L 14 R 376/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 11 R 705/05 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 376/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 46/09 B
Datum
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 22.03.2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.
Streitig ist, ob die Beklagte dem Kläger Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren hat.

Der Kläger ist 1952 geboren. Er hat die Staatsbürgerschaft Bosnien-Herzegowinas und dort auch seinen aktuellen Wohnsitz. Über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt er nicht. Zuletzt war er in Bosnien-Herzegowina als Busfahrer tätig.

Zwischen dem 21.02.1973 und dem 30.06.1978 war der Kläger versicherungspflichtig in Deutschland als Waldarbeiter/Holzfäller beschäftigt. Der bosnisch-herzegowinische Versicherungsträger hat für den Kläger Versicherungszeiten von insgesamt 24 Jahren, acht Monaten und acht Tagen, zuletzt vom 23.12.1995 bis zum 06.06.2003, bescheinigt.

Am 03.06.2003 wurde bei einer Begutachtung durch den Dienst für erstinstanzliche Begutachtung des bosnisch-herzegowinischen Versicherungsträgers die erste Invaliditätskategorie infolge Krankheit festgestellt.

Seit dem 07.06.2003 erhält er vom bosnisch-herzegowinischen Versicherungsträger eine Rente wegen Invalidität.

Am 21.08.2003 beantragte der Kläger über den bosnisch-herzegowinischen Versicherungsträger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung durch die Beklagte.

Am 24.09.2003 wurde von den Dres. N. und K. in S. ein Gutachten zum Gesundheitszustand des Klägers angefertigt. Die Gutachter diagnostizierten u.a. eine eingeschränkte Beweglichkeit der Wirbelsäule mit Radikulopathie im lumbosakralen Bereich und eine ausgeprägte Hypertrophie der Muskulatur des rechten Unterschenkels mit herabhängendem Fuß. Der Kläger sei seit dem 03.06.2003 auf Dauer nur noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter zwei Stunden einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen.

Zur weiteren Sachaufklärung wurde der Kläger vom Chirurgen Dr. M. am 27.10.2004 in R. begutachtet. Der Gutachter diagnostizierte Wirbelsäulenbeschwerden bei Abnutzungserscheinungen und Bandscheibenschaden im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule mit Zeichen einer Nervenwurzelschädigung im Bereich des rechten Beines. Das Gangbild des Klägers sei rechtshinkend in Form eines angedeuteten Steppers bei Peronäusparese. Die Beweglichkeit der HWS sei frei, die Beweglichkeit der BWS und LWS mäßiggradig eingeschränkt. Es seien Zeichen einer Nervenwurzelschädigung L5/S1 mit Parese der Unterschenkelmuskulatur mit Großzehen- und Vorfußheber- und -senkerschwäche sowie Gefühlsstörungen am gesamten Unterschenkel und Vorfuß zu finden. Im Bereich der oberen Extremitäten lägen freie funktionelle Verhältnisse sämtlicher Gelenke vor. Im Bereich der unteren Extremitäten sei eine freie Hüft-, Knie- und Sprunggelenksbeweglichkeit gegeben. Die psychische Exploration habe keinen Anhalt für eine krankhafte psychische Entwicklung ergeben. Die Lungenfunktion sei ebenso wie die Herz-/Kreislaufsituation ausgeglichen. Die allgemeine Stoffwechsellage sei störungsfrei, das Blutdruckverhalten regelrecht. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger noch leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr verrichten. Es sollte sich um Tätigkeiten handeln, die ohne dauerndes Stehen und Gehen, zu ebener Erde und ohne häufiges Bücken verrichtet würden. Eine Tätigkeit als Busfahrer sei nur noch unter drei Stunden zumutbar.

Mit Bescheid vom 12.11.2004 lehnte es die Beklagte ab, dem Kläger Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Nach den ärztlichen Feststellungen könne er noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig sein.

Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 19.01.2005 Widerspruch ein. Es sei lediglich festgestellt worden, dass er mindestens sechs Stunden arbeitstäglich arbeiten könne, nicht aber die üblichen acht Stunden, was allein ausreichend sei, zumindest eine teilweise Erwerbsminderung festzustellen. Auch gebe der Bescheid nicht alle festgestellten Befunde wieder. Mit Bescheid vom 03.06.2003 sei ihm in Bosnien und Herzegowina volle Invalidität bescheinigt worden. Sein Zustand eineinhalb Jahre später könne logischerweise nur noch schlimmer sein. Er sei sein ganzes Arbeitsleben lang Waldarbeiter/Holzfäller gewesen. Diese oder eine artverwandte Tätigkeit sei ihm nicht mehr zumutbar. Im Bescheid sei überhaupt nicht erwähnt worden, dass ihm laut Gutachten eine Arbeit in seinem Beruf nur noch unter drei Stunden zumutbar sei.

Nach der Auswertung weiterer, vom Kläger vorgelegter ärztlicher Befunde aus Bosnien und Herzegowina wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.2005 zurück.

