L 8 B 850/08 SO ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 53 SO 274/08 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 B 850/08 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 5. August 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.
Im vorliegenden Eilverfahren geht es (nur noch) um die Frage, ob die Antragsgegnerin (Ag) im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten ist, der Antragstellerin (Ast) über den 30.09.2008 höhere Leistungen nach dem SGB XII zu gewähren.

Die 1999 geborene Ast bewohnt seit Oktober 2007 zusammen mit ihrer 1963 geborenen indonesischen Mutter und ihrem im Jahr 1931 geborenen deutschen Vater eine Wohnung in A-Stadt, für die Mietkosten einschließlich Betriebskostenvorauszahlungen in Höhe von 529,52 Euro anfallen. Am 31.05.2008 hat die Mutter der Ast A-Stadt verlassen. Sie ist nach Indonesien geflogen, wo sie sich nach Auskunft des Vaters bis 01.10.2008 aufhielt. Die Wohnung in A-Stadt werde von der Mutter der Ast beibehalten, aber einzig und allein zu dem Zweck, die Tochter besuchen zu können. Ab 01.10.2008 ist die Mutter der Ast nach den Angaben des Vaters wieder in A-Stadt.

Das Einkommen der Familie setzt sich aus der Altersrente des Vaters in Höhe von
199,85 Euro netto sowie dem für die Ast gezahlten Kindergeld in Höhe von 154.- Euro zusammen. Der Vater der Ast bezieht seit 01.08.2006 vom Antragsgegner Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsunfähigkeit. Die Ast und ihre Mutter erhielten bis 31.05.2007 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II anteilig vom Antragsgegner und der Beigeladenen (vgl. auch Beschluss des Sozialgerichts - SG - München vom 14.05.2007, S 19 AS 824/07 ER).

Bei einer Untersuchung durch den ärztlichen Dienst der Beigeladenen am 12.12.2006 wurde eine vollschichtige Leistungsfähigkeit der Mutter der Ast festgestellt. Wegen der Verletzung ihrer Mitwirkungspflichten wurden der Ast und ihrer Mutter mit Bescheid der Beigeladenen vom 27.03.2007 die Leistungen nach dem SGB II ab dem 01.06.2007 vollständig entzogen. Mit Beschluss des Sozialgerichts München - SG - vom 14.05.2007 (Az. S 19 AS 824/07) wurde die Beigeladene verpflichtet, der Ast und ihrer Mutter vom 01.05. bis 31.07.2007 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem
SGB II weiterzugewähren. Mit Beschluss vom 03.08.2007 wurde der Ag verpflichtet, der Ast für die Zeit vom 01.08.bis 30.09.2007 vorläufig einen Betrag in Höhe von 310,60 Euro zu gewähren.

Mit Beschluss vom 22.10.2007 lehnte das SG den Eilantrag der Ast auf Gewährung von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII ab 01.10.2007 von dem Ag wegen Vorrangs der Leistungen nach dem SGB II ab. Der Lebensunterhalt der Ast sei nicht gefährdet, da die Mutter einen Leistungsantrag bei der Beigeladenen nach dem
SGB II für sich und die Ast stellen könne. Auf die Beschwerde der Ast hob das LSG den Beschluss des SG auf und verpflichtete den Ag im Wege der einstweiligen Anordnung, der Ast für die Zeit vom 01.10.2007 bis zum 31.03.2008 einen Betrag in Höhe von
310,60 Euro zu gewähren. Es sei ungeklärt, ob ein Anspruch nach dem SGB XII gegen
§ 21 S. 1 SGB XII ausgeschlossen sei. Offen sei, ob die Ast mit ihrer Mutter in einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne der Vorschriften des SGB II lebe und ob die Mutter der Ast erwerbsfähig sei oder nicht. Zwar verletze die Mutter der Ast ihre Mitwirkungspflichten dadurch, dass sie keine Leistungen nach dem SGB II beantrage. Ohne die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz seien aber schwere Rechtsverletzungen nicht von der Hand zu weisen. Dieser Abwägungsbelang überwiege.

