Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 AS 98/08 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 B 291/08 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 19. Februar 2008 wird zurückgewiesen.
II. Die Beschwerdeführerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdegegners im Beschwerdeverfahren.
III. Dem Beschwerdegegner wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung bewilligt und Rechtsanwalt Dr. B. S. beigeordnet.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten wegen der Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Im Einzelnen geht es um die Rechtmäßigkeit einer Absenkung nach § 31 SGB II.
Der Antragsteller und Beschwerdegegner (Bg.) bezieht seit 01.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. In einer Eingliederungsvereinbarung vom 21.02.2007 verpflichtete er sich, im Detail festgelegte Eingliederungsbemühungen zu unternehmen und regelmäßig nachzuweisen. Mit Bescheid vom 25.05.2007 senkte die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin (Bf.) das Alg II des Bg. für die Zeit vom 01.06. bis 31.08.2007 monatlich um 30 v.H. der maßgebenden Regelleistung ab. Der Senat ordnete mit Beschluss vom 18.07.2007 - L 7 B 517/07 AS ER die aufschiebende Wirkung des gegen den Bescheid vom 25.05.2007 eingelegten Widerspruchs an. Mit Bescheid vom 22.10.2007 nahm die Bf. wegen einer unterlassenen Bewerbung im August 2007 eine Absenkung des Alg II auf 60 v.H. der maßgebenden Regelleistung für die Zeit vom 01.11.2007 bis 31.01.2008 vor.
Am 15.11.2007 erhielt der Bg. weitere Stellenangebote mit den Referenznummern 10000-1018408480-S (Berufskraftfahrer) sowie 10000-1018688206-S (Berufskraftfahrer). Mit Bescheid vom 25.01.2008 stellte die Bf. für die Zeit vom 01.02. bis 30.04.2008 den vollständigen Wegfall des Alg II fest, weil der Bg. in diesen beiden Fällen das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses vereitelt habe. Dagegen legte dieser mit Schreiben vom 02.02.2008 Widerspruch ein. Ebenfalls mit Schreiben vom 02.02.2008 hat der Bg. beim Sozialgericht Regensburg einstweiligen Rechtsschutz beantragt.
Mit Beschluss vom 19.02.2008 hat das Sozialgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs insoweit angeordnet, als die Bf. den Wegfall der Leistungen für Unterkunft und Heizung im Zeitraum vom 01.02. bis 30.04.2008 festgestellt hatte. Dies hat es damit begründet, aus der Gesetzessystematik ergebe sich zwingend, dass der gänzliche Leistungswegfall sich auf die Regelleistung beschränken müsse. Dagegen richtet sich die Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten der Bf. sowie die Akten des Sozialgerichts und des Bayerischen Landessozialgerichts verwiesen. Diese waren alle Gegenstand der Entscheidungsfindung.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Bereits aus verwaltungspraktischer Sicht bietet sich an, den Beschluss des Sozialgerichts unverändert zu lassen. Der Leistungswegfall ist mit dem 30.04.2008 abgelaufen. Da die Beschwerde keine aufschiebende Wirkung hat (vgl. § 175 Satz 1 SGG) muss davon ausgegangen werden, dass die Bf. entsprechend der Anordnung des Sozialgerichts Leistungen für Unterkunft und Heizung gewährt hat. Würde der Senat die Anordnung des Sozialgerichts ändern, würde die Bf. an den Bg. vermutlich mit einem Erstattungsersuchen herantreten. Der damit verbundene Verwaltungsaufwand erschiene während des laufenden (Hauptsache-) Verfahrens unverhältnismäßig. Das gilt umso mehr, als die Bf. nach Rechtskraft in der Hauptsache bei für sie ungünstigem Ausgang möglicherweise wieder nachzahlen müsste. Vielmehr sollte es bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache beim status quo bleiben, zumal der Bg. schon mit dem Wegfall der Regelleistung allein eine deutliche Sanktion erhalten hat. Die Effizienz der Absenkung erfordert vermutlich nicht zwingend, sie quantitativ noch zu steigern.