Mit Schreiben vom 28.05.2005, eingegangen beim Sozialgericht Landshut am 06.06.2005, hat der Kläger Klage erhoben. Die Klage hat er wie folgt begründet:

Die ärztliche Fachkommission der Renten- und Invalidenanstalt von Bosnien und Herzegowina habe ab 03.06.2003 volle Erwerbsunfähigkeit festgestellt; seither beziehe er eine bosnische Rente. Aufgrund des zwischenstaatlichen Sozialversicherungsabkommens sei danach ein Antrag auf eine anteilsmäßige deutsche Rente gestellt worden. Nach Feststellung einer Erwerbsunfähigkeit in einem Vertragsstaats seien auch alle anderen Voraussetzungen für eine Rentengewährung geprüft und anerkannt worden. Die deutsche Seite habe in diesem Fall lediglich zu überprüfen, ob der Betreffende in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung habe. Er habe alle fünf Jahre mit Pflichtbeiträgen belegt und sei vor dem 02.01.1961 geboren. Das von der Beklagten eingeholte Gutachten sei sehr widersprüchlich und beachte die Befunde der Gutachterkommission in Bosnien und Herzegowina nicht. Schließlich sei auch zu beachten, dass er ständig in Bosnien lebe und dort nach Feststellung der Rentenanstalt vollkommen erwerbsunfähig sei. Die hypothetische Arbeitsfähigkeit von sechs Stunden wäre somit nur auf dem deutschen Arbeitsmarkt denkbar, der dem Kläger schon wegen ausländerrechtlicher Hindernisse nicht zugängig sei.

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 19.07.2005 darauf hingewiesen, dass nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über Soziale Sicherheit vom 12.10.1968 nur die nach den innerstaatlichen gesetzlichen Regelungen in Deutschland beziehungsweise in Bosnien und Herzegowina vorgesehenen Leistungen beansprucht werden könnten, wenn die jeweiligen persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt seien. Deshalb könne eine Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung auch nur gewährt werden, wenn die Voraussetzungen nach den einschlägigen deutschen gesetzlichen Vorschriften erfüllt seien. Die in Bosnien und Herzegowina vorgesehenen Versicherungsfälle bei Renten wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit seien nicht mit den Begriffen der Erwerbsminderung und Berufsunfähigkeit im deutschen Recht identisch. Die Bewilligung einer Rente durch den Versicherungsträger in Bosnien und Herzegowina habe daher keinen Einfluss auf die Entscheidung nach deutschen Rechtsvorschriften.

Diesen Ausführungen der Beklagten hat der Kläger mit Schreiben vom 04.08.2005 widersprochen. Die Begriffe der Erwerbsunfähigkeit, Erwerbsminderung und Berufsunfähigkeit im deutschen und bosnischen Recht seien nicht unterschiedlich; gäbe es Unterschiede in der Definition der Begriffe, so wären diese auch im Sozialversicherungsabkommen vorgesehen beziehungsweise nachträglich verankert worden. Das Abkommen sehe vor, dass, sofern ein Antragsteller die Voraussetzungen für eine Rente nach dem Recht eines der Vertragsstaaten erfülle, diese auch vom anderen Vertragspartner anerkannt würden.

Im Auftrag des Sozialgerichts ist der Kläger am 20.03.2006 von der Sozialmedizinerin
Dr. T. begutachtet worden.

Bei der Begutachtung - so die Sachverständige - habe der Kläger als im Vordergrund stehend Beschwerden im Bereich des Rückens mit Ausstrahlung in das rechte Bein beschrieben. Der Kläger habe einen Stock beim Gehen benutzt und angegeben, das rechte Bein wegen Schmerzen beim Sitzen nicht abbiegen zu können. Mit Stock sei der Gang rechtsseitig hinkend. Die paralumbale Muskulatur sei ausgeprägt verspannt gewesen. Der Kläger habe eine praktisch nicht vorhandene Sensibilität im Bereich des gesamten rechten Beines angegeben. Die Stimmung des Klägers sei adäquat erschienen; Antrieb und psychomotorisches Tempo seien nicht wesentlich eingeschränkt gewesen. Eine Prüfung der Rumpfbeweglichkeit sei praktisch unmöglich gewesen, der Kläger habe sich unter Hinweis auf seine starken Schmerzen nur angedeutet in den Hüften nach vorn geneigt. Eine Schonung des Rumpfes sei auch beim An- und Auskleiden zu beobachten gewesen, allerdings nicht so ausgeprägt wie während des orthopädischen Untersuchungsgangs. Der Unterschenkel rechts sei deutlich (6 cm) gegenüber links im Umfang gemindert. Außer der funktionellen Ausgestaltung der Beschwerdesymptomatik lasse sich kein wesentlicher psychopathologischer Befund feststellen, ebenso kein Hinweis auf eine depressive Symptomatik. Die Lungenfunktion liege im Normbereich, eine Rechtsherzbelastung sei nicht zu erkennen gewesen.

Die Gutachterin hat folgende wesentliche Gesundheitsstörungen diagnostiziert: Wirbelsäulenabhängige Beschwerden bei degenerativen Veränderungen, Bandscheibenschaden und Spinalkanalstenose L3/4 mit alten Wurzelreiz L4, Neigung zu Zwölffingerdarmgeschwürsbildung, chronische Bronchitis bei inhalativem Zigarettenrauchen und Bluthochdruck ohne Rückwirkung auf das Herz.