Die Ag gewährte der Ast daraufhin Sozialhilfe für die Zeit vom 01.10.2007 bis 31.03.2008 (Bescheide vom 19.12.2007 und vom 09.01.2008).

Am 18.01.2008 und im Rahmen eines Erörterungstermins am 05.03.2008 vor dem SG beantragte die Ast, vertreten durch ihre Eltern, für die Zeit ab 01.04.2008 sowohl Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII als auch nach dem SGB II von dem Ag und der Beigeladenen. Die Mutter der Ast lehnte es vorerst ab, einen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II zu stellen. Der Antrag vom 05.03.2008 auf Leistungen nach dem SGB II wurde durch Bescheid vom 06.03.2008 abgelehnt.

Mit Beschluss vom 17.03.2008 verpflichtete das SG sowohl den Ag als auch die Beigeladene im Wege der einstweiligen Anordnung, der Antragstellerin vom 01.04. bis zum
30.09.2008 Sozialgeld in Höhe von jeweils 172 Euro monatlich vorläufig zu bezahlen. Der Antrag auf Verpflichtung des Ag, der Ast im Wege der einstweiligen Anordnung Sozialhilfe nach dem SGB XII für die Zeit ab dem 01.04.2008 vorläufig zu gewähren, wurde abgelehnt.

Dagegen legte die Beigeladene Beschwerde ein. Es bedürfe mindestens eines erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 7 Abs. 1 SGB II, mit dem gegebenenfalls weitere Mitglieder eine Bedarfsgemeinschaft bilden könnten. Ob die Mutter eine erwerbsfähige Hilfebedürftige sei, lasse sich von der Beigeladenen nicht feststellen. Die Beigeladene habe keine Möglichkeit, das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen auch dem Grunde nach für die Mutter der Ast festzustellen. Die nach § 37 SGB II erforderliche Antragstellung habe anspruchsbegründende Wirkung. Mangels Antrag habe die Mutter der Ast auch dem Grunde nach keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II. Die Mutter der Ast sei zur Mitwirkung nicht verpflichtet. Die Vermutung, die Mutter der Antragstellerin sei eine erwerbsfähige Hilfebedürftige, reiche nicht aus, um einen Anspruch der Ast gegen die Beigeladene zu konstruieren. Nach dem Beschluss des BayLSG habe die Ast vorrangig Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII. Die Leistungen seien auch der Höhe nach falsch berechnet worden. Das zu berücksichtigende Einkommen mindere die Geldleistungen der Beigeladenen. Der Regelsatz für die Ast von 208.- Euro sei um das Kindergeld in Höhe von
154 Euro zu mindern. Von der Beigeladenen seien daher allenfalls 54.- Euro zu bezahlen.

Die Ast legte gegen den Bescheid der Beigeladenen mit Schreiben vom 22.03.2008 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 22.04.2008 zurückgewiesen wurde. Nur Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft erhielten Leistungen nach dem SGB II. Es ließe sich nicht feststellen, dass wenigstens ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger im Sinne des
§ 7 Abs. 1 SGB II im Haushalt der Ast lebe, da die Mutter der Ast ausdrücklich keine Leistungen nach dem SGB II beantragte und es somit der Beigeladenen verwehrt sei, deren Erwerbsfähigkeit festzustellen. Gegen den Widerspruchsbescheid von 22.04.2008 erhob die Ast Klage zum Sozialgericht München.

Am 23.06.2008 erhob der Vater der Ast Anschlussbeschwerde gegen den Beschluss des SG vom 17.03.2008 mit dem Antrag, den Antragsgegner zu verpflichten, ab 01.06.2008 bis 01.10.2008 Sozialhilfe für die Ast zu erbringen, die Wohnungsmiete zur Hälfte zu teilen und den Vater als Haushaltsvorstand anzuerkennen. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, die Mutter der Ast habe aus gesundheitlichen Gründen A-Stadt verlassen und werde dort voraussichtlich bis 01.10.2008 abwesend sein. Sie habe noch ihren Wohnsitz in der K.straße in A-Stadt, aber einzig und allein zu dem Zweck, ihre Tochter besuchen zu können. Da ihm nur 342.- Euro für sich und seine Tochter zum Lebensunterhalt übrig blieben, habe er sich an die Ag mit der Bitte um Umstellung gewandt. Eine Antwort sei nicht erfolgt.

