Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 11 R 373/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 R 280/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 07.11.2006 wird als unzulässig verworfen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten Beitragserstattung aus den Arbeitgeberanteilen.
Der 1950 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in seinem Heimatland. In der Bundesrepublik Deutschland leistete er im Zeitraum vom 30.04.1971 bis 17.05.1994 aufgrund sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Am 18.05.1999 kehrte er in die Türkei zurück und beantragte am 29.06.1999 Beitragserstattung. Mit Bescheid vom 19.08.1999 erstattete die Beklagte dem Kläger den von diesem in der Zeit vom 30.04.1971 bis 17.05.1994 zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichteten Arbeitnehmeranteil in Höhe von 90.377,37 DM. Der Bescheid wurde dem Kläger am 13.09.1999 durch Einschreiben mit Rückschein zugestellt und enthält in der Rechtsbehelfsbelehrung den Hinweis, dass innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Zustellung gegen den Bescheid Widerspruch erhoben werden könne.
Am 17.12.1999 beantragte der Kläger die Erstattung des Arbeitgeberanteils. Mit Schreiben vom 11.01.2000 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass eine Erstattung der vom Arbeitgeber getragenen Beiträge nicht möglich sei. Das bisherige Versicherungsverhältnis sei durch die Beitragserstattung aufgelöst worden. U.a. bestehe auch ein Anspruch auf Zahlung einer Rente nicht mehr. Dagegen erhob der Kläger mit einem am 27.04.2001 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben vom 26.04.2001 Klage, die beim Sozialgericht Bayreuth (SG) nach Weiterleitung am 09.05.2001 eingegangen ist. Die Beklagte wertete das Schreiben als Widerspruch und führte das Rechtsbehelfsverfahren durch. Mit Widerspruchsbescheid vom 8.10.2001 wies die Beklagte den "Widerspruch vom 26.04.2001 gegen den Verwaltungsakt vom 11.01.2000" zurück. Der formgerecht eingelegte Widerspruch sei wegen Fristversäumnis unzulässig. Trotz der wegen der fehlenden Rechtsbehelfsbelehrung gültigen Jahresfrist zur Erhebung des Widerspruchs sei das Rechtsmittel wegen Verfristung unzulässig, da die Widerspruchsschrift erst am 27.04.2001 bei ihr eingegangen sei. Der Widerspruchsbescheid enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung dahingehend, dass eine Klage innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Widerspruchsbescheides erhoben werden könne.
Am 25.02.2002 erhob der Kläger eine weitere Klage auf Erstattung der Arbeitgeberanteile, die unter dem Az. S 11 R 132/02 geführt wurde. Das SG hat mit Beschluss vom 04.10.2006 die beiden Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbun-den und unter dem Az. S 7 R 373/01 weitergeführt. Zur Klagebegründung hat der Kläger insbesondere vorgetragen, dass auch alle Ausländer, die in Deutschland lebten und arbeiteten, Bürger dieses Staates seien. Die Beklagte dürfe die Arbeitgeberanteile nicht behalten, ohne für die weitere Altersversorgung verantwortlich zu sein.
Mit Gerichtsbescheid vom 07.11.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klageverfahrens S 11 R 132/02 zu erstatten. Im Übrigen seien Kosten nicht zu erstatten. Der Widerspruchsbescheid vom 08.10.2001 enthalte eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrung, weil der Widerspruch während des Klageverfahrens ergangen sei und damit gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG )Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens geworden sei. Dies führe jedoch nicht zur Aufhebung des Bescheides. Die Beklagte habe die Begründung im Widerspruchsbescheid vom 08.10.2001 unzutreffend auf die Verfristung des Rechtsbehelfs gestützt. Nachdem kein Zustellnachweis vorliege, könne nicht von einer Verfristung des Rechtsbehelfs ausgegangen werden, weil kein Ausgangszeitpunkt für die Berechnung des Fristbeginns feststehe. Es sei zwar mehr als ein Jahr zwischen Erlass des Bescheides und Klageerhebung verstrichen, die Beklagte sei jedoch nachweispflichtig für den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides. Die unzutreffende Begründung im Widerspruchsbescheid sei jedoch ohne Auswirkung, weil die Beklagte den Rechtsbehelf nicht im Verfügungssatz der Entscheidung als unzulässig zurückgewiesen habe und sie nach der Begründung im Schriftsatz vom 18.03.2002 zum Klageverfahren S 11 R 132/02 nicht mehr an ihrer früher vertretenen Auffassung einer Verfristung festhalte, sondern den Rechtsbehelf als materiell-rechtlich unbegründet erachte.
Die Klage sei unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung der zur gesetzlichen deutschen Rentenversicherung entrichteten Arbeitgeberanteile habe. Der Kläger habe aufgrund der bereits mit Bescheid vom 19.08.1999 durchgeführten Beitragserstattung keinen Anspruch mehr auf eine weitere Beitragserstattung in Form der Auszahlung der Arbeitgeberanteile. Die Beschränkung der Beitragserstattung auf die vom Versicherten getragenen Beitragsanteile führe zu keiner Benachteiligung von Ausländern, weil die Vorschrift des § 210 Abs 3 Satz 1 SGB VI für alle Versicherten gelte, also nicht zwischen deutschen und Ausländern differenziere. Es liege keine ungerechtfertigte Bereicherung des Rentenversicherungsträgers vor, weil kein Anspruch auf Erstattung des Arbeitgeberanteils bestehe; die Beklagte behalte nur das, was das Gesetz ihr zuerkenne. Der Kläger sei auch nicht aufgrund seines Verzuges in sein Heimatland gezwungen gewesen, Beitragserstattung zu beantragen. Aufgrund der Gebietsgleichstellung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei werde im Falle einer in Deutschland erworbenen Rentenanwartschaft einem türkischen Staatsangehörigen bei Rückkehr in seine Heimat bei Eintritt des Versicherungsfalls Rente in die Türkei gezahlt, Art. 4 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei. Schließlich habe das Bundesverfassungsgericht bestätigt, dass eine Begrenzung der Beitragserstattung aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf die Hälfte der entrichteten Beiträge (Arbeitnehmeranteil) verfassungsgemäß sei (BVerfG, Beschluss vom 24.11.1986, Az.: BvR 772/85, 773/85, 939/85 in BSG 2200, §1303 Nr.34).
