vereinbarungen zwischen der Klägerin und der AOK Bayern könnten die Beklagte nicht binden. Die gegenständlichen Camoped-Schienen zählten nicht zu den gesetzlichen Hilfsmitteln, weil sie im Hilfsmittel-Verzeichnis nicht aufgenommen seien und deshalb nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden dürften. Eine grenzüberschreitende Versorgung mit Hilfsmitteln läge nicht vor, weil die Camoped-Schienen durch einen im Bereich der Beklagten ansässigen Kassenarzt verordnet worden seien für im Bereich der Beklagten ortsansässige Versicherte. Im Übrigen könnten zwischen der Klägerin und der Beklagten keine Rahmenverträge angenommen werden, weil auch die AOK Bayern mit der Klägerin keine Verträge abgeschlossen hätte, sondern dieser lediglich einseitige Zusagen gemacht hätte. Dies gelte auch für den schriftlichen Verzicht auf eine vorherige Genehmigung in Fällen der Zurverfügungstellung von Camoped-Schienen bei operativen Knie-Band-Plastiken. Die zivilrechtlichen Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag seien durch das Leistungserbringerrecht der gesetzlichen Krankenversicherung verdrängt und deshalb vorliegend nicht anwendbar.
Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und geltend gemacht, die Klägerin sei durch Schreiben der AOK Bayern vom 05.12.2000 als Leistungserbringerin der Camoped-Schienen zugelassen worden. Sie sei dem Rahmenvertrag zwischen der Landesinnung Bayern für Orthopädietechnik und dem AOK Landesverband Bayern über die Versorgung mit orthopädischen Heil- und Hilfsmitteln mit Verpflichtungsschein vom 15.11.2000 beigetreten. Am 28.11.2000 habe die AOK Bayern mit der Klägerin eine Preisvereinbarung hinsichtlich der Camoped-Schiene geschlossen, welche mit Vereinbarung vom 05.12.2000 dahingehend konkretisiert sei, dass bei ärztlicher Verordnung nach operativen Knie-Band-Plastiken ein Kostenvoranschlag bzw. eine vorherige Genehmigung der Leistung entbehlich sei. Hieran sei auch die Beklagte gebunden, weil diesen Vereinbarungen bundesländerübergreifende Geltung zukämen. Demgegenüber hat die Beklagte eine länderübergreifende Geltung der Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und der AOK Bayern verneint. Die Rechtsprechung des BSG zur Arzneimittelversorgung sei auf die vorliegende Hilfsmittelversorgung nicht übertragbar, zumal hier Versicherte, Behandler und Behandlung auf baden-württembergischem Gebiet gelegen gewesen seien.
Der Senat hat ein orthopädisches Gutachten des Dr. V. vom 09.04.2008 eingeholt zur Erforderlichkeit der Versorgung mit der streitigen Camoped-Schiene. Dieser hat ausgeführt, es könne nicht eindeutig herausgearbeitet werden, dass die streitigen Schienen eindeutig zur Sicherung des Erfolges der jeweiligen Eingriffe notwendig gewesen wären. Nur falls Patienten das Hilfsmittel optimal akzeptierten, habe er eine deutliche Beschleunigung der Rehabilitation feststellen können. Eine eindeutige medizinische Studienlage zur kombinierten Einsetzung der Camoped-Schienen mit physikalischer Therapie bestehe nicht.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 10.05.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 7.209,38 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf, sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG), aber unbegründet.
Gegenstand der allgemeinen Leistungsklage ist ein Zahlungsanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten in Höhe von 7.209,38 EUR aus der Versorgung von 13 Versicherten der Beklagten mit Camoped-Schienen nach operativen Kreuzbandplastiken in der Zeit von August bis November 2004. Den Zahlungsanspruch hat das Sozialgericht München im angefochtenen Urteil vom 10.05.2005 zu Recht verneint.
