Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 R 4464/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 18 R 576/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 203/09 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Anwendbarkeit des SGB VI bei Umwandlung einer nach dem AVG gewährten Erwerbsunfähigkeitsrente in eine Altersrente nach dem Rentenbeginnprinzip.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 16.05.2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die dem Kläger seit 01.01.2002 gewährte Altersrente nach dem bis 1991 geltenden Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) zu berechnen ist.
Dem 1941 geborenen Kläger gewährte die Beklagte aufgrund eines Versicherungsfalls vom 31.03.1987 mit Rentenbescheid vom 15.06.1993 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab dem 01.05.1991 nach den Vorschriften des AVG.
Am 27.09.2001 beantragte der Kläger die Gewährung einer Altersrente wegen Vollendung des 60.Lebensjahres für Versicherte, die als Schwerbehinderte nach
§ 1 des Schwerbehindertengesetzes anerkannt, berufsunfähig oder erwerbsunfähig sind. Mit Rentenbescheid vom 13.03.2002 bewilligte die Beklagte die beantragte Altersrente ab 01.01.2002 in Höhe von monatlich 813,01 EUR. Mit Widerspruch vom 06.05.2002 machte der Kläger sinngemäß u.a. geltend, dass das bis 31.12.1991 geltende Recht bei der Berechnung der Altersrente anzuwenden sei. Mit Bescheid vom 21.05.2003 berechnete die Beklagte die Altersrente ab Beginn neu. Ab 01.07.2003 wurden monatlich 858,31 EUR gezahlt. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.08.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach der Regelung des § 300 Abs.1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sei ab Inkrafttreten neuer Rechtsvorschriften nur noch das neue Recht auch auf Sachverhalte oder Ansprüche, die bereits vorher vorgelegen hätten, anzuwenden. Die Berechnung der Rente habe demzufolge immer in der vom Rentenbeginn an geltenden Rechtsanwendung zu erfolgen. Seit dem 01.01.1992 werde das Rentenrecht durch das SGB VI geregelt. Da die Altersrente des Klägers am 01.01.2002 beginne, müsse die Berechnung nach dem SGB VI erfolgen.
Hiergegen hat der Kläger am 02.09.2003 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben (S 2 RA 318/03). Mit Beschluss vom 06.02.2006 hat das SG das Verfahren in fünf Verfahren getrennt und das Verfahren mit dem Begehren, das bis 1991 geltende Recht anzuwenden, unter dem Az: S 2 R 4464/05 weitergeführt. Mit Urteil vom 16.05.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Zu Recht habe die Beklagte die seit 01.01.2002 gewährte Altersrente nach dem SGB VI und nicht nach dem AVG berechnet. Bezüglich der Entscheidungsgründe werde auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen, § 136 Abs.3 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Hiergegen richtet sich die beim SG am 16.06.2006 und beim Bayer.Landes-sozialgericht am 21.08.2006 eingegangene Berufung des Klägers. Wer so schnell wie er in jungen Jahren einen Arbeitsunfall unschuldig erlitten habe, habe Anspruch auf schnelle gesetzliche zeitgemäße staatliche Unterstützung in der Angestelltenrentenversicherung. Wegen des damit eingetretenen früheren Rentenbeginns sei die Rentenberechnung demzufolge zum Rentenbeginn in der geltenden Rechtsanwendung unter Berücksichtigung der Halbdeckung zu erstellen. Um nicht schlechter gestellt zu sein als langjährige Versicherte, weil er die Halbbelegung zwar erfülle, aber darüber hinaus Lücken im Versicherungsverlauf unfallbedingt aufweise, stelle er nochmals den Antrag, die "Gesamtleistungsbewertung" rückgängig nicht durchzuführen bzw. anzurechnen sowie die neu eingeführte Beitragsdichte ganz außer Acht zu lassen.