Angesichts dessen kann der Senat davon absehen, auf das vom Sozialgericht und der Bf. in den Mittelpunkt gerückte Problem einzugehen, ob sich der Leistungswegfall nach § 31 Abs. 3 Satz 2 SGB II auf das Alg II insgesamt bezieht oder ob Leistungen für Unterkunft und Heizung ausgeklammert bleiben. Nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass viel darauf hindeutet, mit § 31 Abs. 3 Satz 2 SGB II sollte tatsächlich der vollständige Wegfall aller Leistungen bewirkt werden. Problematisch erscheint dann aber, ob diese zwingende harte Sanktion über immerhin drei Monate hinweg verfassungskonform ist. Denn eine Vorenthaltung jeglicher Leistungen für Unterkunft und Heizung über drei Monate hinweg würde den Bestand eines Wohnungsmietverhältnisses erheblich gefährden. Um unbillige Ergebnisse zu vermeiden, könnte man daran denken, den Begriff "ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen" im Sinn von § 31 Abs. 3 Satz 6 SGB II verfassungskonform erweiternd auszulegen und darunter auch die Direktzahlung der Miete an den Vermieter zu subsumieren; es wäre möglicherweise vertretbar, die Nutzungsüberlassung aus der Sicht des Hilfesuchenden als Sachleistung der Behörde einzustufen. Diese Überlegungen zeigen, dass der Beschluss des Sozialgerichts mit nicht zu unterschätzender Wahrscheinlichkeit im Ergebnis wenn auch vielleicht mit anderer Begründung zutreffend ist. Das wiederum lässt es ebenfalls angezeigt erscheinen, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs in dem Umfang anzuordnen, wie es das Sozialgericht getan hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwen- dung von § 193 SGG.
Prozesskostenhilfe war allein schon deswegen zu bewilligen, weil der Bg. in der ersten Instanz im Umfang des Streitgegen-stands obsiegt hat. Auch die übrigen Voraussetzungen dafür sowie für die Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten liegen vor.
Dieser Beschluss ist nicht weiter anfechtbar (§ 177 SGG).
II. Die Beschwerdeführerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdegegners im Beschwerdeverfahren.
III. Dem Beschwerdegegner wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung bewilligt und Rechtsanwalt Dr. B. S. beigeordnet.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten wegen der Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Im Einzelnen geht es um die Rechtmäßigkeit einer Absenkung nach § 31 SGB II.
Der Antragsteller und Beschwerdegegner (Bg.) bezieht seit 01.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. In einer Eingliederungsvereinbarung vom 21.02.2007 verpflichtete er sich, im Detail festgelegte Eingliederungsbemühungen zu unternehmen und regelmäßig nachzuweisen. Mit Bescheid vom 25.05.2007 senkte die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin (Bf.) das Alg II des Bg. für die Zeit vom 01.06. bis 31.08.2007 monatlich um 30 v.H. der maßgebenden Regelleistung ab. Der Senat ordnete mit Beschluss vom 18.07.2007 - L 7 B 517/07 AS ER die aufschiebende Wirkung des gegen den Bescheid vom 25.05.2007 eingelegten Widerspruchs an. Mit Bescheid vom 22.10.2007 nahm die Bf. wegen einer unterlassenen Bewerbung im August 2007 eine Absenkung des Alg II auf 60 v.H. der maßgebenden Regelleistung für die Zeit vom 01.11.2007 bis 31.01.2008 vor.
Am 15.11.2007 erhielt der Bg. weitere Stellenangebote mit den Referenznummern 10000-1018408480-S (Berufskraftfahrer) sowie 10000-1018688206-S (Berufskraftfahrer). Mit Bescheid vom 25.01.2008 stellte die Bf. für die Zeit vom 01.02. bis 30.04.2008 den vollständigen Wegfall des Alg II fest, weil der Bg. in diesen beiden Fällen das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses vereitelt habe. Dagegen legte dieser mit Schreiben vom 02.02.2008 Widerspruch ein. Ebenfalls mit Schreiben vom 02.02.2008 hat der Bg. beim Sozialgericht Regensburg einstweiligen Rechtsschutz beantragt.
