Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 53 AS 1054/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 53/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 18. Dezember 2007 teilweise aufgehoben und die Beklagte entsprechend des Teilanerkenntnisses verurteilt, der Klägerin für den Zeitraum vom 01.06.2006 bis 31.08.2006 Leistungen nach dem SGB II in der gesetzlich vorgesehenen Höhe zu gewähren.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind zu einem Drittel zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Form von Arbeitslosengeld (Alg) II für die Zeit vom 01.01. bis 31.08.2006 streitig.
Die 1966 geborene Klägerin bezog bis 31.12.2005 Alg II in Höhe von monatlich 811,32 Euro. Am 05.12.2005 teilte sie mit, dass sie im November 2005 aus einer Erbschaft einen Betrag von 9.749,00 Euro erhalten habe. Nachdem die Beklagte die Klägerin darauf hingewiesen hatte, sie solle sich ab 01.01.2006 freiwillig krankenversichern, schloss die Klägerin ab diesem Zeitpunkt eine freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung mit einem monatlichen Betrag von 133,48 Euro ab.
Mit Bescheid vom 03.01.2006 lehnte die Beklagte eine Bewilligung von Alg II ab 01.01.2006 ab. Bei der Erbschaft handele es sich um einmaliges Einkommen. Dieses werde um die Pauschale für private Versicherungen in Höhe von 30,00 Euro bereinigt, weshalb 9.719,00 Euro verblieben, die auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen seien. Unter Einbeziehung der freiwilligen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung und nach Abzug von 40,00 Euro als Anrechnungsbetrag aus einem Erwerbseinkommen errechne sich ein Betrag von 1.092,48 Euro (Regelleistung 345,00 Euro + Kosten der Unterkunft - KdU - von 654,00 Euro + 133,48 Euro - 40,00 Euro). Es sei ihr zuzumuten, den Lebensunterhalt von der Erbschaft bis einschließlich August 2006 zu bestreiten. Ab September bestehe die Möglichkeit einer erneuten Antragstellung.
Der Klägerin wurde später ab 01.09.2006 erneut Alg II bewilligt.
Gegen den Bescheid vom 03.01.2006 legte die Klägerin Widerspruch ein und brachte vor, nach einer ihr gegebenen Auskunft könne die Erbschaft nur im ersten Monat als Einkommen gewertet und müsse im zweiten Monat als Vermögen angesehen werden, das in Höhe der Freibeträge von der Anrechnung frei sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.06.2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Einmalige Einnahmen seien u.a. Erbschaften. Die Anrechnung sei in der Regel ab dem auf den Zufluss folgenden Monat vorzunehmen. Der Zeitraum solle sechs Monate nicht übersteigen. Aufgrund der Höhe der Erbschaft errechne sich für den vorgegebenen Zeitraum von sechs Monaten kein Alg II mehr. Dem Krankenversicherungsschutz sei durch die Einrechnung des Beitrages zur freiwilligen Versicherung Rechnung getragen worden.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin weiterhin geltend gemacht, die Erbschaft sei als Vermögen zu behandeln. Nach Abzug der Freibeträge sei lediglich ein Betrag von 999,00 Euro zu berücksichtigen.
Mit Gerichtsbescheid vom 18.12.2007 wies das SG die Klage ab. Der Klägerin stehe für den Zeitraum vom 01.01. bis 31.08.2006 kein Anspruch auf Alg II zu, da sie in diesem Zeitraum nicht hilfebedürftig gewesen sei. Die im November 2005 zugeflossene Erbschaft sei als einmalige Einnahme im Sinne des § 11 Abs.1 SGB II zu berücksichtigen. Nach § 2 Abs. 3 Alg II-V hätte die Erbschaft bereits im November oder Dezember 2005 berücksichtigt werden können; insoweit sei die Klägerin jedoch nicht beschwert. Unerheblich sei, dass die Beklagte das einmalige Einkommen von 9.749,00 Euro lediglich um 30,00 Euro Versicherungspauschale bereinigt habe. Bei einer Berücksichtigung für acht Monate verbleibe ein Betrag von 9.509,00 Euro, der über dem von der Beklagten letztlich angerechneten Betrag von 8.739,84 Euro liege.
