Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 KR 151/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 17/07
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts
Augsburg vom 21. November 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die rückwirkende Festsetzung höherer Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung im Zeitraum 01.01.2005 bis 28.02.2006 streitig.
Die 1956 geborene Klägerin war bei der Beklagten zu 1) als Beschäftigte bzw. ab 26.07.2004 als Bezieherin von Arbeitslosengeld (Alg) pflichtversichert. Am 15.08.2004 nahm sie eine selbständige Tätigkeit mit Dienstleistungen aller Art im Bereich internationaler Handel auf. Die Agentur für Arbeit A. bewilligte mit Bescheid vom 18.08.2004 einen Existenzgründungszuschuss für die Zeit vom 15.08.2004 bis 14.08.2005 in Höhe von monatlich 600,- EUR. Mit weiterem Bescheid vom 03.08.2005 erfolgte eine weitere Zuschussbewilligung für die Zeit vom 15.08.2005 bis 14.08.2006 in Höhe von monatlich 360,- EUR.
Am 15.07.2004 zeigte die Klägerin den Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung bei der Beklagten zu 1) an. Dabei gab sie ein voraussichtliches Einkommen aus selbständiger Tätigkeit von ca. 1.800,- EUR monatlich an.
Unter Zugrundelegung dieser Angaben stellten die Beklagten mit Bescheid vom 19.08.2004 die Höhe der monatlichen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung (230,40 EUR bzw. 30,60 EUR) fest. Die Einstufung erfolgte unter Vorbehalt, da noch kein Einkommensnachweis vorgelegt war.
Nachdem die Klägerin im Einkommensfragebogen vom 29.11.2004 nur noch ein Einkommen von 1.200,- EUR monatlich aus selbständiger Tätigkeit angegeben und Unterlagen zum Existenzgründungszuschuss vorlegte hatte, setzten die Beklagten für die Zeit ab 01.01.2005 die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nach einem beitragspflichtigen Einkommen von 1.207,50 EUR (Mindestgrenze) mit 154,56 EUR bzw. 20,52 EUR fest. Auch diese Einstufung erfolgte unter ausdrücklichem Vorbehalt.
Im Einkommensfragebogen vom 20.11.2005 gab die Klägerin ihr Einkommen aus selbständiger Tätigkeit erneut mit 1.200,- EUR monatlich an. Sie legte sodann am 09.01.2006 den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2004 vom 30.05.2005 vor. Danach erzielte sie Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 15.205,- EUR.
Mit streitigem Bescheid vom 20.01.2006 setzten die Beklagten daraufhin die Beiträge für die Zeit ab 15.08.2004 ausgehend von einem beitragspflichtigen Einkommen in Höhe von 3.305,40 EUR neu fest. Sie errechneten einen aktuellen Beitrag von 423,10 EUR zur Krankenversicherung und 56,20 EUR zur Pflegeversicherung sowie eine Nachforderung in Höhe von insgesamt 5.822,56 EUR für die Zeit vom 15.08.2004 bis 31.12.2005. Am 25.05.2006 schlossen die Beteiligten eine Ratenvereinbarung.
Mit ihrem gegen den Bescheid vom 20.01.2006 erhobenen Widerspruch vom 30.01.2006 trug die Klägerin im Wesentlichen vor, die Einnahmen für 2004 hätten in einer günstigen Konjunkturphase gelegen, weshalb sie ihr Gewerbe angemeldet habe. Bereits im Januar 2005 sei aber ein großer Partner weggefallen und es habe sich über das Jahr gesehen die Situation insgesamt zusehens verschlechtert. Eine Nachzahlung in der Höhe von 5822,56 EUR würde unweigerlich zum Schließen ihres Gewerbes führen. Ferner legte die Klägerin eine Bestätigung des Finanzamtes A. vom 06.02.2006 vor, wonach sich für das Kalenderjahr 2006 voraussichtlich ein Einkommensverlust ergebe und daher Einkommensteuervorauszahlungen ab dem Jahr 2005 nicht festzusetzen seien.
