L 6 R 37/09 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 15 R 2868/08 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 R 37/09 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts
B-Stadt vom 29. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.



Gründe:

I.
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin begehrt von der Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Auszahlung ihrer Altersrente in voller Höhe (Bruttorente) ohne Kürzung durch eine voraussichtliche ausländische Leistung.
Auf den Antrag vom 04.08.2008 hatte die Beschwerdegegnerin die Altersrente für Frauen in Höhe von (netto) 450,15 Euro festgestellt. Dabei wurde eine voraussichtliche ausländische (rumänische) Rentenleistung in Höhe von 57,52 Euro von der zustehenden deutschen Rente abgezogen.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 29.10.2008 hat die Beschwerdeführerin sodann Klage zum Sozialgericht München erhoben. Mit Schreiben vom 10.11.2008 hat sie darüber hinaus Antrag gestellt, im Wege der einstweiligen Anordnung die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, die mit Bescheid vom 04.09.2008 gewährte Rente ohne Fiktivabzug in Höhe einer nicht gezahlten hypothetischen Rente aus Rumänien bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu zahlen. Sie habe einen Leistungsverzicht nie erklärt, trotzdem habe die Beschwerdegegnerin ohne jede Rechtsgrundlage einen Fiktivabzug in Höhe einer von ihr geschätzten Rente vorgenommen, die die Klägerin in Rumänien jedoch nicht beziehe. Die Entscheidungen im Sinne der Beschwerdeführerin seien bundesweit flächendeckend von verschiedenen Sozialgerichten ergangen. Die Beschwerdeführerin lebe im Übrigen in Deutschland und sei auf die ihr zustehende Rente angewiesen.
Mit Beschluss vom 29.12.2008 hat das Sozialgericht den Antrag abgelehnt und ausgeführt, die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Beschwerdegegnerin werfe eine Vielzahl von Rechtsfragen auf, deren vollständige Klärung im Eilverfahren nicht möglich sei. Bei dem nach summarischer Prüfung als offen zu bezeichnenden Ausgang des Hauptsacheverfahrens seien die Folgen abzuwägen, die einerseits entstehen würden, wenn das Gericht die einstweilige Anordnung nicht erließe, sich jedoch im Hauptsacheverfahren herausstelle, dass der Anspruch bestehe und andererseits entstünden, wenn das Gericht die einstweilige Anordnung erließe, sich aber im Hauptsacheverfahren herausstelle, dass der Anspruch nicht bestehe. Der drohende Rechtsverlust bestehe bei der Beschwerdeführerin in einer zeitlich bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens verzögerten Auszahlung des Rentenanteils, den die Beschwerdegegnerin auf die Bruttorente angerechnet habe. Anhaltspunkte für eine andauernde Schädigung der wirtschaftlichen Interessen der Beschwerdeführerin durch die Nichtauszahlung des angerechneten fiktiven Rentenanteils bis zur Klärung der Rechtsfragen in der Hauptsache seien nicht erkennbar. Da insgesamt eine besondere Dringlichkeit der Anordnung einstweiliger Maßnahmen nicht zu erkennen sei, sei ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Sie verweist auf die Entscheidung des Bayer. Landessozialgerichts vom 02.07.2008 (L 14 B 669/08 R ER R), wonach die Vorschrift des § 31 Fremdrentengesetz (FRG) nicht "versehentlich" sondern aus voller gesetzgeberischer Absicht erfolgt sei. Raum für die von den Rentenbehörden gewünschte Auslegung entgegen des Wortlauts des Gesetzes gebe es daher nicht. Es bestehe auch ein Anordnungsgrund, da es sich bei der Altersrente um eine Lohnersatzleistung zum Lebensunterhalt handle, auf welche der Versicherte angewiesen sei. Die Antragstellerin beziehe lediglich eine geringe Rente, womit sie am Rande der Armutsgrenze einzuordnen sei. Zur Begründung eines bestehenden Anordnungsgrundes legte sie eine Übersicht über ihre Einnahmen und Ausgaben vor, wonach sie eine Altersrente in Höhe von
450,15 Euro derzeit beziehe, eine Witwenrente in Höhe von 495,22 Euro sowie eine Witwen-Firmenrente in Höhe von 103,96 Euro (insgesamt 1.049,33 Euro), wovon monatlich das Wohngeld in Höhe von 221,00 Euro, Ausgaben für Strom (53,00 Euro), Erdgas
(87,00 Euro) sowie weitere Ausgaben hinzukämen, so dass letztlich der Lebensunterhalt von 300,00 Euro zu bestreiten sei.