Mit ihrer Berufung wiederholt die Klägerin ihre im Klageverfahren vertretene Auffassung und bemängelt, dass ihr nicht genehmigt worden sei, einen Teil des Geldes für ihr berufliches Weiterkommen zu investieren, weshalb sie keine weiteren Schritte in diese Richtung habe unternehmen können.
Sie beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts München vom 18.12.2007 und des Bescheides vom 03.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2006 dem Grunde nach zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 01.01 bis 31.08.2006 Alg II zu bewilligen.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung am 14.08.2008 den Leistungsanspruch der Klägerin für die Zeit vom 01.06. bis 31.08.2006 in der gesetzlich vorgesehenen Höhe anerkannt.
Sie beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, soweit sie über das Teilanerkenntnis hinausgeht.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - ), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor. In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als teilweise begründet.
Die Klägerin hat bereits ab 01.06.2006 dem Grunde nach Anspruch auf Alg II, da ab diesem Zeitpunkt die im November 2005 zugeflossene Erbschaft nicht mehr der Hilfebedürftigkeit entgegensteht, somit keine Einkommensanrechnung mehr erfolgt. Auf das Teilanerkenntnis der Beklagten hin war diese gem. § 202 SGG i.V.m. § 307 ZPO zur Leistungsbewilligung zu verurteilen; weitere Ausführungen zum Bestehen des Anspruches sind insoweit nicht erforderlich.
Für die Zeit vom 01.01. bis 31.05.2006 hatte die Klägerin allerdings keinen Anspruch auf Alg II. In diesem Zeitraum war sie nicht hilfebedürftig im Sinne des § 7 Abs.1 Satz 1 Nr.3 SGB II, da auf ihren Bedarf der im November 2005 zugeflossene Geldbetrag als Einkommen im Sinne des § 11 SGB II anzurechnen war. Diese Anrechnung führt zum vollständigen Entfallen des Anspruches für diesen Zeitraum. Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei der Erbschaft nicht um Vermögen, das gem. § 12 SGB II nur in Höhe des die Freibeträge übersteigenden Betrages zu berücksichtigen wäre.
Die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen richtet sich grundsätzlich nach dem Zeitpunkt des Zuflusses. Einkommen im Sinne des § 11 Abs.1 SGB II ist all das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, während Vermögen das ist, was er bei Antragstellung bereits hat (BSG, Urteil vom 30.07.2008, B 14 AS 26/07 R). Dieser Rechtsprechung hat sich der 4. Senat im Urteil vom 30.09.2008, B 4 AS 29/07 R angeschlossen. In Anlehnung an die Rechtsprechung des BVerwG (Urteile vom 18.02.1999, 5 C 35/97 und 5 C 14/98 = NJW 1999, 3137) ist vom tatsächlichen Zufluss auszugehen.
Diese Grundsätze gelten auch für den aus einer Erbschaft stammenden Geldbetrag. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass hierbei ausnahmsweise von Vermögen deshalb auszugehen wäre, weil dieser Betrag etwa bereits vor Antragstellung durch Ansparen etc. "erzielt" worden wäre. Diese Auffassung deckt sich mit der bisher von mehreren LSGs vertretenen Auffassung (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.03.2006, L 20 B 72/06 AS; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.02.2007, L 7 AS 690/07 ER-B; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13.02.2008, L 13 AS 237/07 ER).
