L 18 R 355/08

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 6 R 12/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 18 R 355/08
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine wirksam durchgeführte Beitragserstattung führt nicht nur zur Auflösung des beim Rentenversicherungsträger aufgelaufenen Guthabens der erstattungsfähigen Beiträge, sondern zur rückwirkenden Löschung des Versicherungsverhältnisses in seiner Gesamtheit und schließt einen Anspruch auf Witwenrente mangels Wartezeiterfüllung aus.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 12.03.2008 wird zurückgewiesen.


Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin ein Anspruch auf Gewährung von Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes N. A. nach erfolgter Beitragserstattung zusteht.

Die Klägerin ist türkische Staatsangehörige mit Wohnsitz in ihrem Heimatland. Ihr verstorbener Ehemann war vom 25.10.1963 bis 04.08.1967 in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt und kehrte danach in die Türkei zurück. Auf seinen Antrag vom 08.01.1980 erstattete die Beklagte mit Bescheid vom 14.03.1980 die in der Zeit vom 25.10.1963 bis 04.08.1967 entrichteten Beiträge zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 1.903,10 DM.

Am 13.05.2003 beantragte die Klägerin die Gewährung von Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Mannes N. A ... Mit Bescheid vom 01.07.2003 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Beiträge des Versicherten zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung seien durch die Beklagte mit Bescheid vom 14.03.1980 erstattet worden. Damit sei das bisherige Versicherungsverhältnis aufgelöst. Somit bestehe kein Anspruch auf Zahlung einer Rente mehr. Den hiergegen am 20.10.2003 eingelegten Widerspruch - mit dem die Klägerin eine Rentengewährung aus den nicht erstatteten Arbeitgeberbeiträgen begehrte - wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2003 zurück. Die vom verstorbenen Ehemann der Klägerin in der Zeit vom 25.10.1963 bis 04.08.1967 zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung entrichteten Beiträge seien mit Bescheid vom 14.03.1980 in Höhe von 1.903,10 DM erstattet worden. Nach dem 14.03.1980 seien keine weiteren Beiträge zur deutschen Rentenversicherung mehr entrichtet worden und damit keine auf die Wartezeit anrechnungsfähigen Zeiten aus der deutschen Rentenversicherung mehr vorhanden gewesen. Ein Anspruch auf Witwenrente allein aus den vom Arbeitgeber getragenen Beiträgen bestehe aufgrund der eindeutigen Gesetzeslage nicht.

Hiergegen hat die Klägerin am 07.01.2004 Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben. Mit Urteil vom 12.03.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes N. A ... Wegen der Nichterstattung der von den jeweiligen Arbeitgebern für den Zeitraum vom 25.10.1963 bis 04.08.1967 entrichteten Beiträge an den verstorbenen Ehemann stehe der Klägerin kein Anspruch auf Gewährung einer Witwenrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung zu. Gemäß § 1303 Abs 7 Reichsversicherungsordnung (RVO) schließe die Beitragserstattung weitere Ansprüche aus den zurückliegenden Versicherungszeiten aus. Da der Ehemann der Klägerin nach dem 08.01.1980 keine weiteren rentenrechtlichen Zeiten in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt habe, bestehe für die Klägerin kein Anspruch aus dem damals bestehenden, durch die Beitragserstattung aber aufgelösten Versicherungsverhältnis. Die durchgeführte Beitragserstattung führe nämlich nicht nur zur Auflösung des beim Rentenversicherungsträger aufgelaufenen Guthabens der erstattungsfähigen Beiträge, sondern zur rückwirkenden Löschung des Versicherungsverhältnisses in seiner Gesamtheit bzw. in leistungsrechtlicher Hinsicht zum Verfall der bis dahin zurückgelegten Versicherungszeiten. Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Ehemann der Klägerin und damit auch der Klägerin und der Beklagten seien mit der Beitragserstattung endgültig beseitigt. Mangels Versicherungsverhältnis könne sich auch kein Anspruch auf eine Rente allein aus den nicht erstatteten Arbeitgeberbeiträgen zur Rentenversicherung ergeben.

Hiergegen richtet sich die beim SG am 24.04.2008 und beim Bayer. Landessozialgericht am 30.04.2008 eingegangene Berufung der Klägerin.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgericht Bayreuth vom 12.03.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 01.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Witwenrente ab 01.05.2002 aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes N. A. aus den Beiträgen, die von den jeweiligen Arbeitgebern für die Zeit vom 25.10.1963 bis 04.08.1967 zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet wurden, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 12.03.2008 zurückzuweisen.

In Übereinstimmung mit dem Erstgericht gehe die Beklagte davon aus, dass die erfolgte Beitragserstattung nach § 1303 RVO das Versicherungsverhältnis, aus dem Ansprüche hergeleitet werden könnten, aufgelöst habe. Mangels Versicherungsverhältnis könne sich auch kein Anspruch auf eine Rente allein aus den nicht erstatteten Arbeitgeberbeiträgen zur Rentenversicherung ergeben. Da der Ehemann der Klägerin nach dem Zeitpunkt der Beitragserstattung keine weiteren rentenrechtlichen Zeiten in der Bundesrepublik zurückgelegt habe, bestehe damit kein Anspruch auf Witwenrente aus dem durch die Beitragserstattung in seiner Gesamtheit aufgelösten Versicherungsverhältnis.

Der Senat hat die Akten der Beklagten und des SG beigezogen. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Gerichtsakte verwiesen.



Entscheidungsgründe:


Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig.

Die Berufung erweist sich jedoch als nicht begründet.

Zu Recht hat das SG die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 01.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2003 abgewiesen.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Witwenrente gemäß § 46 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der Fassung vom 19.02.2002 (gültig ab 01.01.2002 bis 31.12.2004) aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes N. A. aus den von ihm in der Zeit vom 25.10.1963 bis 4.8.1967 entrichteten Beiträgen zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. Denn dem Ehemann sind die von ihm aufgrund seiner versicherungspflichtigen Tätigkeit für die Zeit vom 25.10.1963 bis 4.8.1967 entrichteten Beiträge zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 1.903,10 DM mit Bescheid vom 14.3.1980 erstattet worden. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Witwenrente aus den von den jeweiligen Arbeitgebern für den genannten Zeitraum entrichteten Beiträgen.

Voraussetzung für die Gewährung einer Witwenrente ist gemäß § 46 SGB VI (aaO) u.a., dass der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren ist Voraussetzung für einen Anspruch auf Rente wegen Todes, § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr 3 SGB VI. Auf die allgemeine Wartezeit ... werden Kalendermonate mit Beitragszeiten angerechnet, § 51 Abs 1 SGB VI.

Auf Beitragserstattungen vor dem 1.1.1992 ist § 1303 RVO anwendbar, denn § 210 SGB VI ist erst auf Beitragserstattungen ab dem 1.1.1992 anwendbar (Art. 85 RRG 1992 vom 18.12.1989, BGBl I S. 2261 iVm Art. 42 RÜG vom 25.07.1991, BGBl I S. 1606; Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Band 2, § 210 RdNr. 28).

Gemäß § 1303 Abs. 1 Satz 1 RVO wurde dem Ehemann der Klägerin auf seinen Antrag vom 8.1.1980 mit Bescheid vom 14.3.1980 die Hälfte der entrichteten Beiträge erstattet. Dies ist hier unstreitig erfolgt.

Gemäß § 1307 Abs.7 RVO schließt diese Beitragserstattung weitere Ansprüche aus den zurückliegenden Versicherungszeiten aus. Die durchgeführte Beitragserstattung führt nämlich nicht nur zur Auflösung des beim Rentenversicherungsträger aufgelaufenen Guthabens der erstattungsfähigen Beiträge, sondern zur rückwirkenden Löschung des Versicherungsverhältnisses in seiner Gesamtheit (Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Band 1, § 1303 RVO RdNr. 28) bzw. in leistungsrechtlicher Hinsicht zum Verfall der bis dahin zurückgelegten Versicherungszeiten (vgl. BSG SozR § 1303 Nr. 18). Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Ehemann der Klägerin und der Beklagten und damit auch zwischen der Klägerin und der Beklagten sind mit der Beitragserstattung beseitigt.

Eine Erstattung der vom Arbeitgeber entrichteten Beiträge zur Rentenversicherung ist nach § 1303 Abs.1 Satz 1 RVO ausgeschlossen. Aufgrund der Löschung des Versicherungsverhältnisses in seiner Gesamtheit kann sich auch kein Anspruch auf Witwenrente aus den nicht erstatteten Arbeitgeberbeiträgen zur Rentenversicherung ergeben.

Die Beschränkung des Beitragserstattung auf den Arbeitnehmeranteil ist mit dem Verfassungsrecht vereinbar und verstößt nicht gegen das Willkürverbot (vgl. dazu beispielhaft: BSG SozR 2200 § 1303 Nr 18, 33; BVerfG SozR 2200 § 1303 Nr 19, 34; BSG SozR 3-2600 § 210 Nr 2; BSG Beschluss vom 31.07.2007 - Az: B 5a/4 R 199/07 B; BayLSG Urteil vom 31.01.2007 - Az.: L 20 R 592/06).

Nach der Beitragserstattung (entgegen der Auffassung des SG ist nicht der Zeitpunkt des Antrags auf Beitragserstattung maßgeblich) hat der Versicherte keine weiteren rentenrechtlichen Zeiten mehr zurückgelegt.

Nach alledem ist die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG vom 12.3.2008 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich, § 160 Abs.2 Nrn 1 und
2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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