L 14 R 362/07

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
14
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 26 R 41/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 362/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 15.12.2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf Grund eines im Jahre 1983 eingetretenen Versicherungsfalles nach früherer mehrfacher Ablehnung eines Rentenanspruchs.
Der 1949 geborene, in seiner Heimat Mazedonien lebende Kläger war in Deutschland zwischen März 1971 und März 1984 mit Unterbrechungen in wechselnden Arbeitsstellen und laut Versicherungsverlauf erneut vom 01.06.1994 bis 14.12.1994 versicherungspflichtig beschäftigt. Im Versicherungsverlauf sind außerdem Zeiten wegen Krankheit/Gesund- heitsmaßnahmen vom 12.03.1984 bis 11.02.1985 und Pflichtbeiträge wegen Sozialleistungen vom 15.12.1994 bis 30.06.1995 vermerkt. In seiner Heimat hat der Kläger keine Versicherungszeiten erworben, wohl aber einige Monate im Jahre 1970 in Österreich.
Laut den Auskünften des letzten Arbeitgebers, der T. B. BauAG, vom 11.06.1990 und 12.06.1992 war der Kläger dort ab 16.08.1982 bis 15.10.1984 als Spezialbaufacharbeiter (Zimmerer/Eisenflechter) ohne Vorlage eines Facharbeiterbriefes bei der Einstellung entlohnt worden. Über einen längeren Zeitraum war er auch als Fachwerker, Hilfsmagaziner und Transportfahrer eingesetzt. Zuvor war der Kläger bei der Firma D. GmbH und Co KG, K., tätig, wo er als LKW-Fahrer eingesetzt war.

Im März 1983 erlitt der Kläger anlässlich eines fremdverschuldeten Verkehrsunfalles mit dem Firmenbus, der sich überschlug, eine commotio cerebri mit Bewusstseinstrübung. Das am Unfalltag durchgeführte cranielle CT zeigte ebenso wie später durchgeführte computertomografische Untersuchungen keine Auffälligkeiten. Der Kläger befand sich bis 29.06.1983 in stationärer Krankenhausbehandlung. In der Folgezeit kam es zu wiederholten weiteren psychiatrischen/psychosomatischen Behandlungen, zuletzt - offenbar nach einem gescheiterten Arbeitsversuch - vom 03.05 bis 16.05.1984 im Krankenhaus M., wo der Verdacht auf neurotische Depression mit Somatisierung bei Zustand nach commotio cerebri 1979 und 1983 und Zustand nach Hepatitis A erhoben und die Empfehlung einer stationären Psychotherapie gegeben wurde. Wegen Sprachschwierigkeiten und später Aussteuerung durch die Krankenkasse fanden weitere psychosomatische Behandlungen bzw. Krankenhausaufenthalte in der Folgezeit in der Heimat des Klägers statt.
Die zuständige BauBerufsgenossenschaft für Bayern und Sachsen (BauBG) gewährte für die Zeit von Juni 1983 bis Mai 1984 eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20% und lehnte nach Einholung von Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. J. und der HNO-Ärztin Dr. S. vom 09.10.1985 und 02.01.1986 eine Weitergewährung mangels messbarer MdE aus dem Unfallanlass ab (Bescheid vom 06.02.1985). Es wurde die Diagnose gestellt: "Zustand nach Schädel-Hirntrauma ohne Hinweis auf bleibende substantielle Hirnschädigung oder Spätkomplikationen"; dazu hieß es, noch bestehende Störungen und ein depressives Zustandsbild seien unffallunabhängig auf persönlichkeitsbedingte Faktoren zurückzuführen.
Auch im seinerzeitigen Haftpflichtverfahren vor dem Landgericht M. gegen die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers kam es zu einer nervenärztlichen Begutachtung durch Prof. Dr. M./Dr. B. (Gutachten vom 14.04.1987 nebst ergänzender Stellungnahme vom 29.09.1987: "Zustand nach commotio cerebri 1979 und 1983, Verdacht auf Überlagerung des Beschwerdebildes durch unfallunabhängige Faktoren, dringender Verdacht auf neurotische Fehlentwicklung, derzeit klinisch Pseudodemenz bei Verdacht auf Psychopharmaka-Überdosierung, Rentenneurose nicht sicher ausschließbar"). Eine kausale Verbindung des Beschwerdebildes mit dem Unfallhergang konnte nicht objektiviert werden; die auf Erstattung von Verdienstausfall und Zahlung von Schmerzensgeld gerichtete Klage wurde daher überwiegend abgewiesen.