Vor allem von Seiten des Bewegungsapparates lägen ausgeprägte funktionelle Mechanismen vor; die gezeigten Defizite seien mit den objektiven Befunden aber nicht in Übereinstimmung zu bringen. Eine zeitliche Leistungseinschränkung lasse sich aus den jetzigen Befunden nicht ableiten. Der Kläger könne noch leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit, immer wieder die Körperhaltung zu wechseln, und ohne ständiges Gehen vollschichtig verrichten. Die Wegstrecke liege bei über 500 m.

Mit Urteil vom 22.03.2006 ist die Klage abgewiesen worden. Der Kläger sei nicht erwerbsgemindert. Er sei vielmehr noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit, immer wieder die Körperhaltung zu wechseln, und ohne ständiges Gehen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten.

Mit Schreiben vom 25.05.2006, eingegangen beim Landessozialgericht am 02.06.2006, hat der Bevollmächtigte des Klägers Berufung eingelegt. Das Urteil stütze sich auf eine unkritische Analyse der Gutachterin Dr. T ... Die Meinung der Gutachterin gebe ein geschöntes Bild des Gesundheitszustandes des Klägers wieder. Der gesamte Befund sei unvollständig, da eine Meinung über die Prozente nicht abgegeben worden sei. Es sei zu fragen, welche Arbeiten die Gutachter gemeint hätten, wenn sie noch leichte Arbeiten für zumutbar gehalten hätten. Falls die Gutachter und das Gericht der Meinung seien, dass solche Arbeiten vorhanden seien, dann müssten diese auch genau benannt werden. Der vom Gericht benutzte Begriff der "hypothetischen Arbeitsfähigkeit" entspreche nicht der Realität und sei daher nicht anwendbar. Der Kläger sei der Meinung, dass er gemäß den internationalen Konventionen die gleichen Rechte habe wie die hiesigen Arbeitnehmer.

Zur weiteren Sachaufklärung hat das Gericht Begutachtungen auf chirurgisch-orthopädischem, internistischem, neurologischem und neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet veranlasst.

Im Gutachten vom 10.10.2006 hat der Chirurg und Orthopäde Dr. L. Folgendes ausgeführt:

Bei der Begutachtung habe der Kläger über tiefsitzende Kreuzschmerzen mit Schmerzausstrahlungen zum rechten Fuß geklagt; das rechte Bein sei kalt. Zudem habe er Kopf- und Magenschmerzen sowie diffuse Kniegelenkbeschwerden rechts angegeben. Die Bewegungsabläufe der Gelenke der unteren und oberen Extremitäten beim Ent- und Bekleiden seien unbehindert gewesen. Die Umkrümmungsfähigkeit des Achsenorgans sei mittelgradig (messtechnisch um 1/3 der Norm) vermindert. Die im Segment L5/S1 kräftig angelegte lange Rückenstreckmuskulatur sei etwas tonuserhöht, nicht rigide. Der Barfußgang auf ebenem Boden erfolge eine Spur rechtshinkend, begründet mit lumboischialgieformen Beschwerden. Die Ober- und Unterschenkelmuskulatur sei recht mäßiggradig muskelgemindert (messtechnisch um bis zu 5 cm). Es lasse sich eine leichtgradige Fuß- und Zehenheberschwäche rechts unter Ausschluss des Vollbildes einer Peronaeus-Parese nachweisen. Die Fußsohlenbeschwielung sei rechts etwas reduziert.

Der Gutachter hat folgende Diagnosen gestellt: chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom mittelschwerer Prägung mit sich daraus ergebendem Funktionsdefizit mit glaubwürdigem chronischem Schmerzsyndrom und Fußheber- und Zehenheberschwäche rechts, Chondropathia patellae rechts bei kleinem Ganglion, Senkspreizfüße beidseits ohne gravierende Geh- und Stehminderung, Vena-saphena-parva-Varikosis beidseits im Entfall eines Geschwürsleidens der Haut. Gegenüber der Vorbegutachtung habe sich eine relevante Befundverschlimmerung nicht ergeben.

Dem Kläger seien noch leichte, kurzfristig mittelschwere Arbeiten mit einem gelegentlichen Wechsel der Körperposition von Gehen, Stehen und Sitzen in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag möglich. Nicht zumutbar seien das Heben und Tragen von Lasten über 12,5 kg, häufiges Bücken sowie häufigstes Treppensteigen. Beschränkungen hinsichtlich des Anmarschweges zur Arbeitsstätte bestünden nicht. Zusätzliche unübliche Pausen seien nicht erforderlich.

