L 8 SO 45/09 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 SO 14/09 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 SO 45/09 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Grundsicherung als Darlehen, Verwertung einer Immobilie im Ausland, Härtefall bei Unterhaltsgewährung an erwachsene Kinder

1. Die Gewährung von Grundsicherung als Darlehen stellt keine Beeinträchtigung existenzieller Bedürfnisse dar.
2. Die Darlehensgewährung führt nicht zu einem Anordnungsgrund, da wegen der Sicherstellung eines effektiven Rechtsschutzes Sozialhilfe im Prozess auch für vergangene Zeiträume bis zur Antragstellung zu zahlen ist.
3. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, bei der die Gefahr der Entstehung schwerer und unzumutbarer, anders nicht absehbare Beeinträchtigungen droht, ist zur Sicherstellung eines effektiven Rechtsschutzes eine besondere Prüfung (Güter - und Folgenabwägung) vorzunehmen.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom
19. März 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.





Gründe:

I.
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) für die Beschwerdeführer (im Folgenden: Antragsteller) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes für den neuen Bewilligungsabschnitt ab 01.01.2009.
Bis zum 31.12.2008 bezogen die beiden verheirateten Antragsteller, 1939 bzw.1940 geborenen Immigranten aus Estland mit Niederlassungserlaubnis, Grundsicherungsleistungen von der Beschwerdegegnerin (im folgenden: Antragsgegnerin). Diese lehnte mit Bescheid vom 17.02.2009 den Fortzahlungsantrag ab, weil die Antragsteller in ihrer Heimat eine Eigentumswohnung besäßen. Über den am 25.02.2009 eingelegten Widerspruch liegt noch keine Entscheidung vor. Die Antragsgegnerin bot den Antragstellern an, Sozialhilfe als Darlehen zu gewähren.
Am 11.03.2009 beantragten die Antragsteller beim Sozialgericht Regensburg (SG), die Antragsgegnerin zur vorläufigen Leistungserbringung zu verpflichten (einstweiliger Rechtsschutz). Sie seien mittellos und könnten bereits ihre Miete nicht mehr bezahlen, so dass eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzuges drohe. Ferner befänden sich beide Antragsteller in schlechtem gesundheitlichen Zustand, die Antragstellerin zu 2) leide unter einer Krebserkrankung. Die Antragsteller hätten auch kein verwertbares Vermögen. Es treffe zwar zu, dass die Antragstellerin Eigentümerin einer ca. 46,5 m² großen Eigentumswohnung in P, Estland, sei. Diese werde jedoch aufgrund eines Wohnrechts von der 48-jährigen Tochter bewohnt, die selbst erwerbsunfähig sei und eine Rente aus dem estnischen Sozialversicherungssystem erhalte. Unabhängig davon sei die Wohnung auch nicht veräußerbar. Das Angebot der Antragsgegnerin wäre mit einem Verzicht auf die Grundsicherungsleistungen verbunden, da diese später nicht

rückwirkend bewilligt werden könnten. Zudem hätten die Antragsteller später einen Schuldenberg vor sich.
Mit Beschluss vom 09.03.2009 hat das SG den Antrag abgelehnt. Zur Begründung ist ausgeführt, dass es den Antragstellern jedenfalls an einem Anordnungsgrund nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) fehle. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage bei der dem Eilverfahren angemessenen summarischen Prüfung nicht möglich sei, sei im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden, wobei insbesondere die verfassungsrechtlich geschützten Belange eines Antragstellers umfassend in die Abwägung mit einzustellen seien (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12.05.2005, Az.: 1 BVR 569/05). Gemessen an diesen Grundsätzen fehle es an einem Anordnungsgrund für den geltend gemachten Anordnungsanspruch. Den Antragstellern sei von der Antragsgegnerin mehrfach angeboten worden, vorübergehend Leistungen in Form eines Darlehens zu gewähren. Damit sei derzeit eine existenzielle Beeinträchtigung der Antragsteller und eine aktuelle Notlage nicht gegeben. Insoweit besteht keine Gefahr, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechtes der Antragsteller vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Eine Regelung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erscheint zur Abwendung wesentlicher Nachteile nicht nötig. Zu Recht habe die Antragsgegnerin dazu ausgeführt, dass die Antragsteller eine Überschuldung durch die Darlehensgewährung nicht befürchten müssen.
Hiergegen haben die Antragsteller Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt (Eingang beim SG am 23.03.2009) und zur Begründung angeführt, dass trotz des Darlehensangebots weiterhin ein Anordnungsgrund bestehe. Die Antragsgegnerin habe ihr Angebot nur für einen Zeitraum bis zu einer Verwertung der Eigentumswohnung abgegeben. Dies stelle eine Bedingung dar, bei deren Erfüllung die Antragsteller erhebliche Probleme hätten. So könnten sie zu einer Verwertung nicht im Stande sein oder dies wäre rechtlich unzumutbar. Die Verwertung könnte auch dazu führen, dass die Tochter der Antragsteller obdach

