L 9 EG 38/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
9
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 EG 3/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 EG 38/03
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 28. Januar 2003 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Streitig ist die Rückforderung des Erziehungsgeldes in Höhe von 600,00 DM (306,78 Euro).

Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 18. Januar 2001 der 1966 geborenen und seit 1996 in S. gemeldeten Klägerin für deren 2000 geborenen Tochter T. monatliches Bundeserziehungsgeld von 600,00 DM für den Zeitraum vom 8. September 2000 bis 7. September 2001 (insgesamt 6.000,00 DM nach Anrechnung des Mutterschaftsgelds).

Nachdem die Klägerin der Beklagten mitgeteilt hatte (Fax vom 29. Januar 2001), sie habe sich rückwirkend zum 1. Januar 2000 am Wohnsitz des Vaters ihrer Tochter in D. gemeldet und als Bankverbindung dessen Konto angab, hörte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 18. Mai 2001 an; die Klägerin sei nicht alleinerziehend, sondern lebe in einer eheähnlichen Gemeinschaft mit dem Vater ihrer Tochter. Daher sei das Einkommen des Vaters zu berücksichtigen.

Mit den Bescheiden vom 27. Juli 2001 nahm der Beklagte den Bescheid vom 18. Januar 2001 mit Wirkung ab dem siebten Lebensmonat (8. März 2001) zurück und forderte die Erstattung des gezahlten Erziehungsgelds in Höhe von 600,00 DM (306,78 Euro).

Der Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 2002 zurück. Das Erziehungsgeld werde vom Beginn des siebten Lebensmonats an gemindert, wenn das Einkommen bei Verheirateten, die von ihrem Ehegatten nicht dauernd getrennt leben, 23.700,00 DM übersteigt. Leben die Eltern in einer eheähnlichen Gemeinschaft, gelte die Einkommensgrenze für Verheiratete, die nicht dauernd getrennt leben. Ab 1. Januar 2000 lebe die Klägerin in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft mit dem Vater der Tochter. Vertrauensschutz gegen die Rückforderung stehe ihr nicht zu; sie habe grob fahrlässig falsche Angaben gemacht.

Hiergegen hat die Klägerin am 27. Februar 2002 beim Sozialgericht Augsburg (SG) Klage erhoben und die Aufhebung "des Bescheides vom 27. Juli 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2002" beantragt. In der mündlichen Verhandlung hat der Klägerbevollmächtigte die Anträge wie in der Klageschrift gestellt. Das SG hat mit Urteil vom 3. März 2003 unter Bezugnahme auf die Gründe des Widerspruchsbescheides die Klage abgewiesen. Die beigefügte Rechtsmittelbelehrung enthält den Satz, dass das Urteil mit der Berufung angefochten werden kann.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägerbevollmächtigten vom 3. März 2003, mit der er die Aufhebung des Urteils des SG sowie der o.g., mit der Klage angefochtenen Bescheide beantragt (Schriftsatz vom 22. April 2003). Er ist auch in diesem Verfahren der Ansicht, dass die Klägerin ihren Wohnsitz in S. beibehalten und nicht in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft mit dem Vater ihrer Tochter gelebt habe.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Im Übrigen wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten des SG und des Beklagten Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:
:

Der Senat kann gemäß § 124 Abs. 2 SGG aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden. Da der Klägerbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 22. April 2003 - wie mit der Klage - die vollständige Aufhebung des Beschlusses vom 27. Juli 2001 ohne einen Leistungsantrag geltend gemacht hat, muss der Senat bei der Auslegung dieses Begehrens (§ 123 SGG) davon ausgehen, dass Streitgegenstand nur die Rückforderung des Erziehungsgeldes in Höhe von 600,00 Euro
(306,78 Euro) ist. Die Berufung ist gemäß § 158 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als unzulässig zu verwerfen. Nach dieser gesetzlichen Vorschrift ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder nicht zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt worden ist. Im vorliegenden Fall bedurfte die Berufung der Zulassung (§ 144 Abs. 1 SGG). Da sie ohne Zulassung eingelegt wurde, und eine Auslegung dahin nicht möglich ist, dass eine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt werden sollte, ist sie nicht statthaft und muss daher als unzulässig verworfen werden.
Gemäß § 143 SGG findet gegen die Urteile des Sozialgerichte grundsätzlich die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt. § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG regelt, dass die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts bedarf, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft,
500,00 Euro nicht übersteigt. Dies gilt nach Nr. 2 dieser Vorschrift auch bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden, die 5.000,00 Euro nicht übersteigt. Maßgeblicher Zeitpunkt ist gemäß § 202 SGG i.V.m.
§ 4 Abs. 1 S. 1 Zivilprozessordnung der Zeitpunkt der Einlegung der Berufung, so dass die genannten Werte noch anzuwenden sind und nicht das neue, ab 1. April 2008 geltende Recht.

Im vorliegenden Fall ist streitig die Überzahlung des Bundeserziehungsgeldes in Höhe von 600,00 DM (306,78 Euro) für die Zeit vom 8. März bis 7. August 2001. Diese Berufungsbeschränkung nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes betrifft eine Geldleistung gemäß § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG, die sich als einmalige Leistung darstellt. Denn der Beklagte fordert die Erstattung in einem Betrag (vgl. Meyer-Ladewig u.a., SGG,
8. Auflage, §144, Rnrn. 22a, 24b m.w.N.). Diese Wertgrenze von 500,00 Euro erreicht die Rückforderung des Beklagten nicht.

Das SG hat die Berufung nicht zugelassen, auch wenn es in der Rechtsmittelbelehrung von der Zulässigkeit der Berufung ausgegangen ist. Eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrung enthält nicht eine Entscheidung über die Zulassung. Die Zulassung wird im Urteil ausgesprochen; es muss sich aus dem Wortlaut des Urteils ergeben, dass das Gericht die Zulassung beschlossen hat. Das heißt, es ist eine entsprechende Entscheidung im Tenor erforderlich; wirksam wäre auch eine Zulassung in den Entscheidungsgründen, wenn sie eindeutig ausgesprochen ist. Beides ist hier nicht der Fall.

Im vorliegenden Fall, in dem das SG irrtümlich angenommen hat, die Berufung sei ohne Zulassung statthaft und deswegen die Zulassung nicht geprüft und nicht darüber entschieden hat, gilt nach der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung, dass das LSG nicht über die Zulassung der Berufung entscheiden darf, weil keine Nichtzulassungsbeschwerde vorliegt. Die Folgen einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung ergeben sich aus
§ 66 Abs. 2 SGG, der Beteiligte kann Nichtzulassungsbeschwerde binnen einer Einjahresfrist einlegen. Eventuell kann auch noch Wiedereinsetzung beantragt werden (Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., Rn. 45a, m.w.N.). Eine Umdeutung der Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde kommt jedenfalls nicht in Betracht, weil die Klägerin entsprechend der unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung Berufung einlegen wollte (Meyer-Ladewig, a.a.O., Rn. 45 m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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