Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 3 R 920/04**
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 R 810/08 ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag der Beklagten, die Vollstreckung aus dem Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 22.04.2008 auszusetzen, wird abgelehnt.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Aussetzungsverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Am 22.04.2008 hat das Sozialgericht Bayreuth die Beklagte verurteilt, an den Kläger Witwerrente ab 01.04.2004 zu zahlen.
Dagegen hat die Beklagte Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Das Sozialgericht habe in seiner Urteilsbegründung die gesetzliche Vermutung des § 46 Abs 2a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht widerlegt, vielmehr habe es die Beweislastverteilung verkannt.
Zudem hat die Beklagte beantragt, die Vollstreckung aus dem Urteil des SG auszusetzen. Dies könne nicht nur im Ausnahmefall erfolgen. Es bestehe die Gefahr, dass eine Rückerstattung z.B. wegen Vorliegens einer besonderen Härte nicht realisierbar sei. Andererseits erhalte der Kläger die Rente im Falle seines Obsiegens nachbezahlt. Der Kläger hat mitgeteilt, er werde vor einer rechtskräftigen Entscheidung die Zwangsvollstreckung nicht einleiten.
II.
Der statthafte Aussetzungsantrag ist zulässig.
Gemäß § 199 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann, wenn ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat, der Vorsitzende des Gerichts, das über das Rechtsmittel zu entscheiden hat, die Vollstreckung durch einstweilige Anordnung aussetzen. Ein vollstreckbarer Titel im Sinne des § 199 Abs 1 SGG liegt vor.
Allein die fehlende Absicht des Klägers, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzuleiten, macht den Aussetzungsantrag nicht unzulässig (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.Aufl, § 199 Rdnr 7), dieser Gesichtspunkt kann jedoch im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung ggfs berücksichtigt werden.
Die Berufung der Beklagten hat hinsichtlich der Beträge, die für die Zeit nach Erlass des angefochtenen Urteils nachbezahlt werden sollen, keine aufschiebende Wirkung (§ 154 Abs 2 SGG). Die Beklagte ist daher verpflichtet, die sogenannte Urteilsrente anzuweisen, die aber wieder zu erstatten ist, wenn das Urteil des Erstgerichts auf die Berufung hin oder in einem eventuellen Revisionsverfahren aufgehoben wird.
Der Aussetzungsantrag ist jedoch nicht begründet.
Bei der Entscheidung über die Aussetzung ist eine Interessen- und Folgenabwägung vorzunehmen (BSG, Beschluss vom 05.09.2001 - B 3 KR 47/01 R -; Leitherer aaO Rdnr 8), wobei der in § 154 Abs 2 SGG zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers zu beachten ist, dass Berufungen in der Regel keine aufschiebende Wirkung hinsichtlich der für die Zeit nach Erlass des Urteils zu zahlenden Beträge haben sollen. Eine Aussetzung kommt daher nur in Ausnahmefällen in Betracht (Leitherer aaO Rdnr 8a; BSG, Beschluss vom 28.10.2008 - B 2 U 189/08 B -).
Ob ein solcher Ausnahmefall vorliegt, ist im Rahmen einer Interessen- und Folgenabwägung zu prüfen. Dabei können die Erfolgsaussichten der Berufung ausnahmsweise dann eine Rolle spielen, wenn diese offensichtlich fehlen (vgl auch BSG, Beschluss vom 05.09.2001 - B 3 KR 47/01 R -) oder offensichtlich bestehen (BSGE 12, 138). Sind die Erfolgsaussichten jedoch nicht in dieser Weise eindeutig abschätzbar, ist im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung insbesondere zu berücksichtigen, ob der Beklagten - über den Nachteil hinaus, der mit jeder Zwangsvollstreckung als solcher verbunden ist - ein im nachhinein nicht mehr zu ersetzender Schaden entstehen würde (BSG, Beschluss vom 05.09.2001 - B 3 KR 47/01 R -). Maßgeblich sind dabei die Umstände des Einzelfalles, die vom Vollstreckungsschuldner glaubhaft vorzutragen sind (BSG SozR 3-1500 § 199 Nr 1). Der Hinweis auf Sonderfälle, unter denen eine im Ergebnis rechtswidrig gezahlte Urteilsrente vom Begünstigten nicht zurückgefordert werden dürfe, genügt hierzu nicht, wenn nicht Anhaltspunkte dafür benannt werden, beim Begünstigten könne ein solcher "Härtefall" bestehen (vgl BSG, Beschluss vom 28.08.2007 - B 4 R 25/07 R -). Zudem darf ein überwiegendes Interesse des Vollstreckungsgläubigers nicht entgegenstehen (BSG, Beschluss vom 28.08.2007 - B 4 R 25/07 R -; vgl hierzu auch die § 86b SGG zu entnehmenden Rechtsgedanken).