Die Beklagte habe dem Kläger die Kosten zu erstatten, die diesem im Zusammenhang mit der Erhebung der Klage vom 25.02.2002 entstanden seien (Az. S 7/11 R 132/02), weil sie im Widerspruchsbescheid vom 08.10.2001, der gemäß § 96 SGG Gegenstand der damals bereits rechtshängigen Klage gewesen sei, den Kläger unzutreffend dahingehend belehrt habe, dass zur Verhinderung des Eintritts der Bestandskraft eine weitere Klage notwendig sei.
Nach einem erfolglosen Zustellungsversuch des Gerichtsbescheids an den Bevollmächtigten des Klägers, ist der Gerichtsbescheid dem Kläger am 29.12.2006 per Einschreiben mit Rückschein zugestellt worden.
Hiergegen richtet sich die beim Bayer. Landessozialgericht am 02.04.2007 eingegangene Berufung , die der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 23.03.2007 verfasst hat. Er (= der Bevollmächtigte) sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in I. gewesen und habe deshalb das Urteil erst heute erhalten. Die deutschen Staatsangehörigen seien sozialversichert, aber die Türken keinesfalls. Die Arbeitgeber zahlten die Sozialprämien für die soziale Sicherheit der Arbeitnehmer, aber nicht, um die Sozialversicherungsanstalt zu bereichern. Aus diesen Gründen und wegen der Menschenrechte solle die Nachzahlungsweise der Beklagten geändert werden.
Mit Schreiben vom 22.06.2007 hat die Berichterstatterin des Senats Bevollmächtigten des Klägers darauf hingewiesen, dass die Berufung nicht fristgemäß eingelegt worden sei und Gelegenheit zur Äußerung über mögliche Wiedereinsetzungsgründe bis 31.07.2007 gegeben.
Daraufhin hat der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 28.08.2007 mitgeteilt, dass er in jener Zeit eine schwere Krankheit gehabt habe, seine Galle sei wegen Gallensteinen geplatzt, er habe operiert werden müssen. Zweitens sei die Frist für die Berufung wegen der Postlangsamkeit entstanden genauso wie damals. Ohne Verschulden sei er verhindert worden.
Der Kläger beantragt sinngemäß, 1. Wiedereinsetzung zu gewähren, 2. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 7.11.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11.1.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8.10.2001 aufzuheben und 3. die Beklagte zu verurteilen, ihm den auf sein Versicherungskonto gezahlten Arbeitgeberanteil an den geleisteten Beiträgen zu erstatten.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Frist zur Erhebung der Berufung habe am 30.12.2006 begonnen und am 29.03.2007 geendet. Die Berufungsschrift sei jedoch erst am 02.04.2007 beim Bay. Landessozialgericht eingegangen. Die Erhebung des Rechtsbehelfs sei infolge Fristversäumnis nicht mehr zulässig. Die Erkrankung des klägerischen Bevollmächtigten stelle keinen Wiedereinsetzungsgrund dar, da ein Rechtsanwalt bei plötzlicher Verhinderung für ausreichende Vertretung sorgen müsse. Nach dem auf dem Briefumschlag befindlichen Poststempel sei der Brief am 24.03.2007, also nur fünf Tage vor Fristablauf, zur Post gegeben worden. Der Bevollmächtigte habe nicht davon ausgehen können, dass der Brief das Gericht bei normalem Betriebsablauf der Post innerhalb der Frist rechtzeitig erreiche. Der längeren Postlaufzeit bei Zustellungen aus dem Ausland werde durch die auf drei Monate verlängerte Rechtsmittelfrist Rechnung getragen. Zudem hätte der Bevollmächtigte auch bei voller Ausschöpfung der Rechtsmittelfrist die Berufung auf einem anderen - schnelleren - Übermittlungsweg zusenden können, beispielsweise mittels Telefax.
Das Gericht hat die Akten der Beklagten und des SG (Az: S 7 R 373/01 und S 7 R 132/02) beigezogen. Eine gerichtliche Nachfrage vom 15.04.2008, ob der Bevollmächtigte des Klägers in den Jahren 2006 und 2007 bei einem deutschen Gericht zugelassen war, blieb von diesem unbeantwortet. Auf gerichtliche Nachfrage vom 18.04.2008 hat die Rechtsanwaltskammer für den Bezirk des Oberlandesgerichts B. mit Schreiben vom 18.04.2008 mitgeteilt, dass der Bevollmächtigte des Klägers weder im Bezirk der Rechtsanwaltskammer B. zugelassen ist noch über das bundeseinheitliche Anwaltsregister festgestellt werden konnte.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die an sich statthafte und in gehöriger Form eingelegte Berufung (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist als unzulässig zu verwerfen, weil der Kläger das Rechtsmittel nicht fristgerecht eingelegt hat und ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 SGG wegen der Versäumung der Berufungsfrist nicht gewährt werden kann.
Gemäß § 151 SGG ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Nach § 105 Abs 2 Satz 1 SGG können die Beteiligten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 nach § 153 Abs 1 SGG entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt. Nach § 87 Abs 1 Satz 1 SGG ist die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zu erheben. Die Frist beträgt bei Bekanntgabe im Ausland drei Monate, Satz 2. Diese Dreimonatsfrist ist gemäß § 153 Abs 1 SGG auch bei der Berufungsfrist anzuwenden (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Aufl, § 87 Rdnr 3).