Die Klägerin hat jeweils in 13 Fällen auf Grund ärztlicher Verordnung des als Leistungserbringer zugelassenen Arztes Dr. R. (M.) nach Kreuzbandplastik-Operationen für vier Wochen eine Camoped-Schiene zur Verfügung gestellt. Bei dieser Schiene handelt es sich um ein Hilfsmittel i.S.d. § 33 Abs.1 SGB V, weil sie dazu dient, den Erfolg der Krankenbehandlung - jeweils der operativen Beseitigung von Schäden am Kreuzband eines Knies - zu sichern, indem anschließend an die Operation während der Heilungs- und Rekonvaleszenzphase die Beweglichkeit des Beines und die Erhaltung bzw. Kräftigung der Beinmuskulatur gefördert wird. Dies geschieht nach den zutreffenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. V. dadurch, dass ähnlich wie bei einem Bettfahrrad beide Beine in einem bestimmten Bewegungsausmaß in den Bewegungsprozess einbezogen werden. Die Schiene dient der Reduktion von Bewegungsdefiziten, einem propriozeptiven Defiziten entgegengerichtetem Training, der Motivation der Patienten, einer schonenden Kräftigung der Muskulatur, der physikalischen Thromboseprophylaxe sowie der Unterstützung der Resorption von Ergüssen und Ödemen nach operativen Kreuzbandplastiken. Sie erfüllt damit den Hilfsmittelbegriff des § 33 Abs.1 SGB V i.S. eines orthopädischen Hilfsmittels. Als solche ist die Schiene auch von der AOK Bayern zur medizinischen postoperativen Therapie zugelassen.
Ein Anspruch der Klägerin als Hilfsmittelerbringerin richtet sich damit gegenüber der Beklagten als gesetzliche Krankenversicherung der betroffenen Patienten nach den abschließenden Regelungen in §§ 126, 127 SGB V. Danach dürfen Hilfsmittel an Versicherte nur auf der Grundlage von Verträgen abgegeben werden. Eine solche vertragliche Vereinbarung haben die Klägerin und die Beklagte aber bisher nicht abgeschlossen; selbst die Klägerin hat dies nicht behauptet.
Einen Vergütungsanspruch ergibt sich auch nicht aus einer zwischen der AOK Bayern und der Klägerin bestehenden Leistungsbeziehung auf Basis des § 127 SGB V. Denn die gegenständlichen Camoped-Schienen zählen nicht zu den Leistungen, die das gesetzliche Hilfsmittelverzeichnis nach § 128 SGB V in der für den streitgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung umfasst hat.
Darüber hinaus ist unter Bezugnahme auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts festzustellen, dass in keinem der hier strittigen Fälle eine grenzüberschreitende Versorgung vorliegt, welche u.U. eine Bindung der Beklagten an ein Leistungsverhältnis zwischen der Klägerin und der AOK Bayern begründen könnte. Denn nur die Klägerin hat außerhalb des Gebietes der Beklagten ihren Sitz, während die Behandlungen im Gebiet der Beklagten erfolgt sind. Zudem stünde einer bundesländerübergreifenden Geltung der Leistungsbeziehungen der Ortskrankenkassen in Bayern die Tatsache entgegen, das dort länderspezifische Regelungen gelten, die mit dem Ziel der wirtschaftlichen und qualitativ notwendigen Versorgung der Versicherten in Bayern verabredet wurden. Dies betrifft insbesondere das Recht der Nachbesserung eines Angebots, falls ein Hilfsmittel von einem anderen Leistungserbringer kostengünstiger zur Verfügung gestellt werden kann. Hier länderübergreifende Auswirkungen anzunehmen führte häufig wohl zu Inadministrabilität.