Am 30.01.2006 erläuterte die Beklagte zu 1) der Klägerin die Rechtslage, erklärte sich jedoch bereit, bei einem Nachweis geringerer Einkünfte für die Zukunft durch einen Bescheid des Finanzamtes über die Vorauszahlung der Einkommensteuer die Beitragseinstufung für die Zukunft zu ändern
Die Beklagten setzten dann mit Bescheid vom 22.02.2006 die Beiträge für die Zeit ab 01.03.2006 nach einem beitragspflichtigen Einkommen von 1.225,- EUR mit monatlich 156,80 EUR bzw. 20,82 EUR fest. Mit ihrem dagegen erhobenen Widerspruch trug die Klägerin im Wesentlichen vor, ihr Einkommen habe pro Monat nicht 1.225,- EUR betragen. Das Widerspruchsverfahren blieb mit Widerspruchsbescheid vom 13.04.2006 erfolglos.
Zur Begründung der dagegen zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin im Wesentlichen ausgeführt, die Beitragserhöhung gehe von falschen Voraussetzungen aus, da sie Einkünfte in der angenommenen Höhe tatsächlich nicht erziele. Die Klägerin hat zudem den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 vorgelegt, der Negativ-Einkünfte aus Gewerbebetrieb auswies. Weiterhin hat sie sich auf ihr tatsächliches Einkommen berufen. Auch die Rentenversicherung habe nach Kenntnis des niedrigeren Einkommens die Beitragshöhe reduziert.
Mit Urteil vom 21.11.2006 hat das SG die Klage abgewiesen und sich der Auffassung der Beklagten angeschlossen.
Mit ihrer dagegen eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Dabei beruft sie sich auf ihr bisheriges Vorbringen.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 21.11.2006 aufzuheben und die Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 20.01.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.04.2006 zu verurteilen, die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit 01.01.2005 bis 28.02.2006 nach der Mindestbemessungsgrenze für Selbständige festzusetzen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie die beigezogenen Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), in der Sache selbst jedoch unbegründet, weil das Urteil des Sozialgerichts Augsburg (SG) vom 21.11.2006 der Sach- und Rechtslage entspricht, da die zugrundeliegenden Bescheide der Beklagten vom 20.01.2006 und 13.04.2006 nicht zu beanstanden sind.
Die Nachforderung für die Vergangenheit folgt aus §§250 Abs.2, 252 SGB V i.V.m. § 32 Abs.2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und §§ 59, 60 SGB XI. Danach darf ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßem Ermessen mit einem Vorbehalt des Widerrufs erlassen werden. Durch den Widerrufsvorbehalt kann es sich die Beklagte bzw. die Krankenkasse vorbehalten, den Verwaltungsakt unter in ihm selbst konkret angegebenen oder sich aus dem Gesetz ergebenden Gründen zu widerrufen. Der mit einem Widerrufsvorbehalt versehene Verwaltungsakt wird mit seiner Bekanntgabe wirksam. Der Vorbehalt schränkt die Bindungswirkung ein. Er führt dazu, dass bei der auf ihn gestützten Rücknahme eines Bescheides Vertrauensgesichtspunkte des § 45 SGB X nicht zu berücksichtigen sind.
Auch ein Bescheid - wie hier - mit dem in der gesetzlichen Krankenversicherung eine Beitragseinstufung vorgenommen wird, kann mit einem Widerrufsvorbehalt versehen werden (vgl. Engelmann in von Wulffen, SGB X-Kommentar, 6. Auflage, § 32 Rdnr.20).
Die Klägerin ist freiwilliges Mitglied der Beklagten zu 1) (§ 9 SGB V) und in der Pflegeversicherung pflichtversichert nach § 21 Abs.3 SGB XI. Die Beitragszahlung für freiwillige Mitglieder der Krankenversicherung richtet sich nach § 240 SGB V, der für die Beitragsbemessung zur Pflegeversicherung entsprechend anzuwenden ist (§ 57 Abs.4 Satz 1 SGB XI).