Die Berufungsfrist begann zu laufen, denn der Kläger ist über den Rechtsbehelf, das Gericht, bei dem der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist in der Rechtsmittelbelehrung des Gerichtsbescheids belehrt worden, § 66 Abs 1 SGG. Nach §§ 153 Abs 1, 64 Abs 1 SGG begann die Berufungsfrist mit dem Tage nach der Zustellung des Gerichtsbescheids an den Kläger (= 29.12.2006) zu laufen, d.h. am 30.12.2006. Maßgeblich ist im vorliegenden Fall die Zustellung des Gerichtsbescheids an den Kläger. Zwar sind gemäß § 73 Abs 3 Satz 1 SGG bei Bestellung eines Bevollmächtigten Mitteilungen des Gerichts an diesen zu richten. Der Bevollmächtigte des Klägers ist aber nicht Bevollmächtigter im Sinne des § 73 Abs 3 Satz 1 SGG. Er ist nämlich ein nicht aus einem Staat der EU stammender ausländischer Rechtsanwalt. Dass er gleichwohl ausnahmsweise bei einem deutschen Gericht zugelassen gewesen wäre (§§ 27, 29 Bundesrechtsanwaltsordnung -BRAO-), ist in dem Verfahren bisher nicht geltend gemacht worden und ergibt sich auch nicht aus den Akten; insbesondere blieb die gerichtliche Anfrage vom 15.04.2008 an den Bevollmächtigten des Klägers trotz Erinnerung unbeantwortet (s. hierzu: Keller/Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG. 8.Aufl, § 73 Rdnr. 4a; BVerwG NJW 98, 2991). Auch hat die Rechtsanwaltskammer für den Bezirk des Oberlandesgerichts B. auf gerichtliche Nachfrage vom 18.04.2008 mitgeteilt, dass der Bevollmächtigte des Klägers weder im Bezirk der Rechtsanwaltskammer B. zugelassen ist noch über das bundeseinheitliche Anwaltsregister festgestellt werden konnte. Der Gerichtsbescheid war daher an den Kläger selbst zuzustellen.
Die Berufungsfrist endete gemäß §§ 153 Abs 1, 64 Abs 2 SGG mit Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis fällt, d.h. am 29.03.2007. Die Berufungsfrist ist nicht gewahrt, denn die Berufungsschrift ist erst am 02.04.2007 beim Bay. Landessozialgericht eingegangen.
Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG, die auch von Amts wegen gewährt werden kann, sind nicht ersichtlich.
War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, § 67 Abs 1 Satz 1 SGG. Verschulden ist anzunehmen, wenn ein Beteiligter diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die für einen gewissenhaften und sachgemäß Prozessführenden geboten ist und ihm nach den gesamten Umständen des Falles zuzumuten ist.
Der Kläger war nicht ohne Verschulden verhindert, die Berufungsfrist einzuhalten. Aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass der Kläger untätig geblieben ist und nicht alles Erforderliche getan hat, um die Berufung rechtzeitig einzulegen.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist auch nicht etwa deshalb zu gewähren, weil der Kläger einen Bevollmächtigten bestellt hat, und zwar auch dann nicht, wenn er möglicherweise rechtsirrig davon ausgegangen sein sollte, deshalb nichts weiter veranlassen zu müssen. Bei Rechtsirrtum ist nur ganz ausnahmsweise kein Verschulden anzunehmen, wenn der Beteiligte den Irrtum auch bei sorgfältiger Prüfung nicht vermeiden konnte, was in der Regel zu verneinen ist (BVerwG NVwZ-RR 99, 538).
Der Kläger hat auch unter dieser Annahme nicht ohne Verschulden die Einhaltung der Verfahrensfrist versäumt. Denn dem Kläger ist der Gerichtsbescheid am 29.12.2006 selbst zugestellt worden und er hat diesen - was sich aus dem Akteninhalt ergibt - weder an seinen Bevollmächtigten weitergeleitet noch hat er mit diesem wegen der Zustellung des Gerichtsbescheids und der Berufungseinlegung Kontakt aufgenommen. Vielmehr hat der Bevollmächtige des Klägers mit Schriftsatz vom 23.03.2007 selbst vorgetragen, dass er das "Urteil" erst heute erhalten habe; der Gerichtsbescheid war dem Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben des SG vom 12.03.2007 zugesandt worden. Zudem wäre es dem Kläger zuzumuten gewesen, sich im Falle der Nichterreichbarkeit seines Bevollmächtigten bez. der Einhaltung der Berufungsfrist rechtskundig beraten zu lassen, ggf. durch Rücksprache beim SG.
Letztlich kommt es darauf jedoch nicht an, denn der Kläger muss sich das Verschulden seines Bevollmächtigten gemäß § 73 Abs 4 Satz 1 SGG i.V.m. § 85 Abs 2 Zivilprozessordnung (ZPO) zurechnen lassen. Dass der Bevollmächtigte des Klägers nicht - wie bereits dargelegt - Bevollmächtigter i.S. des § 73 Abs 3 Satz 1 SGG ist, hat nicht die rechtliche Konsequenz einer fehlenden Zurechenbarkeit seines Verschuldens. Denn insoweit ist er jedenfalls ein "sonstiger rechtsgeschäftlich bestellter Vertreter", an den gleiche Anforderungen gestellt werden müssen wie an Rechtsanwälte (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 67 Rdnr 3f). Somit entlastet es den Kläger nicht, soweit sein Bevollmächtigter über Fristbeginn und Fristende der Berufungsfrist im Irrtum gewesen ist (Keller in: Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, § 67 Rdnr 3e), denn der Bevollmächtigte hätte diesen Irrtum bei sorgfältiger Prozessführung vermeiden können; insbesondere aufgrund des Hinweises im gerichtlichen Schreiben vom 12.03.2007, dass der Gerichtsbescheid an den Kläger selbst am 29.12.2006 zugestellt worden ist, hat sich für den Bevollmächtigten eine erhöhte Sorgfaltspflicht zur Prüfung des Fristbeginns bez. der Berufungsfrist ergeben.