Vorliegend können die Erfolgsaussichten der Berufung nicht eindeutig abgeschätzt werden. Hierzu sind zumindest weitere Überlegungen erforderlich, die dem Senat im Rahmen des Hauptsacheverfahrens vorbehalten bleiben müssen.
Es ist daher zunächst zu prüfen, ob ein Nachteil im oben genannten Sinne von der Beklagten glaubhaft dargelegt worden ist. Dies ist nicht der Fall. Die Beklagte hat lediglich allgemein auf eine eventuell fehlende Realisierbarkeit einer Rückerstattung bei Vorliegen eines Härtefalles hingewiesen. Sie hat im Rahmen der Berufungsbegründung ausgeführt, dem Kläger stünde ohne die Witwerrente nur geringfügiges Einkommen zur Verfügung. Dies allein genügt jedoch nicht, um im konkreten Einzelfall die Gefahr der Nichtrealisierbarkeit eines Rückerstattungsanspruchs glaubhaft zu machen. Notwendig hierzu ist es, auch die gesamten Einkommen und insbesondere Vermögensverhältnisse (auch nach dem Erbfall) glaubhaft darzulegen. Daran fehlt es vorliegend.
Mangels Darlegung und Glaubhaftmachung eines Nachteiles im oben genannten Sinne ist das Vorliegen eines überwiegenden Interesses des Vollstreckungsgläubigers nicht weiter zu prüfen.
Von einem Ausnahmefall ist damit nicht auszugehen. Der Antrag ist abzulehnen, auch wenn der Kläger keine Zwangsvollstreckung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens betreiben will. Dieser Umstand allein genügt nämlich nicht, einem Aussetzungsantrag statt zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG), er kann jederzeit aufgehoben werden
(§ 199 Abs 2 Satz 3 SGG).
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Aussetzungsverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Am 22.04.2008 hat das Sozialgericht Bayreuth die Beklagte verurteilt, an den Kläger Witwerrente ab 01.04.2004 zu zahlen.
Dagegen hat die Beklagte Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Das Sozialgericht habe in seiner Urteilsbegründung die gesetzliche Vermutung des § 46 Abs 2a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht widerlegt, vielmehr habe es die Beweislastverteilung verkannt.
Zudem hat die Beklagte beantragt, die Vollstreckung aus dem Urteil des SG auszusetzen. Dies könne nicht nur im Ausnahmefall erfolgen. Es bestehe die Gefahr, dass eine Rückerstattung z.B. wegen Vorliegens einer besonderen Härte nicht realisierbar sei. Andererseits erhalte der Kläger die Rente im Falle seines Obsiegens nachbezahlt. Der Kläger hat mitgeteilt, er werde vor einer rechtskräftigen Entscheidung die Zwangsvollstreckung nicht einleiten.
II.
Der statthafte Aussetzungsantrag ist zulässig.
Gemäß § 199 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann, wenn ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat, der Vorsitzende des Gerichts, das über das Rechtsmittel zu entscheiden hat, die Vollstreckung durch einstweilige Anordnung aussetzen. Ein vollstreckbarer Titel im Sinne des § 199 Abs 1 SGG liegt vor.
Allein die fehlende Absicht des Klägers, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzuleiten, macht den Aussetzungsantrag nicht unzulässig (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.Aufl, § 199 Rdnr 7), dieser Gesichtspunkt kann jedoch im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung ggfs berücksichtigt werden.
Die Berufung der Beklagten hat hinsichtlich der Beträge, die für die Zeit nach Erlass des angefochtenen Urteils nachbezahlt werden sollen, keine aufschiebende Wirkung (§ 154 Abs 2 SGG). Die Beklagte ist daher verpflichtet, die sogenannte Urteilsrente anzuweisen, die aber wieder zu erstatten ist, wenn das Urteil des Erstgerichts auf die Berufung hin oder in einem eventuellen Revisionsverfahren aufgehoben wird.