Aufgrund seines Antrags auf Nachentrichtung freiwilliger Beiträge vom 17.12.1975 und Genehmigung sei ein weiterer solcher Antrag auf Nachentrichtung vom 13.05.1991 vermutlich nicht nochmals nötig gewesen und habe nur zur Zeitverzögerung und Nichtanrechnung durch die Beklagte gedient. Die Beklagte habe stattdessen nur neue Zeiträume und Fristen geschaffen, um eine Vereitelung und Anrechnung zu alten, etwas günstigen 1991-Bedingungen zu verhindern. Bei ordnungsgemäßem Verhalten des Versicherungsträgers wäre die bewusste Verzögerung nicht eingetreten. Er stelle den Antrag, in seinem Fall den Herstellungsanspruch festzustellen und zu 1991-Bedingungen die Beklagte dazu zu verpflichten, ihm daraus Leistungen zu gewähren und Rentenberechnungen - wie beantragt - durchzuführen. Die Anwendung der 240/200 Monatsregelung sei nicht notwendig gewesen, weil die Halbdeckung diese Hindernisse überhaupt nicht zugelassen bzw. vorgesehen habe. In allen seinen Schreiben weise er nochmals auf die Verletzungen von Grundgesetzartikeln hin und bitte um Vertrauensschutz in allen seinen Aktenzeichen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 16.05.2006 aufzuheben und
die Beklagte zu verurteilen, unter Abänderung der Bescheide vom
13.03.2002 und 21.05.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
20.08.2003 die seit 01.01.2002 gewährte Altersrente nach dem bis 1991
geltenden Angestelltenversicherungsgesetz zu berechnen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 16.05.2006
zurückzuweisen.
Die Berufungsbegründung enthalte in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine neuen Gesichtspunkte, die ein Abweichen von der bislang vertretenen Auffassung begründen könnten.
Der Senat hat die Akten der Beklagten (Bände I - III) und die Akten des SG mit den Az: S 2 RA 4318/03, S 2 R 4462/05, S 2 R 4463/05, S2 R 4465/05 beigezogen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Zu Recht hat das SG mit Urteil vom 16.05.2006 die Klage gegen die Bescheide vom 13.03.2002 und 21.05.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2003 abgewiesen. Denn dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch zu, die seit 01.01.2002 gewährte Altersrente unter Abänderung der Bescheide vom 13.03.2002 und 21.05.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.08.2003 nach dem bis 1991 geltenden AVG zu berechnen. Vielmehr sind gemäß §§ 99 Abs.1 i.V.m. 300 Abs.1 SGB VI auf die Altersrente die Vorschriften des SGB VI anzuwenden.
Gemäß § 300 Abs.1 SGB VI sind Vorschriften dieses Gesetzbuches von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat.
Aufgehobene Vorschriften dieses Gesetzbuchs und durch dieses Gesetzbuch ersetzte Vorschriften sind auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhebung geltend gemacht wird, Abs.2.
Ist eine bereits vorher geleistete Rente neu festzustellen und sind dabei die persönlichen Entgeltpunkte neu zu ermitteln, sind die Vorschriften maßgebend, die bei der erstmaligen Feststellung der Rente anzuwenden waren, Abs.3.
Nach § 99 Abs.1 Satz 1 SGB VI wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem vollen Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind.
Gemäß § 300 Abs.1 SGV VI sind die Vorschriften des SGB VI auf den vorliegenden Fall anzuwenden, denn die Beklagte hat gemäß § 99 Abs.1 SGB VI zu Recht den Rentenbeginn mit dem 01.01.2002 festgestellt. Die Berechnung einer Rente hat in der zum Rentenbeginn geltenden Rechtsanwendung zu erfolgen.
Versicherte haben Anspruch auf Altersrente gemäß § 35 SGB VI in der Fassung vom 19.02.2002 (gültig vom 01.01.2002 bis 31.12.2007), wenn sie
das 65.Lebensjahr vollendet und
die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Der 1941 geborene Kläger hat am 27.09.2001 Altersrente beantragt, wobei eine Antragstellung wegen des Bezugs der Erwerbsunfähigkeitsrente bis zum Beginn der Regelaltersrente nicht erforderlich war (Niesel in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Bd.1, Stand Dezember 2007, Rdnr.6 zu § 35). Zu Beginn des Monats Januar 2002 hatte der Kläger somit die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Altersrente erfüllt, sodass die Altersrente ab 01.01.2002 zu leisten war.
Die Gewährung der Altersrente unter Anwendung der Vorschriften des AVG gemäß § 300 Abs.2 SGB VI scheidet aus, denn der Kläger hatte gerade keinen Anspruch auf Altersruhegeld nach dem AVG bis zum Außerkrafttreten des AVG am 01.01.1992. Voraussetzung für die Gewährung von Altersruhegeld war gemäß den Absätzen 1 und 2 des § 25 AVG die Vollendung des 63. bzw. 60.Lebensjahres. Der Kläger hat jedoch erst am 21.12.2001 das 60.Lebensjahr vollendet. Daher kommt es auf die Frage der Anwendbarkeit des aktuell geltenden Rechts, wenn sich trotz erfüllter Anspruchsvoraussetzungen unter Geltung früheren Rechts ein Rentenbeginn gemäß § 99 SGB VI erst im geltenden Recht ergibt (vgl. hierzu BSG vom 24.02.1999 - B 5 RJ 281/98 R), nicht an.
