L 5 B 573/08 R

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 R 131/07 PR
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 B 573/08 R
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Die Höhe des Streitwerts richtet sich nach der Höhe der geforderten Gesamtsozialversicherungsbeiträge, abzüglich der Säumniszuschläge,sofern der Ursprungsbescheid unverändete streitig ist.
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 16. Juni 2008 abgeändert und der Streitwert auf 131.118,01 Euro festgesetzt.



Gründe:

I.

Streitgegenstand des Hauptsacheverfahrens war die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 131.118,01 Euro durch den Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2006, aufgrund des Berichts über die Lohnsteueraußenprüfung durch das Finanzamt A-Stadt und die Betriebsprüfung durch die Beklagte.

Darin enthalten waren nach § 24 Abs. 1 SGB IV Säumniszuschläge in Höhe von 18.454,06 Euro.

Während des Widerspruchsverfahrens beantragte die Klägerin beim Sozialgericht gemäß § 86 b SGG die aufschiebende Wirkung anzuordnen (S 17 R 476/06 ER PR). Im Vergleichsangebot vom 17. Oktober 2006 erklärte sich die Beklagte bereit, die sofortige Vollziehung des streitigen Betrags (67.777,85 Euro zuzüglich Säumniszuschläge von 18.211,70 Euro, insgesamt 87.989,55 Euro) für die Dauer des Widerspruchsverfahrens auszusetzen. Damit fand das Verfahren S 17 R 476/06 ER PR seine Erledigung. Den Widerspruch gegen den Ausgangsbescheid vom 20. Juli 2006 wies die Beklagte in vollem Umfang zurück (Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2007).
Mit Beschluss vom 20. April 2007 ordnete das Sozialgericht auch für das Klageverfahren die aufschiebende Wirkung an (S 12 R 147/07 ER PR). Beim Streitwert ging das Sozialgericht von einem Nachforderungsbetrag von 87.989,55 Euro aus und setzte den Streitwert für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf 29.329,86 Euro fest.
Die dagegen gerichtete Klage (S 12 R 131/07 PR) fand eine außergerichtlich vergleichsweise Erledigung, worin die Beteiligten eine Gesamtvergleichssumme in Höhe von 72.000,00 Euro vereinbarten, wobei bereits geleistete Zahlungen zu berücksichtigen waren. Die Beklagte erklärte sich außerdem bereit, die Kosten in Höhe von 45% zu übernehmen.

Im streitigen Beschluss vom 18. Juni 2008 setzte das Sozialgericht im Hauptsacheverfahren den Streitwert auf 87.989,55 Euro fest.

Dagegen richtet sich die mit Schreiben vom 24. Juni 2008 zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegte Beschwerde der Klägerin, zu deren Begründung vorgetragen wurde, der Streitwert sei auf 131.118,01 Euro festzusetzen.
Nur diese Summe sei im Hauptsacheverfahren Streitgegenstand gewesen, da die Beklagte den Bescheid vom 20. Juli 2006 im Widerspruchsbescheid in vollem Umfang aufrechterhalten habe. Nach dem klaren Wortlaut des § 52 Abs. 3 GKG sei somit der Streitwert des Ausgangsverwaltungsakts maßgeblich. Dem Sozialgericht könne nicht gefolgt werden, soweit dieses vom Gesetzeswortlaut abweichende wirtschaftliche Interessen berücksichtigt habe. Das Sozialgericht verhalte sich dabei insoweit inkonsequent als es selbst feststelle, dass die Beklagte aufgrund der Betriebsprüfung einen Gesamtsachverhalt zu würdigen hatte und deshalb einen weiteren Bescheid nach § 96 SGG über die Restforderung hätte erlassen können. Da der Verwaltungsakt eine Forderung von 131.118,01 Euro betraf, ohne dass eine Teilzahlung der Antragstellerin berücksichtigt wurde, stelle diese Summe den Streitwert dar.

