Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 51 SO 266/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 B 484/07 SO
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Auf die Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Sozialgerichts München vom 4. Mai 2007 abgeändert und der Streitwert auf 10.000,00 Euro festgesetzt.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
In der Hauptsache waren der Abschluss von Leistungsvereinbarungen im Sinne von § 75 Absatz 3 Satz 1 Nr. 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) streitig.
Die Klägerin unterhält unter anderem Wohnprojekte für psychisch kranke Menschen in A-Stadt. Im Zeitpunkt der Klageerhebung unterhielt die Klägerin ein Wohnprojekt für psychisch kranke Menschen in A-Stadt mit acht Plätzen für eine 24-stündige Betreuung. Aufgrund des vorhandenen Bedarfs beabsichtigte die Klägerin das Angebot in A-Stadt um sieben Plätze zu erhöhen. Konkret wollte die Klägerin in stationärer Form eine geringer betreute Wohngruppe für vier Werkstattgänger und in ambulanter Form eine therapeutische Wohngemeinschaft mit drei Plätzen anbieten. Mit dieser Erweiterung sollte das diesjährige Platzangebot von 26 auf dann 33 Plätze erhöht werden. Mit Schreiben vom 06.11.2003 unterbreitete die Klägerin ein entsprechendes Leistungsangebot. Am 02.07.2004 beantragte die Klägerin den Abschluss von Entgeltvereinbarungen. Mit Schreiben vom 21.09.2004 erwiderte die Beklagte, trotz Anerkennung des Bedarfs könne aus haushaltsrechtlichen Gründen einer Realisierung nicht zugestimmt werden. Die Beklagte sehe sich daher auch nicht in der Lage, Entgeltverhandlungen aufzunehmen. Im Rahmen des sich daran anschließenden Schiedsstellenverfahrens verwies die Beklagte auf eine fehlende Leistungsvereinbarung, die Voraussetzung für die Einleitung eines Schiedsstellenverfahrens sei. Mit Schreiben vom 26.04.2005 wurde die Beklagte zum Abschluss einer Leistungsvereinbarung aufgefordert.
Am 29.06.2005 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München erhoben und beantragt, den Beklagten zu verpflichten, die Leistungsangebote der Klägerin vom 06.11.2003 auf Erweiterung des bestehenden Angebots an betreuten Wohnplätzen für psychisch Kranke um zwei Wohngruppen mit zusammen sieben Plätzen
gemäß den Leistungsbeschreibungen und der Konzeption vom 31.10.2003 anzunehmen.
Mit Schreiben vom 10.01.2007 hat die Klägerin den Rechtsstreit für erledigt erklärt.
Im Rahmen der Streitwertfestsetzung hat der Beklagte darauf hingewiesen, eine Leistungsvereinbarung regle nur die Rahmenbedingungen der vom Einrichtungsträger angebotenen Leistung zwischen dem Einrichtungsträger und dem Sozialhilfeträger, ohne dass sich hieraus eine wirtschaftliche Belastung für den Beklagten bzw. entsprechende Einnahmen für die Klägerin ableiten lasse; der Streitwert sei daher gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,00 Euro zu beziffern.
Mit Schreiben vom 14.03.2007 hat die Klägerin ausgeführt, der Streitwert sei mit 123.000,00 Euro festzusetzen. Die geringer betreute Wohnform sei mit einem Jahresbetrag von 27.000,00 Euro (vier Plätze bei 75,00 Euro Tagessatz), die therapeutische Wohngruppe mit 14.040,00 Euro (drei Plätze bei einem Tagessatz von 39,00 Euro) anzusetzen. Es müsse gemäß § 42 Abs. 3 GKG jedoch der Dreijahresbetrag herangezogen werden, was zu einem Streitwert in Höhe von 123.120,00 Euro führe (vgl. Blatt 78 SG-Akte).
Das SG hat den Streitwert mit Beschluss vom 04.05.2007 auf 66.675,00 Euro festgesetzt und die Beklagte zur Tragung der Kosten des Verfahrens verpflichtet. Die Gerichtskosten hat es ausgenommen. Zur Begründung hat es ausgeführt, für die Wohngruppe mit geringem Betreuungsbedarf ergebe sich ein Jahresbetrag in Höhe von 97.561,84 Euro, für die therapeutische Wohngemeinschaft ein Jahresbetrag in Höhe von 135.788,68 Euro. Da es jedoch nicht um die Vergütungsvereinbarung selbst gehe, sondern um eine vorgeschaltete Leistungsvereinbarung sei es ermessensgerecht, den Streitwert auf die Hälfte des Betrages festzusetzen.