Soweit der Bevollmächtigte des Klägers darauf verweist, er sei unter der von ihm angegebenen Adresse in I. nicht erreichbar gewesen, weil er sich einer Gallenblasenoperation hätte unterziehen müssen, ist dieser Vortrag schon nicht substantiiert genug, um sein Verschulden bez. der Einhaltung der Berufungsfrist auszuschließen. Eine Krankheit schließt Verschulden nämlich nur dann aus, wenn der Beteiligte so schwer erkrankt ist, dass er nicht selbständig handeln und auch nicht einen anderen beauftragen kann (BSG vom 25.02.1992, 9a BVg 10/91). Der Rechtsanwalt muss sogar für den Fall, dass sich seine Erkrankung verschlimmern könnte, Sorge durch Bestellung eines Vertreters treffen (BSG vom 14.07.2004, B 11 AL 91/04 B; vgl. auch BVerwG vom 19.07.1962 - VIII B 186.60 = MDR 1962, 931; BFH vom 28.03.1990 - V B 25/90 = BFH/NV 1991,247; BFH vom 23.10.2000 - VI B 45/99 = BFH/NV 2001, 468 sowie BGH vom 08.02.2000 - XI ZB 20/99 und vom 18.09.2003 - V ZB 23/03=FamRZ 2004, 182). Der Bevollmächtigte des Klägers hat im vorliegenden Fall weder vorgetragen, dass ihm die Bestellung eines Vertreters unmöglich gewesen wäre, noch, von welcher zeitlichen Dauer die Erkrankung gewesen ist. Der Hinweis auf seine Erkrankung schließt somit sein Verschulden nicht aus.
Auch die vom Bevollmächtigten des Klägers geltend gemachte "Langsamkeit der Postbeförderung" schließt sein Verschulden nicht aus. Verzögerungen der Briefbeförderung durch die Post wären dem Bevollmächtigten nach Art 2 Abs 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsgebot dann nicht als Verschulden anzurechnen, wenn sein Schriftstück ordnungsgemäß adressiert und frankiert so rechtzeitig zur Post gegeben worden wäre, dass es nach den organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen der Post bei regelmäßigem Betriebsablauf den Empfänger fristgemäß erreicht hätte (s. BVerfG, Beschluss vom 22.09.2000 , BvR 1059/00 = NJW 2001,744; BVerfG, Beschluss vom 11.06.1993, 1 BvR 1240/92 = NJW 94.244; BSG, Urteil vom 10.09.1996, 10 Rar 1/96; BGH, Beschluss vom 14.05.2004, V ZB 62/03 m.w.N; BAG, Urteil vom 08.06.1994, 10 AZR 425/93 = NJW 95,548). Diese Grundsätze müssen auch dann gelten, wenn der Brief vom Ausland in die Bundesrepublik Deutschland gesandt wird. Bei einem Fristende am 29.03.2007 hätte der Bevollmächtigte nicht darauf vertrauen dürfen, dass die am 24.03.2007 aufgegebene Berufungsschrift rechtzeitig, d.h. spätestens am 29.03.2007, bei Gericht eingeht. Erfahrungsgemäß nehmen Postzustellungen aus dem Ausland eine deutlich längere Laufzeit in Anspruch als die im Inland üblichen zwei bis drei Werktage. So ist beispielsweise der Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 28.08.2007 erst am 05.09.2007 bei Gericht eingegangen. Der Bevollmächtigte des Klägers hätte daher - worauf die Beklagte zutreffend hinweist - einen schnelleren Übermittlungsweg wählen müssen, z.B. mittels Telefax.
Wegen verspäteter Einlegung war die Berufung als unzulässig zu verwerfen, ohne dass der Senat den angefochtenen Gerichtsbescheid in sachlich-rechtlicher Hinsicht überprüfen konnte.
Im Übrigen hätte die Berufung des Klägers auch bei rechtzeitiger Einlegung wahrscheinlich keinen Erfolg gehabt. Denn die Beklagte hat mit Bescheid vom 19.08.1999 zu Recht nur die vom Kläger selbst getragenen Beiträge erstattet, § 1303 Abs 1 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO). Die Erstattung der vom Arbeitgeber getragenen Anteile zur Rentenversicherung ist hingegen vom Gesetz ausgeschlossen. Insoweit wird auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheids verwiesen, § 153 Abs 2 SGG.
Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Berufung des Klägers erfolglos blieb.
Die Kostenentscheidung des SG im Gerichtsbescheid vom 7.11.2006, wonach die Beklagte dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klageverfahrens S 11 R 132/02 zu erstatten hat und im übrigen Kosten (richtig: außergerichtliche Kosten) nicht zu erstatten sind, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Denn das SG hat insofern zu Recht darauf hingewiesen, dass der Widerspruchsbescheid vom 08.10.2001 gemäß § 96 SGG Gegenstand der damals bereits rechtshängigen Klage geworden ist. Die Beklagte hat den Kläger im Widerspruchsbescheid vom 08.10.2001 unzutreffend dahingehend belehrt, dass zur Verhinderung des Eintritts der Bestandskraft eine weitere Klage notwendig sei und damit Anlass zu Klageerhebung gegeben. Der Kläger hat diese Klage auch rechtzeitig erhoben, weil ihm der Widerspruchsbescheid erst am 26.11.2001 zugestellt worden ist, § 87 Abs 1 Satz 2, Abs 2 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten Beitragserstattung aus den Arbeitgeberanteilen.