Zwar hat das LSG Nordrhein-Westfalen in einem Beschluss vom 03.05.2007, L 20 B 18/07 AS ER, Zweifel an dieser Auffassung geäußert, ohne in der Sache eine andere Entscheidung zutreffen, jedoch sind diese Bedenken nicht stichhaltig. Soweit auf das Urteil des BSG vom 17.03.2005, B 7a/7 AL 10/04 R, verwiesen wird, das zum Arbeitslosenhilferecht ergangen ist, so rechtfertigt diese Entscheidung keine andere Auffassung. Das BSG hatte darüber zu entscheiden, wie sich Erlöse aus Erbschaften, die im Juli und August 1999 zugeflossen sind, auf den Anspruch auf Alhi ab 15. November 1999 auswirken. Das Alhi-Recht enthielt keine Regelungen zur Abgrenzung von Einkommen und Vermögen, vielmehr war nach der hierzu entwickelten Rechtsprechung jede Leistung in Geld oder Geldeswert in dem Zahlungszeitraum der Arbeitslosenhilfe, in dem sie zufloss, Einkommen, und der am Ende dieses Zeitraums nicht verbrauchte Teil Vermögen (BSGE 41, 187, 188). Zahlungszeitraum war insoweit die Woche bzw. nach dem SGB III der Monat. Diese Grundsätze sind auf das SGB II nicht übertragbar. Denn insoweit regelt die Alg II-V in der ab 01.10.2005 geltenden Fassung der Verordnung vom 22.08.2005 (Bundesgesetzblatt I S.2499), wie ein einmal als Einkommen zugeflossener Betrag zu behandeln ist. Nach § 2 Abs.3 Satz 1 dieser Verordnung ist eine solche einmalige Einnahme von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließt. Gemäß Satz 2 ist abweichend hiervon eine Berücksichtigung ab dem Monat, der auf den Monat des Zuflusses folgt, zulässig, wenn Leistungen für den Monat des Zuflusses bereits erbracht sind. Gemäß Satz 3 sind einmalige Einnahmen, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag anzusetzen. Aufgrund dieser spezialgesetzlichen Regelung ist kein Raum für die zum Alhi-Recht entwickelte Abgrenzung bzw. Behandlung von Einkommen und Vermögen. Vielmehr bleibt ein einmal als Einkommen zugeflossener Betrag Einkommen und ist entsprechend der Regelung des § 2 Abs.3 Satz 3 Alg II-V aufzuteilen (BSG vom 30.09.2008, B 4 AS 29/07 R).
Gemäß § 2 Abs.3 Satz 2 Alg II-V hatte die Aufteilung zwingend ab Dezember 2005 zu erfolgen. Eine Abweichung hiervon durch Aufteilung der gesamten Erbschaft auf einen später beginnenden Zeitraum ist nicht zulässig. Dies bedeutet, dass der Betrag, der auf den Monat Dezember 2005 anzurechnen war, nicht auf die Folgemonate verteilt werden kann.
Die Aufteilung auf insgesamt sechs Monate, wie sie die Beklagte in dem Widerspruchsbescheid vom 13.05.2006 verfügt hat, ist zutreffend. Dies bedeutet, dass für die streitigen Monate Januar bis Mai 2005 sich kein Alg II errechnet. Der nach Abzug der Versicherungspauschalen von 30,00 Euro für sechs Monate verbleibende Betrag von 9.569,00 Euro ergibt, verteilt auf sechs Monate, einen Betrag von 1.594,83 Euro, der deutlich über dem unter Einbeziehung des Beitrages zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung sich ergebenden monatlichen Bedarf von 1.092,48 Euro liegt. Den Bedarf hat die Beklagte zutreffend errechnet, in dem sie mit der Regelleistung von 345,00 Euro die KdU von 654,00 Euro und den KV-/PV-Beitrag von 133,48 Euro zusammenrechnete und hiervon den sich aus dem Erwerbseinkommen in Höhe von 150,00 Euro ergebenden Anrechnungsbetrag von 40,00 Euro abzog. Die Ermittlung des Anrechnungsbetrages von 40,00 Euro entspricht den Regelungen der §§ 11 Abs.2 Satz 2, 30 Satz 2 Nr.1 SGB II.
Der Einwand der Klägerin, sie hätte einen Teil der Erbschaft für ihre berufliche Weiterbildung verwenden wollen, führt nicht zu einer anderen Beurteilung der Rechtslage. Zum einen hat sie diese Ausgaben tatsächlich nicht getätigt, zum anderen war sie gehalten, das Einkommen in erster Linie zur Sicherung des Lebensunterhalts einzusetzen (BSG a.a.O.). Im Übrigen sieht § 16 SGB II einen Anspruch auf Leistungen der beruflichen Weiterbildung unter den näher geregelten Voraussetzungen vor.
