Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
16
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 AS 81/09 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 AS 89/09 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg
vom 3. Februar 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch, Sozialgesetzbuch (SGB II) ab dem 01.02.2009 streitig.
Am 14.09.2005 beantragte der Beschwerdeführer (Bf.) bei der Beschwerdegegnerin (Bg.) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und gab zu Protokoll, dass er sich von seiner Ehefrau getrennt und eine eigene Wohnung am K.Weg in A-Stadt ab dem 10.09.2005 angemietet habe. Die Kaltmiete betrage 350 EUR. Die Bg. gewährte Arbeitslosengeld II und erkannte die Kosten der Unterkunft lediglich in angemessener Höhe von 280,50 EUR an.
Am 22.11.2006 erhielt die Bg. die Kopie einer Strafanzeige gegen den Bf. wegen Verdachts des versuchten Prozessbetrugs und Verstoßes gegen melderechtliche Verpflichtungen. In dieser Strafanzeige wird vorgetragen, dass der Vermieter der Wohnung am K.Weg mehrfach geäußert habe, dass der Bf. dort nie gewohnt habe. Am 29.11.2006 teilte die Ehefrau des Bf. der Bg. mit, dass sich ihr Ehemann seit einer Woche gegen ihren Willen in ihrer Wohnung in P. aufhalte. Seine Sachen hätte er in ihrer Garage untergebracht.
Im Rahmen eines Hausbesuchs am 08.12.2006 unter der vom Bf. angegebenen Adresse K.Weg in R. gab der Vermieter an, dass der Bf. in seinem Haus gewohnt habe. Wann dieser ausgezogen sei, könne er wegen eines längeren Auslandsaufenthalts nicht sagen. Der Bf. wohne derzeit in P.-H. in R.Straße.
Am 21.12.2006 teilte der Bf. der Bg. mit, dass er sein Mietverhältnis über die Wohnung im K.Weg einvernehmlich zum 30.11.2006 aufgelöst habe und seit 01.12.2006 bei seiner Mutter in deren Einfamilienhaus in der G.Straße in A-Stadt wohne. Den Mietvertrag vom 01.12.2006 fügte er bei. Dieser wies eine Kaltmiete in Höhe von 350 EUR und Nebenkosten in Höhe von 120 EUR monatlich aus.
Am 30.08.2007 äußerte das Sozialamt N. gegenüber der Bg. den Verdacht, dass sich der Bf. bei seiner geschiedenen Ehefrau in P. aufhalte. Der Bf. habe die Vaterschaft für noch nicht geborene Zwillinge einer armenischen Frau übernommen, die dort ebenfalls wohne.
Im Rahmen eines Hausbesuchs am 05.09.2007 in der G.Straße teilte die Mutter des Bf. mit, dass dieser hier wohne, aber gerade nicht da sei. Eine Nachbarin antwortete auf Nachfrage, dass lediglich die Mutter in der Wohnung lebe, nicht aber der Bf ...
Der Bf. gab an, dass er weiterhin bei seiner Mutter wohne und dort auch gemeldet sei.
Mit Schreiben vom 21.11.2008 übersandte die Arbeitsgemeinschaft des Landkreises N. (ARGE N.) der Bg. einen Zeitungsartikel über die geschiedene Ehefrau des Bf., in dem diese angab, dass sie seit fünf Jahren mit ihrem Ehemann und den drei Kindern in P.-H. lebe.
Am 01.12.2008 um acht Uhr morgens besichtigten Mitarbeiter der ARGE N. die Wohnung in P ... In dem schriftlichen Bericht über den Hausbesuch wird u.a. ausgeführt, dass der Bf. gerade dabei war mit seinem Ford Ka seine 18-jährige Tochter zum Bahnhof zu bringen. Auffallend sei gewesen, dass das Elternschlafzimmer von zwei Erwachsenen und der neunjährigen Tochter benutzt werde. Die Einsicht in den dortigen Kleiderschrank habe überraschend viel Männerkleidung offeriert. Der Bericht kommt zu dem zusammenfassenden Ergebnis, dass folgende Punkte für ein Mitbewohnen und gewöhnlichen Aufenthalt des Bf. bei seiner geschiedenen Ehefrau spreche: Parken des PKW in der Hausgarage, tägliches Chauffieren der Tochter zum Bahnhof, Verrichtung der anfallenden Hausmeistertätigkeiten auf dem gesamten Grundstück, sporadisch gemeldeter Wohnsitz bei der Mutter in A-Stadt ohne Mietzahlung, Abwicklung des Schriftverkehrs und Behördengänge für Frau A. und ggf. auch für die Nachbarin im Obergeschoss, mit welcher der Bf. gleichzeitig zwei gemeinsame Kinder habe, keine Arbeitsstelle/Einsatzstelle in A-Stadt, die eine tägliche Rückkehr dorthin nachvollziehbar mache. Außerdem sei bei einem Kontrollbesuch am 10.11.2008 bei der ebenfalls im ALG II-Bezug stehenden Nachbarin der Bf. im Haus angetroffen worden.