Die Klägerin beantragt,
den Streitwertbeschluss des Sozialgerichts Nürnberg abzuändern und den Streitwert auf 131.118,01 Euro festzusetzen.

Die Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf ihr Vorbringen im Rahmen der Anhörung zur Streitwertentscheidung durch das Sozialgericht, dass lediglich der streitbefangene Betrag zugrunde zu legen sei, wobei Säumniszuschläge für nicht streitbefangene Sachverhalte enthalten seien und diese bei der Streitwertfestsetzung abzusetzen seien. Die Beklagte errechnete einen streitbefangenen Betrag von 86.686,27 Euro.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die formgerecht und innerhalb der sechsmonatigen Frist gemäß § 68 Abs. 1 S. 2, § 63 Abs. 3 S. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) eingelegte Beschwerde ist zulässig und zum Teil begründet. Der Streitwert der im Hauptsacheverfahren streitigen Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen ist auf 131.118,01 Euro festzusetzen.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts war Gegenstand des Klageverfahrens die Forderung der Beklagten in ursprünglicher Höhe von 131.118,01 Euro, da diese im Widerspruchsbescheid den Ursprungsbescheid in vollen Umfang bestätigt hatte, obwohl bereits vor Erlass des Widerspruchsbescheides die Beteiligten sich im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes auf eine Reduzierung der Forderung geeinigt hatten und die Beklagte die betroffenen Krankenkassen bereits mit dem Einzug von Teilbeträgen beauftragt hatte. Gleichzeitig zum Erlass des Widerspruchsbescheides hatte der Bevollmächtigte der Klägerin gegenüber der Beklagten bereits darauf hingewiesen, dass diese Beträge bezahlt wurden. Deshalb wurde im Rahmen der Klageschrift dargelegt, dass die Klägerin zwischenzeitlich den von der Aussetzung der sofortigen Vollziehung betroffenen Differenzbetrag in Höhe von 43.128,46 Euro entsprechend der Aufteilung durch die Beklagte bezahlt habe. Trotzdem kann dem Sozialgericht nicht gefolgt werden, soweit dies darlegt, dass damit der Streitgegenstand sich auf 87.989,55 Euro reduziert habe, denn der streitgegenständliche Bescheid war von der Beklagten im Widerspruchsverfahren nicht entsprechend geändert worden, so dass die Klägerin sich genötigt sehen musste, gegen den streitgegenständlichen Bescheid vollumfänglich vorzugehen (§ 95 SGG). Gemäß § 52 Abs. 1 und Abs. 3 GKG war daher zum maßgeblichen Zeitpunkt der Klagerhebung das Interesse der Klägerin weiterhin darauf gerichtet, die geforderte Nachzahlung von 131.118,01 Euro anzufechten.

In den Streitwert mit einzubeziehen sind die nachgeforderten Säumniszuschläge. Die Rechtsgrundlage § 24 Abs. 2 SGB VI verlangt für die in die Vergangenheit zurückwirkende Festsetzung von Säumniszuschlägen - wie vorliegend - eigene Feststellungen dazu, ob die Nichtabführung der Beiträge ohne Verschulden unterblieben ist (vgl. BSG Urteil vom 30. März 2000 - B 12 KR 14/99). Dies stellt aber einen eigenen Streitgegenstand dar (vgl. auch Hinweisbeschluss BGH NZA 2008, 1359). Dieser ist bei der Höhe des Streitwerts zu berücksichtigen (vgl. Behn, ZfS 2005, 198; LSG Rheinland-Pfalz vom 2. Dezember 2005 - L 129/05; aA: Streitwertkatalog der Sozialgerichtsbarkeit 2006 und 2007; LSG NRW vom 7. August 2007 - L 11 R 4/06).

Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).

Die Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt, § 68 Abs. 1 S. 4 i.V.m. § 66 Abs. 3 S. 3 GKG.
Rechtskraft
Aus
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