Mit Beschluss vom 2606.2008, Az.: L 8 B 383/08 SO ER, änderte der Senat auf die Beschwerde der Beigeladenen hin den Beschluss des Sozialgerichts München vom
17.03.2008 insoweit ab, als mit ihm die Beigeladene verpflichtet wurde, ab 01.06.2008 bis 30.09.2008 Sozialgeld in Höhe von 172.- Euro monatlich vorläufig zu bezahlen und wies die Beschwerde und die Anschlussbeschwerde im Übrigen zurück.

Am 30.06.2008 hat die Ast beim SG erneut die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Das SG hat die Bundesagentur für Arbeit zum einstweiligen Rechtsschutzverfahren beigeladen. Diese hat dahingehend Stellung genommen, dass sie keinen Anspruch der Antragstellerin auf Leistungen nach dem SGB II sehe, da die Mutter der Antragstellerin die Haushaltsgemeinschaft mit der minderjährigen Tochter beendet habe. Mit Beschluss vom 05.08.2008 hat das SG den Eilantrag abgelehnt. Der Antrag sei bereits unzulässig, weil kein Rechtsschutzbedürfnis vorliege. Der Antragstellerin wurden derzeit keine gegenwärtigen und dringenden Nachteile drohen. Weder der Antragsgegner noch die Beigeladene hätten zum jetzigen Zeitpunkt über Leistungen ab 01.10.2008 entschieden. Im Übrigen wäre der Antrag auch unbegründet, weil kein glaubhafter Anordnungsgrund vorliege. Die wirtschaftliche Existenz der Antragstellerin sei bis zum 30.09.2008 durch Leistungen des Antragsgegners gesichert. Eine Entscheidung ab 01.10.2008 könne erst getroffen werden, wenn die Antragstellerin hinreichend konkrete Angaben dazu mache, wo sich ihre Mutter ab 01.10.2008 aufhalten werde.

Dagegen hat die Ast Beschwerde zum LSG eingelegt und ausgeführt, die Mutter der Antragstellerin sei erst ab 01.10.2008 wieder in A-Stadt. Ob sie in A-Stadt sei oder nicht, sei für die Hilfe der Antragstellerin nicht ausschlaggebend. Das Verhalten der Richterin am Sozialgericht sei unverständlich, sie werde wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Die Zahlungen müssten ab 01.10.2008 weitergeführt werden.

Mit Bescheid vom 07.10.2008 hat die Ag der Ast unter Aufhebung des Bescheides vom 03.07.2008 Leistungen nach dem SGB XII für die Zeit ab 01.10.2008 bewilligt, und zwar durch Leistungsgewährung an den Vater der Ast in Höhe 850,91 Euro monatlich für die Zeit von 01.10.2008 bis 31.10.2008 und für die Zeit vom 01.11.2008 bis 30.11.2009 in Höhe von 658,65 Euro monatlich. In diesen Beträgen waren ausweislich der dem Bescheid beiliegenden Berechnungen für die Ast für Oktober 2008 in Höhe von 360,40 Euro und für die Zeit ab 01.11.2008 in Höhe von 264,27 Euro monatlich enthalten. Die Ag gehe aufgrund der persönlichen Vorsprache am 02.10.2008 davon aus, dass sich die Mutter der Ast nur vorübergehend unter der Adresse in A-Stadt aufhalte. Daher könne die Ast einen Leistungsanspruch nach dem 3. Kapitel des SGB XII geltend machen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Denn die Voraussetzungen für den Er-
lass der beantragten Eilentscheidung liegen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht vor.

Die Beschwerde ist nicht bereits deshalb unbegründet, weil der beim SG gestellte Eilantrag unzulässig war.