Somit war die Beklagte entsprechend ihrem Teilanerkenntnis zu verpflichten, der Klägerin bereits für die Zeit ab 01.06.2006 Alg II zu bewilligen und im Übrigen die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind zu einem Drittel zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Form von Arbeitslosengeld (Alg) II für die Zeit vom 01.01. bis 31.08.2006 streitig.
Die 1966 geborene Klägerin bezog bis 31.12.2005 Alg II in Höhe von monatlich 811,32 Euro. Am 05.12.2005 teilte sie mit, dass sie im November 2005 aus einer Erbschaft einen Betrag von 9.749,00 Euro erhalten habe. Nachdem die Beklagte die Klägerin darauf hingewiesen hatte, sie solle sich ab 01.01.2006 freiwillig krankenversichern, schloss die Klägerin ab diesem Zeitpunkt eine freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung mit einem monatlichen Betrag von 133,48 Euro ab.
Mit Bescheid vom 03.01.2006 lehnte die Beklagte eine Bewilligung von Alg II ab 01.01.2006 ab. Bei der Erbschaft handele es sich um einmaliges Einkommen. Dieses werde um die Pauschale für private Versicherungen in Höhe von 30,00 Euro bereinigt, weshalb 9.719,00 Euro verblieben, die auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen seien. Unter Einbeziehung der freiwilligen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung und nach Abzug von 40,00 Euro als Anrechnungsbetrag aus einem Erwerbseinkommen errechne sich ein Betrag von 1.092,48 Euro (Regelleistung 345,00 Euro + Kosten der Unterkunft - KdU - von 654,00 Euro + 133,48 Euro - 40,00 Euro). Es sei ihr zuzumuten, den Lebensunterhalt von der Erbschaft bis einschließlich August 2006 zu bestreiten. Ab September bestehe die Möglichkeit einer erneuten Antragstellung.
Der Klägerin wurde später ab 01.09.2006 erneut Alg II bewilligt.
Gegen den Bescheid vom 03.01.2006 legte die Klägerin Widerspruch ein und brachte vor, nach einer ihr gegebenen Auskunft könne die Erbschaft nur im ersten Monat als Einkommen gewertet und müsse im zweiten Monat als Vermögen angesehen werden, das in Höhe der Freibeträge von der Anrechnung frei sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.06.2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Einmalige Einnahmen seien u.a. Erbschaften. Die Anrechnung sei in der Regel ab dem auf den Zufluss folgenden Monat vorzunehmen. Der Zeitraum solle sechs Monate nicht übersteigen. Aufgrund der Höhe der Erbschaft errechne sich für den vorgegebenen Zeitraum von sechs Monaten kein Alg II mehr. Dem Krankenversicherungsschutz sei durch die Einrechnung des Beitrages zur freiwilligen Versicherung Rechnung getragen worden.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin weiterhin geltend gemacht, die Erbschaft sei als Vermögen zu behandeln. Nach Abzug der Freibeträge sei lediglich ein Betrag von 999,00 Euro zu berücksichtigen.
Mit Gerichtsbescheid vom 18.12.2007 wies das SG die Klage ab. Der Klägerin stehe für den Zeitraum vom 01.01. bis 31.08.2006 kein Anspruch auf Alg II zu, da sie in diesem Zeitraum nicht hilfebedürftig gewesen sei. Die im November 2005 zugeflossene Erbschaft sei als einmalige Einnahme im Sinne des § 11 Abs.1 SGB II zu berücksichtigen. Nach § 2 Abs. 3 Alg II-V hätte die Erbschaft bereits im November oder Dezember 2005 berücksichtigt werden können; insoweit sei die Klägerin jedoch nicht beschwert. Unerheblich sei, dass die Beklagte das einmalige Einkommen von 9.749,00 Euro lediglich um 30,00 Euro Versicherungspauschale bereinigt habe. Bei einer Berücksichtigung für acht Monate verbleibe ein Betrag von 9.509,00 Euro, der über dem von der Beklagten letztlich angerechneten Betrag von 8.739,84 Euro liege.