Hiergegen hat der Beklagte am 08.06.2007 Beschwerde beim SG erhoben. Zusammenfassend hat der Beklagte vorgetragen, es sei nur der Regelstreitwert in Höhe von 5.000,00 Euro festzusetzen; zwar berühre die Klage auf Abschluss einer Leistungsvereinbarung das wirtschaftliche Interesse an der erstrebten Entscheidung, jedoch könne nicht auf das weitergehende Ziel der Klägerin, nämlich den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung, abgestellt werden. Denn es werde nicht ausreichend berücksichtigt, dass bei einer derartigen Fallgestaltung drei unterschiedliche Vereinbarungen von Belang seien (Leistungsvereinbarung, Vergütungsvereinbarung und Prüfungsvereinbarung). Bei der Frage, welche Bedeutung die Sache für die Klägerin habe, komme es allein auf den Gegenstand der Klage - nämlich den erstrebten Abschluss einer Leistungsvereinbarung - an, weitergehende Interessen müssten unberücksichtigt bleiben. Fernziele, welche die Klägerin weiter verfolgen wolle, scheiden dabei aus. Ausschlaggebend seien die mit der Klage unmittelbar verfolgten Ziele. Daher könne auch der Vorschlag des Streitwertkataloges (2006) nicht herangezogen werden.
Der Beklagte und Beschwerdeführer beantragt,
den Streitwert auf 5.000 EUR festzusetzen.
Die Klägerin und Beschwerdegegnerin beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Klägerin hat vorgetragen, die versagte Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII habe für die Klägerin Zulassungscharakter. Ohne das Bestehen einer Leistungsvereinbarung sei die Klägerin von der Leistungserbringung im sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis ausgeschlossen gewesen. Es bestehe daher ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse am Abschluss der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung. Daher sei dem Streitwertkatalog der Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der Landessozialgerichte zu folgen.
Das LSG hat die Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Gerichtsakte des SG (Az.: S 51 SO 266/05) beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
Die gemäß § 172 Abs. 1 SGG statthafte sowie nach § 173 SGG form- und fristgerecht erhobene Beschwerde ist im tenorierten Umfang begründet.
Der Streitwert ist auf 10.000,00 Euro festzusetzen. Dabei sind jeweils 5.000,00 Euro für die Leistungsvereinbarung "Erwachsene mit einer seelischen Behinderung in einer ambulanten Einrichtung - therapeutische Wohngemeinschaft "sowie 5.000,00 Euro für die Leistungsvereinbarung "Erwachsene mit seelischer Behinderung in einer vollstationären Einrichtung ohne Tagesstruktur" heranzuziehen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 52 Abs. 1 und Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Weder Kläger noch Beklagter gehören zu den von § 183 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erfassten Personenkreis, für die das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit kostenfrei ist. Es werden daher gemäß § 197 a Abs. 1 SGG Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben. Nach § 52 Abs. 1 GKG bestimmt sich in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach dem Ermessen des Gerichtes. Soweit der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwertes keine genügenden Anhaltspunkte zur Bestimmung des Streitwertes ergibt, ist nach § 52 Abs. 2 GKG ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen.
Wie sich aus dem Klageantrag in der Klageschrift vom 27.06.2005 ergibt, sollte der Beklagte verpflichtet werden, die Leistungsangebote der Klägerin vom 06.11.2003 auf Erweiterung des bestehenden Angebots an betreuten Wohnplätzen für psychisch Kranke um zwei Wohngruppen mit zusammen sieben Plätzen gemäß den Leistungsbeschreibungen und Konzeptionen vom 31.10.2003 anzunehmen. Aus der Klagebegründung ergibt sich, dass das Klageziel der Abschluss von zwei unterschiedlichen Leistungsvereinbarungen i. S. v. § 75 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch 12. Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) mit jeweils unterschiedlichen Konzeptionen war.