Der 1950 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in seinem Heimatland. In der Bundesrepublik Deutschland leistete er im Zeitraum vom 30.04.1971 bis 17.05.1994 aufgrund sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Am 18.05.1999 kehrte er in die Türkei zurück und beantragte am 29.06.1999 Beitragserstattung. Mit Bescheid vom 19.08.1999 erstattete die Beklagte dem Kläger den von diesem in der Zeit vom 30.04.1971 bis 17.05.1994 zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichteten Arbeitnehmeranteil in Höhe von 90.377,37 DM. Der Bescheid wurde dem Kläger am 13.09.1999 durch Einschreiben mit Rückschein zugestellt und enthält in der Rechtsbehelfsbelehrung den Hinweis, dass innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Zustellung gegen den Bescheid Widerspruch erhoben werden könne.
Am 17.12.1999 beantragte der Kläger die Erstattung des Arbeitgeberanteils. Mit Schreiben vom 11.01.2000 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass eine Erstattung der vom Arbeitgeber getragenen Beiträge nicht möglich sei. Das bisherige Versicherungsverhältnis sei durch die Beitragserstattung aufgelöst worden. U.a. bestehe auch ein Anspruch auf Zahlung einer Rente nicht mehr. Dagegen erhob der Kläger mit einem am 27.04.2001 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben vom 26.04.2001 Klage, die beim Sozialgericht Bayreuth (SG) nach Weiterleitung am 09.05.2001 eingegangen ist. Die Beklagte wertete das Schreiben als Widerspruch und führte das Rechtsbehelfsverfahren durch. Mit Widerspruchsbescheid vom 8.10.2001 wies die Beklagte den "Widerspruch vom 26.04.2001 gegen den Verwaltungsakt vom 11.01.2000" zurück. Der formgerecht eingelegte Widerspruch sei wegen Fristversäumnis unzulässig. Trotz der wegen der fehlenden Rechtsbehelfsbelehrung gültigen Jahresfrist zur Erhebung des Widerspruchs sei das Rechtsmittel wegen Verfristung unzulässig, da die Widerspruchsschrift erst am 27.04.2001 bei ihr eingegangen sei. Der Widerspruchsbescheid enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung dahingehend, dass eine Klage innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Widerspruchsbescheides erhoben werden könne.
Am 25.02.2002 erhob der Kläger eine weitere Klage auf Erstattung der Arbeitgeberanteile, die unter dem Az. S 11 R 132/02 geführt wurde. Das SG hat mit Beschluss vom 04.10.2006 die beiden Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbun-den und unter dem Az. S 7 R 373/01 weitergeführt. Zur Klagebegründung hat der Kläger insbesondere vorgetragen, dass auch alle Ausländer, die in Deutschland lebten und arbeiteten, Bürger dieses Staates seien. Die Beklagte dürfe die Arbeitgeberanteile nicht behalten, ohne für die weitere Altersversorgung verantwortlich zu sein.
Mit Gerichtsbescheid vom 07.11.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klageverfahrens S 11 R 132/02 zu erstatten. Im Übrigen seien Kosten nicht zu erstatten. Der Widerspruchsbescheid vom 08.10.2001 enthalte eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrung, weil der Widerspruch während des Klageverfahrens ergangen sei und damit gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG )Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens geworden sei. Dies führe jedoch nicht zur Aufhebung des Bescheides. Die Beklagte habe die Begründung im Widerspruchsbescheid vom 08.10.2001 unzutreffend auf die Verfristung des Rechtsbehelfs gestützt. Nachdem kein Zustellnachweis vorliege, könne nicht von einer Verfristung des Rechtsbehelfs ausgegangen werden, weil kein Ausgangszeitpunkt für die Berechnung des Fristbeginns feststehe. Es sei zwar mehr als ein Jahr zwischen Erlass des Bescheides und Klageerhebung verstrichen, die Beklagte sei jedoch nachweispflichtig für den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides. Die unzutreffende Begründung im Widerspruchsbescheid sei jedoch ohne Auswirkung, weil die Beklagte den Rechtsbehelf nicht im Verfügungssatz der Entscheidung als unzulässig zurückgewiesen habe und sie nach der Begründung im Schriftsatz vom 18.03.2002 zum Klageverfahren S 11 R 132/02 nicht mehr an ihrer früher vertretenen Auffassung einer Verfristung festhalte, sondern den Rechtsbehelf als materiell-rechtlich unbegründet erachte.
Die Klage sei unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung der zur gesetzlichen deutschen Rentenversicherung entrichteten Arbeitgeberanteile habe. Der Kläger habe aufgrund der bereits mit Bescheid vom 19.08.1999 durchgeführten Beitragserstattung keinen Anspruch mehr auf eine weitere Beitragserstattung in Form der Auszahlung der Arbeitgeberanteile. Die Beschränkung der Beitragserstattung auf die vom Versicherten getragenen Beitragsanteile führe zu keiner Benachteiligung von Ausländern, weil die Vorschrift des § 210 Abs 3 Satz 1 SGB VI für alle Versicherten gelte, also nicht zwischen deutschen und Ausländern differenziere. Es liege keine ungerechtfertigte Bereicherung des Rentenversicherungsträgers vor, weil kein Anspruch auf Erstattung des Arbeitgeberanteils bestehe; die Beklagte behalte nur das, was das Gesetz ihr zuerkenne. Der Kläger sei auch nicht aufgrund seines Verzuges in sein Heimatland gezwungen gewesen, Beitragserstattung zu beantragen. Aufgrund der Gebietsgleichstellung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei werde im Falle einer in Deutschland erworbenen Rentenanwartschaft einem türkischen Staatsangehörigen bei Rückkehr in seine Heimat bei Eintritt des Versicherungsfalls Rente in die Türkei gezahlt, Art. 4 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei. Schließlich habe das Bundesverfassungsgericht bestätigt, dass eine Begrenzung der Beitragserstattung aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf die Hälfte der entrichteten Beiträge (Arbeitnehmeranteil) verfassungsgemäß sei (BVerfG, Beschluss vom 24.11.1986, Az.: BvR 772/85, 773/85, 939/85 in BSG 2200, §1303 Nr.34).