Ebenso wenig lässt sich eine Rentenberechnung nach den Vorschriften des AVG aus § 300 Abs.3 SGB VI herleiten. Eine Neufeststellung der Erwerbsunfähigkeitsrente i.S. des § 300 Abs.3 SGB VI liegt nicht vor; vielmehr handelt es sich um eine Umwandlung einer Erwerbsunfähigkeitsrente in eine Regelaltersrente und damit um eine andere Rentenart i.S. des § 89 Abs.1 Satz 2 Nr.1 SGB VI, sodass Abs.3 des § 300 SGB VI nicht anwendbar ist (s. Niesel, aaO, Rdnr.17 zu § 300).
Die durch das SG VI aufgehobenen Vorschriften des AVG sind auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar.
Auf Vertrauensschutz kann sich der Kläger schon deshalb nicht berufen, weil er nach dem alten Recht (RVO) keinen Anspruch auf Altersruhegeld hatte. Überdies tragen die Absätze 2 - 5 des § 300 SGB VI sowie die §§ 301 bis 319 SGB VI als Übergangsregelungen dem Gedanken des Vertrauensschutzes und dem Verbot echter Rückwirkung Rechnung, denn sie stellen sicher, dass die Betroffenen ihre Leistungen nicht allein wegen des neuen Rechts verlieren können und auch die Rentenhöhe zum 01.01.1992 nicht verändert wird (Jörg in Kreikebohm, SGB VI, 3.Aufl., Rdnr.10 zu § 300).
Auch die weiteren vom Kläger erhobenen Einwände gegen das Urteil des SG sind unbegründet. Der Rentenbeginn ist gemäß § 99 Abs.1 SGB VI festgelegt und richtet sich nicht danach, wann der Kläger einen Arbeitsunfall erlitten hat und deshalb ggf. auf schnelle gesetzliche Unterstützung angewiesen war.
Entgegen der Auffassung des Klägers hat er auch keinen Anspruch auf "Rückgängigmachung" der durch das SGB VI eingeführten "Gesamtleistungsbewertung" und Anwendung der Halbbelegung gemäß § 36 Abs.3 Satz 1 AVG idF vom 06.05.1991.
Der Monatsbetrag der Rente errechnet sich gemäß § 64 SGB VI durch die Multiplikation der unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, des Rentenartfaktors und des aktuellen Rentenwerts, wobei der Wert dieser Faktoren bei Beginn der Rente zugrunde zu legen ist. Die Anzahl der Monate des belegungsfähigen Gesamtzeitraumes wird ausschließlich zur Ermittlung der Entgeltpunkte für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung der §§ 71 ff SGB VI benötigt.
Nach § 36 Abs.3 Satz 1 AVG (aaO) werden die Ausfallzeiten nach Abs.1 nur dann angerechnet, wenn die Zeit vom Kalendermonat des Eintritts in die Versicherung bis zum Kalendermonat, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist, mindestens zur Hälfte, jedoch nicht unter sechzig Monaten, mit Beiträgen für eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit belegt ist; hierbei werden der Kalendermonat des Eintritts in die Versicherung und der Kalendermonat, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist, nicht mitgezählt, jedoch die hierfür entrichteten Pflichtbeiträge.