Wie der Beklagte in seiner Beschwerdeschrift vom 05.06.2007 zutreffend ausführt, berührt der Abschluss einer Leistungsvereinbarung für die Klägerin zwar mittelbar auch das wirtschaftliche Interesse, das letztlich auch auf den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung i. S. v. § 75 Absatz 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII gerichtet ist. Das SG hat in seinem Beschluss vom 04.05.2007 jedoch verkannt, dass bei Fallgestaltungen der vorliegenden Art drei verschiedene Vereinbarungen zu schließen sind (zum sozialrechtlichen Leistungsdreieck siehe auch BSG vom 28.10.2008, Az.: B 85022/07 R). So unterscheidet § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII zwischen einer Leistungsvereinbarung (Nr. 1), einer Vergütungsvereinbarung (Nr. 2) und einer Prüfungsvereinbarung (Nr. 3).
In der Leistungsvereinbarung werden gemäß § 76 Abs. 1 SGB XII die wesentlichen Leistungsmerkmale festgelegt. Dazu gehören mindestens die betriebsnotwendigen Anlagen der Einrichtung, die Festlegung des zu betreuenden Personenkreises, Art und Qualität der Leistungen, Qualifikation des Personals sowie die erforderliche rechtliche und personelle Ausstattung; ferner sind die Leistungsverpflichtung (S. 2) und die Leistungsgrundsätze (S. 3) aufzunehmen. Aus dieser Inhaltsbeschreibung der Leistungsvereinbarung wird deutlich, dass ein konkreter in Geld zu bemessender Betrag nicht bestimmt ist (vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen vom 19.12.2006, Az.: L 8 D 37/06 S. O.).
Bei der Vergütungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 Nr. 2, die von § 76 Abs. 2
SGB XII näher bestimmt wird, werden konkrete Vergütungen für Leistungen (Grundpauschale, Maßnahmepauschale, Investitionsbetrag, Anrechnung öffentlicher Förderungen Investitionsmaßnahmen) festgesetzt.
Das SG hat in seinem Beschluss zur Bestimmung des Streitwertes jedoch entgegen dem gestellten Klageantrag und in nicht differenzierter Betrachtungsweise auf die Vergütungsvereinbarungen abgestellt und damit die Rechtsnatur der unterschiedlichen Vereinbarungen in § 75 Abs. 3 SGB XII verkannt. Der Senat konnte daher nicht den Ausführungen des Klägerbevollmächtigten insbesondere in seinem Schriftsatz vom 04.07.2007 folgen. Dabei stellt sich die Leistungsvereinbarung nur als eine Voraussetzung der "Zulassung" dar. Wie bereits ausgeführt wurde, betrifft der vorliegende Rechtsstreit jedoch nur den Abschluss der vorgelagerten Leistungsvereinbarungen. Diese Vereinbarungen haben zwar mittelbar Auswirkungen auf die Vergütungsvereinbarungen. Es handelt sich jedoch i.S.d. Dispositionsmaxime um eigenständige Streitgegenstände, über die auch eigens zu entscheiden gewesen wäre, zumal das Verfahren über die Vergütungsvereinbarungen nach § 77 Abs. 1 S. 2 SGB XII zunächst vor der Schiedsstelle statt fand (vergleiche LSG Niedersachsen-Bremen, a.a.O.). Es lässt sich daher das wirtschaftliche Interesse aus der Vergütungsvereinbarung nicht zur Bestimmung des Streitwertes der Leistungsvereinbarung heranziehen. Der mittelbare wirtschaftliche Wert eines endgültigen oder vorläufigen Prozesserfolges ist bei der Streitwertfestsetzung nicht zu berücksichtigen (vgl. BSG vom 09.05.2000, Az.: B 6 Ka 72/97 R), dh. ein bloßes mittelbares Interesse hat dabei unberücksichtigt zu bleiben; Fernziele, welche der Kläger dabei mittelbar verfolgt, sind nicht zu berücksichtigen. Zur Streitwertfestsetzung sind von ausschlaggebender Bedeutung die mit dem Antrag unmittelbar verfolgten Ziele und Absichten (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, a. a. O., m. w. N.).
Dieser differenzierten Betrachtung der Rechtsnatur der unterschiedlichen Vereinbarungen in § 75 Abs. 3 SGB XII wird die im Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit 2007 unter VII 1 vorgeschlagene Festsetzung nicht gerecht. Insoweit wird der Streitwertkatalog zu ergänzen sein. Da der Antrag jedoch auf zwei unterschiedliche Leistungsvereinbarungen, also auf zwei unterschiedliche Streitgegenstände i.S.v. § 39 I GKG, gerichtet war, ist der Auffangwert zu verdoppeln.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
In der Hauptsache waren der Abschluss von Leistungsvereinbarungen im Sinne von § 75 Absatz 3 Satz 1 Nr. 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) streitig.