Erstmals am 28.09.1984 stellte der Kläger über den Versicherungsträger in Mazedonien bei der damaligen LVA Niederbayern/Oberpfalz wegen der Folgen des Arbeitsunfalles Antrag auf Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit (Eingang des Formblattantrags im Februar 1988). Der Antrag wurde mit Bescheid vom 10.04.1989 abgelehnt, weil der Kläger nach ärztlichen Feststellungen trotz der Beeinträchtigung seiner Erwerbsfähigkeit durch ein "pseudodementes Bild bei starkem Rentenwunsch" noch vollschichtig leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit verrichten könne. Grundlage war neben einem Gutachten der Invalidenkommission in S. vom 24.12.1987 ("keine Erwerbstätigkeit mehr wegen Psychose nach commotio cerebri und anxios-depressivem Syndrom") und beigezogenen Unterlagen der AOK und der Bau-BG eine ärztliche Untersuchung des Klägers in der Ärztlichen Gutachterstelle in R. vom 16. 01. - 18.01.1989 u.a. durch den Psychiater Dr. R ... Dieser äußerte - wie zuvor schon Prof. Dr. M. im Haftpflichtklageverfahren - den Verdacht, dass der Kläger bei der Untersuchung unter Medikamenteneinfluss gestanden habe und nach einer Untersuchungspause - etwas wacher - ein pseudodementes Verhalten mit deutlichen Aggravations- bzw. Simulationstendenzen an den Tag gelegt und auch absichtlich falsche Angaben gemacht habe. Dr. R. diagnostizierte ein pseudodementes Bild bei starkem Rentenwunsch. Er hielt den Kläger noch immer für in der Lage, bis mittelschwere Arbeiten ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit vollschichtig zu verrichten.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem SG Landshut (S 3 Ar 5581/89 Ju), machte der Kläger u.a. Berufsschutz als Facharbeiter geltend, brachte verschiedene ärztliche Unterlagen aus der Zeit von 1985 bis 1990 bei und berief sich wie schon früher zur Begründung der Schwere seines Leidens auf eine weitere, schon 1979 anlässlich eines anderen Arbeitsunfalles erlittene Gehirnerschütterung. Das SG holte seinerzeit ein fachärztliches Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. vom 16.11.1990 nach Aktenlage ein ("rentenneurotische Störung ohne wesentlichen Krankheitswert, Vorliegen einer Psychose unwahrscheinlich, kein Nachweis einer hirnorganisch bedingten Demenz; keine Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit, psychische Auffälligkeit, Wille steuerbar; Streben nach Entschädigung vermeintlicher Unfallfolgen"). Es wies die Klage sodann mit der Begründung ab, beim Kläger lägen nach den Feststellungen des Dr. M. rentenneurotische Störungen vor, die keinen Krankheitswert besäßen und die Erwerbsfähigkeit nicht entscheidend beeinträchtigen würden. Es lägen keine Anhaltspunkte für das Bestehen einer krankhaften Hemmung des Arbeitswillens vor, welche der Kläger in absehbarer Zeit weder aus eigener Kraft noch unter ärztlicher Mithilfe überwinden könne. Der Kläger sei als angelernter Zimmerer zu beurteilen; er sei noch in der Lage, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit und auch seine früher ausgeübten Tätigkeiten zu verrichten (Urteil vom 08.02.1991).
Die anschließende Berufung vor dem BayLSG (L 5 Ar 458/91) wurde nach erneuter Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch den Neurologen und Psychiater Dr. K. (Gutachten vom 28.08.1992 nebst ergänzender Stellungnahme vom 21.07.1993) mit Urteil des BayLSG vom 07.09.1993 zurückgewiesen. Der Kläger könne nach ärztlichen Feststellungen durch Dr. K. und Dr. M. in seinen Tätigkeiten aus dem Berufskreis eines Zimmerers, Betonbauers, Magaziners und Transportfahrers weiterhin tätig sein.
Dr. K. hatte in seinem Gutachten nach ausführlicher Auseinandersetzung mit der durch zahlreiche ärztliche Unterlagen ab 1983 dokumentierten Vorgeschichte ein pseudodementes Syndrom auf dem Boden einer abnormen Verarbeitung des Unfallereignisses aus dem Jahre 1983 bei anlagebedingter Psychasthenie diagnostiziert und keine dadurch bedingten wesentlichen Funktionsausfälle festgestellt. Nach seiner Beurteilung konnte der Kläger weiterhin alle leichten bis mittelschweren Tätigkeiten, auch die zuletzt ausgeübten, verrichten; wegen anlagebedingter verminderter Belastbarkeit sollten lediglich ausschließlich schwere Arbeiten, Zeitdruck und Akkord ausscheiden sowie Arbeiten, die eine besondere geistige Wendigkeit verlangten. Zwar sei die Leistungsmotivation eingeschränkt, der Kläger sei auf die Rente fixiert; die Überwindung dieser seelischen Fehlhaltung sei aber bei Aufbietung der Willenskräfte möglich, denn es handle sich um eine relativ bewusstseinsnahe Störung, die hier auch bewusstseinsnah ausgestaltet und überlagert sei.

In der Zeit vom 26.09.1994 bis 20.06.1995 befand sich der nach seinem Versicherungsverlauf ab 01.06.1994 wieder in Deutschland tätige und auch hier wieder wohnhafte Kläger auf ärztliche Einweisung in stationärer psychiatrischer Behandlung im Bezirkskrankenhaus H. ("vorläufige" Entlassungsdiagnosen im Bericht vom 31.08.1995: rezidivierende depressive Störung, derzeit schwere Episode ohne psychotische Symptome mit deutlicher Antriebsminderung und schlechter Belastbarkeit, Zustand nach Hepatitis B; Besserung seit Mai 1995 nach zusätzlicher Lithium-Therapie) und wurde dann stabilisiert und im Antrieb weitgehend normalisiert entlassen.
Aufgrund des den sodann am 01.06.1995 mit Hilfe des beim Bezirkskrankenhaus tätigen Diplomsozialpädagogen gestellten erneuten Rentenantrag des Klägers ging die damalige LVA Oberbayern vom Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit auf Dauer ab 26.09.1994 aus, ein Rentenanspruch wurde jedoch wegen Fehlens der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 44 Abs.1 Ziff.2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) a.F. für diesen Versicherungsfall abgelehnt. Es seien lediglich vier Beitragsmonate anstelle der geforderten 36 Pflichtbeiträge für eine versicherungspflichtige Beschäftigung im maßgeblichen 5-Jahreszeitraum vom 27.09.1989 bis 26.09.1994 nachgewiesen; auch seien die Voraussetzungen der Sondervorschrift des § 241 Abs.2 SGB VI, die eine solche versicherungsfallnahe Beitragsentrichtung nicht erfordere, nicht gegeben, denn es fehle an einer lückenlosen Belegung des Zeitraums vom 01.01.1984 bis zum Monat vor dem Eintritt der Erwerbsminderung mit Beitragszeiten oder anwartschaftserhaltenden Zeiten (ablehnender Bescheid vom 28.11.1995, zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 29.10.1996).
Grundlage für die Annahme der eingetretenen Leistungsminderung war ein fachärztliches Gutachten des Psychiaters Dr. E. vom 17.10.1995, der die als vorläufig bezeichnete Diagnose "schwere reaktive Depression bei Zustand nach zweimaligem Schädel-Hirn-Trauma 1979 und 1983 ohne Anhaltspunkt für ein rezidivierendes oder phasenhaftes Geschehen bei fraglicher Interferenz mit Hepatitis B" gestellt und keine Arbeiten mehr für möglich gehalten hatte. Allerdings hatte er eine Nachuntersuchung nach 12 Monaten empfohlen mit der Begründung, dass der Kläger die zur Besserung führende Lithium-Therapie wieder aufgegeben habe und der Führung und Betreuung bei der Medikamenteneinnahme bedürfe, da er ein Interesse daran habe, krank zu sein.

Mit einem am 07.04.2005 eingegangenen Schreiben vom 28.03.2005 wandte sich der Kläger gegen einen Bescheid der damaligen LVA Oberbayern vom 29.12.2004 über die verbindliche Feststellung von Versicherungszeiten gem. § 149 Abs.5 SGB VI mit Rentenauskunft und begehrte unter Hinweis auf den erlittenen Arbeitsunfall im Jahre 1983 und seitdem bestehende Krankheit und Arbeitsunfähigkeit die erneute Prüfung seines Anspruchs auf Invalidenrente. Seit September 1994 sei er in ständiger medizinischer Behandlung gewesen. Bereits seit 1987 sei er in seiner Heimat als invalide (I. Kategorie) anerkannt. Vorgelegt wurde dazu eine ärztliche Bescheinigung des Nervenarztes Dr. M. aus A-Stadt vom 23.06.2005 über ein beim Kläger vorliegendes posttraumatisches psychotisches Bild und Demenzbild sowie ein anxiotisch-depressives Bild mit Suizidal-Ideen, ferner eine mazedonische Bescheinigung über (später verlängerte) Arbeitsunfähigkeit vom 08.06.2004 bis voraussichtlich 31.08.2005, ferner eine zusammenfassende Darstellung der Leidensgeschichte des Klägers durch den behandelnden Neuropsychiater Dr. C., der von lang dauernder Behandlung in "nicht entsprechenden Anstalten mit nicht entsprechenden Mitteln", von bürokratischen Verfahrensweisen der Behörden und dem Leidensweg und der Verarmung der Familie sprach.

Die Beklagte wies den Kläger zunächst mit Schreiben vom 10.06.2005 auf den ablehnenden Rentenbescheid vom 28.11.1995 hin; schon damals sei ein Versicherungsfall vor dem 01.01.1984 geprüft und als nicht möglich abgelehnt worden. Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 18.07.2005 lehnte sie den neuen Rentenantrag wegen Fehlens der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den geltend gemachten Rentenanspruch bei einem im Juni 1995 eingetretenen Versicherungsfall erneut ab (keine versicherungsfallnahe Beitragsbelegung: lediglich 13 Kalendermonate mit Beiträgen im maßgeblichen Zeitraum vom 21.06.1990 bis 20.06.1995; keine lückenlose Belegung des Zeitraums vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit Beitrags- oder Anwartschaftserhaltungszeiten).
Der Widerspruch gegen die Bescheide vom 29.12.2004 und 18.07.2005 wurde sodann mit Widerspruchsbescheid vom 05.10.2005 mit erneuter ausführlicher Begründung u.a. zu den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Rentenanspruch mit einem unterstellten Versicherungsfall im Zeitpunkt der Antragstellung am 07.04.2005, aber auch zu einer vor dem 01.01.1984 eingetretenen Erwerbsminderung, für die auch bei Berücksichtigung des Vorbringens im Widerspruchsverfahren keine Anhaltspunkte vorlägen, zurückgewiesen (keine Beitragsmonate im maßgeblichen 5 Jahres-Zeitraum vom 04.07.2000 bis 06.04.2005, keine lückenlose Beitragsentrichtung oder Belegung mit anwartschaftserhaltenden Zeiten ab 01.01.1984: Lücken vom 12.02.1985 bis 31.05.1994 und vom 25.03 1996 bis 31.03.2005).

Mit der Klage vor dem Sozialgericht (SG) verfolgte der nach eigenen Angaben seit Mai 2004 wieder bei seiner Familie in Mazedonien wohnende Kläger sein Begehren weiter und machte durch seinen mazedonischen Bevollmächtigten geltend, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung seien erfüllt, weil er vom Unfalltage im Jahre 1983 an ständig stationär oder ambulant behandelt worden sei und eine Erwerbstätigkeit nicht habe ausüben können. Es wurden im Laufe des Verfahrens verschiedene ärztliche und behördliche Unterlagen aus den Jahren 1984/85, 1988,1995 und 2005/6 vorgelegt, ferner ein Bescheid des VA M. vom 15.10.1998 nach dem Schwerbehindertengesetz über einen GdB 70 ab 30.09.1998 sowie zwei Schreiben von Sozialpädagoginnen des Betreuungsvereins für Bürgerinnen und Bürger der Landkreise E. und E. e.V. vom 10.06.2000 und 10.06.2002, woraus sich u.a. ergibt, dass der Kläger offenbar eine Zeitlang einen Heimbetreuungsplatz in M. inne hatte und eine vom Landgericht M. eingesetzte Betreuerin zur Verfügung stand.

Die Beklagte nahm durch ihren ärztlichen Dienst zu den vorgelegten medizinischen Unterlagen dahin gehend Stellung, dass weiterhin von einem ab der Krankenhausaufnahme im Bezirkskrankenhaus H. im September 1994 eingetretenen Versicherungsfall und einem ab diesem Zeitpunkt aufgehobenen Leistungsvermögen auszugehen sei. Die Befunde aus der Zeit von 1984 (u.a. Entlassungsbericht des Städtischen Krankenhauses M. vom 06.06.1984 nach stationärer Behandlung des Klägers vom 3.5. bis 16.5.1984 wegen Verdachts auf neurotische Depression mit Somatisierung) ergäben keine neuen Erkenntnisse bezüglich eines früheren Versicherungsfalles. Auf die früheren Begutachtungen durch Dr. J. vom 02.01.1986 und Prof. Dr. M. vom 14.01.1987, durch Dr. R. im Januar 1989 und durch Dr. E. vom 01.06.1995 wurde hingewiesen.
Die Beklagte verwies ferner darauf, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente wegen des bis 07.09.1993 laufenden ersten Rentenverfahrens letztmalig am 07.12.1993 erfüllt gewesen seien (§§ 197 Abs.2, 198 Satz 1 SGB VI i.V.m. § 241 Abs.2 S.1 SGB VI).

Das SG wies die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 15.12.2006 ab. Der Kläger sei zwar seit 26.09.1994 erwerbsunfähig, ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bestehe jedoch nicht, da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen weder nach § 44 SGB VI a.F. noch nach § 241 SGB VI a.F. erfüllt seien. Die verbindliche Ablehnung des Rentenantrags vom 21.06.1995 durch die Beklagte mit Bescheid vom 28.11.1995/Widerspruchsbescheid vom 29.10.1996 habe der Sach- und Rechtslage entsprochen. Die Voraussetzungen für eine Rücknahme dieser Bescheide gem. § 44 Abs.1 S.1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) seien nicht gegeben, weil bei ihrem Erlass weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erweise. Dies ergebe sich bei Berücksichtigung der vorliegenden medizinischen Unterlagen, insbesondere des Gutachtens des Psychiaters Dr. E. vom 18.11.1995 und der im vorangegangenen Klage- und Berufungsverfahren eingeholten Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. M. vom 16.11.1990 und des Dr. K. vom 28.08.1992 nebst dessen ergänzender Stellungnahme vom 21.07.1993. Danach sei der Kläger seit 26.09.1994 (Krankenhausaufnahme im Bezirkskrankenhaus H.) erwerbsunfähig. Ein Rentenanspruch ergebe sich wegen Fehlens der hierfür erforderlichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen jedoch nicht. Der Kläger habe nicht in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit mindestens 3 Jahre mit Beiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt, vielmehr seien im maßgeblichen Zeitraum (27.09.1989 bis 25.09.1994) nur vier Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen belegt. Ähnliches gelte auch bei Annahme eines Leistungsfalles der Erwerbsminderung zum Zeitpunkt der erneuten Antragstellung am 07.04.2005, denn im dann maßgeblichen Fünf-Jahreszeitraum vom 07.04.2000 bis 06.04.2005 seien keinerlei Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen nachgewiesen. Auch komme die Übergangsvorschrift des § 241 Abs.2 SGB VI a. F. nicht zum Tragen, da in der Zeit vom 01.01.1984 bis 31.08.1994 bzw. 31.03.2005 nicht jeder Kalendermonat mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt sei.
Weiter führte das SG aus, unter den gegeben Umständen komme eine Rentengewährung nur dann in Betracht, wenn der Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit bereits vor dem 01.01.1984 eingetreten wäre. Nach den im Sozialrecht geltenden Grundsätzen sei der Eintritt von Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit nachzuweisen. Die entsprechenden Voraussetzungen müssten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu dem genannten Zeitpunkt feststellbar sein; die Möglichkeit oder auch Wahrscheinlichkeit eines Eintritts des Versicherungsfalles reiche dagegen nicht aus. Wie sich aus den früheren Gutachten von Dr. M. und Dr. K. und den bestandskräftigen Urteilen des Sozialgerichts Landshut vom 08.02.1991 und des Bayer. Landessozialgerichts vom 07.09.1993 ergebe, sei ein solcher Nachweis hier nicht möglich. Die medizinischen Voraussetzungen für eine Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit im fraglichen Zeitraum seien in diesen Gutachten ausdrücklich verneint worden. Neue Erkenntnisse, die zu abweichender Beurteilung oder zu erneuter Sachaufklärung Anlass geben würden, seien aus den vom Kläger vorgelegten medizinischen Unterlagen nicht zu gewinnen. Dies gelte auch für den Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung M. vom 15.10.1998 über das Vorliegen einer seelischen Störung sowie eines Leberschadens bei einem Grad der Behinderung (GdB) von 70 ab März 1998.

Mit der Berufung wendet sich der Kläger gegen diese Entscheidung und bringt erneut vor, er sei seit 1983 schwer erkrankt und arbeitsunfähig. Die damals in einem Krankenhaus in M. begonnene Behandlung sei auf dortigen Vorschlag in Mazedonien gegen seinen Willen weitergeführt worden. Auch später habe er sich in verschiedenen Polikliniken und auch zeitweise in einer Anstalt befunden. Die verordneten Medikamente hätten seine Gesundheit zerstört, so habe er einen Leberschaden. Die gesamte medizinische Dokumentation belege, dass er seine schwere unheilbare Krankheit in Deutschland bekommen habe und daher rentenberechtigt sei. Unberücksichtigt bleiben müsse dabei, dass er im Jahre 1994 nach Deutschland zurückgekommen und hier versichert gewesen sei. Er sei damals nämlich nur pro forma (!) wegen medizinischer Behandlungen versichert worden, in Wirklichkeit aber vollständig arbeitsunfähig gewesen; gearbeitet habe er seit 1983 nicht mehr.
Der Kläger legt medizinische Behandlungsunterlagen aus Mazedonien von Januar bis April 2007 vor.

Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides vom 15.12.2006 sowie des Bescheides vom 18.07.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.10.2005 zu verpflichten, ihm Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszügen, der beigezogenen Versichertenakten der Beklagten sowie auf die Akten S 3 U 257/88 des SG München, S 3 Ar 5581/89 Ju des SG Landshut und L 5 Ar 458/91 des Bayer. Landessozialgerichts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), erweist sich aber nicht als begründet.
Zutreffend hat das Erstgericht die auf Rente wegen Erwerbsminderung auf Grund eines im Jahre 1983 eingetretenen Versicherungsfalles gerichtete Klage abgewiesen und ebenso einen Rentenanspruch auf Grund des nach Aktenlage weiterhin am ehesten anzunehmenden, im Jahre 1994 eingetretenen Leistungsfalles sowie auf Grund eines fiktiven Leistungsfalles im Zeitpunkt der letzten Antragstellung im Jahre 2005 verneint. Es hat im Hinblick auf die früheren Rentenablehnungen auch zu Recht die Voraussetzungen für eine Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsakts nach § 44 SGB X geprüft und verneint.

Die Überprüfung der gesamten Aktenunterlagen mit den zahlreichen vorhandenen ärztlichen Befunden ab 1983 und den seitdem in verschiedenen Verfahren eingeholten Gutachten ergibt auch für den Senat, dass mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit allein von einem im September 1994 bei Aufnahme des Klägers in das Bezirkskrankenhaus H. (oder kurz davor) eingetretenen Leistungsfall der Erwerbsunfähigkeit auf Dauer auszugehen ist, welcher aber aus versicherungsrechtlichen Gründen keinen Leistungsanspruch auslöst.
Zu diesem Zeitpunkt war offensichtlich eine akute Verschlechterung im Befinden des Klägers eingetreten, deren genauer Beginn mangels anderweitiger ärztlicher Unterlagen aus der Zeit von 1992 bis 1994 nicht feststellbar ist. Sie wird durch die in H. gestellte Diagnose "derzeit schwere Episode eines rez. depressiven Syndroms, ohne psychotische Symptome" belegt. Auch im damaligen Rentenantrag vom 01.06.1995 ist das Datum der stationären Aufnahme als Zeitpunkt des Eintritts der Verschlechterung genannt.
Für einen bereits früher eingetretenen Leistungsfall zu einem Zeitpunkt, als die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch erfüllt waren (d.h. - wie von der Beklagten zutreffend dargelegt - bis spätestens 07.12.1993), oder gesetzlich noch nicht erforderlich waren (vor dem 01.01.1984), ergeben sich bei Würdigung der nach Aktenlage vorhandenen Befunde keine ausreichenden Anhaltspunkte. Die nach 1983 in Deutschland erfolgten zahlreichen Begutachtungen lassen die Annahme einer bis 1992/Mitte 1993 eingetretenen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit nicht zu. Dieses gilt auch aus heutiger Sicht bei Berücksichtigung der anschließenden progredienten Entwicklung des weiteren Krankheitsgeschehens. Insoweit bedarf es auch keiner erneuten Beweisaufnahme durch den Senat. Jeder weitere Gutachter müsste die bei den seinerzeitigen Begutachtungen erhobenen Befunde - die u.a. nie auf eine Psychose hinwiesen und die Annahme eines deutlich eingeschränkten Leistungsvermögens nicht rechtfertigten - berücksichtigen. So hatte der im damaligen Berufungsverfahren gutachtlich gehörte Dr. K. im Rahmen seiner persönlichen Untersuchung des Klägers im Jahre 1992 einen unauffälligen neurologischen Befund erhoben und einen zwar gedrückt wirkenden, aber nicht durchgehend depressiven Kläger beschrieben, der nicht überzeugende, pseudodemenz-ähnliche Verhaltensweisen an den Tag legte. Dr. K. war insoweit nachvollziehbar von zweckneurotischen Mechanismen ohne Krankheitswert bzw. von einem bewusst gesteuerten Fehlverhalten mit dem Ziel einer Entschädigung für frühere Unfälle und wahrscheinlich prämorbid vorhandenen psychischen Auffälligkeiten im Sinne einer Persönlichkeitsstörung oder eines neurasthenischen Syndroms ausgegangen. Er hatte ergänzend darauf hingewiesen, dass sämtliche medizinischen Therapieversuche zum Scheitern verurteilt seien, wenn sich die Motivation in erster Linie auf die Erzielung eines sekundären Krankheitsgewinns richte.
Die anders lautenden, in der Diagnosestellung wie in der Leistungsbeurteilung durchwegs zu den in Deutschland erhobenen Befunden in Widerspruch stehenden ärztlichen Behandlungsunterlagen und Meinungsäußerungen aus der Heimat des Klägers ab 1985 einschließlich des Gutachtens der Invalidenkommisssion in S. vom 24.12.1987 ("Psychose nach commotio cerebri, keine Erwerbstätigkeit mehr") stehen dieser Beurteilung bei verständiger Würdigung nicht entgegen. Sie lagen bereits den Gerichtsgutachtern Dr. M. und Dr. K. vor und wurden von diesen mit abgehandelt und widerlegt. Auch in den in anderen Verfahren damals eingeholten Gutachten (Dr. J., Dr. S., Prof. Dr. M./Dr. B.) fanden die mazedonischen Beurteilungen keine Bestätigung. Dem entspricht im Übrigen die langjährige Erfahrung des 14. Senats in vergleichbaren Fällen, dass sich nahezu sämtliche zu der damaligen Zeit im ehemaligen Jugoslawien erstellten psychiatrischen Gutachten bei einer nachträglichen Kontrolle im Wege einer umfassenden fundierten Begutachtung hinsichtlich der Diagnosen und/oder der Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit als unzutreffend erwiesen haben; regelmäßig wurde der medizinische Sachverhalt zugunsten einer Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Rentenversicherungsrechts fehlbewertet.

Auch die Tatsache, dass der den Kläger um 2000/2001 in Deutschland behandelnde Nervenarzt Dr. B. - möglicherweise nach Einsicht in die jugoslawischen Unterlagen des Klägers - in seinen ärztlichen Bescheinigungen eine endogenen bzw. eine chronisch schizoide Psychose angenommen hatte, macht keine erneute Begutachtung für die Zeit vor 1994 erforderlich. Selbst wenn diese Diagnose im Jahr 2000 zutreffend gewesen wäre, fehlt es an genauen Aussagen zu einer früher (vor September 1994) verminderten Erwerbsfähigkeit. Laut Handbuch "Sozialmedizinische Begutachtung in der gesetzlichen Rentenversicherung", 5.Aufl. S. 484, 480, bedingt die akute Episode einer schizoaffektiven Psychose vor allem Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit i.S.d. Krankenversicherung, darüber hinaus besteht im Regelfall keine wesentliche Leistungsminderung; nur in Ausnahmefällen bei chronischen Verläufen können schwere Leistungseinschränkungen gegeben sein. Fast immer sei nicht die Diagnose, sondern das Leistungsbild entscheidend. Dieses wurde jedoch vorliegend durch die Gutachter Dr. R., Dr. M. und Dr. K. für die Zeiträume bis 1992/93 eindeutig festgehalten. Eine wesentliche Leistungseinschränkung des Klägers in seinen verschiedenen Tätigkeiten bestand damals nicht.

Für den nach allem somit weiterhin anzunehmenden, erst am 26.09.1994 nachgewiesenen Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit auf Dauer sind die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der §§ 44 Abs 1 Nr.2, 241 Abs.2 SGB VI nicht erfüllt. Insoweit wird auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid zur Vermeidung von Wiederholungen gem. § 153 Abs.2 SGG Bezug genommen.
Im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers, es habe seit dem Unfall im Jahre 1983 fortlaufend Arbeitsunfähigkeit bestanden, ist ergänzend auszuführen, dass sich aus dem Versicherungsverlauf des Klägers vom 08.05.2006 lediglich Arbeitsunfähigkeitszeiten bzw. Pflichtbeiträge für Sozialleistungen bis 11.02.1985 ergeben, möglicherweise bis zur damaligen Aussteuerung des Klägers durch die Krankenkasse. Über weitere Zeiten der Arbeitsunfähigkeit im Sinne von §§ 58 Abs.2, 252 Abs.3 SGB VI in der Folgezeit liegen keine Unterlagen vor. Zwar hat die Invalidenkommission in S. den Kläger am 24.12.1987 für dauerhaft und vollständig arbeitsunfähig erklärt. Von einer Arbeitsunfähigkeit nach deutschem Sozialversicherungsrecht kann deswegen aber nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Spätestens seit der Untersuchung des Klägers in der Ärztlichen Gutachterstelle in R. durch Dr. R. am 16.01.1989 mit dem Ergebnis einer vollschichtigen Leistungsfähigkeit für mittelschwere Arbeiten (welches durch die Gutachten Dr. M. im November 1990 und durch Dr. K. im August 1992 bestätigt wurde ) kann jedenfalls von einer fortlaufenden Arbeitsunfähigkeit des Klägers nicht mehr die Rede sein.
Damit ist ein Aufschubtatbestand im Sinne des § 241 Abs.2 SGB VI bis zum Eintritt der Erwerbsunfähigkeit im September 1994 nicht gegeben.

Bei dieser Sachlage ist die Berufung mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 163 Abs.2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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