los werden würde und dies auch bleiben würde, wenn die Antragsteller im Hauptsacheverfahren obsiegten.

Die Antragsteller beantragen,
der Antragsgegnerin unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Regensburg vom 09.03.2009 im Wege der einstweiligen Anordnung
aufzugeben, den Antragstellern Grundsicherung nach §§ 41, 42 SGB XII ab 01.01.2009 zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Es bestehe weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch. Seit ihrer Ausreise im Jahr 1999 aus Estland bezögen die Antragsteller laufende Sozialhilfeleistungen. Zuletzt seien Grundsicherungsleistungen unter Anrechnung einer russischen bzw. estnischen Rente bis zum 31.12.2008 bewilligt worden. Nachdem die Antragsgegnerin in Erfahrung gebracht habe, dass die Antragsteller Eigentümer einer Wohnung in Estland sei, welche von der Tochter der Antragsteller genutzt werde, werde der Weitergewährungsantrag auf Sozialhilfeleistungen ab dem 01.01.2009 zurecht abgelehnt. Aus einem vorgelegten amtlichen Gebäuderegister vom 28.01.2009 ergebe sich, dass es sich bei der Wohnung um eine Zwei-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 46,5 m² handle. Nach Angaben des Gebäuderegisters gebe es keine Nebensicherheiten, keine Beschlagnahmen oder sonstige Verbote. Recherchen im Internet hätten ergeben, dass in der Stadt P Wohnungen vergleichbarer Größe zu einem Wert von 26.500 bis ca. 33.000 EUR aktuell angeboten und gehandelt würden. Nachdem die Wohnung nicht selbst benutzt werde, stelle sie kein geschütztes Vermögen dar. Der von den Antragstellern angegebene Wert von ca. 3.800 EUR sei insoweit unrealistisch, weil aufgrund der vorliegenden Unterlagen keine rechtliche gesicherte Position der Tochter hinsichtlich

eines lebenslangen Wohnrechtes, und dies sei Voraussetzung für einen Verkauf zu einem so niedrigen Betrag, ersichtlich werde. Insoweit sei die Eigentumswohnung in P als verwertbares Vermögen anzusehen. Eine Härte im Sinne von
§ 90 Abs.3 SGB XII sei ebenfalls nicht ersichtlich. Nachdem die Tochter bereits jetzt Sozialleistungen von der Stadt P beziehe, müsse sich diese wegen Deckung ihres Wohnbedarfes an die Stadt P wenden. Laut Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 11.03.2009 könnten Eigentumswohnungen wie die der Antragstellerin wie jede andere Wohnung verkauft oder vermietet werden. Den Antragstellern sei im Ablehnungsbescheid vom 17.02.2009 auch ausdrücklich angeboten worden, vorübergehend Sozialhilfeleistungen in Form eines Darlehens zu gewähren.
II.
Die gem. §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde, ist zulässig, aber unbegründet.
Die Entscheidung des SG erging zu Recht.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG vorliegt, eine einstweilige Anordnung u. a. auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.). Wie schon der Wortlaut dieser sogenannten Regelungsanordnung anführt ("einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint") verlangt eine entsprechende Gestaltung des Gerichts sowohl einen Anordnungsanspruch wie auch die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (Anordnungsgrund).
Einer besonderen Ausgestaltung des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens bedarf