§ 240 Abs.1 SGB V bestimmt, dass die Beitragsbemessung durch die Satzung geregelt wird. Nach § 240 Abs.4 SGB V gelten als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag mindestens der 90. Teil der monatlichen Bezugsgröße. Für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind, gelten nach § 240 Abs.4 Satz 2 SGB V als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der 30. Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze, bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße, für freiwillige Mitglieder, die Anspruch auf einen monatlichen Existenzgründungszuschuss nach § 421l SGB III haben, gilt der 60. Teil der monatlichen Bezugsgröße.
Die Beitragsbescheide 19.08.2004 und 01.02.2005 ergingen - wie bereits ausgeführt - gemäß § 32 Abs.2 Nr. 3 SGB X mit dem Vorbehalt des Widerrufs. Dieser erfolgte, da nach der Rechtsprechung des BSG eine objektive Ermittlung des Einkommens Selbständiger ohne die Heranziehung amtlicher Unterlagen der Finanzverwaltung ausscheidet (vgl. BSG, Urteil vom 26.09.1996 - 12 KR 46/95 - in SozR 3-2500 § 240 Nr.27). Da aufgrund der am 15.08.2004 aufgenommenen Selbständigkeit ein Steuerbescheid noch nicht vorlag, wurden die Beitragsbescheide, die Einnahmen entsprechend den Angaben der Klägerin (zunächst 1.800,- EUR, später 1.200,- EUR) zugrunde legten, nach Beachtung pflichtgemäßem Ermessens mit einem Widerrufsvorbehalt erlassen.
Am 09.01.2006 lag den Beklagten der Steuerbescheid für das Jahr 2004 vor, woraus sich Gesamteinkünfte aus Gewerbebetrieb für das Jahr 2004 in Höhe von 15.205,- EUR ergeben hatten, woraus wiederum monatliche Einnahmen in Höhe von 3.305,40 EUR folgen. Zutreffend weist das SG in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Beklagten mit Bescheid vom 20.01.2006 mit 3.305,40 EUR sogar ein Einkommen zugrunde gelegt haben, das unterhalb des tatsächlichen Einkommens und der Beitragsbemessungsgrenze für das Jahr 2004 (3.487,50 EUR) und die Folgejahre lag. Zu Recht wurden für das Jahr 2005 und für die Monate Januar und Februar 2006 auch die Beiträge nach dem Einkommen errechnet, das aus dem Steuerbescheid des Jahres 2004 nachgewiesen ist, und nicht nach dem Mindesteinkommen. Als Einnahme der hauptberuflich selbständigen Klägerin waren ihre seit 2004 erzielten Einkünfte aus der selbständigen Tätigkeit nach § 15 SGB IV zu berücksichtigen. Mit dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2004 wurde ein unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegendes Einkommen von 3.378,08 EUR pro Monat nachgewiesen. Dieses nachgewiesene Einkommen ist so lange Grundlage für die Beitragsbemessung, bis die Klägerin durch einen neuen Einkommensteuerbescheid ein niedrigeres Einkommen nachweist. Nach § 240 Abs.4 Satz 3 SGB V wird dabei der niedrigere Beitrag erst mit dem Monat nach Vorlage des Einkommensnachweises angesetzt. Einen solchen Nachweis - auch darauf weist das SG zu Recht hin - niedrigerer Einkünfte hat die Klägerin erst im Laufe des Gerichtsverfahrens durch Vorlage des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2005 erbracht, nicht jedoch schon im streitigen Zeitraum vom 01.01.2005 bis 28.02.2006. Hinzuweisen ist auch darauf, dass nachdem der Klägerin durch das Finanzamt bestätigt worden war, dass für das Jahr 2005 keine Einkommensteuervorauszahlung zu leisten sei, die Beklagten reagiert haben und sogleich den Beitrag herabgesetzt haben. Des Weiteren ist auch darauf hinzuweisen, dass die Ratenvereinbarung vom 25.05.2006 nur den eigentlichen Beitragsrückstand betrifft und die bis Mai 2006 angefallenen Säumniszuschläge, die von der Klägerin bislang in geringen Raten von 50,- EUR monatlich regelmäßig beglichen werden. Hier hat die Beklagte insgesamt ein Verhalten an den Tag gelegt, das in keiner Weise zu beanstanden ist.