Wie bereits dargelegt, ist auf den vorliegenden Fall das SGB VI und somit auch die Gesamtleistungsbewertung anzuwenden. Auch unter Vertrauensschutzgesichtspunkten steht dem Kläger kein Anspruch auf "Rückgängigmachung" der Gesamtleistungsbewertung zu. Dass es aus Gründen des Vertrauensschutzes verfassungsrechtlich nicht geboten ist, Übergangsvorschriften für die durch die Gesamtleistungsbewertung Betroffenen mit erheblichen Lücken im Versicherungsverlauf vorzusehen, hat das BSG mit Urteil vom 18.04.1996 (4 RA 36/94) zu Recht entschieden. Die am Versicherungsprinzip orientierte Neuordnung der beitragsfreien Zeiten unter Wegfall der sogenannten Halbbelegung (§ 36 Abs.3 AVG) als Voraussetzung der Anrechnung von Ausfallzeiten sollte u.a. zur finanziellen Entlastung der gesetzlichen Rentenversicherung beitragen. Zugleich wurde das sogenannte Äquivalenzprinzip in der gesetzlichen Rentenversicherung durch Einführung der Gesamtleistungsbewertung betont und eine größere Beitragsgerechtigkeit herbeigeführt (hierzu entsprechend BVerfGE 70, 101, 113 = SozR 2200
§ 1260 c Nr.17 S.65). Das Prinzip der Solidarität der abhängig beschäftigen Pflichtversicherten wurde gestärkt, indem die Versicherten, die während ihres gesamten Erwerbs- und Versicherungslebens der Gemeinschaft durch Entrichtung einkommensbezogener Pflichtbeiträge solidarisch verbunden gewesen waren und damit auch Schwankungen in den Leistungen des gesetzlichen Versicherungssystems nicht ausweichen konnten (vgl. entsprechend BVerfGE 75, 78 103 = SozR 2200 § 1246 Nr.142 S.465; BT-Drucks.11/4124 S.138), durch die Gesamtleistungsbewertung begünstigt wurden. Gleichzeitig wurden damit die Privilegien derjenigen abgebaut, die der Versicherungsgemeinschaft nur für kurze Zeit angehört hatten und mithin Lücken im Versicherungsverlauf aufwiesen; allein deren Anwartschaften wurden gekürzt. Insgesamt gesehen wurden somit die beitragsfreien Zeiten, die vom Gesetzgeber als ausgleichswürdig angesehen worden waren, lediglich in ein angemessenes und ausgewogenes Verhältnis zur Dauer der aktiven Versicherungszeit und zu den geleisteten Beiträgen gebracht. Die somit im öffentlichen Interesse liegenden Gesetzesänderungen waren unter dem Gesichtspunkt des Sparzieles und einer Betonung des Versicherungsprinzips geeignet und auch erforderlich.
Der Kläger wird in Anwendung der genannten gesetzlichen Vorschriften daher gegenüber anderen Versicherten, deren Rente nach den Vorschriften des AVG unter Berücksichtigung der Halbbelegung berechnet wird, nicht ohne sachlichen Grund "benachteiligt", d.h. ungleich behandelt. Vielmehr liegen der unterschiedlichen Rechtsanwendung ungleiche Sachverhalte zugrunde. Art.3 Abs.1 Grundgesetz (GG) verbietet nicht nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem, sondern auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem (BVerfGE 84, 133/158; 90, 226/239; 98, 365/385; 103, 310/318). Damit scheidet im vorliegenden Fall eine Verletzung des Art.3 Abs.1 GG wegen Anwendung der SGB VI-Vor-schriften aus.
Ein Anspruch gegen die Beklagte auf Berechnung der Altersrente nach den Vorschriften des AVG steht dem Kläger auch nicht aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs in entsprechender Anwendung der §§ 13, 14 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) zu. Insoweit hat der Kläger vorgetragen, aufgrund seines Antrags auf Nachentrichtung freiwilliger Beiträge habe die Beklagte den Rentenbeginn bewusst verzögert. Abgesehen davon, dass nach dem vom Kläger Vorgetragenen keine Pflichtverletzung der Beklagten erkennbar ist, weil der Rentenbeginn gemäß § 99 Abs.1 Satz 1 SGB VI gesetzlich festgelegt ist, scheitert die Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs im vorliegenden Fall schon daran, dass dieser nur auf eine rechtmäßige Amtshandlung gerichtet sein kann (BSG vom 18.08.1983, BSGE 55, 261; vom 15.10.1985, SozR 1200 § 14 Nr.21). Der Rentenversicherungsträger kann nur zur Herstellung des Zustandes verpflichtet sein, der bestehen würde, wenn die Beratung pflichtgemäß durchgeführt worden wäre (vgl. BSG vom 29.01.1981 SozR § 14 Nr.11). Der Rentenbeginn ist jedoch gemäß § 99 Abs.1 Satz 1 SGB VI gesetzlich festgelegt und vom Verwaltungshandeln der Beklagten unabhängig. Die Berechnung der Altersrente nach den Vorschriften des AVG wäre hingegen - wie bereits dargestellt - rechtswidrig.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Beklagte und das SG zu Recht die Vorschriften des SGB VI wegen des Rentenbeginnprinzips im vorliegenden Fall für maßgeblich halten und die Vorschriften des AVG (u.a. Halbbelegung) nicht einschlägig sind.