Die Beklagte habe dem Kläger die Kosten zu erstatten, die diesem im Zusammenhang mit der Erhebung der Klage vom 25.02.2002 entstanden seien (Az. S 7/11 R 132/02), weil sie im Widerspruchsbescheid vom 08.10.2001, der gemäß § 96 SGG Gegenstand der damals bereits rechtshängigen Klage gewesen sei, den Kläger unzutreffend dahingehend belehrt habe, dass zur Verhinderung des Eintritts der Bestandskraft eine weitere Klage notwendig sei.
Nach einem erfolglosen Zustellungsversuch des Gerichtsbescheids an den Bevollmächtigten des Klägers, ist der Gerichtsbescheid dem Kläger am 29.12.2006 per Einschreiben mit Rückschein zugestellt worden.
Hiergegen richtet sich die beim Bayer. Landessozialgericht am 02.04.2007 eingegangene Berufung , die der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 23.03.2007 verfasst hat. Er (= der Bevollmächtigte) sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in I. gewesen und habe deshalb das Urteil erst heute erhalten. Die deutschen Staatsangehörigen seien sozialversichert, aber die Türken keinesfalls. Die Arbeitgeber zahlten die Sozialprämien für die soziale Sicherheit der Arbeitnehmer, aber nicht, um die Sozialversicherungsanstalt zu bereichern. Aus diesen Gründen und wegen der Menschenrechte solle die Nachzahlungsweise der Beklagten geändert werden.
Mit Schreiben vom 22.06.2007 hat die Berichterstatterin des Senats Bevollmächtigten des Klägers darauf hingewiesen, dass die Berufung nicht fristgemäß eingelegt worden sei und Gelegenheit zur Äußerung über mögliche Wiedereinsetzungsgründe bis 31.07.2007 gegeben.
Daraufhin hat der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 28.08.2007 mitgeteilt, dass er in jener Zeit eine schwere Krankheit gehabt habe, seine Galle sei wegen Gallensteinen geplatzt, er habe operiert werden müssen. Zweitens sei die Frist für die Berufung wegen der Postlangsamkeit entstanden genauso wie damals. Ohne Verschulden sei er verhindert worden.
Der Kläger beantragt sinngemäß, 1. Wiedereinsetzung zu gewähren, 2. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 7.11.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11.1.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8.10.2001 aufzuheben und 3. die Beklagte zu verurteilen, ihm den auf sein Versicherungskonto gezahlten Arbeitgeberanteil an den geleisteten Beiträgen zu erstatten.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Frist zur Erhebung der Berufung habe am 30.12.2006 begonnen und am 29.03.2007 geendet. Die Berufungsschrift sei jedoch erst am 02.04.2007 beim Bay. Landessozialgericht eingegangen. Die Erhebung des Rechtsbehelfs sei infolge Fristversäumnis nicht mehr zulässig. Die Erkrankung des klägerischen Bevollmächtigten stelle keinen Wiedereinsetzungsgrund dar, da ein Rechtsanwalt bei plötzlicher Verhinderung für ausreichende Vertretung sorgen müsse. Nach dem auf dem Briefumschlag befindlichen Poststempel sei der Brief am 24.03.2007, also nur fünf Tage vor Fristablauf, zur Post gegeben worden. Der Bevollmächtigte habe nicht davon ausgehen können, dass der Brief das Gericht bei normalem Betriebsablauf der Post innerhalb der Frist rechtzeitig erreiche. Der längeren Postlaufzeit bei Zustellungen aus dem Ausland werde durch die auf drei Monate verlängerte Rechtsmittelfrist Rechnung getragen. Zudem hätte der Bevollmächtigte auch bei voller Ausschöpfung der Rechtsmittelfrist die Berufung auf einem anderen - schnelleren - Übermittlungsweg zusenden können, beispielsweise mittels Telefax.
Das Gericht hat die Akten der Beklagten und des SG (Az: S 7 R 373/01 und S 7 R 132/02) beigezogen. Eine gerichtliche Nachfrage vom 15.04.2008, ob der Bevollmächtigte des Klägers in den Jahren 2006 und 2007 bei einem deutschen Gericht zugelassen war, blieb von diesem unbeantwortet. Auf gerichtliche Nachfrage vom 18.04.2008 hat die Rechtsanwaltskammer für den Bezirk des Oberlandesgerichts B. mit Schreiben vom 18.04.2008 mitgeteilt, dass der Bevollmächtigte des Klägers weder im Bezirk der Rechtsanwaltskammer B. zugelassen ist noch über das bundeseinheitliche Anwaltsregister festgestellt werden konnte.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die an sich statthafte und in gehöriger Form eingelegte Berufung (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist als unzulässig zu verwerfen, weil der Kläger das Rechtsmittel nicht fristgerecht eingelegt hat und ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 SGG wegen der Versäumung der Berufungsfrist nicht gewährt werden kann.
Gemäß § 151 SGG ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Nach § 105 Abs 2 Satz 1 SGG können die Beteiligten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 nach § 153 Abs 1 SGG entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt. Nach § 87 Abs 1 Satz 1 SGG ist die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zu erheben. Die Frist beträgt bei Bekanntgabe im Ausland drei Monate, Satz 2. Diese Dreimonatsfrist ist gemäß § 153 Abs 1 SGG auch bei der Berufungsfrist anzuwenden (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Aufl, § 87 Rdnr 3).