Im Gutachten vom 14.12.2006 hat die Neurologin Dr. D. Folgendes erläutert:

Der Kläger habe angegeben, ständig Schmerzen im Bereich der lumbalen Wirbelsäule mit Ausstrahlung in das rechte Bein zu haben. Seine Gehstrecke sei 100 bis 200 m. Bei längerem Gehen würden sich die Schmerzen und die Taubheit verstärken. Die bei der Untersuchung anwesende Dolmetscherin, die den Kläger von der Station abgeholt habe, habe diesbezüglich aber mitgeteilt, dass er für die Wegstrecke von der Station zum Untersuchungsraum kaum länger gebraucht habe als sie selbst. Weiter habe der Kläger Schwierigkeiten beim Sitzen angegeben; sein Bein werde taub. Im Liegen sei sein Zustand noch am besten. Er leide unter einer Taubheit im Bereich des rechten Unterschenkels. Seit drei Jahren leide er unter Kopfschmerzen. Zudem habe er Schlafstörungen und sei vergesslich.

Bei der Untersuchung sei das Gangbild verlangsamt gewesen; das rechte Bein sei verkürzt belastet worden. In einem unbeobachteten Moment nach der Untersuchung sei der Kläger langsam und schlendernd mit allenfalls geringem Schonhinken rechts gegangen.

Die Gutachterin hat folgende Diagnosen gestellt: Zustand nach Bandscheibenvorfall L4/5 und L5/S1 mit Substanzschädigung der Wurzel L5 rechts, degenerative hochgradige Spinalstenose L3/4 mit der Kompression mehrerer lumbaler Wurzeln, besonders ausgeprägt der L5 und S1 rechts, geringer auch L5 und S1 links, wobei aufgrund von Aggravationstendenzen das Ausmaß der Beeinträchtigung durch die lumbale Kompression nur eingeschränkt abgeschätzt werden könne, Klagen über Kopfschmerzen und Schlafstörungen.

Bei Berücksichtigung der vorliegenden Gesundheitsstörungen könne der Kläger noch leichte Arbeiten im Gehen und vorwiegend im Sitzen mit möglichem Wechsel der Körperposition mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Heben und Tragen von Lasten, häufiges Bücken, Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und an Maschinen oder am Fließband seien, ebenso wie Arbeiten in Zwangshaltungen, nicht mehr zumutbar. Zur Wegefähigkeit hat die Gutachterin darauf hingewiesen, dass die Beobachtung während der Untersuchung ergeben habe, dass er für eine Strecke von 200 m am Stück nicht wesentlich mehr Zeit benötige als jemand, der nicht behindert sei.

Nach Übersendung der Gutachten hat der Bevollmächtigte des Klägers u.a. die Frage aufgeworfen, welche Tendenz die beim Kläger vorliegenden Erkrankungen hätten; der Gutachter habe sich diesbezüglich nicht ausreichend geäußert. Im Übrigen sei der Kläger der Meinung, dass die vom Gutachter erhobenen Befunde nicht seinem Gesundheitszustand entsprächen (Schreiben vom 12.12.2006 und 24.01.2007)

Der Internist Dr. P. hat bei der Begutachtung (Gutachten vom 09.01.2007) eine leichte chronisch-obstruktive Emphysembronchitis ohne relevante Gasaustauschstörung bei langjährigem Nikotinabusus, eine seit etwa 2000 bekannte und medikamentös gut behandelte essentielle arterielle Hypertonie ohne hypertensive Herzkrankheit oder sonstige fassbare Endorganschädigung sowie eine chronische Reizmagensymptomatik diagnostiziert. Leichte körperliche Arbeiten seien dem Kläger möglich. Eine Beschränkung hinsichtlich des Anmarschweges zur Arbeitsstätte bestehe nicht; zusätzliche Pausen benötige der Kläger nicht. Eine entscheidende Verschlechterung gegenüber den Vorgutachten sei nicht festzustellen.

Am 13.02.2007 ist der Kläger wegen der chirurgischen Behandlung eines Aneurysma art. Poplitea (Kniebeugearterie) links notfallmäßig im Klinikum S. aufgenommen und am 21.02.2007 operiert worden. Der postoperative Verlauf ist komplikationslos gewesen, so dass der Kläger am 14.03.2007 in einem guten allgemeinen und lokalen Zustand entlassen worden ist (Entlassungsschreiben der Herzklinik).

Am 08.10.2007 wurde der Kläger durch den Neurologen und Psychiater Dr. K. begutachtet (Gutachten vom 11.10.2007). Bei der Begutachtung habe der Kläger - so der Gutachter - angegeben, dass es mittlerweile nichts mehr gebe, was ihn nicht schmerze. Er habe seit vielen Jahren Wirbelsäulenbeschwerden. Probleme bereite vor allem Dingen das rechte Bein. Seit einer Brucellose im Sommer des Jahres 2007 mache ihm der Verlust des Gleichgewichtszentrums zu schaffen; zudem habe er seitdem Kopfschmerzen. Der Kläger habe mitgeteilt, sich bislang nicht in psychiatrischer Behandlung zu befinden. Er habe angegeben, seit vielen Jahren schwere Schlafstörungen zu haben, die erstmals während des bosnischen Krieges aufgetreten seien. Abgesehen von einem unspezifischen Beruhigungsmittel nehme er keine Psychopharmaka ein. Das Gangbild des Klägers beim Betreten der Praxis hat der Gutachter als normal flüssig, die Beschwielung beider Fußsohlen als kräftig beschrieben. Nach der Aufforderung, ins Sprechzimmer zu kommen, habe sich der Kläger mit schleppenden Schritten bewegt.