Auch fehlte es jeweils an einer vorherigen Genehmigung der Verordnung der Camoped-Schienen, wie sie § 5 Abs.2, Abs.3 der Rahmenvereinbarung vorsieht - falls eine länderübergreifende Gültigkeit der Beziehungen mit der AOK Bayern angenommen würde. Auf diese vorherige Genehmigung ist im Rahmenvertrag nur hinsichtlich von Heil- und Hilfsmitteln bis zu 300,00 DM verzichtet worden, die streitigen Schienen überschreiten diesen Betrag. Die Beklagte hat auf diese vorherige Genehmigung auch nicht im einzelnen verzichtet oder im Nachhinein eine Zustimmung erteilt, sondern die Zahlung nach Einholung einer Stellungnahme des MdK mit sachlicher Begründung abgelehnt. Im Übrigen ist das Erfordernis der vorherigen Genehmigung der Lieferung von Hilfsmitteln nicht willkürlich. Mit Hilfe des bayernweiten Lagerverwaltungssystems "MIP-Orthopädie" ist nämlich der kostensparende Einsatz von Hilfsmitteln möglich. Zudem kann die wirtschaftliche Versorgung dadurch sichergestellt werden, dass ein Kostenvergleich mehrerer Leistungsanbieter stattfinden kann. Der Genehmigungsvorbehalt findet somit seine Rechtfertigung in der gesetzlichen Pflicht der Krankenkassen, Sachleistungen nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot zu erbringen (§§ 2 Abs.1, 12 Abs.1 SGB V).
Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass die AOK Bayern mit Schreiben vom 28.11.2000 darauf verzichtet hat, im Falle von Kreuzbandplastiken bei Vorliegen einer ärztlichen Verordnung auf die vorherige Genehmigung bzw. einen Kostenvoranschlag einer Camoped-Schiene zu verzichten. Es handelt sich insoweit um eine einseitige Erklärung der AOK Bayern, auf bestimmte Voraussetzungen des Rahmenvertrages nach § 127 SGB V zu verzichten. Dieser einseitige Verzicht auf eine Detailbestimmung aus dem Rahmenvertrag ist keine Vereinbarung i.S. eines Vertrages nach § 127 SGB V und kann damit keinesfalls Rechtswirkungen gegenüber der Beklagten entfalten.
Die Berufung bleibt damit in vollem Umfange ohne Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertentscheidung folgt derjenigen des Sozialgerichts, § 47 Abs. 2 GKG.
Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich, § 160 SGG.
Die Klägerin trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert wird auf 7.209,38 EUR festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Steitig ist die Vergütung für die Zurverfügungstellung von Camoped-Bewegungsschienen.
Die Klägerin ist eine in A-Stadt, Landkreis M., ansässige Firma mit dem Geschäftsgegenstand Entwicklung und Produktion von orthopädischen Produkten und Hilfsmitteln für den therapeutischen Bereich. Sie produziert und vermarktet u.a. die Knie-Bewegungs- schiene Camoped. Diese dient der funktionellen postoperativen Therapie vor allem im Kniebereich. Mit Hilfe der Schiene bewegt das gesunde Bein das nicht gesunde und verhilft im weiteren Verlauf beiden Beinen zu aktiven Bewegungsübungen.
In der Zeit vom August bis November 2004 versorgte die Klägerin Patienten des Orthopäden Dr. R. (M.), die sich einer operativen Knie-Band-Plastik unterzogen hatten. Es handelt sich um insgesamt 13 bei der Beklagten gesetzlich Krankenversicherte, die wenige Tage nach dem Eingriff entlassen wurden mit Verordnung der Camoped-Schiene. Diese stellte die Klägerin jeweils mietweise für vier Wochen zur Verfügung. Jeweils rund eine Woche nach Entlassung und Zurverfügungstellung der Schiene erstellte die Klägerin der Beklagten einen Kostenvoranschlag in Höhe von rund 550,00 EUR pro Fall. Nach Einholung von Stellungnahmen des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen lehnte die Beklagte mit Ablehnungsbescheiden vom 06.11., 11.11., 30.11. sowie 01.12.2004 gegenüber den 13 Versicherten die Kostenübernahme ab, weil der therapeutische Nutzen dieses Hilfsmittels nicht ausreichend belegt sei.