Mit Bescheid vom 30.01.2009 hob die Bg. den Bescheid vom 20.08.2008 über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von insgesamt 791,68 EUR monatlich (Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts inklusiv Mehrbedarf: 381,68 EUR, Kosten der Unterkunft: 410 EUR) mit Wirkung zum 31.01.2009 auf. Als Grund für die Aufhebung führte sie den Umzug des Bf. und den dadurch bedingten Wechsel der Zuständigkeit an. Sie stützte den Bescheid auf § 7 Abs. 1, § 8 und § 9 Abs. 1 SGB II, § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X in Verbindung mit § 40 Abs. 1 SGB II und § 330 Abs. 3 SGB III.
Mit Schreiben vom 30.01.2009 teilte das Polizeipräsidium Niederbayern/Oberpfalz der Bg. mit, dass ein Ermittlungsverfahren gegen den Bf. wegen Verdacht des Betrugs durchgeführt werde und daher die die Auflistung der an den Bf. seit 01.06.2006 geleisteten Beträge angefordert werde. Dem Verfahren liege folgender Sachverhalt zugrunde: Der Bf. sei am 28.01.2008 (wohl 2009) und 05.07.2007 jeweils frühmorgens im Anwesen in der R.Straße in P. angetroffen worden; am 28.01.2008 (wohl 2009) schlafend mit seiner Ehefrau im Schlafzimmer. Zudem konnte festgestellt werden, dass sich dort auch seine persönliche Habe (Bekleidung, Medikamente, Schriftverkehr) befand. Eine zeitgleiche Durchsuchung seiner Meldeadresse, A-Straße in A-Stadt habe keine Anhaltspunkte erbracht, dass es sich hierbei um den tatsächlichen Wohnsitz handeln könnte. Es seien keinerlei persönliche Gegenstände, wie Bekleidung oder Dokumente gefunden worden. Lediglich im Gästezimmer seien zwei alte Herrenanzüge gefunden worden, die jedoch nicht zugeordnet werden konnten. Die Mutter des Bf. habe im Rahmen dieser Durchsuchung angegeben, dass sich ihr Sohn zwar sporadisch bei ihr aufhalte und ab und an auch bei ihr schlafe, aber er seit Jahren nicht mehr bei ihr wohne.
Am 02.02.2009 erhob der Bf. gegen den Bescheid vom 30.01.2009 Widerspruch und beantragte zugleich im Wege der einstweiligen Anordnung die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen und laufende Leistungen nach dem SGB II über den 31.01.2009 hinaus zu gewähren. Er sei nicht umgezogen, sondern wohne weiterhin bei seiner Mutter in der A-Straße in A-Stadt. Aus den beigefügten Kopien ergebe sich, dass er für das Haus in der R.Straße in P. anlässlich der eingeleiteten Zwangsversteigerung der Bevollmächtigte des sich im Ausland befindenden Eigentümers sei und sich deshalb zwangsläufig öfter dort aufhalte. Die Sache sei eilbedürftig, da er aufgrund seiner Lebertransplantation teure lebensnotwendige Medikamente benötige.
Die Bg. erklärte sich bereit, die geminderte Regelleistung für Februar 2009 bei persönlicher Vorsprache bar auszuzahlen, damit der Bf. seine lebenswichtigen Medikamente kaufen könne.
Mit Beschluss vom 03.02.2009 hat das Sozialgericht Regensburg den Antrag des Bf. abgelehnt. Der Antrag sei unzulässig, da es ihm am Rechtschutzbedürfnis fehle. Die Bg. sei bereit, bei persönlicher Vorsprache Leistungen für Februar 2009 auszuzahlen und damit den Lebensunterhalt sicherzustellen.