Eine Verschlechterung des neurologischen Zustandes seit der Vorbegutachtung sei nicht eingetreten. Aus psychiatrischer Sicht sei es schwierig, eine verbindliche Diagnose zu stellen, wobei davon auszugehen sei, dass das Krankheitsbild zum Teil auch funktionell ausgestaltet sei. Es könne allenfalls von einer gering ausgeprägten ängstlich depressiven Symptomatik gesprochen werden, die weniger als Belastungsreaktion auf dem Boden der Erlebnisse im Bosnienkrieg zu interpretieren, sondern vielmehr durch die schwierige materielle Situation bedingt sei. Anhaltspunkte für ein organisches Krankheitsgeschehen hätten sich nicht ergeben. Eine testpsychologische Begutachtung sei auch deshalb wenig sinnvoll, weil diese auf eine optimale Kooperation eines Probanden angewiesen sei, die im Falle des Klägers nicht gewährleistet sei.

Der Gesundheitszustand des Klägers habe sich seit der Vorbegutachtung nicht verändert. Bezüglich qualitativer Einschränkungen sei auf das bereits erstattete neurologische Gutachten zu verweisen; zusätzliche Einschränkungen ergäben sich auf psychiatrischem Fachgebiet nicht. Der Kläger könne noch mindestens sechs Stunden täglich einer beruflichen Tätigkeit nachgehen.

Mit gerichtlichen Schreiben vom 22.10.2007 und ausführlich vom 12.06.2008 wurden dem Kläger die fehlenden Erfolgsaussichten der Berufung erläutert. Dazu äußerte sich der Bevollmächtigte des Klägers dahingehend, dass die in seinem Schreiben vom 12.12.2006 und 24.01.2007 gestellten Fragen nicht beantwortet seien. Der Kläger behaupte, dass Arbeiten, die nach den gerichtsmedizinischen Ausführungen noch ausgeübt werden könnten, nicht existieren würden.

Der Bevollmächtigte des Klägers hat sinngemäß beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 22.03.2006 und den Bescheid der Beklagten vom 12.11.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.03.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat haben die Prozessakten beider Rechtszüge und die Akten der Beklagten vorgelegen. Zur Ergänzung des Sachverhalts, insbesondere hinsichtlich des Vortrags der Prozessbeteiligten, wird hierauf Bezug genommen.

II.

Das Gericht kann gemäß § 153 Abs. 4 SGG (Sozialgerichtsgesetz) durch Beschluss entscheiden, da der Senat die Berufung einstimmig nicht für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Der Senat kommt - wie das Sozialgericht Landshut - zu dem Ergebnis, dass der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -) hat.

Voraussetzung für die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ist u.a. eine rentenrechtlich relevante Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes.

Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).

Bei der Prüfung, ob eine Erwerbsminderung vorliegt, kommt es nicht auf den bisherigen Beruf an, sondern darauf, ob mit dem verbliebenen Restleistungsvermögen noch Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs bzw. drei Stunden täglich verrichtet werden können.

Sofern das Leistungsvermögen bei sechs oder mehr Stunden liegt, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass eine Erwerbsminderung nicht vorliegt und dem Versicherten der Arbeitsmarkt nicht verschlossen ist (vgl. Niesel, in: Kasseler Kommentar, § 43 SGB VI, Rn. 34). Das - gegebenenfalls durch gewisse qualitative gesundheitliche Einschränkungen erhöhte - Risiko, einen offenen Arbeitsplatz zu finden, trägt die Arbeitslosenversicherung und nicht die Rentenversicherung (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 27.05.1977, Az.: 5 RJ 28/76). Im Rahmen der Frage, ob Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren ist, ist es damit grundsätzlich unerheblich, wie die Chancen eines Versicherten auf dem Arbeitsmarkt sind.

Ausnahmsweise ist auch bei vorliegender sechsstündiger Erwerbsfähigkeit von einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes und damit von einer Erwerbsminderung auszugehen, wenn ein Versicherter den Weg zur Arbeitsstelle nicht zurücklegen kann. Zur Erwerbsfähigkeit gehört nämlich auch das Vermögen, einen Arbeitsplatz aufsuchen zu können (vgl. BSG, Urteil vom 06.06.1986, Az.: 5b RJ 52/85). Dabei kommt es nicht auf den konkreten Weg vom Wohnort zu einer Arbeitsstelle oder zur Haltestelle eines öffentlichen Verkehrsmittels an, sondern darauf, welche Wege üblich sind. Nach der Rechtsprechung des BSG zum bis zum 31.12.2000 geltenden Recht (vgl. BSG, Urteil vom 21.02.1989, Az.:5 RJ 61/88) kann eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes wegen fehlender Wegefähigkeit grundsätzlich angenommen werden, wenn u.a. nur noch eine Gehfähigkeit vorhanden ist, die maximal 500 m Wegstrecke zulässt. Diese Grundsätze zur Wegefähigkeit gelten in gleicher Weise für das ab dem 01.01.2001 geltende Recht (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 28.08.2002, Az: B 5 RJ 12/02 R).