Die Berufungsfrist begann zu laufen, denn der Kläger ist über den Rechtsbehelf, das Gericht, bei dem der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist in der Rechtsmittelbelehrung des Gerichtsbescheids belehrt worden, § 66 Abs 1 SGG. Nach §§ 153 Abs 1, 64 Abs 1 SGG begann die Berufungsfrist mit dem Tage nach der Zustellung des Gerichtsbescheids an den Kläger (= 29.12.2006) zu laufen, d.h. am 30.12.2006. Maßgeblich ist im vorliegenden Fall die Zustellung des Gerichtsbescheids an den Kläger. Zwar sind gemäß § 73 Abs 3 Satz 1 SGG bei Bestellung eines Bevollmächtigten Mitteilungen des Gerichts an diesen zu richten. Der Bevollmächtigte des Klägers ist aber nicht Bevollmächtigter im Sinne des § 73 Abs 3 Satz 1 SGG. Er ist nämlich ein nicht aus einem Staat der EU stammender ausländischer Rechtsanwalt. Dass er gleichwohl ausnahmsweise bei einem deutschen Gericht zugelassen gewesen wäre (§§ 27, 29 Bundesrechtsanwaltsordnung -BRAO-), ist in dem Verfahren bisher nicht geltend gemacht worden und ergibt sich auch nicht aus den Akten; insbesondere blieb die gerichtliche Anfrage vom 15.04.2008 an den Bevollmächtigten des Klägers trotz Erinnerung unbeantwortet (s. hierzu: Keller/Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG. 8.Aufl, § 73 Rdnr. 4a; BVerwG NJW 98, 2991). Auch hat die Rechtsanwaltskammer für den Bezirk des Oberlandesgerichts B. auf gerichtliche Nachfrage vom 18.04.2008 mitgeteilt, dass der Bevollmächtigte des Klägers weder im Bezirk der Rechtsanwaltskammer B. zugelassen ist noch über das bundeseinheitliche Anwaltsregister festgestellt werden konnte. Der Gerichtsbescheid war daher an den Kläger selbst zuzustellen.
Die Berufungsfrist endete gemäß §§ 153 Abs 1, 64 Abs 2 SGG mit Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis fällt, d.h. am 29.03.2007. Die Berufungsfrist ist nicht gewahrt, denn die Berufungsschrift ist erst am 02.04.2007 beim Bay. Landessozialgericht eingegangen.
Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG, die auch von Amts wegen gewährt werden kann, sind nicht ersichtlich.
War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, § 67 Abs 1 Satz 1 SGG. Verschulden ist anzunehmen, wenn ein Beteiligter diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die für einen gewissenhaften und sachgemäß Prozessführenden geboten ist und ihm nach den gesamten Umständen des Falles zuzumuten ist.
Der Kläger war nicht ohne Verschulden verhindert, die Berufungsfrist einzuhalten. Aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass der Kläger untätig geblieben ist und nicht alles Erforderliche getan hat, um die Berufung rechtzeitig einzulegen.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist auch nicht etwa deshalb zu gewähren, weil der Kläger einen Bevollmächtigten bestellt hat, und zwar auch dann nicht, wenn er möglicherweise rechtsirrig davon ausgegangen sein sollte, deshalb nichts weiter veranlassen zu müssen. Bei Rechtsirrtum ist nur ganz ausnahmsweise kein Verschulden anzunehmen, wenn der Beteiligte den Irrtum auch bei sorgfältiger Prüfung nicht vermeiden konnte, was in der Regel zu verneinen ist (BVerwG NVwZ-RR 99, 538).
Der Kläger hat auch unter dieser Annahme nicht ohne Verschulden die Einhaltung der Verfahrensfrist versäumt. Denn dem Kläger ist der Gerichtsbescheid am 29.12.2006 selbst zugestellt worden und er hat diesen - was sich aus dem Akteninhalt ergibt - weder an seinen Bevollmächtigten weitergeleitet noch hat er mit diesem wegen der Zustellung des Gerichtsbescheids und der Berufungseinlegung Kontakt aufgenommen. Vielmehr hat der Bevollmächtige des Klägers mit Schriftsatz vom 23.03.2007 selbst vorgetragen, dass er das "Urteil" erst heute erhalten habe; der Gerichtsbescheid war dem Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben des SG vom 12.03.2007 zugesandt worden. Zudem wäre es dem Kläger zuzumuten gewesen, sich im Falle der Nichterreichbarkeit seines Bevollmächtigten bez. der Einhaltung der Berufungsfrist rechtskundig beraten zu lassen, ggf. durch Rücksprache beim SG.
Letztlich kommt es darauf jedoch nicht an, denn der Kläger muss sich das Verschulden seines Bevollmächtigten gemäß § 73 Abs 4 Satz 1 SGG i.V.m. § 85 Abs 2 Zivilprozessordnung (ZPO) zurechnen lassen. Dass der Bevollmächtigte des Klägers nicht - wie bereits dargelegt - Bevollmächtigter i.S. des § 73 Abs 3 Satz 1 SGG ist, hat nicht die rechtliche Konsequenz einer fehlenden Zurechenbarkeit seines Verschuldens. Denn insoweit ist er jedenfalls ein "sonstiger rechtsgeschäftlich bestellter Vertreter", an den gleiche Anforderungen gestellt werden müssen wie an Rechtsanwälte (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 67 Rdnr 3f). Somit entlastet es den Kläger nicht, soweit sein Bevollmächtigter über Fristbeginn und Fristende der Berufungsfrist im Irrtum gewesen ist (Keller in: Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, § 67 Rdnr 3e), denn der Bevollmächtigte hätte diesen Irrtum bei sorgfältiger Prozessführung vermeiden können; insbesondere aufgrund des Hinweises im gerichtlichen Schreiben vom 12.03.2007, dass der Gerichtsbescheid an den Kläger selbst am 29.12.2006 zugestellt worden ist, hat sich für den Bevollmächtigten eine erhöhte Sorgfaltspflicht zur Prüfung des Fristbeginns bez. der Berufungsfrist ergeben.