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 17.02.2009. Er habe vor Antragstellung bei der Bg. vorgesprochen, die jedoch jegliche Zahlung verweigert hätte. Erst am Montag habe er die 351 EUR ausbezahlt bekommen, jedoch nicht die fällige Miete, so dass jetzt die fristlose Kündigung drohe. Der vorgelegte Zeitungsartikel stamme nicht von ihm. Der Grund für seine Aufenthalte in P. sei die von ihm übernommene Hausverwaltung des Anwesens in der R.Straße , sowie seine drei Kinder. Seine geschiedene Ehefrau hätten einen neuen Freund, dem auch die vorgefundene Bekleidung gehöre, was sich leicht durch den Vergleich der Konfektionsgrößen beweisen ließe. Er sei aus seiner Wohnung in der A-Straße nicht ausgezogen und werde dies auch nicht tun.
Der Widerspruch des Bf. gegen den Bescheid vom 31.01.2009 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12.02.2009 aufgrund der polizeilichen Ermittlungsergebnisse als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen hat der Bf. am Sozialgericht Regensburg Klage erhoben und u.a. ergänzend ausgeführt, dass die Behauptungen, die seine Mutter beträfen unwahr seien.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Bg. sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Die nach §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, sachlich jedoch nicht begründet.
Der vorliegende Rechtsstreit beurteilt sich nach § 86 b Abs. 1 SGG. Mit dem Bewilligungsbescheid vom 20.08.2008 wurde ein Rechtsgrund geschaffen aus dem der Bf. einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der Kosten für Unterkunft und Heizung herleiten kann. Mit Bescheid vom 30.01.2009 wurden diese Leistungen nach § 40 SGB II i.V.m. § 48 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) ab 01.02.2009 aufgehoben. Dieser Aufhebungsbescheid stellt einen belastenden Verwaltungsakt dar, weil mit ihm in die leistungsgewährende Rechtsposition aus dem Bewilligungsbescheid vom 20.08.2008 eingegriffen wird. Daher ist einstweiliger Rechtsschutz nach § 86 b Abs. 1 SGG zu prüfen.
Gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Danach ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung vorliegend statthaft, da der Widerspruch und jetzt die anhängige Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung hat, § 39 Abs. 1 Nr.1 SGB II i.V.m. § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung führt in der Sache allerdings nicht zum Erfolg.
Die Entscheidung nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr.2 SGG steht im Ermessen des Gerichts und erfolgt auf der Grundlage einer Interessenabwägung. Abzuwägen sind das private Interesse des Antragstellers, vom Vollzug des Verwaltungsaktes bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens verschont zu bleiben und das öffentliche Interesse an der Vollziehung der behördlichen Entscheidung. Im Rahmen dieser Interessenabwägung kommt den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache eine wesentliche Bedeutung zu. Dabei ist die Wertung des § 39 Nr. 1 SGB II zu berücksichtigen, wonach der Gesetzgeber aufgrund einer typisierenden Abwägung der Individual- und öffentlichen Interessen (vgl. Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage, § 39 Rdnr. 7) dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug prinzipiell Vorrang gegenüber entgegenstehenden privaten Interessen einräumt. Eine Abweichung von diesem Regel-Ausnahmeverhältnis kommt nur in Betracht, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen oder wenn ausnahmsweise private Interessen überwiegen.
Ausgehend hiervon war die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bzw. der Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 30.01.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2009 nicht anzuordnen. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts fehlt dem Antrag nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Das Rechtschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 86 b Abs. 1 SGG ist zu bejahen, wenn die erstrebte Entscheidung dem Antragsteller einen rechtlichen oder tatsächlichen Vorteil bringen kann (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 9. Auflage 2008, Rdnr. 7a). Da die Bg. lediglich die Auszahlung der Regelleistung für den Monat Februar 2009 angeboten hat, nicht aber den bisher gewährten Mehrbedarf und die Kosten der Unterkunft sowie die Aufhebung der Leistungsbewilligung über den Monat Februar 2009 hinaus Bestand hatte, war das Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen. Die vorzunehmende Interessenabwägung geht jedoch zu Ungunsten des Bf. aus. Durchgreifende Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 30.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 12.02.2009 bestehen zur Überzeugung des Senats nicht.
Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Diese wesentliche Änderung der Verhältnisse liegt darin, dass der Bf. zumindest nach Erlass des Bewilligungsbescheides vom 20.08.2008 seinen Wohnsitz nicht mehr in A-Stadt, A-Straße hatte. Dafür spricht in erster Linie, dass seine Mutter, die gleichzeitig seine Vermieterin ist, anlässlich einer Wohnungsdurchsuchung am 28.01.2009 der Polizei gegenüber angegeben hat, dass ihr Sohn nicht bei ihr wohne, sondern nur ab und zu bei ihr übernachte. Diese Aussage findet ihre Bestätigung an den fehlenden persönlichen Gegenständen des Bf. in dieser Wohnung. Es wurden weder Dokumente noch Kleidung von ihm gefunden. Ganz anders stellte sich dagegen die Situation bei der zeitgleich durchgeführten Wohnungsdurchsuchung in der R.Straße in P. dar. Hier trafen die Ermittler auf den Bf. im Schlafanzug und es fanden sich die in der A-Straße nicht vorhandenen persönlichen Gegenstände, u.a. auch seine dringend benötigten Medikamente. Das Vorbringen des Bf., er wohne nach wie vor in der Wohnung A-Straße in R. erscheint somit nicht glaubwürdig, zumal sich der Bf. seit Beginn des Leistungsbezug bezüglich seines jeweiligen Wohnsitzes in Widersprüche verstrickt hat. Der Senat geht daher nach summarischer Prüfung davon aus, dass der Bf. seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Zuständigkeitsbereich nach § 36 SGB II der Bg. hat und die Aufhebung des Leistungsbescheides zu Recht erfolgt ist. Das Fehlen der gemäß § 24 SGB X erforderlichen Anhörung wurde durch die Durchführung des Widerspruchsverfahrens nachgeholt (vgl. von Wulffen, SGB X, 6.Auflage § 41 Rdnr. 14 ff). Es obliegt dem Hauptsacheverfahren zu überprüfen, ob der Kläger jemals in A-Stadt, A-Straße seinen Wohnsitz hatte, ggf. wäre dann die Aufhebung auf § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 45 SGB X zu stützen.
Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG analog beruht auf der Erwägung, dass die Beschwerde keinen Erfolg hatte.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
vom 3. Februar 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch, Sozialgesetzbuch (SGB II) ab dem 01.02.2009 streitig.
Am 14.09.2005 beantragte der Beschwerdeführer (Bf.) bei der Beschwerdegegnerin (Bg.) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und gab zu Protokoll, dass er sich von seiner Ehefrau getrennt und eine eigene Wohnung am K.Weg in A-Stadt ab dem 10.09.2005 angemietet habe. Die Kaltmiete betrage 350 EUR. Die Bg. gewährte Arbeitslosengeld II und erkannte die Kosten der Unterkunft lediglich in angemessener Höhe von 280,50 EUR an.
Am 22.11.2006 erhielt die Bg. die Kopie einer Strafanzeige gegen den Bf. wegen Verdachts des versuchten Prozessbetrugs und Verstoßes gegen melderechtliche Verpflichtungen. In dieser Strafanzeige wird vorgetragen, dass der Vermieter der Wohnung am K.Weg mehrfach geäußert habe, dass der Bf. dort nie gewohnt habe. Am 29.11.2006 teilte die Ehefrau des Bf. der Bg. mit, dass sich ihr Ehemann seit einer Woche gegen ihren Willen in ihrer Wohnung in P. aufhalte. Seine Sachen hätte er in ihrer Garage untergebracht.
Im Rahmen eines Hausbesuchs am 08.12.2006 unter der vom Bf. angegebenen Adresse K.Weg in R. gab der Vermieter an, dass der Bf. in seinem Haus gewohnt habe. Wann dieser ausgezogen sei, könne er wegen eines längeren Auslandsaufenthalts nicht sagen. Der Bf. wohne derzeit in P.-H. in R.Straße.
Am 21.12.2006 teilte der Bf. der Bg. mit, dass er sein Mietverhältnis über die Wohnung im K.Weg einvernehmlich zum 30.11.2006 aufgelöst habe und seit 01.12.2006 bei seiner Mutter in deren Einfamilienhaus in der G.Straße in A-Stadt wohne. Den Mietvertrag vom 01.12.2006 fügte er bei. Dieser wies eine Kaltmiete in Höhe von 350 EUR und Nebenkosten in Höhe von 120 EUR monatlich aus.