es hier nicht (dazu später unter 3.). Die Antragsteller sind nicht maßgeblich in ihren existenziellen Bedürfnissen beeinträchtigt (dazu später unter 4.). Weder liegt ein Anordnungsanspruch (unten unter 1.) noch ein Anordnungsgrund (unter 2.) vor.
1. Die Erkenntnis bzw. Entscheidung über das Bestehen des Rechtsanspruchs macht im Wesentlichen das Hauptsacheverfahren aus. Hier hat die Antragsgegnerin beziehungsweise die Rechtsaufsicht über den eingelegten Widerspruch zu entscheiden. Im vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren lässt sich zurzeit mit den bislang gewonnenen Erkenntnissen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren keine hinreichende richterliche Überzeugung vom Vorliegen eines Anspruchs auf Grundsicherung der Antragsteller ab 01.01.2009 gewinnen. Dies auch nicht im Hinblick auf den reduzierten Grad der Überzeugungsbildung im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit (vgl. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung, dessen entspreche Anwendung § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG anordnet) wonach "der Anspruch und der Arrestgrund glaubhaft zu machen sind". Denn die Zweifel an der Unmöglichkeit des Einsatzes des unbestritten vorhandenen Vermögens der Antragsteller sind massiv. Gemäß § 2 Abs. 1 SGB XII ist ein Leistungsempfänger im Regelfall zur Selbsthilfe verpflichtet. Dies hat der Gesetzgeber unter anderem auch durch die Verpflichtung zum Einsatz von Einkommen und Vermögen des Leistungsberechtigten (vgl. z.B. §§ 19, 82 ff SGB XII) zum Ausdruck gebracht. Der Leistungsberechtigte ist danach verpflichtet, sein Einkommen und verwertbares Vermögen zur Deckung seines Bedarfs einzusetzen, soweit die Regelungen zum Einsatz von Einkommen und Vermögen dies von ihm fordern. Es handelt sich bei der Eigentumswohnung der Antragsteller in Estland um kein Schonvermögen im Sinne von § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII. Ob ein Härtefall vorliegt, weil allgemein Sozialhilfe nicht von einer unzumutbaren Verwertung abhängig gemacht werden darf (vgl. § 90 Abs. 3 S. 1 SGB XII), ist ungewiss. Ebenso, ob es sich bei der Tochter der Antragsteller um einen unterhaltsberechtigten Angehörigen handelt. Auch kann der Senat bei der derzeitigen Sachlage nicht ermessen, ob eine wirtschaftliche Verwertbarkeit (vgl. § 90 Abs. 1 SGB XII) gegeben ist.

2. Ein Anordnungsgrund ist, auch im Sinne der oben angeführten Glaubhaftmachung, nicht gegeben. Die Argumentation der Antragsteller, dass sie nach Beendigung des Erkenntnisverfahrens selbst im Falle des Obsiegens vor einem Schuldenberg stehen würden, geht fehl. Es trifft nicht zu, dass in diesem Falle keine Sozialhilfe für die Vergangenheit gezahlt wird. Die Rechtsprechung hat von diesem Grundsatz immer schon im Hinblick auf die Effektivität des Rechtsschutzes Ausnahmen gemacht und Leistungen zumindest ab Antragstellung zugelassen. Für Leistungen der Grundsicherung gilt ein derartiger Rechtsgrundsatz ohnehin nicht, da diese wie ein voller Rechtsanspruch auch mit einem Antragserfordernis ausgestattet ist.
Zudem hat das BSG bereits deutlich gemacht (vgl. Urteil vom 26.08.2008, Az.: B 8 SO 26/07 R), dass der Gesetzgeber entgegen der Rechtsprechung des BVerwG (BVerwGE 58, 68, 69; 60, 236, 238; 68, 285, 289) kein über § 37 SGB I dem § 44 SGB X generell vorgehendes normatives Strukturprinzip ("keine Leistungen für die Vergangenheit"; Bedarfsdeckungsgrundsatz; Aktualitätsprinzip) anerkennt, wenn er sogar die Personengruppe, die regelmäßig keine pauschalierten Leistungen erhält, von den Vorteilen des § 44 SGB X nicht ausschließt. In diesem Zusammenhang hat der 8. Senat des BSG bereits ausgeführt, dass die vom BVerwG entwickelten so genannten Strukturprinzipien keine "Supranormen" darstellen (Urteil vom 17.06.2008). Vielmehr kommt für die rückwirkende Korrektur rechtswidriger Leistungsablehnungen grundsätzlich § 44 SGB X zur Anwendung. Umso mehr gilt dies natürlich für Verwaltungsakte, die noch gar nicht bindend sind, sondern vermittels des Suspensiveffekts im Erkenntnisverfahren noch von der Gerichtsbarkeit überprüft werden.
Das bedeutet, dass die Antragsteller im Falle des Obsiegens die Leistungen voll, gegebenenfalls verzinst, nachgezahlt bekämen. Ein Verlust oder Untergang ihres Anspruchs droht damit nicht.
3. Die Einbindung auch des Prozessrechtes in die verfassungsgemäße Ordnung