Die Klägerin unterhält unter anderem Wohnprojekte für psychisch kranke Menschen in A-Stadt. Im Zeitpunkt der Klageerhebung unterhielt die Klägerin ein Wohnprojekt für psychisch kranke Menschen in A-Stadt mit acht Plätzen für eine 24-stündige Betreuung. Aufgrund des vorhandenen Bedarfs beabsichtigte die Klägerin das Angebot in A-Stadt um sieben Plätze zu erhöhen. Konkret wollte die Klägerin in stationärer Form eine geringer betreute Wohngruppe für vier Werkstattgänger und in ambulanter Form eine therapeutische Wohngemeinschaft mit drei Plätzen anbieten. Mit dieser Erweiterung sollte das diesjährige Platzangebot von 26 auf dann 33 Plätze erhöht werden. Mit Schreiben vom 06.11.2003 unterbreitete die Klägerin ein entsprechendes Leistungsangebot. Am 02.07.2004 beantragte die Klägerin den Abschluss von Entgeltvereinbarungen. Mit Schreiben vom 21.09.2004 erwiderte die Beklagte, trotz Anerkennung des Bedarfs könne aus haushaltsrechtlichen Gründen einer Realisierung nicht zugestimmt werden. Die Beklagte sehe sich daher auch nicht in der Lage, Entgeltverhandlungen aufzunehmen. Im Rahmen des sich daran anschließenden Schiedsstellenverfahrens verwies die Beklagte auf eine fehlende Leistungsvereinbarung, die Voraussetzung für die Einleitung eines Schiedsstellenverfahrens sei. Mit Schreiben vom 26.04.2005 wurde die Beklagte zum Abschluss einer Leistungsvereinbarung aufgefordert.
Am 29.06.2005 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München erhoben und beantragt, den Beklagten zu verpflichten, die Leistungsangebote der Klägerin vom 06.11.2003 auf Erweiterung des bestehenden Angebots an betreuten Wohnplätzen für psychisch Kranke um zwei Wohngruppen mit zusammen sieben Plätzen
gemäß den Leistungsbeschreibungen und der Konzeption vom 31.10.2003 anzunehmen.
Mit Schreiben vom 10.01.2007 hat die Klägerin den Rechtsstreit für erledigt erklärt.
Im Rahmen der Streitwertfestsetzung hat der Beklagte darauf hingewiesen, eine Leistungsvereinbarung regle nur die Rahmenbedingungen der vom Einrichtungsträger angebotenen Leistung zwischen dem Einrichtungsträger und dem Sozialhilfeträger, ohne dass sich hieraus eine wirtschaftliche Belastung für den Beklagten bzw. entsprechende Einnahmen für die Klägerin ableiten lasse; der Streitwert sei daher gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,00 Euro zu beziffern.
Mit Schreiben vom 14.03.2007 hat die Klägerin ausgeführt, der Streitwert sei mit 123.000,00 Euro festzusetzen. Die geringer betreute Wohnform sei mit einem Jahresbetrag von 27.000,00 Euro (vier Plätze bei 75,00 Euro Tagessatz), die therapeutische Wohngruppe mit 14.040,00 Euro (drei Plätze bei einem Tagessatz von 39,00 Euro) anzusetzen. Es müsse gemäß § 42 Abs. 3 GKG jedoch der Dreijahresbetrag herangezogen werden, was zu einem Streitwert in Höhe von 123.120,00 Euro führe (vgl. Blatt 78 SG-Akte).
Das SG hat den Streitwert mit Beschluss vom 04.05.2007 auf 66.675,00 Euro festgesetzt und die Beklagte zur Tragung der Kosten des Verfahrens verpflichtet. Die Gerichtskosten hat es ausgenommen. Zur Begründung hat es ausgeführt, für die Wohngruppe mit geringem Betreuungsbedarf ergebe sich ein Jahresbetrag in Höhe von 97.561,84 Euro, für die therapeutische Wohngemeinschaft ein Jahresbetrag in Höhe von 135.788,68 Euro. Da es jedoch nicht um die Vergütungsvereinbarung selbst gehe, sondern um eine vorgeschaltete Leistungsvereinbarung sei es ermessensgerecht, den Streitwert auf die Hälfte des Betrages festzusetzen.