Mit Beschluss vom 19.02.2008 hat das Sozialgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs insoweit angeordnet, als die Bf. den Wegfall der Leistungen für Unterkunft und Heizung im Zeitraum vom 01.02. bis 30.04.2008 festgestellt hatte. Dies hat es damit begründet, aus der Gesetzessystematik ergebe sich zwingend, dass der gänzliche Leistungswegfall sich auf die Regelleistung beschränken müsse. Dagegen richtet sich die Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten der Bf. sowie die Akten des Sozialgerichts und des Bayerischen Landessozialgerichts verwiesen. Diese waren alle Gegenstand der Entscheidungsfindung.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Bereits aus verwaltungspraktischer Sicht bietet sich an, den Beschluss des Sozialgerichts unverändert zu lassen. Der Leistungswegfall ist mit dem 30.04.2008 abgelaufen. Da die Beschwerde keine aufschiebende Wirkung hat (vgl. § 175 Satz 1 SGG) muss davon ausgegangen werden, dass die Bf. entsprechend der Anordnung des Sozialgerichts Leistungen für Unterkunft und Heizung gewährt hat. Würde der Senat die Anordnung des Sozialgerichts ändern, würde die Bf. an den Bg. vermutlich mit einem Erstattungsersuchen herantreten. Der damit verbundene Verwaltungsaufwand erschiene während des laufenden (Hauptsache-) Verfahrens unverhältnismäßig. Das gilt umso mehr, als die Bf. nach Rechtskraft in der Hauptsache bei für sie ungünstigem Ausgang möglicherweise wieder nachzahlen müsste. Vielmehr sollte es bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache beim status quo bleiben, zumal der Bg. schon mit dem Wegfall der Regelleistung allein eine deutliche Sanktion erhalten hat. Die Effizienz der Absenkung erfordert vermutlich nicht zwingend, sie quantitativ noch zu steigern.
Angesichts dessen kann der Senat davon absehen, auf das vom Sozialgericht und der Bf. in den Mittelpunkt gerückte Problem einzugehen, ob sich der Leistungswegfall nach § 31 Abs. 3 Satz 2 SGB II auf das Alg II insgesamt bezieht oder ob Leistungen für Unterkunft und Heizung ausgeklammert bleiben. Nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass viel darauf hindeutet, mit § 31 Abs. 3 Satz 2 SGB II sollte tatsächlich der vollständige Wegfall aller Leistungen bewirkt werden. Problematisch erscheint dann aber, ob diese zwingende harte Sanktion über immerhin drei Monate hinweg verfassungskonform ist. Denn eine Vorenthaltung jeglicher Leistungen für Unterkunft und Heizung über drei Monate hinweg würde den Bestand eines Wohnungsmietverhältnisses erheblich gefährden. Um unbillige Ergebnisse zu vermeiden, könnte man daran denken, den Begriff "ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen" im Sinn von § 31 Abs. 3 Satz 6 SGB II verfassungskonform erweiternd auszulegen und darunter auch die Direktzahlung der Miete an den Vermieter zu subsumieren; es wäre möglicherweise vertretbar, die Nutzungsüberlassung aus der Sicht des Hilfesuchenden als Sachleistung der Behörde einzustufen. Diese Überlegungen zeigen, dass der Beschluss des Sozialgerichts mit nicht zu unterschätzender Wahrscheinlichkeit im Ergebnis wenn auch vielleicht mit anderer Begründung zutreffend ist. Das wiederum lässt es ebenfalls angezeigt erscheinen, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs in dem Umfang anzuordnen, wie es das Sozialgericht getan hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwen- dung von § 193 SGG.
Prozesskostenhilfe war allein schon deswegen zu bewilligen, weil der Bg. in der ersten Instanz im Umfang des Streitgegen-stands obsiegt hat. Auch die übrigen Voraussetzungen dafür sowie für die Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten liegen vor.
Dieser Beschluss ist nicht weiter anfechtbar (§ 177 SGG).
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