Das Vorbringen der Klägerin, dass nicht nur die rückwirkende Heraufsetzung, sondern auch eine rückwirkende Herabsetzung von Beiträgen möglich sein müsse, greift nicht, denn diesem Einwand steht der Gesetzestext - § 240 Abs.4 Satz 3 SGB V - entgegen. Auch der Hinweis, dass der Rentenversicherungsträger problemlos das von ihr angegebene niedrigere Einkommen für die Beitragsbemessung berücksichtigt habe, kann zu keiner Änderung der Entscheidung führen, da dort eine andere rechtliche Grundlage gilt. Zwar bemisst sich der Beitrag ebenfalls nach dem durch Steuerbescheid nachgewiesenen Einkommen (§ 165 Abs.1 Satz 3 SGB VI), jedoch ist hiervon abweichend vom laufenden Arbeitseinkommen auszugehen, wenn dieses im Durchschnitt voraussichtlich um wenigstens 30 v.H. niedriger ist als das Einkommen aus dem letzten Einkommensteuerbescheid (§ 165 Abs.1a Satz 1 SGB VI). Eine entsprechende Regelung fehlt aber in § 240 SGB V.
Somit war die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Augsburg vom 21.11.2006 zurückzuweisen.
Aufgrund des Unterliegens der Klägerin sind ihr keine Kosten zu erstatten (§ 193 SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
Augsburg vom 21. November 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die rückwirkende Festsetzung höherer Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung im Zeitraum 01.01.2005 bis 28.02.2006 streitig.
Die 1956 geborene Klägerin war bei der Beklagten zu 1) als Beschäftigte bzw. ab 26.07.2004 als Bezieherin von Arbeitslosengeld (Alg) pflichtversichert. Am 15.08.2004 nahm sie eine selbständige Tätigkeit mit Dienstleistungen aller Art im Bereich internationaler Handel auf. Die Agentur für Arbeit A. bewilligte mit Bescheid vom 18.08.2004 einen Existenzgründungszuschuss für die Zeit vom 15.08.2004 bis 14.08.2005 in Höhe von monatlich 600,- EUR. Mit weiterem Bescheid vom 03.08.2005 erfolgte eine weitere Zuschussbewilligung für die Zeit vom 15.08.2005 bis 14.08.2006 in Höhe von monatlich 360,- EUR.
Am 15.07.2004 zeigte die Klägerin den Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung bei der Beklagten zu 1) an. Dabei gab sie ein voraussichtliches Einkommen aus selbständiger Tätigkeit von ca. 1.800,- EUR monatlich an.
Unter Zugrundelegung dieser Angaben stellten die Beklagten mit Bescheid vom 19.08.2004 die Höhe der monatlichen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung (230,40 EUR bzw. 30,60 EUR) fest. Die Einstufung erfolgte unter Vorbehalt, da noch kein Einkommensnachweis vorgelegt war.
Nachdem die Klägerin im Einkommensfragebogen vom 29.11.2004 nur noch ein Einkommen von 1.200,- EUR monatlich aus selbständiger Tätigkeit angegeben und Unterlagen zum Existenzgründungszuschuss vorlegte hatte, setzten die Beklagten für die Zeit ab 01.01.2005 die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nach einem beitragspflichtigen Einkommen von 1.207,50 EUR (Mindestgrenze) mit 154,56 EUR bzw. 20,52 EUR fest. Auch diese Einstufung erfolgte unter ausdrücklichem Vorbehalt.