Hiergegen hat der Beklagte am 08.06.2007 Beschwerde beim SG erhoben. Zusammenfassend hat der Beklagte vorgetragen, es sei nur der Regelstreitwert in Höhe von 5.000,00 Euro festzusetzen; zwar berühre die Klage auf Abschluss einer Leistungsvereinbarung das wirtschaftliche Interesse an der erstrebten Entscheidung, jedoch könne nicht auf das weitergehende Ziel der Klägerin, nämlich den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung, abgestellt werden. Denn es werde nicht ausreichend berücksichtigt, dass bei einer derartigen Fallgestaltung drei unterschiedliche Vereinbarungen von Belang seien (Leistungsvereinbarung, Vergütungsvereinbarung und Prüfungsvereinbarung). Bei der Frage, welche Bedeutung die Sache für die Klägerin habe, komme es allein auf den Gegenstand der Klage - nämlich den erstrebten Abschluss einer Leistungsvereinbarung - an, weitergehende Interessen müssten unberücksichtigt bleiben. Fernziele, welche die Klägerin weiter verfolgen wolle, scheiden dabei aus. Ausschlaggebend seien die mit der Klage unmittelbar verfolgten Ziele. Daher könne auch der Vorschlag des Streitwertkataloges (2006) nicht herangezogen werden.
Der Beklagte und Beschwerdeführer beantragt,
den Streitwert auf 5.000 EUR festzusetzen.
Die Klägerin und Beschwerdegegnerin beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Klägerin hat vorgetragen, die versagte Leistungs- und Prüfungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII habe für die Klägerin Zulassungscharakter. Ohne das Bestehen einer Leistungsvereinbarung sei die Klägerin von der Leistungserbringung im sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis ausgeschlossen gewesen. Es bestehe daher ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse am Abschluss der Leistungs- und Prüfungsvereinbarung. Daher sei dem Streitwertkatalog der Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der Landessozialgerichte zu folgen.
Das LSG hat die Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Gerichtsakte des SG (Az.: S 51 SO 266/05) beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
Die gemäß § 172 Abs. 1 SGG statthafte sowie nach § 173 SGG form- und fristgerecht erhobene Beschwerde ist im tenorierten Umfang begründet.
Der Streitwert ist auf 10.000,00 Euro festzusetzen. Dabei sind jeweils 5.000,00 Euro für die Leistungsvereinbarung "Erwachsene mit einer seelischen Behinderung in einer ambulanten Einrichtung - therapeutische Wohngemeinschaft "sowie 5.000,00 Euro für die Leistungsvereinbarung "Erwachsene mit seelischer Behinderung in einer vollstationären Einrichtung ohne Tagesstruktur" heranzuziehen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 52 Abs. 1 und Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Weder Kläger noch Beklagter gehören zu den von § 183 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erfassten Personenkreis, für die das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit kostenfrei ist. Es werden daher gemäß § 197 a Abs. 1 SGG Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben. Nach § 52 Abs. 1 GKG bestimmt sich in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach dem Ermessen des Gerichtes. Soweit der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwertes keine genügenden Anhaltspunkte zur Bestimmung des Streitwertes ergibt, ist nach § 52 Abs. 2 GKG ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen.
Wie sich aus dem Klageantrag in der Klageschrift vom 27.06.2005 ergibt, sollte der Beklagte verpflichtet werden, die Leistungsangebote der Klägerin vom 06.11.2003 auf Erweiterung des bestehenden Angebots an betreuten Wohnplätzen für psychisch Kranke um zwei Wohngruppen mit zusammen sieben Plätzen gemäß den Leistungsbeschreibungen und Konzeptionen vom 31.10.2003 anzunehmen. Aus der Klagebegründung ergibt sich, dass das Klageziel der Abschluss von zwei unterschiedlichen Leistungsvereinbarungen i. S. v. § 75 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch 12. Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) mit jeweils unterschiedlichen Konzeptionen war.