Versicherte, deren Leistungsvermögen sich am allgemeinen Arbeitsmarkt orientiert, sind grundsätzlich auf jede erwerbswirtschaftliche Tätigkeitsart verweisbar, die keine formale Ausbildung erfordert. In diesen Fällen besteht daher nach ständiger Rechtsprechung des BSG auch grundsätzlich kein Anlass zur Benennung einer spezifischen Verweisungstätigkeit, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSG, Urteile vom 18.04.1978, Az.: 4 RJ 55/77; vom 28.08.1991, Az.: 13/5 RJ 47/90).

Die anspruchsbegründenden Tatsachen, also neben den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (insbes. Versicherungszeiten) der Umstand, dass das Leistungsvermögen des Versicherten allein wesentlich bedingt durch Krankheit oder Behinderung ab einem bestimmten Zeitpunkt dauerhaft derart herabgesunken ist, dass er mit seinem Restleistungsvermögen nicht mehr in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, müssen im Vollbeweis nachgewiesen sein. Der Vollbeweis erfordert, dass die Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen müssen (vgl. BayLSG, Urteil vom 26.07.2006, Az.: L 16 R 100/02; BSG, Urteil vom 14.12.2006, Az.: B 4 R 29/06 R), also dass kein vernünftiger, in den Umständen des Einzelfalles begründeter Zweifel mehr besteht (vgl. BayLSG, Urteil vom 26.07.2006, Az.: L 16 R 100/02).

Kann das Gericht die genannten Tatsachen trotz Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten nicht feststellen, gilt der Grundsatz, dass jeder die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen (vgl. BSG, Urteil vom 29.06.1967, Az.: 2 RU 198/64). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht im Vollbeweis nachgewiesen werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleiten möchte, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 24.10.1957, Az.: 10 RV 945/55). Denn für das Vorliegen der rechtsbegründenden Tatbestandsvoraussetzungen der Erwerbsminderung trägt der Versicherte die Darlegungs- sowie die objektive Beweislast (vgl. BSG, Urteil vom 23.10.1996, Az.: 4 RA 1/96).

Auf den hier zu entscheidenden Fall übertragen bedeutet dies Folgendes:

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat das Gericht nicht die Überzeugung gewinnen können, dass der Kläger nur noch weniger als sechs Stunden zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter gewissen qualitativen Einschränkungen verrichten könnte. Dies wäre aber im Vollbeweis nachzuweisen, um dem Begehren des Klägers Rechnung tragen zu können. Auch eine Einschränkung der Wegefähigkeit ist nicht nachgewiesen. Eine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 SGB VI ist damit nicht bewiesen.

Bei dieser Leistungsbeurteilung stützt sich der Senat auf die im Verwaltungs- und im Gerichtsverfahren eingeholten zahlreichen Gutachten, die unter dem Gesichtspunkt erstellt worden sind, ob in der Person des Klägers die Voraussetzungen für die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung nach deutschem Recht erfüllt sind. Die Sachverständigen, die den Kläger eingehend untersucht haben, haben die ihnen vorliegenden Untersuchungsbefunde sorgfältig erhoben und die Untersuchungsbefunde und den gesamten Akteninhalt schlüssig ausgewertet. Anhaltspunkte, an der Richtigkeit der Einschätzung der Gutachter zu zweifeln, sieht der Senat nicht.

Im Vordergrund der Beschwerden des Klägers steht eine Bandscheibenschädigung im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule, die zu einer Nervenwurzelschädigung L5/S1 geführt hat. Aus dieser Nervenschädigung resultiert ein Muskelabbau insbesondere im Bereich des rechten Unterschenkels und eine Störung des Gangbildes. Zwar lassen sich daraus qualitative, nicht aber zeitliche Leistungseinschränkungen ableiten. Leichte Tätigkeiten vorwiegend im Sitzen mit möglichem Wechsel der Körperposition sind dem Kläger nach wie vor sechs Stunden und mehr pro Arbeitstag möglich. Ein Heben und Tragen von Lasten, häufiges Bücken, Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten oder in Zwangshaltungen sind dabei zu vermeiden, was aber nicht in Widerspruch zu einem vollschichtigen Leistungsvermögen steht.