II.
Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet, weil das Sozialgericht zu Recht den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt hat.
Rechtsgrundlage für die begehrte Anordnung ist § 86b Abs. 2 SGG, wonach auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand zu treffen ist, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 86b Abs. 2 Satz 1 SGG). Einstweilige Anordnungen können gemäß § 86b Abs. 2
Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig sein, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer derartigen Anordnung ist zunächst ein Anordnungsanspruch, also der materielle Anspruch, für den der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz sucht und der identisch ist mit dem auch im Hauptsacheverfahren geltend zu machenden Anspruch. Daneben muss aber auch ein Anordnungsgrund bestehen, der insbesondere die Eilbedürftigkeit einer vorläufigen Regelung begründen würde. Der Senat kann es im Rahmen der durchzuführenden summarischen Prüfung vorliegend letztlich dahinstehen lassen, ob ein Anordnungsanspruch besteht, da jedenfalls die Eilbedürftigkeit einer Regelung zu Gunsten der Beschwerdeführerin nicht dargetan
ist, weshalb ein Abwarten auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens zumutbar ist. So hat die Beschwerdeführerin selbst vorgetragen, sie beziehe neben der eigenen Rente in Höhe von 450,15 Euro noch eine Witwenrente (495,22 Euro) und eine Witwen-Firmen- rente in Höhe von 103,96 Euro, ihre Einkünfte erreichen insgesamt also eine Höhe von 1.049,33 Euro. Davon seien fixe Ausgaben abzuziehen (Wohngeld in Höhe von
221,00 Euro, Ausgaben für Strom, Erdgas, für die "H.", ein Brillen-Abo, für W., K., B., Konto-Gebühr, Fernsehprogramme, Telecom sowie die MVV-Karte). Hinzukämen noch vierteljährliche bzw. jährliche Ausgaben, die auf den Monat umzurechnen seien.
Das Bayer. Landessozialgericht hat in seiner Entscheidung vom 23.12.2008 (L 1 B 802/08 R ER) ausgeführt, dass den Beschwerdeführerin durch den Fiktivabzug im Falle des Obsiegens eine verzögerte Auszahlung des Rententeils, den die Beschwerdegegnerin zum Ruhen gebracht habe, treffe. Im Rahmen der Prüfung eines Anordnungsgrundes liege darin jedoch kein wesentlicher Nachteil für den Beschwerdeführer. Es sei zwar das Interesse des Beschwerdeführers an der Auszahlung des vollen Rentennettobetrags anzuerkennen, zumal der monatliche Zahlbetrag der Rente (im dortigen Verfahren 514,60 Euro) für sich betrachtet, zur Deckung des Lebensbedarfs dringend benötigt werde. Die Höhe der Rente liege jedoch nicht unterhalb des Niveaus der Grundsicherung bzw. eines Anspruchs auf Grundsicherungsleistung, da gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) in Verbindung mit der Bekanntmachung über die Höhe der Regelleistung für die Zeit ab 01.07.2008 die Höhe der monatlichen Regelleistung für Personen, die alleinstehend seien, 351,00 Euro (ohne Mietkosten) betrage. Zu berücksichtigen seien im Übrigen weitere Einkünfte, da auf die wirtschaftlichen Verhältnisse insgesamt abzustellen sei.
Aus den von der Beschwerdeführerin mitgeteilten Einnahmen können mit Sicherheit Grundsicherungsleistungen nicht beantragt werden, weshalb nicht die Rede davon sein kann, dass sie wegen des Fiktivabzugs an der Armutsgrenze lebt.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist deshalb unter diesen Umständen nicht zu begründen, vielmehr ist der Beschwerdeführerin zuzumuten, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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