Nach alledem war die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 16.05.2006 zurückzuweisen.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, § 160 Abs.2 Nrn. 1 und 2 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die dem Kläger seit 01.01.2002 gewährte Altersrente nach dem bis 1991 geltenden Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) zu berechnen ist.
Dem 1941 geborenen Kläger gewährte die Beklagte aufgrund eines Versicherungsfalls vom 31.03.1987 mit Rentenbescheid vom 15.06.1993 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab dem 01.05.1991 nach den Vorschriften des AVG.
Am 27.09.2001 beantragte der Kläger die Gewährung einer Altersrente wegen Vollendung des 60.Lebensjahres für Versicherte, die als Schwerbehinderte nach
§ 1 des Schwerbehindertengesetzes anerkannt, berufsunfähig oder erwerbsunfähig sind. Mit Rentenbescheid vom 13.03.2002 bewilligte die Beklagte die beantragte Altersrente ab 01.01.2002 in Höhe von monatlich 813,01 EUR. Mit Widerspruch vom 06.05.2002 machte der Kläger sinngemäß u.a. geltend, dass das bis 31.12.1991 geltende Recht bei der Berechnung der Altersrente anzuwenden sei. Mit Bescheid vom 21.05.2003 berechnete die Beklagte die Altersrente ab Beginn neu. Ab 01.07.2003 wurden monatlich 858,31 EUR gezahlt. Mit Widerspruchsbescheid vom 20.08.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach der Regelung des § 300 Abs.1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sei ab Inkrafttreten neuer Rechtsvorschriften nur noch das neue Recht auch auf Sachverhalte oder Ansprüche, die bereits vorher vorgelegen hätten, anzuwenden. Die Berechnung der Rente habe demzufolge immer in der vom Rentenbeginn an geltenden Rechtsanwendung zu erfolgen. Seit dem 01.01.1992 werde das Rentenrecht durch das SGB VI geregelt. Da die Altersrente des Klägers am 01.01.2002 beginne, müsse die Berechnung nach dem SGB VI erfolgen.
Hiergegen hat der Kläger am 02.09.2003 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben (S 2 RA 318/03). Mit Beschluss vom 06.02.2006 hat das SG das Verfahren in fünf Verfahren getrennt und das Verfahren mit dem Begehren, das bis 1991 geltende Recht anzuwenden, unter dem Az: S 2 R 4464/05 weitergeführt. Mit Urteil vom 16.05.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Zu Recht habe die Beklagte die seit 01.01.2002 gewährte Altersrente nach dem SGB VI und nicht nach dem AVG berechnet. Bezüglich der Entscheidungsgründe werde auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen, § 136 Abs.3 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Hiergegen richtet sich die beim SG am 16.06.2006 und beim Bayer.Landes-sozialgericht am 21.08.2006 eingegangene Berufung des Klägers. Wer so schnell wie er in jungen Jahren einen Arbeitsunfall unschuldig erlitten habe, habe Anspruch auf schnelle gesetzliche zeitgemäße staatliche Unterstützung in der Angestelltenrentenversicherung. Wegen des damit eingetretenen früheren Rentenbeginns sei die Rentenberechnung demzufolge zum Rentenbeginn in der geltenden Rechtsanwendung unter Berücksichtigung der Halbdeckung zu erstellen. Um nicht schlechter gestellt zu sein als langjährige Versicherte, weil er die Halbbelegung zwar erfülle, aber darüber hinaus Lücken im Versicherungsverlauf unfallbedingt aufweise, stelle er nochmals den Antrag, die "Gesamtleistungsbewertung" rückgängig nicht durchzuführen bzw. anzurechnen sowie die neu eingeführte Beitragsdichte ganz außer Acht zu lassen.