In der Folge lehnte die Beklagte auch gegenüber der Klägerin selbst die Erstattung der Kosten in den 13 Ablehnungsfällen ab. Deshalb hat die Klägerin am 21.12.2004 die Beklagte auf Zahlung von 7.209,38 Euro vor dem Sozialgericht München verklagt. Sie hat geltend gemacht, sie sei gemäß Rahmenvereinbarung vom 28.11.2000 mit der AOK Bayern als Leistungserbringer von Hilfsmitteln nach den Normen der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassen. Diese Vereinbarung habe Geltung auch gegenüber der Beklagten, weil nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Zulassung als Leistungserbringer in einem Bundesland die Zulassung in anderen Bundesländern nach sich ziehe. Es bestünden auch Rahmenvereinbarungen mit Ersatzkassen, insbesondere der Barmer Ersatzkasse und der Deutschen Angestellten Krankenkasse. Die Beklagte dürfe sich auf mangelnden therapeutischen Nutzen der Camoped-Schienen nicht berufen, weil bereits beantragt sei, das Hilfsmittel in den Hilfsmittelkatalog aufzunehmen. Die Beklagte hat dagegen eingewandt, sie sei an eine Verordnung des Vertragsarztes Dr. R. nicht gebunden, weil vor Lieferung der Schienen die erforderlichen Genehmigung der Hilfsmittel-Verordnung nicht eingeholt worden sei. Vereinbarungen der AOK Bayern und der Klägerin hätten für sie keine Gültigkeit. Die Klägerin sei nicht als Leistungserbringerin zugelassen. Die Camoped-Schiene sei kein zugelassenes Hilfsmittel.
Mit Urteil vom 10.05.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen im Wesentlichen mit der Begründung, die Klägerin sei nicht als Leistungserbringerin der Beklagten zugelassen, weil die zwischen ihnen abzuschließende Rahmenvereinbarung fehle. Die Vereinbarungen zwischen der Klägerin und der AOK Bayern könnten die Beklagte nicht binden. Die gegenständlichen Camoped-Schienen zählten nicht zu den gesetzlichen Hilfsmitteln, weil sie im Hilfsmittel-Verzeichnis nicht aufgenommen seien und deshalb nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden dürften. Eine grenzüberschreitende Versorgung mit Hilfsmitteln läge nicht vor, weil die Camoped-Schienen durch einen im Bereich der Beklagten ansässigen Kassenarzt verordnet worden seien für im Bereich der Beklagten ortsansässige Versicherte. Im Übrigen könnten zwischen der Klägerin und der Beklagten keine Rahmenverträge angenommen werden, weil auch die AOK Bayern mit der Klägerin keine Verträge abgeschlossen hätte, sondern dieser lediglich einseitige Zusagen gemacht hätte. Dies gelte auch für den schriftlichen Verzicht auf eine vorherige Genehmigung in Fällen der Zurverfügungstellung von Camoped-Schienen bei operativen Knie-Band-Plastiken. Die zivilrechtlichen Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag seien durch das Leistungserbringerrecht der gesetzlichen Krankenversicherung verdrängt und deshalb vorliegend nicht anwendbar.
Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und geltend gemacht, die Klägerin sei durch Schreiben der AOK Bayern vom 05.12.2000 als Leistungserbringerin der Camoped-Schienen zugelassen worden. Sie sei dem Rahmenvertrag zwischen der Landesinnung Bayern für Orthopädietechnik und dem AOK Landesverband Bayern über die Versorgung mit orthopädischen Heil- und Hilfsmitteln mit Verpflichtungsschein vom 15.11.2000 beigetreten. Am 28.11.2000 habe die AOK Bayern mit der Klägerin eine Preisvereinbarung hinsichtlich der Camoped-Schiene geschlossen, welche mit Vereinbarung vom 05.12.2000 dahingehend konkretisiert sei, dass bei ärztlicher Verordnung nach operativen Knie-Band-Plastiken ein Kostenvoranschlag bzw. eine vorherige Genehmigung der Leistung entbehlich sei. Hieran sei auch die Beklagte gebunden, weil diesen Vereinbarungen bundesländerübergreifende Geltung zukämen. Demgegenüber hat die Beklagte eine länderübergreifende Geltung der Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und der AOK Bayern verneint. Die Rechtsprechung des BSG zur Arzneimittelversorgung sei auf die vorliegende Hilfsmittelversorgung nicht übertragbar, zumal hier Versicherte, Behandler und Behandlung auf baden-württembergischem Gebiet gelegen gewesen seien.