Wie der Beklagte in seiner Beschwerdeschrift vom 05.06.2007 zutreffend ausführt, berührt der Abschluss einer Leistungsvereinbarung für die Klägerin zwar mittelbar auch das wirtschaftliche Interesse, das letztlich auch auf den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung i. S. v. § 75 Absatz 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII gerichtet ist. Das SG hat in seinem Beschluss vom 04.05.2007 jedoch verkannt, dass bei Fallgestaltungen der vorliegenden Art drei verschiedene Vereinbarungen zu schließen sind (zum sozialrechtlichen Leistungsdreieck siehe auch BSG vom 28.10.2008, Az.: B 85022/07 R). So unterscheidet § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII zwischen einer Leistungsvereinbarung (Nr. 1), einer Vergütungsvereinbarung (Nr. 2) und einer Prüfungsvereinbarung (Nr. 3).
In der Leistungsvereinbarung werden gemäß § 76 Abs. 1 SGB XII die wesentlichen Leistungsmerkmale festgelegt. Dazu gehören mindestens die betriebsnotwendigen Anlagen der Einrichtung, die Festlegung des zu betreuenden Personenkreises, Art und Qualität der Leistungen, Qualifikation des Personals sowie die erforderliche rechtliche und personelle Ausstattung; ferner sind die Leistungsverpflichtung (S. 2) und die Leistungsgrundsätze (S. 3) aufzunehmen. Aus dieser Inhaltsbeschreibung der Leistungsvereinbarung wird deutlich, dass ein konkreter in Geld zu bemessender Betrag nicht bestimmt ist (vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen vom 19.12.2006, Az.: L 8 D 37/06 S. O.).
Bei der Vergütungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 Nr. 2, die von § 76 Abs. 2
SGB XII näher bestimmt wird, werden konkrete Vergütungen für Leistungen (Grundpauschale, Maßnahmepauschale, Investitionsbetrag, Anrechnung öffentlicher Förderungen Investitionsmaßnahmen) festgesetzt.
Das SG hat in seinem Beschluss zur Bestimmung des Streitwertes jedoch entgegen dem gestellten Klageantrag und in nicht differenzierter Betrachtungsweise auf die Vergütungsvereinbarungen abgestellt und damit die Rechtsnatur der unterschiedlichen Vereinbarungen in § 75 Abs. 3 SGB XII verkannt. Der Senat konnte daher nicht den Ausführungen des Klägerbevollmächtigten insbesondere in seinem Schriftsatz vom 04.07.2007 folgen. Dabei stellt sich die Leistungsvereinbarung nur als eine Voraussetzung der "Zulassung" dar. Wie bereits ausgeführt wurde, betrifft der vorliegende Rechtsstreit jedoch nur den Abschluss der vorgelagerten Leistungsvereinbarungen. Diese Vereinbarungen haben zwar mittelbar Auswirkungen auf die Vergütungsvereinbarungen. Es handelt sich jedoch i.S.d. Dispositionsmaxime um eigenständige Streitgegenstände, über die auch eigens zu entscheiden gewesen wäre, zumal das Verfahren über die Vergütungsvereinbarungen nach § 77 Abs. 1 S. 2 SGB XII zunächst vor der Schiedsstelle statt fand (vergleiche LSG Niedersachsen-Bremen, a.a.O.). Es lässt sich daher das wirtschaftliche Interesse aus der Vergütungsvereinbarung nicht zur Bestimmung des Streitwertes der Leistungsvereinbarung heranziehen. Der mittelbare wirtschaftliche Wert eines endgültigen oder vorläufigen Prozesserfolges ist bei der Streitwertfestsetzung nicht zu berücksichtigen (vgl. BSG vom 09.05.2000, Az.: B 6 Ka 72/97 R), dh. ein bloßes mittelbares Interesse hat dabei unberücksichtigt zu bleiben; Fernziele, welche der Kläger dabei mittelbar verfolgt, sind nicht zu berücksichtigen. Zur Streitwertfestsetzung sind von ausschlaggebender Bedeutung die mit dem Antrag unmittelbar verfolgten Ziele und Absichten (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, a. a. O., m. w. N.).
Dieser differenzierten Betrachtung der Rechtsnatur der unterschiedlichen Vereinbarungen in § 75 Abs. 3 SGB XII wird die im Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit 2007 unter VII 1 vorgeschlagene Festsetzung nicht gerecht. Insoweit wird der Streitwertkatalog zu ergänzen sein. Da der Antrag jedoch auf zwei unterschiedliche Leistungsvereinbarungen, also auf zwei unterschiedliche Streitgegenstände i.S.v. § 39 I GKG, gerichtet war, ist der Auffangwert zu verdoppeln.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
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