Aufgrund seines Antrags auf Nachentrichtung freiwilliger Beiträge vom 17.12.1975 und Genehmigung sei ein weiterer solcher Antrag auf Nachentrichtung vom 13.05.1991 vermutlich nicht nochmals nötig gewesen und habe nur zur Zeitverzögerung und Nichtanrechnung durch die Beklagte gedient. Die Beklagte habe stattdessen nur neue Zeiträume und Fristen geschaffen, um eine Vereitelung und Anrechnung zu alten, etwas günstigen 1991-Bedingungen zu verhindern. Bei ordnungsgemäßem Verhalten des Versicherungsträgers wäre die bewusste Verzögerung nicht eingetreten. Er stelle den Antrag, in seinem Fall den Herstellungsanspruch festzustellen und zu 1991-Bedingungen die Beklagte dazu zu verpflichten, ihm daraus Leistungen zu gewähren und Rentenberechnungen - wie beantragt - durchzuführen. Die Anwendung der 240/200 Monatsregelung sei nicht notwendig gewesen, weil die Halbdeckung diese Hindernisse überhaupt nicht zugelassen bzw. vorgesehen habe. In allen seinen Schreiben weise er nochmals auf die Verletzungen von Grundgesetzartikeln hin und bitte um Vertrauensschutz in allen seinen Aktenzeichen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 16.05.2006 aufzuheben und
die Beklagte zu verurteilen, unter Abänderung der Bescheide vom
13.03.2002 und 21.05.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
20.08.2003 die seit 01.01.2002 gewährte Altersrente nach dem bis 1991
geltenden Angestelltenversicherungsgesetz zu berechnen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 16.05.2006
zurückzuweisen.
Die Berufungsbegründung enthalte in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine neuen Gesichtspunkte, die ein Abweichen von der bislang vertretenen Auffassung begründen könnten.
Der Senat hat die Akten der Beklagten (Bände I - III) und die Akten des SG mit den Az: S 2 RA 4318/03, S 2 R 4462/05, S 2 R 4463/05, S2 R 4465/05 beigezogen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Zu Recht hat das SG mit Urteil vom 16.05.2006 die Klage gegen die Bescheide vom 13.03.2002 und 21.05.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2003 abgewiesen. Denn dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch zu, die seit 01.01.2002 gewährte Altersrente unter Abänderung der Bescheide vom 13.03.2002 und 21.05.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.08.2003 nach dem bis 1991 geltenden AVG zu berechnen. Vielmehr sind gemäß §§ 99 Abs.1 i.V.m. 300 Abs.1 SGB VI auf die Altersrente die Vorschriften des SGB VI anzuwenden.
Gemäß § 300 Abs.1 SGB VI sind Vorschriften dieses Gesetzbuches von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat.
Aufgehobene Vorschriften dieses Gesetzbuchs und durch dieses Gesetzbuch ersetzte Vorschriften sind auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhebung geltend gemacht wird, Abs.2.
Ist eine bereits vorher geleistete Rente neu festzustellen und sind dabei die persönlichen Entgeltpunkte neu zu ermitteln, sind die Vorschriften maßgebend, die bei der erstmaligen Feststellung der Rente anzuwenden waren, Abs.3.
Nach § 99 Abs.1 Satz 1 SGB VI wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem vollen Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind.
Gemäß § 300 Abs.1 SGV VI sind die Vorschriften des SGB VI auf den vorliegenden Fall anzuwenden, denn die Beklagte hat gemäß § 99 Abs.1 SGB VI zu Recht den Rentenbeginn mit dem 01.01.2002 festgestellt. Die Berechnung einer Rente hat in der zum Rentenbeginn geltenden Rechtsanwendung zu erfolgen.
Versicherte haben Anspruch auf Altersrente gemäß § 35 SGB VI in der Fassung vom 19.02.2002 (gültig vom 01.01.2002 bis 31.12.2007), wenn sie
das 65.Lebensjahr vollendet und
die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Der 1941 geborene Kläger hat am 27.09.2001 Altersrente beantragt, wobei eine Antragstellung wegen des Bezugs der Erwerbsunfähigkeitsrente bis zum Beginn der Regelaltersrente nicht erforderlich war (Niesel in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Bd.1, Stand Dezember 2007, Rdnr.6 zu § 35). Zu Beginn des Monats Januar 2002 hatte der Kläger somit die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Altersrente erfüllt, sodass die Altersrente ab 01.01.2002 zu leisten war.
Die Gewährung der Altersrente unter Anwendung der Vorschriften des AVG gemäß § 300 Abs.2 SGB VI scheidet aus, denn der Kläger hatte gerade keinen Anspruch auf Altersruhegeld nach dem AVG bis zum Außerkrafttreten des AVG am 01.01.1992. Voraussetzung für die Gewährung von Altersruhegeld war gemäß den Absätzen 1 und 2 des § 25 AVG die Vollendung des 63. bzw. 60.Lebensjahres. Der Kläger hat jedoch erst am 21.12.2001 das 60.Lebensjahr vollendet. Daher kommt es auf die Frage der Anwendbarkeit des aktuell geltenden Rechts, wenn sich trotz erfüllter Anspruchsvoraussetzungen unter Geltung früheren Rechts ein Rentenbeginn gemäß § 99 SGB VI erst im geltenden Recht ergibt (vgl. hierzu BSG vom 24.02.1999 - B 5 RJ 281/98 R), nicht an.