Am 30.08.2007 äußerte das Sozialamt N. gegenüber der Bg. den Verdacht, dass sich der Bf. bei seiner geschiedenen Ehefrau in P. aufhalte. Der Bf. habe die Vaterschaft für noch nicht geborene Zwillinge einer armenischen Frau übernommen, die dort ebenfalls wohne.
Im Rahmen eines Hausbesuchs am 05.09.2007 in der G.Straße teilte die Mutter des Bf. mit, dass dieser hier wohne, aber gerade nicht da sei. Eine Nachbarin antwortete auf Nachfrage, dass lediglich die Mutter in der Wohnung lebe, nicht aber der Bf ...
Der Bf. gab an, dass er weiterhin bei seiner Mutter wohne und dort auch gemeldet sei.
Mit Schreiben vom 21.11.2008 übersandte die Arbeitsgemeinschaft des Landkreises N. (ARGE N.) der Bg. einen Zeitungsartikel über die geschiedene Ehefrau des Bf., in dem diese angab, dass sie seit fünf Jahren mit ihrem Ehemann und den drei Kindern in P.-H. lebe.
Am 01.12.2008 um acht Uhr morgens besichtigten Mitarbeiter der ARGE N. die Wohnung in P ... In dem schriftlichen Bericht über den Hausbesuch wird u.a. ausgeführt, dass der Bf. gerade dabei war mit seinem Ford Ka seine 18-jährige Tochter zum Bahnhof zu bringen. Auffallend sei gewesen, dass das Elternschlafzimmer von zwei Erwachsenen und der neunjährigen Tochter benutzt werde. Die Einsicht in den dortigen Kleiderschrank habe überraschend viel Männerkleidung offeriert. Der Bericht kommt zu dem zusammenfassenden Ergebnis, dass folgende Punkte für ein Mitbewohnen und gewöhnlichen Aufenthalt des Bf. bei seiner geschiedenen Ehefrau spreche: Parken des PKW in der Hausgarage, tägliches Chauffieren der Tochter zum Bahnhof, Verrichtung der anfallenden Hausmeistertätigkeiten auf dem gesamten Grundstück, sporadisch gemeldeter Wohnsitz bei der Mutter in A-Stadt ohne Mietzahlung, Abwicklung des Schriftverkehrs und Behördengänge für Frau A. und ggf. auch für die Nachbarin im Obergeschoss, mit welcher der Bf. gleichzeitig zwei gemeinsame Kinder habe, keine Arbeitsstelle/Einsatzstelle in A-Stadt, die eine tägliche Rückkehr dorthin nachvollziehbar mache. Außerdem sei bei einem Kontrollbesuch am 10.11.2008 bei der ebenfalls im ALG II-Bezug stehenden Nachbarin der Bf. im Haus angetroffen worden.
Mit Bescheid vom 30.01.2009 hob die Bg. den Bescheid vom 20.08.2008 über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von insgesamt 791,68 EUR monatlich (Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts inklusiv Mehrbedarf: 381,68 EUR, Kosten der Unterkunft: 410 EUR) mit Wirkung zum 31.01.2009 auf. Als Grund für die Aufhebung führte sie den Umzug des Bf. und den dadurch bedingten Wechsel der Zuständigkeit an. Sie stützte den Bescheid auf § 7 Abs. 1, § 8 und § 9 Abs. 1 SGB II, § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X in Verbindung mit § 40 Abs. 1 SGB II und § 330 Abs. 3 SGB III.
Mit Schreiben vom 30.01.2009 teilte das Polizeipräsidium Niederbayern/Oberpfalz der Bg. mit, dass ein Ermittlungsverfahren gegen den Bf. wegen Verdacht des Betrugs durchgeführt werde und daher die die Auflistung der an den Bf. seit 01.06.2006 geleisteten Beträge angefordert werde. Dem Verfahren liege folgender Sachverhalt zugrunde: Der Bf. sei am 28.01.2008 (wohl 2009) und 05.07.2007 jeweils frühmorgens im Anwesen in der R.Straße in P. angetroffen worden; am 28.01.2008 (wohl 2009) schlafend mit seiner Ehefrau im Schlafzimmer. Zudem konnte festgestellt werden, dass sich dort auch seine persönliche Habe (Bekleidung, Medikamente, Schriftverkehr) befand. Eine zeitgleiche Durchsuchung seiner Meldeadresse, A-Straße in A-Stadt habe keine Anhaltspunkte erbracht, dass es sich hierbei um den tatsächlichen Wohnsitz handeln könnte. Es seien keinerlei persönliche Gegenstände, wie Bekleidung oder Dokumente gefunden worden. Lediglich im Gästezimmer seien zwei alte Herrenanzüge gefunden worden, die jedoch nicht zugeordnet werden konnten. Die Mutter des Bf. habe im Rahmen dieser Durchsuchung angegeben, dass sich ihr Sohn zwar sporadisch bei ihr aufhalte und ab und an auch bei ihr schlafe, aber er seit Jahren nicht mehr bei ihr wohne.