Ein Rechtsschutzbedürfnis war und ist entgegen der Auffassung des SG gegeben. Die Ast konnte insbesondere nicht darauf verwiesen werden, den Antrag auf einstweilige Anordnung erst nach Ablauf des Bewilligungszeitraums zu stellen. Zum einen sind Streitgegenstand hier existenzsichernde Leistungen und die Ast musste nach dem bisherigen Gang der eingeleiteten Verwaltungs- und Gerichtsverfahren davon ausgehen, dass es möglicherweise nicht zu einer Leistung ab 01.10.2008 kommt. Zum anderen zeigt auch die erst mit Bescheid vom 07.10.2008 erfolgte Leistungsbewilligung, dass die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes nicht ohne Grund erfolgte. Damit ist kein Grund ersichtlich, warum die Ast mit ihrem Antrag bis zum Ablauf des Bewilligungszeitraumes hätte warten müssen.

Jedoch liegen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde weder Anordnungsanspruch noch Anordnungsgrund vor. Auch fällt eine Güter- und Folgenabwägung zu Lasten der Ast aus.

Die Maßstabsbildung in Eilverfahren der Fachgerichte hängt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom Rechtsschutzziel ab (vgl. z.B. für den
Bereich der Existenzsicherung Beschluss des BVerfG vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 Juris Rn. 25; zu Leistungen nach dem SGB V Beschluss vom 06.02.2007, Az.: 1 BvR 3101/06). Da der Ast ohne die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach der zwischenzeitlich mit Bescheid vom 07.10.2008 erfolgten Bewilligung von Leistungen keine schweren Rechtsverletzung im Sinne der zur Existenzsicherung nach dem SGB II (BVerfG vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 Juris Rn. 25 - 28) bzw. im Sinne der zu den existenziell bedeutsamen Leistungen der Krankenversicherung entwickelten Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 06.02.2007, Az.: 1 BvR3101/06) mehr drohen, bleibt es bei den einfach gesetzlichen Voraussetzungen des § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG, die mit den Begriffen des Anordnungsanspruches und des Anordnungsgrundes zusammengefasst werden können (zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieses Vorgehens BVerfG vom 29.07.2003, 2 BvR 311/03 Juris Rn. 13; BVerfG NJW 1989, 827).

Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Im Hinblick auf den zu fordernden Überzeugungsgrad bzw. auf den Beweismaßstab verweist § 86 b
Abs. 2 Satz 4 SGG unter anderem auf § 920 Abs.2 Zivilprozessordnung - ZPO -, wonach Anspruch und Anordnungsgrund glaubhaft zu machen sind. Aus den genannten Vorschriften ist der Überzeugungsgrad der überwiegenden Wahrscheinlich abzuleiten, wobei auch im Eilverfahren der Amtsermittlungsgrundsatz des § 103 SGG gilt (vgl. Burkholz, Der Untersuchungsgrundsatz im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren, S. 67 ff.). Aus den genannten Regelungen ergibt sich mithin, dass der Erfolg eines Eilantrags in den sog. Vornahmesachen das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes voraussetzt. Ein Anordnungsanspruch in diesem Sinne ist gegeben, wenn der zu sichernde Hauptsacheanspruch der Antragstellerin mit durch Glaubhaftmachung oder Amtsermittlung herbeigeführter überwiegender Wahrscheinlichkeit zusteht. Ein Anordnungsgrund ist gegeben, wenn im Interimszeitraum bis zur Hauptsacheentscheidung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine über Randbereiche hinausgehende Rechtsverletzung droht (vgl. Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Auflage 2008, Rnrn. 293, 300,
jeweils m.w.N.).

Der Eilantrag der Ast ist bereits deshalb unbegründet, weil im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung kein Anordnungsgrund gegeben ist. Aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Leistungsbewilligung für den Zeitraum ab 01.10.2008 drohen keine Rechtsverletzungen mehr, die mit gerichtlichem Eilrechtsschutz verhindert werden müssten.