Ebenso wenig lässt sich eine Rentenberechnung nach den Vorschriften des AVG aus § 300 Abs.3 SGB VI herleiten. Eine Neufeststellung der Erwerbsunfähigkeitsrente i.S. des § 300 Abs.3 SGB VI liegt nicht vor; vielmehr handelt es sich um eine Umwandlung einer Erwerbsunfähigkeitsrente in eine Regelaltersrente und damit um eine andere Rentenart i.S. des § 89 Abs.1 Satz 2 Nr.1 SGB VI, sodass Abs.3 des § 300 SGB VI nicht anwendbar ist (s. Niesel, aaO, Rdnr.17 zu § 300).
Die durch das SG VI aufgehobenen Vorschriften des AVG sind auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar.
Auf Vertrauensschutz kann sich der Kläger schon deshalb nicht berufen, weil er nach dem alten Recht (RVO) keinen Anspruch auf Altersruhegeld hatte. Überdies tragen die Absätze 2 - 5 des § 300 SGB VI sowie die §§ 301 bis 319 SGB VI als Übergangsregelungen dem Gedanken des Vertrauensschutzes und dem Verbot echter Rückwirkung Rechnung, denn sie stellen sicher, dass die Betroffenen ihre Leistungen nicht allein wegen des neuen Rechts verlieren können und auch die Rentenhöhe zum 01.01.1992 nicht verändert wird (Jörg in Kreikebohm, SGB VI, 3.Aufl., Rdnr.10 zu § 300).
Auch die weiteren vom Kläger erhobenen Einwände gegen das Urteil des SG sind unbegründet. Der Rentenbeginn ist gemäß § 99 Abs.1 SGB VI festgelegt und richtet sich nicht danach, wann der Kläger einen Arbeitsunfall erlitten hat und deshalb ggf. auf schnelle gesetzliche Unterstützung angewiesen war.
Entgegen der Auffassung des Klägers hat er auch keinen Anspruch auf "Rückgängigmachung" der durch das SGB VI eingeführten "Gesamtleistungsbewertung" und Anwendung der Halbbelegung gemäß § 36 Abs.3 Satz 1 AVG idF vom 06.05.1991.
Der Monatsbetrag der Rente errechnet sich gemäß § 64 SGB VI durch die Multiplikation der unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, des Rentenartfaktors und des aktuellen Rentenwerts, wobei der Wert dieser Faktoren bei Beginn der Rente zugrunde zu legen ist. Die Anzahl der Monate des belegungsfähigen Gesamtzeitraumes wird ausschließlich zur Ermittlung der Entgeltpunkte für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten im Rahmen der Gesamtleistungsbewertung der §§ 71 ff SGB VI benötigt.
Nach § 36 Abs.3 Satz 1 AVG (aaO) werden die Ausfallzeiten nach Abs.1 nur dann angerechnet, wenn die Zeit vom Kalendermonat des Eintritts in die Versicherung bis zum Kalendermonat, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist, mindestens zur Hälfte, jedoch nicht unter sechzig Monaten, mit Beiträgen für eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit belegt ist; hierbei werden der Kalendermonat des Eintritts in die Versicherung und der Kalendermonat, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist, nicht mitgezählt, jedoch die hierfür entrichteten Pflichtbeiträge.