Im Einkommensfragebogen vom 20.11.2005 gab die Klägerin ihr Einkommen aus selbständiger Tätigkeit erneut mit 1.200,- EUR monatlich an. Sie legte sodann am 09.01.2006 den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2004 vom 30.05.2005 vor. Danach erzielte sie Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 15.205,- EUR.
Mit streitigem Bescheid vom 20.01.2006 setzten die Beklagten daraufhin die Beiträge für die Zeit ab 15.08.2004 ausgehend von einem beitragspflichtigen Einkommen in Höhe von 3.305,40 EUR neu fest. Sie errechneten einen aktuellen Beitrag von 423,10 EUR zur Krankenversicherung und 56,20 EUR zur Pflegeversicherung sowie eine Nachforderung in Höhe von insgesamt 5.822,56 EUR für die Zeit vom 15.08.2004 bis 31.12.2005. Am 25.05.2006 schlossen die Beteiligten eine Ratenvereinbarung.
Mit ihrem gegen den Bescheid vom 20.01.2006 erhobenen Widerspruch vom 30.01.2006 trug die Klägerin im Wesentlichen vor, die Einnahmen für 2004 hätten in einer günstigen Konjunkturphase gelegen, weshalb sie ihr Gewerbe angemeldet habe. Bereits im Januar 2005 sei aber ein großer Partner weggefallen und es habe sich über das Jahr gesehen die Situation insgesamt zusehens verschlechtert. Eine Nachzahlung in der Höhe von 5822,56 EUR würde unweigerlich zum Schließen ihres Gewerbes führen. Ferner legte die Klägerin eine Bestätigung des Finanzamtes A. vom 06.02.2006 vor, wonach sich für das Kalenderjahr 2006 voraussichtlich ein Einkommensverlust ergebe und daher Einkommensteuervorauszahlungen ab dem Jahr 2005 nicht festzusetzen seien.
Am 30.01.2006 erläuterte die Beklagte zu 1) der Klägerin die Rechtslage, erklärte sich jedoch bereit, bei einem Nachweis geringerer Einkünfte für die Zukunft durch einen Bescheid des Finanzamtes über die Vorauszahlung der Einkommensteuer die Beitragseinstufung für die Zukunft zu ändern
Die Beklagten setzten dann mit Bescheid vom 22.02.2006 die Beiträge für die Zeit ab 01.03.2006 nach einem beitragspflichtigen Einkommen von 1.225,- EUR mit monatlich 156,80 EUR bzw. 20,82 EUR fest. Mit ihrem dagegen erhobenen Widerspruch trug die Klägerin im Wesentlichen vor, ihr Einkommen habe pro Monat nicht 1.225,- EUR betragen. Das Widerspruchsverfahren blieb mit Widerspruchsbescheid vom 13.04.2006 erfolglos.
Zur Begründung der dagegen zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin im Wesentlichen ausgeführt, die Beitragserhöhung gehe von falschen Voraussetzungen aus, da sie Einkünfte in der angenommenen Höhe tatsächlich nicht erziele. Die Klägerin hat zudem den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 vorgelegt, der Negativ-Einkünfte aus Gewerbebetrieb auswies. Weiterhin hat sie sich auf ihr tatsächliches Einkommen berufen. Auch die Rentenversicherung habe nach Kenntnis des niedrigeren Einkommens die Beitragshöhe reduziert.
Mit Urteil vom 21.11.2006 hat das SG die Klage abgewiesen und sich der Auffassung der Beklagten angeschlossen.