Mit ihrer Berufung wiederholt die Klägerin ihre im Klageverfahren vertretene Auffassung und bemängelt, dass ihr nicht genehmigt worden sei, einen Teil des Geldes für ihr berufliches Weiterkommen zu investieren, weshalb sie keine weiteren Schritte in diese Richtung habe unternehmen können.
Sie beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts München vom 18.12.2007 und des Bescheides vom 03.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.05.2006 dem Grunde nach zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 01.01 bis 31.08.2006 Alg II zu bewilligen.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung am 14.08.2008 den Leistungsanspruch der Klägerin für die Zeit vom 01.06. bis 31.08.2006 in der gesetzlich vorgesehenen Höhe anerkannt.
Sie beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, soweit sie über das Teilanerkenntnis hinausgeht.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - ), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor. In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als teilweise begründet.
Die Klägerin hat bereits ab 01.06.2006 dem Grunde nach Anspruch auf Alg II, da ab diesem Zeitpunkt die im November 2005 zugeflossene Erbschaft nicht mehr der Hilfebedürftigkeit entgegensteht, somit keine Einkommensanrechnung mehr erfolgt. Auf das Teilanerkenntnis der Beklagten hin war diese gem. § 202 SGG i.V.m. § 307 ZPO zur Leistungsbewilligung zu verurteilen; weitere Ausführungen zum Bestehen des Anspruches sind insoweit nicht erforderlich.
Für die Zeit vom 01.01. bis 31.05.2006 hatte die Klägerin allerdings keinen Anspruch auf Alg II. In diesem Zeitraum war sie nicht hilfebedürftig im Sinne des § 7 Abs.1 Satz 1 Nr.3 SGB II, da auf ihren Bedarf der im November 2005 zugeflossene Geldbetrag als Einkommen im Sinne des § 11 SGB II anzurechnen war. Diese Anrechnung führt zum vollständigen Entfallen des Anspruches für diesen Zeitraum. Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei der Erbschaft nicht um Vermögen, das gem. § 12 SGB II nur in Höhe des die Freibeträge übersteigenden Betrages zu berücksichtigen wäre.
Die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen richtet sich grundsätzlich nach dem Zeitpunkt des Zuflusses. Einkommen im Sinne des § 11 Abs.1 SGB II ist all das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, während Vermögen das ist, was er bei Antragstellung bereits hat (BSG, Urteil vom 30.07.2008, B 14 AS 26/07 R). Dieser Rechtsprechung hat sich der 4. Senat im Urteil vom 30.09.2008, B 4 AS 29/07 R angeschlossen. In Anlehnung an die Rechtsprechung des BVerwG (Urteile vom 18.02.1999, 5 C 35/97 und 5 C 14/98 = NJW 1999, 3137) ist vom tatsächlichen Zufluss auszugehen.
Diese Grundsätze gelten auch für den aus einer Erbschaft stammenden Geldbetrag. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass hierbei ausnahmsweise von Vermögen deshalb auszugehen wäre, weil dieser Betrag etwa bereits vor Antragstellung durch Ansparen etc. "erzielt" worden wäre. Diese Auffassung deckt sich mit der bisher von mehreren LSGs vertretenen Auffassung (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.03.2006, L 20 B 72/06 AS; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.02.2007, L 7 AS 690/07 ER-B; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 13.02.2008, L 13 AS 237/07 ER).