Der Aussetzungsantrag ist jedoch nicht begründet.
Bei der Entscheidung über die Aussetzung ist eine Interessen- und Folgenabwägung vorzunehmen (BSG, Beschluss vom 05.09.2001 - B 3 KR 47/01 R -; Leitherer aaO Rdnr 8), wobei der in § 154 Abs 2 SGG zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers zu beachten ist, dass Berufungen in der Regel keine aufschiebende Wirkung hinsichtlich der für die Zeit nach Erlass des Urteils zu zahlenden Beträge haben sollen. Eine Aussetzung kommt daher nur in Ausnahmefällen in Betracht (Leitherer aaO Rdnr 8a; BSG, Beschluss vom 28.10.2008 - B 2 U 189/08 B -).
Ob ein solcher Ausnahmefall vorliegt, ist im Rahmen einer Interessen- und Folgenabwägung zu prüfen. Dabei können die Erfolgsaussichten der Berufung ausnahmsweise dann eine Rolle spielen, wenn diese offensichtlich fehlen (vgl auch BSG, Beschluss vom 05.09.2001 - B 3 KR 47/01 R -) oder offensichtlich bestehen (BSGE 12, 138). Sind die Erfolgsaussichten jedoch nicht in dieser Weise eindeutig abschätzbar, ist im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung insbesondere zu berücksichtigen, ob der Beklagten - über den Nachteil hinaus, der mit jeder Zwangsvollstreckung als solcher verbunden ist - ein im nachhinein nicht mehr zu ersetzender Schaden entstehen würde (BSG, Beschluss vom 05.09.2001 - B 3 KR 47/01 R -). Maßgeblich sind dabei die Umstände des Einzelfalles, die vom Vollstreckungsschuldner glaubhaft vorzutragen sind (BSG SozR 3-1500 § 199 Nr 1). Der Hinweis auf Sonderfälle, unter denen eine im Ergebnis rechtswidrig gezahlte Urteilsrente vom Begünstigten nicht zurückgefordert werden dürfe, genügt hierzu nicht, wenn nicht Anhaltspunkte dafür benannt werden, beim Begünstigten könne ein solcher "Härtefall" bestehen (vgl BSG, Beschluss vom 28.08.2007 - B 4 R 25/07 R -). Zudem darf ein überwiegendes Interesse des Vollstreckungsgläubigers nicht entgegenstehen (BSG, Beschluss vom 28.08.2007 - B 4 R 25/07 R -; vgl hierzu auch die § 86b SGG zu entnehmenden Rechtsgedanken).
Vorliegend können die Erfolgsaussichten der Berufung nicht eindeutig abgeschätzt werden. Hierzu sind zumindest weitere Überlegungen erforderlich, die dem Senat im Rahmen des Hauptsacheverfahrens vorbehalten bleiben müssen.
Es ist daher zunächst zu prüfen, ob ein Nachteil im oben genannten Sinne von der Beklagten glaubhaft dargelegt worden ist. Dies ist nicht der Fall. Die Beklagte hat lediglich allgemein auf eine eventuell fehlende Realisierbarkeit einer Rückerstattung bei Vorliegen eines Härtefalles hingewiesen. Sie hat im Rahmen der Berufungsbegründung ausgeführt, dem Kläger stünde ohne die Witwerrente nur geringfügiges Einkommen zur Verfügung. Dies allein genügt jedoch nicht, um im konkreten Einzelfall die Gefahr der Nichtrealisierbarkeit eines Rückerstattungsanspruchs glaubhaft zu machen. Notwendig hierzu ist es, auch die gesamten Einkommen und insbesondere Vermögensverhältnisse (auch nach dem Erbfall) glaubhaft darzulegen. Daran fehlt es vorliegend.
Mangels Darlegung und Glaubhaftmachung eines Nachteiles im oben genannten Sinne ist das Vorliegen eines überwiegenden Interesses des Vollstreckungsgläubigers nicht weiter zu prüfen.
Von einem Ausnahmefall ist damit nicht auszugehen. Der Antrag ist abzulehnen, auch wenn der Kläger keine Zwangsvollstreckung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens betreiben will. Dieser Umstand allein genügt nämlich nicht, einem Aussetzungsantrag statt zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG), er kann jederzeit aufgehoben werden
(§ 199 Abs 2 Satz 3 SGG).
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