Auch eine Güter- und Folgenabwägung würde nach der Bewilligung der Leistungen durch die Ag zu Lasten der Ast ausfallen. Bei der Abwägung sind der prospektive Hauptsacheerfolg, die ohne Eilrechtsschutz drohenden Rechtsverletzungen und eventuell entgegenstehende öffentliche Interessen in die Abwägung einzustellen. Diese Abwägungsbelange sind unter Einbeziehung des Verhaltens des Rechtsschutzsuchenden zu gewichten und zueinander in Bezug zu setzen. Hier ist vorliegend zum einen zu beachten, dass der Hauptsacheanspruch der Ast nach wie vor nicht feststeht. Denn es ist weiterhin ungewiss, ob eine Bedarfsgemeinschaft i.S.d. § 7 Abs. 3 SGB II besteht - nach den Angaben des Vaters der Ast ist deren Mutter ab 01.10.2008 wieder in A-Stadt - und ob die Mutter der Ast erwerbsfähig im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB II ist oder nicht. Hierüber besteht immer noch Streit zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen. Diese Frage kann auch nicht im Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes abschließend geklärt werden, da hierfür ein medizinisches Gutachten zumindest nach Aktenlage erforderlich sein dürfte. Auf der anderen Seite sind die Schwere und die Wahrscheinlichkeit der Rechtsverletzung zu berücksichtigen, die der Ast drohen, wenn die begehrte einstweilige Anordnung nicht ergeht. Rechtsverletzungen bei der Ast sind nach der erfolgten Leistungsbewilligung für den Zeitraum ab 01.10.2008 zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde unwahrscheinlich. Sie können allenfalls dadurch entstehen, dass die Ag zu niedrige Leistungen erbringt. Die Ast behauptet insofern, einen um 75,- Euro höheren Anspruch zu haben. Auch ohne diesen Betrag ist die Existenzsicherung durch die erfolgte Bewilligung gewährleistet. Schon deswegen hält der Senat insoweit eine Abklärung im Hauptsacheverfahren für zumutbar, jedenfalls drohen keine Rechtsverletzungen in einer Schwere, die diesbezüglichen Eilrechtsschutz als geboten erscheinen lassen. Im Übrigen ist die von der Ast behauptete Differenz nicht nachvollziehbar. Ausweislich der Anlagen zum Bescheid vom 07.10.2008 erhält die Ast eine monatliche Hilfe von 360,40 Euro für Oktober 2008 bzw. 264,27 Euro ab November 2008 unter Zugrundelegung eines Regelsatzes von jeweils 226,00 Euro monatlich. Die niedrigere Leistung für November 2008 wird im Bescheid in nachvollziehbarer Weise damit erklärt, dass sich die Anzahl der Bewohner ab 01.11.2008 in niedrigeren Unterkunftskosten niederschlägt (vgl. S. 3 des Bescheides). Per Gerichtsbeschluss waren ihr 172,00 Euro monatlich zuerkannt worden (vgl. Beschluss des SG München vom 17.03.2008, Az.: S 19 SO 33/08 ER; Senatsbeschluss vom 26.06.2008, L 8 B 383/08 SO ER, S. 13 f.).

Aus den genannten Gründen ist auch die Anschlussbeschwerde der Ast unbegründet. Im sozialgerichtlichen Verfahren ist die Anschlussbeschwerde gemäß § 202 SGG i.V.m.
§ 567 Abs. 3 Zivilprozessordnung - ZPO - ein grundsätzlich zulässiger Rechtsbehelf. Mit der Hauptbeschwerde hat die Ast den Beschluss des SG insoweit angefochten, als eine Leistungspflicht der Ag abgelehnt wurde. Insoweit ist auch eine (unselbstständige) Anschlussbeschwerde der Ast mit dem Ziel zulässig, von der Beigeladenen eine höhere als die zwischenzeitlich bewilligte Leistung zu erhalten. Die Voraussetzungen für eine im Wege der einstweiligen Anordnung auszusprechende Verpflichtung, der Ag vorläufig höhere Leistungen zu gewähren, liegen jedoch aus den genannten Gründen nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung der §§ 193, 183 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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