L 16 AS 400/07 NZB

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
16
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 AS 673/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 AS 400/07 NZB
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil
des Sozialgerichts Augsburg vom 13. November 2007 wird zurückgewiesen.

II. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.





Gründe:

I.
Die Klägerin wendet sich gegen eine Absenkung der Regelleistung um 30 % in Höhe von insgesamt 312 Euro nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) gemäß § 31
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b SGB II.
Die Klägerin schloss mit der Beklagten am 01.08.2006 eine Eingliederungsvereinbarung ab. Hierin wurde die Teilnahme an dem "Projekt MIGRIS" (Qualifizierung und berufliches Praktikum) ab dem 01.07.2006 vereinbart. Für die Zeit vom 07.08.2006 bis zum 15.08.2006 könne die Klägerin aufgrund des Urlaubs von "MIGRIS" ortsabwesend sein. Die Klägerin verpflichtete sich ihre Ortsabwesenheit vorher mit ihrem persönlichen Ansprechpartner abzustimmen.
Am 02.08.2006 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie sehr krank sei. Am 03.08.2006 erschien die Klägerin unentschuldigt nicht mehr zum Unterricht. Vom 04.08.2006 bis zum 18.08.2006 hielt sich die Klägerin in der Türkei auf. Mit Bescheid vom 06.10.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.06.2007 senkte die Beklagte die Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.11.2006 bis zum 31.01.2007 monatlich um 30 % der Regelleistung ab.
Die hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht Augsburg nach mündlicher Verhandlung, in der die Klägerin anwaltlich vertreten war, mit Urteil vom 13.11.2007 als unbegründet ab. Es läge ein Sanktionstatbestand nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b SGB II vor, da die Klägerin gegen ihre in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Pflichten verstoßen habe. Ein wichtiger Grund im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II liege für das Verhalten der Klägerin nicht vor. Die Berufung wurde im Urteil vom 13.11.2007 nicht zugelassen.
Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 20.12.2007 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und diese dahingehend begründet, dass das Sozialgericht Augsburg seine "Aufklärungspflichten" verletzt habe.
Gleichzeitig wurde Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren gestellt.
Nach Wechsel des Prozessbevollmächtigten hat dieser vorgetragen, dass das Urteil des Sozialgerichts Augsburg an einem wesentlichen Verfahrensmangel leide, da es die Gespräche der Klägerin mit dem Berufsbildungszentrum und der zuständigen Sachbearbeiterin der Beklagten nicht berücksichtigt habe. Es hätten weitere Ermittlungen durchgeführt werden müssen, da die Mutter der Klägerin schwer krank gewesen sei. Die Klägerin habe daher ihre Mutter in der Türkei besuchen müssen, dies stelle einen wichtigen Grund im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II dar.
Die Beklagte hat sich inhaltlich nicht geäußert.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Die von der Klägerin frist- und formgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist
§ 145 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG (in der bis zum 31.03.2008 geltenden Fassung) bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 500,00 Euro nicht übersteigt. Die Berufung ist wegen Unterschreitens der 500.00 Euro-Grenze nicht zulässig. Die Klägerin wendet sich gegen eine Absenkung der Leistungen nach dem
SGB II um 30 % für drei Monate in Höhe von insgesamt 312,00 Euro. Damit ist die Berufungssumme nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht erreicht. Auch ist die Berufung nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG zulässig, da eine Leistung für insgesamt drei Monate und damit nicht eine solche für mehr als 12 Monate begehrt wird.
Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist ausschließlich die Frage, ob ein Zulassungsgrund vorliegt, der nach § 144 Abs. 2 SGG die Zulassung der Berufung rechtfertigt, nicht aber die Frage, ob das Sozialgericht in der Sache richtig oder falsch entschieden hat.
Da keiner der in § 144 Abs. 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe vorliegt, ist die Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf die Abweichung beruht oder
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG wurden nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.
Der Bevollmächtigte der Klägerin macht eine Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes nach § 103 SGG geltend. Die Zulassung der Berufung wegen einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht kommt allerdings nur in Betracht, wenn sich der geltend gemachte Verfahrensmangel auf einen Beweisantrag bezieht, den das Sozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Hierzu muss der Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht gestellt oder, falls er vorher schriftsätzlich niedergelegt war, aufrecht erhalten sein (vgl. z.B. BSG, Beschluss vom 29.03.2007, Az.: B 9a VJ 5/06 B). Ein Beweisantrag hat im sozialgerichtlichen Verfahren nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine Warnfunktion und soll der Tatsacheninstanz vor der Entscheidung vor Augen führen, dass die gerichtliche Aufklärungspflicht von einem Beteiligten noch nicht als erfüllt angesehen wird. Wird ein Beweisantrag von der in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht anwaltlich vertretenen Klägerin nicht gestellt, so kann anschließend die Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf die Verletzung der Amtsermittlungspflicht als Verfahrensfehler gestützt werden. Die Klägerin hätte durch ihren Bevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung entsprechende Anträge auf weitere Aufklärung des Sachverhaltes stellen müssen, um dem Erstgericht vor Augen zu führen, dass sie den Sachverhalt von Amts wegen als nicht genügend aufgeklärt ansieht. Da der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung keine Beweisanträge gestellt hat, ist ein Zulassungsgrund nach § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG nicht gegeben.
Ob das Sozialgericht den Rechtsstreit richtig, namentlich die festgestellten Tatsachen richtig gewürdigt hat, was die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde vor allem rügt, ist dagegen im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht zu prüfen. Die eventuelle sachliche Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung stellt nach § 144 Abs. 2 SGG keinen Grund dar, eine kraft Gesetzes ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Vielmehr soll es gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bei Verfahren mit geringem Streitwert grundsätzlich mit einer gerichtlichen sachlichen Überprüfung des Klagebegehrens sein Bewenden haben. Daher ist die Beschwerde der Klägerin zurückzuweisen.
Aus diesen Gründen war auch der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gemäß § 73a SGG i.V.m. den §§ 114 ff. Zivilprozessordnung wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussicht des Beschwerdeverfahrens (vgl. oben) abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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