Wie bereits dargelegt, ist auf den vorliegenden Fall das SGB VI und somit auch die Gesamtleistungsbewertung anzuwenden. Auch unter Vertrauensschutzgesichtspunkten steht dem Kläger kein Anspruch auf "Rückgängigmachung" der Gesamtleistungsbewertung zu. Dass es aus Gründen des Vertrauensschutzes verfassungsrechtlich nicht geboten ist, Übergangsvorschriften für die durch die Gesamtleistungsbewertung Betroffenen mit erheblichen Lücken im Versicherungsverlauf vorzusehen, hat das BSG mit Urteil vom 18.04.1996 (4 RA 36/94) zu Recht entschieden. Die am Versicherungsprinzip orientierte Neuordnung der beitragsfreien Zeiten unter Wegfall der sogenannten Halbbelegung (§ 36 Abs.3 AVG) als Voraussetzung der Anrechnung von Ausfallzeiten sollte u.a. zur finanziellen Entlastung der gesetzlichen Rentenversicherung beitragen. Zugleich wurde das sogenannte Äquivalenzprinzip in der gesetzlichen Rentenversicherung durch Einführung der Gesamtleistungsbewertung betont und eine größere Beitragsgerechtigkeit herbeigeführt (hierzu entsprechend BVerfGE 70, 101, 113 = SozR 2200
§ 1260 c Nr.17 S.65). Das Prinzip der Solidarität der abhängig beschäftigen Pflichtversicherten wurde gestärkt, indem die Versicherten, die während ihres gesamten Erwerbs- und Versicherungslebens der Gemeinschaft durch Entrichtung einkommensbezogener Pflichtbeiträge solidarisch verbunden gewesen waren und damit auch Schwankungen in den Leistungen des gesetzlichen Versicherungssystems nicht ausweichen konnten (vgl. entsprechend BVerfGE 75, 78 103 = SozR 2200 § 1246 Nr.142 S.465; BT-Drucks.11/4124 S.138), durch die Gesamtleistungsbewertung begünstigt wurden. Gleichzeitig wurden damit die Privilegien derjenigen abgebaut, die der Versicherungsgemeinschaft nur für kurze Zeit angehört hatten und mithin Lücken im Versicherungsverlauf aufwiesen; allein deren Anwartschaften wurden gekürzt. Insgesamt gesehen wurden somit die beitragsfreien Zeiten, die vom Gesetzgeber als ausgleichswürdig angesehen worden waren, lediglich in ein angemessenes und ausgewogenes Verhältnis zur Dauer der aktiven Versicherungszeit und zu den geleisteten Beiträgen gebracht. Die somit im öffentlichen Interesse liegenden Gesetzesänderungen waren unter dem Gesichtspunkt des Sparzieles und einer Betonung des Versicherungsprinzips geeignet und auch erforderlich.
Der Kläger wird in Anwendung der genannten gesetzlichen Vorschriften daher gegenüber anderen Versicherten, deren Rente nach den Vorschriften des AVG unter Berücksichtigung der Halbbelegung berechnet wird, nicht ohne sachlichen Grund "benachteiligt", d.h. ungleich behandelt. Vielmehr liegen der unterschiedlichen Rechtsanwendung ungleiche Sachverhalte zugrunde. Art.3 Abs.1 Grundgesetz (GG) verbietet nicht nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem, sondern auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem (BVerfGE 84, 133/158; 90, 226/239; 98, 365/385; 103, 310/318). Damit scheidet im vorliegenden Fall eine Verletzung des Art.3 Abs.1 GG wegen Anwendung der SGB VI-Vor-schriften aus.
Ein Anspruch gegen die Beklagte auf Berechnung der Altersrente nach den Vorschriften des AVG steht dem Kläger auch nicht aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs in entsprechender Anwendung der §§ 13, 14 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) zu. Insoweit hat der Kläger vorgetragen, aufgrund seines Antrags auf Nachentrichtung freiwilliger Beiträge habe die Beklagte den Rentenbeginn bewusst verzögert. Abgesehen davon, dass nach dem vom Kläger Vorgetragenen keine Pflichtverletzung der Beklagten erkennbar ist, weil der Rentenbeginn gemäß § 99 Abs.1 Satz 1 SGB VI gesetzlich festgelegt ist, scheitert die Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs im vorliegenden Fall schon daran, dass dieser nur auf eine rechtmäßige Amtshandlung gerichtet sein kann (BSG vom 18.08.1983, BSGE 55, 261; vom 15.10.1985, SozR 1200 § 14 Nr.21). Der Rentenversicherungsträger kann nur zur Herstellung des Zustandes verpflichtet sein, der bestehen würde, wenn die Beratung pflichtgemäß durchgeführt worden wäre (vgl. BSG vom 29.01.1981 SozR § 14 Nr.11). Der Rentenbeginn ist jedoch gemäß § 99 Abs.1 Satz 1 SGB VI gesetzlich festgelegt und vom Verwaltungshandeln der Beklagten unabhängig. Die Berechnung der Altersrente nach den Vorschriften des AVG wäre hingegen - wie bereits dargestellt - rechtswidrig.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Beklagte und das SG zu Recht die Vorschriften des SGB VI wegen des Rentenbeginnprinzips im vorliegenden Fall für maßgeblich halten und die Vorschriften des AVG (u.a. Halbbelegung) nicht einschlägig sind.
Nach alledem war die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 16.05.2006 zurückzuweisen.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, § 160 Abs.2 Nrn. 1 und 2 SGG.
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