Mit ihrer dagegen eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Dabei beruft sie sich auf ihr bisheriges Vorbringen.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 21.11.2006 aufzuheben und die Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 20.01.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.04.2006 zu verurteilen, die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit 01.01.2005 bis 28.02.2006 nach der Mindestbemessungsgrenze für Selbständige festzusetzen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie die beigezogenen Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), in der Sache selbst jedoch unbegründet, weil das Urteil des Sozialgerichts Augsburg (SG) vom 21.11.2006 der Sach- und Rechtslage entspricht, da die zugrundeliegenden Bescheide der Beklagten vom 20.01.2006 und 13.04.2006 nicht zu beanstanden sind.
Die Nachforderung für die Vergangenheit folgt aus §§250 Abs.2, 252 SGB V i.V.m. § 32 Abs.2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und §§ 59, 60 SGB XI. Danach darf ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßem Ermessen mit einem Vorbehalt des Widerrufs erlassen werden. Durch den Widerrufsvorbehalt kann es sich die Beklagte bzw. die Krankenkasse vorbehalten, den Verwaltungsakt unter in ihm selbst konkret angegebenen oder sich aus dem Gesetz ergebenden Gründen zu widerrufen. Der mit einem Widerrufsvorbehalt versehene Verwaltungsakt wird mit seiner Bekanntgabe wirksam. Der Vorbehalt schränkt die Bindungswirkung ein. Er führt dazu, dass bei der auf ihn gestützten Rücknahme eines Bescheides Vertrauensgesichtspunkte des § 45 SGB X nicht zu berücksichtigen sind.
Auch ein Bescheid - wie hier - mit dem in der gesetzlichen Krankenversicherung eine Beitragseinstufung vorgenommen wird, kann mit einem Widerrufsvorbehalt versehen werden (vgl. Engelmann in von Wulffen, SGB X-Kommentar, 6. Auflage, § 32 Rdnr.20).
Die Klägerin ist freiwilliges Mitglied der Beklagten zu 1) (§ 9 SGB V) und in der Pflegeversicherung pflichtversichert nach § 21 Abs.3 SGB XI. Die Beitragszahlung für freiwillige Mitglieder der Krankenversicherung richtet sich nach § 240 SGB V, der für die Beitragsbemessung zur Pflegeversicherung entsprechend anzuwenden ist (§ 57 Abs.4 Satz 1 SGB XI).
§ 240 Abs.1 SGB V bestimmt, dass die Beitragsbemessung durch die Satzung geregelt wird. Nach § 240 Abs.4 SGB V gelten als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag mindestens der 90. Teil der monatlichen Bezugsgröße. Für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind, gelten nach § 240 Abs.4 Satz 2 SGB V als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag der 30. Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze, bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch mindestens der 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße, für freiwillige Mitglieder, die Anspruch auf einen monatlichen Existenzgründungszuschuss nach § 421l SGB III haben, gilt der 60. Teil der monatlichen Bezugsgröße.
Die Beitragsbescheide 19.08.2004 und 01.02.2005 ergingen - wie bereits ausgeführt - gemäß § 32 Abs.2 Nr. 3 SGB X mit dem Vorbehalt des Widerrufs. Dieser erfolgte, da nach der Rechtsprechung des BSG eine objektive Ermittlung des Einkommens Selbständiger ohne die Heranziehung amtlicher Unterlagen der Finanzverwaltung ausscheidet (vgl. BSG, Urteil vom 26.09.1996 - 12 KR 46/95 - in SozR 3-2500 § 240 Nr.27). Da aufgrund der am 15.08.2004 aufgenommenen Selbständigkeit ein Steuerbescheid noch nicht vorlag, wurden die Beitragsbescheide, die Einnahmen entsprechend den Angaben der Klägerin (zunächst 1.800,- EUR, später 1.200,- EUR) zugrunde legten, nach Beachtung pflichtgemäßem Ermessens mit einem Widerrufsvorbehalt erlassen.