Der Senat hat ein orthopädisches Gutachten des Dr. V. vom 09.04.2008 eingeholt zur Erforderlichkeit der Versorgung mit der streitigen Camoped-Schiene. Dieser hat ausgeführt, es könne nicht eindeutig herausgearbeitet werden, dass die streitigen Schienen eindeutig zur Sicherung des Erfolges der jeweiligen Eingriffe notwendig gewesen wären. Nur falls Patienten das Hilfsmittel optimal akzeptierten, habe er eine deutliche Beschleunigung der Rehabilitation feststellen können. Eine eindeutige medizinische Studienlage zur kombinierten Einsetzung der Camoped-Schienen mit physikalischer Therapie bestehe nicht.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 10.05.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 7.209,38 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf, sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG), aber unbegründet.
Gegenstand der allgemeinen Leistungsklage ist ein Zahlungsanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten in Höhe von 7.209,38 EUR aus der Versorgung von 13 Versicherten der Beklagten mit Camoped-Schienen nach operativen Kreuzbandplastiken in der Zeit von August bis November 2004. Den Zahlungsanspruch hat das Sozialgericht München im angefochtenen Urteil vom 10.05.2005 zu Recht verneint.
Die Klägerin hat jeweils in 13 Fällen auf Grund ärztlicher Verordnung des als Leistungserbringer zugelassenen Arztes Dr. R. (M.) nach Kreuzbandplastik-Operationen für vier Wochen eine Camoped-Schiene zur Verfügung gestellt. Bei dieser Schiene handelt es sich um ein Hilfsmittel i.S.d. § 33 Abs.1 SGB V, weil sie dazu dient, den Erfolg der Krankenbehandlung - jeweils der operativen Beseitigung von Schäden am Kreuzband eines Knies - zu sichern, indem anschließend an die Operation während der Heilungs- und Rekonvaleszenzphase die Beweglichkeit des Beines und die Erhaltung bzw. Kräftigung der Beinmuskulatur gefördert wird. Dies geschieht nach den zutreffenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. V. dadurch, dass ähnlich wie bei einem Bettfahrrad beide Beine in einem bestimmten Bewegungsausmaß in den Bewegungsprozess einbezogen werden. Die Schiene dient der Reduktion von Bewegungsdefiziten, einem propriozeptiven Defiziten entgegengerichtetem Training, der Motivation der Patienten, einer schonenden Kräftigung der Muskulatur, der physikalischen Thromboseprophylaxe sowie der Unterstützung der Resorption von Ergüssen und Ödemen nach operativen Kreuzbandplastiken. Sie erfüllt damit den Hilfsmittelbegriff des § 33 Abs.1 SGB V i.S. eines orthopädischen Hilfsmittels. Als solche ist die Schiene auch von der AOK Bayern zur medizinischen postoperativen Therapie zugelassen.
Ein Anspruch der Klägerin als Hilfsmittelerbringerin richtet sich damit gegenüber der Beklagten als gesetzliche Krankenversicherung der betroffenen Patienten nach den abschließenden Regelungen in §§ 126, 127 SGB V. Danach dürfen Hilfsmittel an Versicherte nur auf der Grundlage von Verträgen abgegeben werden. Eine solche vertragliche Vereinbarung haben die Klägerin und die Beklagte aber bisher nicht abgeschlossen; selbst die Klägerin hat dies nicht behauptet.