Am 02.02.2009 erhob der Bf. gegen den Bescheid vom 30.01.2009 Widerspruch und beantragte zugleich im Wege der einstweiligen Anordnung die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen und laufende Leistungen nach dem SGB II über den 31.01.2009 hinaus zu gewähren. Er sei nicht umgezogen, sondern wohne weiterhin bei seiner Mutter in der A-Straße in A-Stadt. Aus den beigefügten Kopien ergebe sich, dass er für das Haus in der R.Straße in P. anlässlich der eingeleiteten Zwangsversteigerung der Bevollmächtigte des sich im Ausland befindenden Eigentümers sei und sich deshalb zwangsläufig öfter dort aufhalte. Die Sache sei eilbedürftig, da er aufgrund seiner Lebertransplantation teure lebensnotwendige Medikamente benötige.
Die Bg. erklärte sich bereit, die geminderte Regelleistung für Februar 2009 bei persönlicher Vorsprache bar auszuzahlen, damit der Bf. seine lebenswichtigen Medikamente kaufen könne.
Mit Beschluss vom 03.02.2009 hat das Sozialgericht Regensburg den Antrag des Bf. abgelehnt. Der Antrag sei unzulässig, da es ihm am Rechtschutzbedürfnis fehle. Die Bg. sei bereit, bei persönlicher Vorsprache Leistungen für Februar 2009 auszuzahlen und damit den Lebensunterhalt sicherzustellen.
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers vom 17.02.2009. Er habe vor Antragstellung bei der Bg. vorgesprochen, die jedoch jegliche Zahlung verweigert hätte. Erst am Montag habe er die 351 EUR ausbezahlt bekommen, jedoch nicht die fällige Miete, so dass jetzt die fristlose Kündigung drohe. Der vorgelegte Zeitungsartikel stamme nicht von ihm. Der Grund für seine Aufenthalte in P. sei die von ihm übernommene Hausverwaltung des Anwesens in der R.Straße , sowie seine drei Kinder. Seine geschiedene Ehefrau hätten einen neuen Freund, dem auch die vorgefundene Bekleidung gehöre, was sich leicht durch den Vergleich der Konfektionsgrößen beweisen ließe. Er sei aus seiner Wohnung in der A-Straße nicht ausgezogen und werde dies auch nicht tun.
Der Widerspruch des Bf. gegen den Bescheid vom 31.01.2009 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12.02.2009 aufgrund der polizeilichen Ermittlungsergebnisse als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen hat der Bf. am Sozialgericht Regensburg Klage erhoben und u.a. ergänzend ausgeführt, dass die Behauptungen, die seine Mutter beträfen unwahr seien.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Bg. sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Die nach §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, sachlich jedoch nicht begründet.
Der vorliegende Rechtsstreit beurteilt sich nach § 86 b Abs. 1 SGG. Mit dem Bewilligungsbescheid vom 20.08.2008 wurde ein Rechtsgrund geschaffen aus dem der Bf. einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der Kosten für Unterkunft und Heizung herleiten kann. Mit Bescheid vom 30.01.2009 wurden diese Leistungen nach § 40 SGB II i.V.m. § 48 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) ab 01.02.2009 aufgehoben. Dieser Aufhebungsbescheid stellt einen belastenden Verwaltungsakt dar, weil mit ihm in die leistungsgewährende Rechtsposition aus dem Bewilligungsbescheid vom 20.08.2008 eingegriffen wird. Daher ist einstweiliger Rechtsschutz nach § 86 b Abs. 1 SGG zu prüfen.
Gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Danach ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung vorliegend statthaft, da der Widerspruch und jetzt die anhängige Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung hat, § 39 Abs. 1 Nr.1 SGB II i.V.m. § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung führt in der Sache allerdings nicht zum Erfolg.
Die Entscheidung nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr.2 SGG steht im Ermessen des Gerichts und erfolgt auf der Grundlage einer Interessenabwägung. Abzuwägen sind das private Interesse des Antragstellers, vom Vollzug des Verwaltungsaktes bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens verschont zu bleiben und das öffentliche Interesse an der Vollziehung der behördlichen Entscheidung. Im Rahmen dieser Interessenabwägung kommt den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache eine wesentliche Bedeutung zu. Dabei ist die Wertung des § 39 Nr. 1 SGB II zu berücksichtigen, wonach der Gesetzgeber aufgrund einer typisierenden Abwägung der Individual- und öffentlichen Interessen (vgl. Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage, § 39 Rdnr. 7) dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug prinzipiell Vorrang gegenüber entgegenstehenden privaten Interessen einräumt. Eine Abweichung von diesem Regel-Ausnahmeverhältnis kommt nur in Betracht, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen oder wenn ausnahmsweise private Interessen überwiegen.
Ausgehend hiervon war die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bzw. der Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 30.01.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2009 nicht anzuordnen. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts fehlt dem Antrag nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Das Rechtschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 86 b Abs. 1 SGG ist zu bejahen, wenn die erstrebte Entscheidung dem Antragsteller einen rechtlichen oder tatsächlichen Vorteil bringen kann (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 9. Auflage 2008, Rdnr. 7a). Da die Bg. lediglich die Auszahlung der Regelleistung für den Monat Februar 2009 angeboten hat, nicht aber den bisher gewährten Mehrbedarf und die Kosten der Unterkunft sowie die Aufhebung der Leistungsbewilligung über den Monat Februar 2009 hinaus Bestand hatte, war das Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen. Die vorzunehmende Interessenabwägung geht jedoch zu Ungunsten des Bf. aus. Durchgreifende Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 30.01.2009 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 12.02.2009 bestehen zur Überzeugung des Senats nicht.
Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Diese wesentliche Änderung der Verhältnisse liegt darin, dass der Bf. zumindest nach Erlass des Bewilligungsbescheides vom 20.08.2008 seinen Wohnsitz nicht mehr in A-Stadt, A-Straße hatte. Dafür spricht in erster Linie, dass seine Mutter, die gleichzeitig seine Vermieterin ist, anlässlich einer Wohnungsdurchsuchung am 28.01.2009 der Polizei gegenüber angegeben hat, dass ihr Sohn nicht bei ihr wohne, sondern nur ab und zu bei ihr übernachte. Diese Aussage findet ihre Bestätigung an den fehlenden persönlichen Gegenständen des Bf. in dieser Wohnung. Es wurden weder Dokumente noch Kleidung von ihm gefunden. Ganz anders stellte sich dagegen die Situation bei der zeitgleich durchgeführten Wohnungsdurchsuchung in der R.Straße in P. dar. Hier trafen die Ermittler auf den Bf. im Schlafanzug und es fanden sich die in der A-Straße nicht vorhandenen persönlichen Gegenstände, u.a. auch seine dringend benötigten Medikamente. Das Vorbringen des Bf., er wohne nach wie vor in der Wohnung A-Straße in R. erscheint somit nicht glaubwürdig, zumal sich der Bf. seit Beginn des Leistungsbezug bezüglich seines jeweiligen Wohnsitzes in Widersprüche verstrickt hat. Der Senat geht daher nach summarischer Prüfung davon aus, dass der Bf. seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Zuständigkeitsbereich nach § 36 SGB II der Bg. hat und die Aufhebung des Leistungsbescheides zu Recht erfolgt ist. Das Fehlen der gemäß § 24 SGB X erforderlichen Anhörung wurde durch die Durchführung des Widerspruchsverfahrens nachgeholt (vgl. von Wulffen, SGB X, 6.Auflage § 41 Rdnr. 14 ff). Es obliegt dem Hauptsacheverfahren zu überprüfen, ob der Kläger jemals in A-Stadt, A-Straße seinen Wohnsitz hatte, ggf. wäre dann die Aufhebung auf § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 45 SGB X zu stützen.
Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG analog beruht auf der Erwägung, dass die Beschwerde keinen Erfolg hatte.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
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