Zwar hat das LSG Nordrhein-Westfalen in einem Beschluss vom 03.05.2007, L 20 B 18/07 AS ER, Zweifel an dieser Auffassung geäußert, ohne in der Sache eine andere Entscheidung zutreffen, jedoch sind diese Bedenken nicht stichhaltig. Soweit auf das Urteil des BSG vom 17.03.2005, B 7a/7 AL 10/04 R, verwiesen wird, das zum Arbeitslosenhilferecht ergangen ist, so rechtfertigt diese Entscheidung keine andere Auffassung. Das BSG hatte darüber zu entscheiden, wie sich Erlöse aus Erbschaften, die im Juli und August 1999 zugeflossen sind, auf den Anspruch auf Alhi ab 15. November 1999 auswirken. Das Alhi-Recht enthielt keine Regelungen zur Abgrenzung von Einkommen und Vermögen, vielmehr war nach der hierzu entwickelten Rechtsprechung jede Leistung in Geld oder Geldeswert in dem Zahlungszeitraum der Arbeitslosenhilfe, in dem sie zufloss, Einkommen, und der am Ende dieses Zeitraums nicht verbrauchte Teil Vermögen (BSGE 41, 187, 188). Zahlungszeitraum war insoweit die Woche bzw. nach dem SGB III der Monat. Diese Grundsätze sind auf das SGB II nicht übertragbar. Denn insoweit regelt die Alg II-V in der ab 01.10.2005 geltenden Fassung der Verordnung vom 22.08.2005 (Bundesgesetzblatt I S.2499), wie ein einmal als Einkommen zugeflossener Betrag zu behandeln ist. Nach § 2 Abs.3 Satz 1 dieser Verordnung ist eine solche einmalige Einnahme von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließt. Gemäß Satz 2 ist abweichend hiervon eine Berücksichtigung ab dem Monat, der auf den Monat des Zuflusses folgt, zulässig, wenn Leistungen für den Monat des Zuflusses bereits erbracht sind. Gemäß Satz 3 sind einmalige Einnahmen, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag anzusetzen. Aufgrund dieser spezialgesetzlichen Regelung ist kein Raum für die zum Alhi-Recht entwickelte Abgrenzung bzw. Behandlung von Einkommen und Vermögen. Vielmehr bleibt ein einmal als Einkommen zugeflossener Betrag Einkommen und ist entsprechend der Regelung des § 2 Abs.3 Satz 3 Alg II-V aufzuteilen (BSG vom 30.09.2008, B 4 AS 29/07 R).
Gemäß § 2 Abs.3 Satz 2 Alg II-V hatte die Aufteilung zwingend ab Dezember 2005 zu erfolgen. Eine Abweichung hiervon durch Aufteilung der gesamten Erbschaft auf einen später beginnenden Zeitraum ist nicht zulässig. Dies bedeutet, dass der Betrag, der auf den Monat Dezember 2005 anzurechnen war, nicht auf die Folgemonate verteilt werden kann.
Die Aufteilung auf insgesamt sechs Monate, wie sie die Beklagte in dem Widerspruchsbescheid vom 13.05.2006 verfügt hat, ist zutreffend. Dies bedeutet, dass für die streitigen Monate Januar bis Mai 2005 sich kein Alg II errechnet. Der nach Abzug der Versicherungspauschalen von 30,00 Euro für sechs Monate verbleibende Betrag von 9.569,00 Euro ergibt, verteilt auf sechs Monate, einen Betrag von 1.594,83 Euro, der deutlich über dem unter Einbeziehung des Beitrages zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung sich ergebenden monatlichen Bedarf von 1.092,48 Euro liegt. Den Bedarf hat die Beklagte zutreffend errechnet, in dem sie mit der Regelleistung von 345,00 Euro die KdU von 654,00 Euro und den KV-/PV-Beitrag von 133,48 Euro zusammenrechnete und hiervon den sich aus dem Erwerbseinkommen in Höhe von 150,00 Euro ergebenden Anrechnungsbetrag von 40,00 Euro abzog. Die Ermittlung des Anrechnungsbetrages von 40,00 Euro entspricht den Regelungen der §§ 11 Abs.2 Satz 2, 30 Satz 2 Nr.1 SGB II.
Der Einwand der Klägerin, sie hätte einen Teil der Erbschaft für ihre berufliche Weiterbildung verwenden wollen, führt nicht zu einer anderen Beurteilung der Rechtslage. Zum einen hat sie diese Ausgaben tatsächlich nicht getätigt, zum anderen war sie gehalten, das Einkommen in erster Linie zur Sicherung des Lebensunterhalts einzusetzen (BSG a.a.O.). Im Übrigen sieht § 16 SGB II einen Anspruch auf Leistungen der beruflichen Weiterbildung unter den näher geregelten Voraussetzungen vor.
Somit war die Beklagte entsprechend ihrem Teilanerkenntnis zu verpflichten, der Klägerin bereits für die Zeit ab 01.06.2006 Alg II zu bewilligen und im Übrigen die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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