Einen Vergütungsanspruch ergibt sich auch nicht aus einer zwischen der AOK Bayern und der Klägerin bestehenden Leistungsbeziehung auf Basis des § 127 SGB V. Denn die gegenständlichen Camoped-Schienen zählen nicht zu den Leistungen, die das gesetzliche Hilfsmittelverzeichnis nach § 128 SGB V in der für den streitgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung umfasst hat.
Darüber hinaus ist unter Bezugnahme auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts festzustellen, dass in keinem der hier strittigen Fälle eine grenzüberschreitende Versorgung vorliegt, welche u.U. eine Bindung der Beklagten an ein Leistungsverhältnis zwischen der Klägerin und der AOK Bayern begründen könnte. Denn nur die Klägerin hat außerhalb des Gebietes der Beklagten ihren Sitz, während die Behandlungen im Gebiet der Beklagten erfolgt sind. Zudem stünde einer bundesländerübergreifenden Geltung der Leistungsbeziehungen der Ortskrankenkassen in Bayern die Tatsache entgegen, das dort länderspezifische Regelungen gelten, die mit dem Ziel der wirtschaftlichen und qualitativ notwendigen Versorgung der Versicherten in Bayern verabredet wurden. Dies betrifft insbesondere das Recht der Nachbesserung eines Angebots, falls ein Hilfsmittel von einem anderen Leistungserbringer kostengünstiger zur Verfügung gestellt werden kann. Hier länderübergreifende Auswirkungen anzunehmen führte häufig wohl zu Inadministrabilität.
Auch fehlte es jeweils an einer vorherigen Genehmigung der Verordnung der Camoped-Schienen, wie sie § 5 Abs.2, Abs.3 der Rahmenvereinbarung vorsieht - falls eine länderübergreifende Gültigkeit der Beziehungen mit der AOK Bayern angenommen würde. Auf diese vorherige Genehmigung ist im Rahmenvertrag nur hinsichtlich von Heil- und Hilfsmitteln bis zu 300,00 DM verzichtet worden, die streitigen Schienen überschreiten diesen Betrag. Die Beklagte hat auf diese vorherige Genehmigung auch nicht im einzelnen verzichtet oder im Nachhinein eine Zustimmung erteilt, sondern die Zahlung nach Einholung einer Stellungnahme des MdK mit sachlicher Begründung abgelehnt. Im Übrigen ist das Erfordernis der vorherigen Genehmigung der Lieferung von Hilfsmitteln nicht willkürlich. Mit Hilfe des bayernweiten Lagerverwaltungssystems "MIP-Orthopädie" ist nämlich der kostensparende Einsatz von Hilfsmitteln möglich. Zudem kann die wirtschaftliche Versorgung dadurch sichergestellt werden, dass ein Kostenvergleich mehrerer Leistungsanbieter stattfinden kann. Der Genehmigungsvorbehalt findet somit seine Rechtfertigung in der gesetzlichen Pflicht der Krankenkassen, Sachleistungen nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot zu erbringen (§§ 2 Abs.1, 12 Abs.1 SGB V).
Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass die AOK Bayern mit Schreiben vom 28.11.2000 darauf verzichtet hat, im Falle von Kreuzbandplastiken bei Vorliegen einer ärztlichen Verordnung auf die vorherige Genehmigung bzw. einen Kostenvoranschlag einer Camoped-Schiene zu verzichten. Es handelt sich insoweit um eine einseitige Erklärung der AOK Bayern, auf bestimmte Voraussetzungen des Rahmenvertrages nach § 127 SGB V zu verzichten. Dieser einseitige Verzicht auf eine Detailbestimmung aus dem Rahmenvertrag ist keine Vereinbarung i.S. eines Vertrages nach § 127 SGB V und kann damit keinesfalls Rechtswirkungen gegenüber der Beklagten entfalten.
Die Berufung bleibt damit in vollem Umfange ohne Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertentscheidung folgt derjenigen des Sozialgerichts, § 47 Abs. 2 GKG.
Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich, § 160 SGG.
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