Auch wenn infolge der neurologischen Schädigung das Gehvermögen des Klägers beeinträchtigt ist, so kann trotzdem nicht von einer Aufhebung der Wegefähigkeit, also dem Vermögen, viermal täglich mehr als 500 m einen fiktiven Weg zur Arbeit zurückzulegen, ausgegangen werden. Dies ergibt sich aus den Feststellungen der Gutachter. Gegen eine so starke Beeinträchtigung, dass die Wegefähigkeit aufgehoben wäre, spricht auch, dass die Beschwielung der Fußsohle rechts gegenüber links allenfalls etwas reduziert ist. So hat der Gutachter Dr. K. eine beidseitig kräftige Beschwielung der Fußsohlen beschrieben, der Gutachter Dr. L. eine rechts etwas reduzierte Beschwielung. Dies deutet, auch wenn die Muskulatur des rechten Beins deutlich gegenüber links reduziert ist (Mindermaß von bis zu 6 cm), darauf hin, dass der Kläger nicht unbedeutende Strecken zu Fuß zurücklegt. Anders lässt sich die Beschwielung der Fußsohlen nicht erklären. Zudem hat die Gutachterin Dr. D. darauf hingewiesen, dass der Kläger bei der Begutachtung für die Strecke zum Untersuchungsraum (etwa 200 m) nicht wesentlich mehr Zeit als ein beim Gehen unbehinderter Mensch benötigt hatte. Auch dies liefert ein Indiz dafür, dass die Wegefähigkeit nicht beeinträchtigt ist. Denn es ist kaum vorstellbar, dass zwar 200 m in einer annähernd üblichen Geschwindigkeit zurückgelegt werden, nicht dagegen aber 500 m viermal am Tag in zumutbarem Zeitaufwand bewältigt werden können. Soweit der Kläger bei den Begutachtungen ein deutlich hinkendes und schleppendes Gangbild gezeigt hat, ist dies kein Beleg für eine Einschränkung der Wegefähigkeit. So haben mehrere Gutachter eine funktionelle Ausgestaltung der Beschwerdesymptomatik und Aggravationstendenzen gerade bezüglich der Gehfähigkeit beschrieben. Beispielsweise hat die Gutachterin Dr. E. die Beobachtung geschildert, dass das Hinken des Klägers in einem unbeobachteten Moment nach der Untersuchung allenfalls noch gering gewesen war.

Zusammenfassend sieht der Senat daher keinerlei Anlass, an der Richtigkeit der Einschätzung der Beklagten und des Sozialgerichts zum zeitlichen Leistungsvermögen des Klägers zu zweifeln.

Zu den weiteren, vom Kläger im Laufe des Verfahrens vorgebrachten Einwendungen ist auf Folgendes hinzuweisen:

Wenn der Kläger im Widerspruch vom 19.01.2005 die Ansicht geäußert hat, es sei lediglich festgestellt worden, dass er sechs Stunden arbeitstäglich, nicht aber acht Stunden arbeiten könne und daher zumindest eine teilweise Erwerbsminderung vorliege, beruht diese Einschätzung auf einer Unkenntnis der gesetzlichen Voraussetzungen. Wie bereits oben erläutert, kommt eine Rente wegen Erwerbsminderung nur dann in Betracht, wenn er das zeitliche Leistungsvermögen auf unter sechs Stunden abgesunken ist (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Eine Zeitgrenze von acht Stunden bestand nur bis zur Neufassung des § 43 SGB VI mit Wirkung zum 01.01.2001. Diese alte Rechtslage kommt vorliegend aber nicht zur Anwendung, da der Rentenantrag später als drei Kalendermonate nach der Neufassung des §43 SGB VI gestellt worden ist (§ 300 Abs. 2 SGB VI).

Dass der Kläger (sein gesamtes Berufsleben in Deutschland) als Waldarbeiter/Holzfäller tätig gewesen ist, er in diesem Beruf aber wegen seines gesundheitlichen Zustandes nicht mehr tätig sein kann, ist für die Frage, ob dem Kläger Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren ist, unbeachtlich. Es handelt sich bei dieser Tätigkeit nicht um eine qualifizierte Anlerntätigkeit (Anlern- oder Ausbildungszeit von mehr als 12 Monaten) oder gar Facharbeitertätigkeit, die einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gem. § 240 SGB VI begründen könnte. Der Senat sieht mit Blick auf die im angefochtenen Urteil enthaltenen ausführlichen Gründe betreffend den Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Eine exakte Benennung beruflicher Tätigkeiten, die der Kläger unter Berücksichtigung seiner gesundheitlichen Einschränkungen noch verrichten kann, ist nicht erforderlich. Anders als in Fällen, in denen die Versicherten einen Berufsschutz gemäß § 240
SGB VI geltend machen können, bedarf es in Fällen, in denen - wie im vorliegenden Fall - lediglich eine Rente wegen Erwerbsminderung in Betracht kommt, keiner Benennung von konkreten beruflichen Tätigkeiten. Denn bei einer Verweisbarkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt bedarf es der Benennung von Verweisungstätigkeiten nicht.