Am 09.01.2006 lag den Beklagten der Steuerbescheid für das Jahr 2004 vor, woraus sich Gesamteinkünfte aus Gewerbebetrieb für das Jahr 2004 in Höhe von 15.205,- EUR ergeben hatten, woraus wiederum monatliche Einnahmen in Höhe von 3.305,40 EUR folgen. Zutreffend weist das SG in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Beklagten mit Bescheid vom 20.01.2006 mit 3.305,40 EUR sogar ein Einkommen zugrunde gelegt haben, das unterhalb des tatsächlichen Einkommens und der Beitragsbemessungsgrenze für das Jahr 2004 (3.487,50 EUR) und die Folgejahre lag. Zu Recht wurden für das Jahr 2005 und für die Monate Januar und Februar 2006 auch die Beiträge nach dem Einkommen errechnet, das aus dem Steuerbescheid des Jahres 2004 nachgewiesen ist, und nicht nach dem Mindesteinkommen. Als Einnahme der hauptberuflich selbständigen Klägerin waren ihre seit 2004 erzielten Einkünfte aus der selbständigen Tätigkeit nach § 15 SGB IV zu berücksichtigen. Mit dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2004 wurde ein unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegendes Einkommen von 3.378,08 EUR pro Monat nachgewiesen. Dieses nachgewiesene Einkommen ist so lange Grundlage für die Beitragsbemessung, bis die Klägerin durch einen neuen Einkommensteuerbescheid ein niedrigeres Einkommen nachweist. Nach § 240 Abs.4 Satz 3 SGB V wird dabei der niedrigere Beitrag erst mit dem Monat nach Vorlage des Einkommensnachweises angesetzt. Einen solchen Nachweis - auch darauf weist das SG zu Recht hin - niedrigerer Einkünfte hat die Klägerin erst im Laufe des Gerichtsverfahrens durch Vorlage des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2005 erbracht, nicht jedoch schon im streitigen Zeitraum vom 01.01.2005 bis 28.02.2006. Hinzuweisen ist auch darauf, dass nachdem der Klägerin durch das Finanzamt bestätigt worden war, dass für das Jahr 2005 keine Einkommensteuervorauszahlung zu leisten sei, die Beklagten reagiert haben und sogleich den Beitrag herabgesetzt haben. Des Weiteren ist auch darauf hinzuweisen, dass die Ratenvereinbarung vom 25.05.2006 nur den eigentlichen Beitragsrückstand betrifft und die bis Mai 2006 angefallenen Säumniszuschläge, die von der Klägerin bislang in geringen Raten von 50,- EUR monatlich regelmäßig beglichen werden. Hier hat die Beklagte insgesamt ein Verhalten an den Tag gelegt, das in keiner Weise zu beanstanden ist.
Das Vorbringen der Klägerin, dass nicht nur die rückwirkende Heraufsetzung, sondern auch eine rückwirkende Herabsetzung von Beiträgen möglich sein müsse, greift nicht, denn diesem Einwand steht der Gesetzestext - § 240 Abs.4 Satz 3 SGB V - entgegen. Auch der Hinweis, dass der Rentenversicherungsträger problemlos das von ihr angegebene niedrigere Einkommen für die Beitragsbemessung berücksichtigt habe, kann zu keiner Änderung der Entscheidung führen, da dort eine andere rechtliche Grundlage gilt. Zwar bemisst sich der Beitrag ebenfalls nach dem durch Steuerbescheid nachgewiesenen Einkommen (§ 165 Abs.1 Satz 3 SGB VI), jedoch ist hiervon abweichend vom laufenden Arbeitseinkommen auszugehen, wenn dieses im Durchschnitt voraussichtlich um wenigstens 30 v.H. niedriger ist als das Einkommen aus dem letzten Einkommensteuerbescheid (§ 165 Abs.1a Satz 1 SGB VI). Eine entsprechende Regelung fehlt aber in § 240 SGB V.
Somit war die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Augsburg vom 21.11.2006 zurückzuweisen.
Aufgrund des Unterliegens der Klägerin sind ihr keine Kosten zu erstatten (§ 193 SGG).
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
Rechtskraft
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