Soweit der Bevollmächtigte des Klägers darauf verweist, er sei unter der von ihm angegebenen Adresse in I. nicht erreichbar gewesen, weil er sich einer Gallenblasenoperation hätte unterziehen müssen, ist dieser Vortrag schon nicht substantiiert genug, um sein Verschulden bez. der Einhaltung der Berufungsfrist auszuschließen. Eine Krankheit schließt Verschulden nämlich nur dann aus, wenn der Beteiligte so schwer erkrankt ist, dass er nicht selbständig handeln und auch nicht einen anderen beauftragen kann (BSG vom 25.02.1992, 9a BVg 10/91). Der Rechtsanwalt muss sogar für den Fall, dass sich seine Erkrankung verschlimmern könnte, Sorge durch Bestellung eines Vertreters treffen (BSG vom 14.07.2004, B 11 AL 91/04 B; vgl. auch BVerwG vom 19.07.1962 - VIII B 186.60 = MDR 1962, 931; BFH vom 28.03.1990 - V B 25/90 = BFH/NV 1991,247; BFH vom 23.10.2000 - VI B 45/99 = BFH/NV 2001, 468 sowie BGH vom 08.02.2000 - XI ZB 20/99 und vom 18.09.2003 - V ZB 23/03=FamRZ 2004, 182). Der Bevollmächtigte des Klägers hat im vorliegenden Fall weder vorgetragen, dass ihm die Bestellung eines Vertreters unmöglich gewesen wäre, noch, von welcher zeitlichen Dauer die Erkrankung gewesen ist. Der Hinweis auf seine Erkrankung schließt somit sein Verschulden nicht aus.
Auch die vom Bevollmächtigten des Klägers geltend gemachte "Langsamkeit der Postbeförderung" schließt sein Verschulden nicht aus. Verzögerungen der Briefbeförderung durch die Post wären dem Bevollmächtigten nach Art 2 Abs 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsgebot dann nicht als Verschulden anzurechnen, wenn sein Schriftstück ordnungsgemäß adressiert und frankiert so rechtzeitig zur Post gegeben worden wäre, dass es nach den organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen der Post bei regelmäßigem Betriebsablauf den Empfänger fristgemäß erreicht hätte (s. BVerfG, Beschluss vom 22.09.2000 , BvR 1059/00 = NJW 2001,744; BVerfG, Beschluss vom 11.06.1993, 1 BvR 1240/92 = NJW 94.244; BSG, Urteil vom 10.09.1996, 10 Rar 1/96; BGH, Beschluss vom 14.05.2004, V ZB 62/03 m.w.N; BAG, Urteil vom 08.06.1994, 10 AZR 425/93 = NJW 95,548). Diese Grundsätze müssen auch dann gelten, wenn der Brief vom Ausland in die Bundesrepublik Deutschland gesandt wird. Bei einem Fristende am 29.03.2007 hätte der Bevollmächtigte nicht darauf vertrauen dürfen, dass die am 24.03.2007 aufgegebene Berufungsschrift rechtzeitig, d.h. spätestens am 29.03.2007, bei Gericht eingeht. Erfahrungsgemäß nehmen Postzustellungen aus dem Ausland eine deutlich längere Laufzeit in Anspruch als die im Inland üblichen zwei bis drei Werktage. So ist beispielsweise der Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 28.08.2007 erst am 05.09.2007 bei Gericht eingegangen. Der Bevollmächtigte des Klägers hätte daher - worauf die Beklagte zutreffend hinweist - einen schnelleren Übermittlungsweg wählen müssen, z.B. mittels Telefax.
Wegen verspäteter Einlegung war die Berufung als unzulässig zu verwerfen, ohne dass der Senat den angefochtenen Gerichtsbescheid in sachlich-rechtlicher Hinsicht überprüfen konnte.
Im Übrigen hätte die Berufung des Klägers auch bei rechtzeitiger Einlegung wahrscheinlich keinen Erfolg gehabt. Denn die Beklagte hat mit Bescheid vom 19.08.1999 zu Recht nur die vom Kläger selbst getragenen Beiträge erstattet, § 1303 Abs 1 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO). Die Erstattung der vom Arbeitgeber getragenen Anteile zur Rentenversicherung ist hingegen vom Gesetz ausgeschlossen. Insoweit wird auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheids verwiesen, § 153 Abs 2 SGG.
Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Berufung des Klägers erfolglos blieb.
Die Kostenentscheidung des SG im Gerichtsbescheid vom 7.11.2006, wonach die Beklagte dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klageverfahrens S 11 R 132/02 zu erstatten hat und im übrigen Kosten (richtig: außergerichtliche Kosten) nicht zu erstatten sind, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Denn das SG hat insofern zu Recht darauf hingewiesen, dass der Widerspruchsbescheid vom 08.10.2001 gemäß § 96 SGG Gegenstand der damals bereits rechtshängigen Klage geworden ist. Die Beklagte hat den Kläger im Widerspruchsbescheid vom 08.10.2001 unzutreffend dahingehend belehrt, dass zur Verhinderung des Eintritts der Bestandskraft eine weitere Klage notwendig sei und damit Anlass zu Klageerhebung gegeben. Der Kläger hat diese Klage auch rechtzeitig erhoben, weil ihm der Widerspruchsbescheid erst am 26.11.2001 zugestellt worden ist, § 87 Abs 1 Satz 2, Abs 2 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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