Der Kläger irrt, wenn er meint, aufgrund zwischenstaatlicher Vereinbarungen einen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung aus der deutschen Rentenversicherung zu haben, weil ihm eine artverwandte Rente vom Versicherungsträger in Bosnien und Herzegowina (Invalidenrente) gewährt wird. Auch bei - für den Kläger grundsätzlich vorteilhafter - Zugrundelegung der Fortgeltung des zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien geschlossenen Abkommens über Soziale Sicherheit vom 12.10.1968 (BGBl. II 1969, S. 1438) in der Fassung des Änderungsabkommens vom 30.09.1974 (BGBl. II 1975 , S. 390) (DJSVA) - die Frage der Anwendbarkeit des DJSVA für Bosnien und Herzegowina ist nicht abschließend geklärt, nachdem der beim Bundesverfassungsgericht anhängig gemachte Vorlagebeschluss des BSG vom 23.05.2006, Az.: B 13 RJ 17/05 R, wegen außergerichtlicher Erledigung des Rechtsstreits mit Beschluss des BSG vom 26.06.2008 aufgehoben worden ist und sich damit das Vorlageverfahren beim Bundesverfassungsgericht erledigt hat (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25.08.2008, Az.: 2 BvM 3/06) - beurteilt sich der im streitgegenständlichen Verfahren geltend gemachte Rentenanspruch des Klägers allein nach deutschen Rechtsvorschriften. Weder nach den deutschen Rechtsvorschriften noch dem DJSVA ist die Beklagte an die Beurteilung des gesundheitlichen Zustandes und der beruflichen Leistungsfähigkeit durch den Versicherungsträger in Bosnien-Herzegowina gebunden. Das DJSVA sieht für den Bereich der Rentenversicherung lediglich eine Berücksichtigung der im anderen Vertragsstaat erworbenen Versicherungszeiten vor (Art. 25 bis 27 DJSVA). Einen Automatismus dahingehend, dass die Gewährung von Rente durch einen Vertragsstaat die Gewährung von Rente durch den anderen Vertragsstaat nach sich ziehen würde, gibt es nicht.

Eine Gleichstellung der im Zusammenhang mit der Gewährung von Rente wegen verminderter Leistungsfähigkeit in den Vertragsstaaten verwandten Begriffe gibt es nicht. Derartiges ergibt sich, wie bereits erläutert, nicht aus dem DJSVA. Der Kläger kann daher auch nicht daraus, dass er bei einer Begutachtung in Bosnien und Herzegowina in die erste Invaliditätskategorie infolge von Krankheit eingeordnet worden ist und sein zeitliches Leistungsvermögen auf unter zweistündig eingeschätzt worden ist, den Rückschluss darauf ziehen, dass auch nach deutschem Recht von einer zeitlichen Leistungsminderung auf unter sechs Stunden täglich für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auszugehen wäre. Auch wenn nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass sich aus einem derartigen, in Bosnien und Herzegowina erstellten Gutachten Hinweise auf eine zeitliche Leistungsminderung nach deutschem Recht ergeben, sind im vorliegenden Gutachten aus Bosnien und Herzegowina jedoch keine Befunde beschrieben, die aufgrund ihrer massiven Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Klägers die von den dortigen Gutachtern angenommene zeitliche Leistungseinschränkung auf unter zwei Stunden tragen könnten. Dass die in Bosnien und Herzegowina getroffene Leistungseinschätzung nicht mit den Maßstäben des deutschen Rechts übereinstimmt, hat sich im Übrigen auch durch die in der Folge mehrfach in Deutschland durchgeführten Begutachtungen ergeben. Bei diesen Begutachtungen hat sich kein derart massives Beschwerdebild feststellen lassen, das eine Erwerbsminderung im Sinne des SGB VI begründen könnte. Da die beim Kläger vorliegenden Beschwerden und Erkrankungen nach übereinstimmender Einschätzung nicht besserungsfähig sind und aufgrund ihres degenerativ bedingten Charakters von einer Tendenz der Verschlechterung geprägt sind, ist eine Besserung zwischen der Begutachtung in Bosnien und Herzegowina und den zu späteren Zeitpunkten durchgeführten Begutachtungen in Deutschland ausgeschlossen, so dass nach deutschem Recht auch zum Zeitpunkt der Begutachtung in Bosnien und Herzegowina keinesfalls von einer zeitlichen Leistungseinschränkung ausgegangen werden kann.

Soweit der Kläger beanstandet, dass bei den deutschen Begutachtungen eine prozentuale Einschränkung der Erwerbsfähigkeit nicht festgestellt worden ist, so lässt dieser Einwand unberücksichtigt, dass das deutsche Recht eine derartige prozentuale Festlegung nicht kennt und demgemäß auch in Gutachten keine derartigen Feststellungen erfolgen.

Wenn der Kläger rügt, dass die eingeholten Gutachten keine Aussage dazu treffen würden, welche Tendenz die beim Kläger vorliegenden Erkrankungen hätten, verkennt er, dass diese Frage nicht von Entscheidungsrelevanz ist. Denn entscheidend für die Frage, ob Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren ist, ist der bei Antragstellung vorliegende bzw. aktuelle Gesundheitszustand, nicht aber ein potentieller Zustand in der Zukunft. Eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes in der Zukunft, die dann zu einer zeitlichen Leistungsminderung führen würde, kann dem Kläger keinen Rentenanspruch zum heutigen Tage verschaffen. Eine Verschlechterung wäre allenfalls im Rahmen eines neuen Antrags in der Zukunft von Bedeutung.

Unerheblich für einen etwaigen Rentenanspruch ist, ob dem Kläger aufgrund ausländerrechtlicher Vorschriften ein Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt möglich ist. Die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung hängt davon ab, ob ein Versicherter wegen Krankheit oder Behinderung in seiner zeitlichen Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist, nicht davon, ob ihm aufgrund anderweitiger Rechtsvorschriften der Zugang zum Arbeitsmarkt verwehrt ist. Eine Rente wegen "ausländerrechtlicher Hindernisse" gibt es nicht.

Die Berufung ist als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) beruht darauf, dass die Berufung erfolglos geblieben ist.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved