L 8 B 1090/08 SO ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 52 SO 480/08 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 B 1090/08 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 SO 32/10 S
Datum
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der Eilentscheidung, im Beschwerdeverfahren also der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung, jedenfalls soweit es um den Anordnungsgrund geht.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 1. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Im vorliegenden Eilverfahren geht es um die Frage, ob die Antragsgegnerin (Ag) im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten ist, der Antragstellerin (Ast) höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - SGB XII - zu gewähren.

Die 1948 im ehemaligen Jugoslawien geborene Ast bezog zunächst Leistungen nach dem SGB II und seit dem 14.07.2008 Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII (Bescheid vom 06.08.2008). Ferner bezieht sie eine Witwenrente in Höhe von 230,81 EUR und eine jährlich einmal ausgezahlte Rente aus der Schweiz in Höhe von 323,75 EUR (monatlich 26,98 EUR). Mit dem genannten Bescheid hatte die Ag nur die halben Kosten der Unterkunft (161,75 EUR von 322,75 EUR) gewährt. Dabei war sie davon ausgegangen, dass der Sohn der Ast unter der Adresse seiner Mutter wohne, unter der er auch polizeilich gemeldet war. Der gegen den Bescheid vom 06.08.2008 eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 04.11.2008).

Der Sohn der Ast teilte mit Schreiben vom 31.10.2008 mit, dass er nicht bei der Ast, sondern in einer Studentenwohngemeinschaft lebe und dass die Einzimmerwohnung seiner Mutter auch keinen Platz für ihn biete. Die Ast legte am 12.11.2008 die Bescheinigung über die erfolgte Ummeldung ihres Sohnes vor. Mit Bescheid vom 12.11.2008 bewilligte die Ag daraufhin der Ast für den Zeitraum vom 01.09.2008 bis 31.08.2009 die vollen Kosten der Unterkunft. Auf Anfrage des SG teilte die Ast mit, dass sie am Antrag festhalte, da der Krankenversicherungsschutz nicht geklärt sei. Mit Schreiben vom 21.11.2008 teilte die Ag mit, dass auch der Krankenversicherungsschutz der Ast ab dem 14.07.2008 durchgehend gesichert sei.

Am 06.11.2008 hatte die Ast beim Sozialgericht München (SG) einstweiligen Rechtschutz beantragt und "vorschussweise höhere Auszahlung der Leistungen nach dem SGB II bis zur endgültigen Entscheidung in der Hauptsache" beantragt. Mit den bisher ausgezahlten Leistungen könne sie ihren Lebensunterhalt nicht decken. Das Verfahren ist beim SG zunächst unter dem Az.: S 42 AS 2613/08 ER, dann aber als Verfahren nach dem SGB XII
geführt worden.
Mit Beschluss vom 01.12.2008 hat das SG den Eilantrag abgewiesen und ausgeführt, es komme hinsichtlich der rechtlichen und sachlichen Voraussetzungen auf den Zeitpunkt der Eilentscheidung des Gerichts an. Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei nur zulässig, wenn auch in diesem Zeitpunkt noch ein Bedürfnis für den ersuchten Rechtsschutz bestehe. Erfülle die Behörde das Antragsbegehren vor Erlass der einstweiligen Anordnung, sei für eine gerichtliche Eilentscheidung kein Raum mehr. Im Übrigen fehle es in diesen Fällen auch an der Eilbedürftigkeit. Die Ag habe die Leistungen nach dem SGB XII bei vollständiger Anerkennung der Kosten der Unterkunft gewährt. Der Krankenversicherungsschutz sei ebenfalls gesichert.

Dagegen hat die Ast Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht - LSG - eingelegt und im Wesentlichen ausgeführt, das SG habe ihre Klage vorsätzlich verändert mit dem Ziel bzw. der Anweisung, alles aus der Welt zu schaffen und aussehen zu lassen, als ob es sich da um eine normale sozialbedürftige Frau handle, obwohl dem Gericht Beweise vom Gegenteil vorlägen. Das Sozialreferat sei bereits im Januar und Februar 2008 bemüht gewesen, sie verschwinden zu lassen. Dieses sei seit dem 30.06.2008 auch gemacht worden. Ihre Klage richte sich gegen die willkürliche Einstellung der Zahlungen des Hartz IV und Verweigerung der Zahlungen der Sozialhilfe. Das Gericht höre ihre Daten an, die nicht stimmten, und bediene sich dabei einer der erfundenen Identitäten aus der Rentenversicherung. Das Gericht habe nicht konkret geschrieben, auf welche A. sich das Urteil beziehe. Die Geschichte sei eine Nummer zu groß, da müsse man, so wie die Ast, in 28 Jahren gewachsen sein und studierte Politologin, um alle Zusammenhänge zu verstehen. Die Ast legte im Rahmen des Beschwerdeverfahrens Schreiben an den Bayerischen Landtag, die Bayerische Staatskanzlei und das Bayerische Staatsministerium des Inneren sowie weitere Schreiben vor. Weiterer Sachvortrag erfolge mit Schreiben vom 14.01.2009.

Die Ast beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts München vom 01.12.2008 aufzuheben und die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch XII und Krankenversicherungsschutz zu gewähren.

Die Ag beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.
II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das SG den Eilantrag als unzulässig abgewiesen.

Der Eilantrag der Ast war auszulegen, § 123 SGG analog. Wie die beim Gericht gestellten Anträge zeigen, begehrt die Ast höhere Leistungen nach dem SGB XII. Zu Recht hat daher das SG das ursprünglich als Verfahren nach dem SGB II geführte Verfahren in ein Verfahren nach dem SGB XII abgeändert. Die vom SG in seinem Beschluss weiterhin genannten Leistungen (Unterhalt für die Ast als "Geisel" und "Telex- und Telefonkosten in Höhe von 108.500,00 DM") begehrt die Ast nach dem Inhalt der bei Gericht gestellten Anträge nicht im Wege des vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahrens. Zum einen werden die entsprechenden Leistungen in Schreiben genannt, die nicht an das Gericht, sondern an andere staatliche Institutionen gerichtet sind (vgl. z.B. Schreiben vom 21.11.2008 an die Bayerische Staatskanzlei). Vor allem ergibt sich aber aus dem Inhalt der an das SG und den Senat gerichteten Ausführungen der Ast sowie aus den in Bezug genommenen Bescheiden bei verständiger Würdigung des Antragsbegehrens, dass es der Ast mit ihrem Eilantrag um Sozialleistungen nach dem SGB XII im Hinblick auf die Kosten der Unterkunft und um Krankenversicherungsschutz geht. Entsprechendes gilt für die im Schreiben vom 14.01.2009 als wiederholte Anträge bezeichneten Ausführungen.

Den mit dem so ausgelegten Inhalt gestellten Eilantrag hat das SG zu Recht abgewiesen. Zur Begründung wird auf den Inhalt des angefochtenen Beschlusses verwiesen, § 142 Abs.2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG -. Ergänzend ist lediglich das Folgende auszuführen.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der Eilentscheidung, im Beschwerdeverfahren also der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung, jedenfalls soweit es um den Anordnungsgrund geht (vgl. LSG Hessen, Beschluss vom 14.03.2006, L 7 SO 4/06 ER Juris Rn.18; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18.10.2007, L 28 B 1637/07 AS ER, Juris Rn.3; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG,
8. Auflage 2305, § 86b Rn.42; Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Auflage 2008, Rn.327). Zum Zeitpunkt der Entscheidung des SG über den Eilantrag und erst recht zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde durch den Senat hatte sich das im Eilverfahren verfolgte Begehren der Ast in Bezug auf die Unterkunftskosten durch den Bescheid der Ag vom 12.11.2008 erledigt. Entsprechendes gilt in Bezug auf den Krankenversicherungsschutz. Insofern hat die Ag gegenüber dem SG mit Schreiben vom 21.11.2008 in verbindlicher Weise erklärt, dass der Krankenversicherungsschutz ab dem 14.08.2008 durchgehend gesichert sei.

Für die weitere Verfolgung ihres Anliegens im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes bestand daher bereits im Rahmen des erstinstanzlichen Eilverfahrens kein Rechtsschutzinteresse mehr. Die in den im Rahmen des Beschwerdeverfahrens vorgelegten Schreiben an die Bayerische Staatskanzlei und an andere Behörden genannten Umstände betreffen - wie ausgeführt - nicht den Streitgegenstand des vorliegenden Eilverfahrens.

Die auf § 193 SGG analog beruhende Kostenentscheidung trägt dem Umstand Rechnung, dass der Eilantrag in beiden Instanzen erfolglos blieb.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar,
§ 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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