verlangt aber in Fällen der vorliegenden Art, in denen es im Erkenntnisverfahren um existenzsichernde Ansprüche geht, die Wahrung verfassungsrechtlich geschützter Positionen. So verlangt Art. 1 Grundgesetz unmittelbar von jeder staatlichen Gewalt, die unantastbare Würde des Menschen zu achten und zu schützen. Gemeinhin wird darunter auch die Sicherung des Existenzminimums verstanden. Ebenso leitet sich aus dem Sozialstaatsprinzip, Art. 20 Grundgesetz, die sozialstaatliche Praxis ab, jedem Bedürftigen den notwendigen Lebensunterhalt (jetzt
§ 27 SGB XII) als Grundsicherung zu gewähren.
Immer schon sind deswegen von der Rechtsprechung die Anforderungen an die Prüfung der Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs und der Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung umso niedriger angesetzt worden, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236). Demnach verlangt nunmehr die jüngste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei Gefahr der Entstehung schwerer und unzumutbarer, anders nicht abwendbarer Beeinträchtigungen zur Sicherstellung eines effektiven Rechtsschutzes im Sinne des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz eine besondere Prüfung (vgl. BVerfG vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05 Juris Rn. 23; BVerfG, NVwZ 2004, S. 95, 96, Beschluss vom 06.02.2007, Az.: 1 BvR 3101/06). Danach ist entweder eine abschließende (und nicht nur summarische) Prüfung des Hauptsacheanspruchs durchzuführen oder
- wenn dies nicht möglich ist bzw. nicht zum Erfolg führt - eine Güter- und Folgenabwägung vorzunehmen.
4. Wie oben (Nr. 1) bereits ausgeführt wurde, ist eine abschließende Prüfung des Hauptsacheanspruchs nicht möglich. Dies führt hier dennoch nicht zu einer Güter- und Folgenabwägung. Denn grundrechtliche Positionen der Antragsteller sind hier nicht gefährdet.
Durch das Angebot der darlehensweisen Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt ist jedenfalls eine Verletzung existenzieller Grundrechte der Antragsteller aus

geschlossen. Denn sie haben dadurch die Möglichkeiten zur Gestaltung ihrer wirtschaftlichen Lage und sind dadurch auch nicht zum Objekt staatlicher Willkür herabgewürdigt. Denn eine Darlehensgewährung ist von der Rechtsordnung vorgesehen. So soll bei der Möglichkeit eines Vermögenseinsatzes nach § 91 SGB XII die Sozialhilfe als Darlehen geleistet werden, soweit der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich ist. Dabei ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen den Antragstellern bis zur Klärung der Frage im Hauptsacheverfahren, ob sie einen Anspruch auf darlehensfreie Leistungen nach
§§ 27 ff SGB XII haben, die Inanspruchnahme der Darlehensleistung zur Abwendung der von ihm vorgetragenen Notlage nicht zumutbar sein soll. Nach § 91
SGB XII soll Sozialhilfe als Darlehen geleistet werden, soweit für den Bedarf des Nachfragenden Vermögen einzusetzen und der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich ist. Die Vorschrift des § 91
SGB XII bietet dem Hilfeträger die Möglichkeit, trotz vorhandenen Einkommens und Vermögens flexibel auf einen Hilfefall zu reagieren. Spätestens durch das Angebot der Antragsgegnerin ist damit ein Abgehen von den normativen Vorgaben des § 86b Abs. 2 SGG nicht mehr angezeigt. Die obergerichtliche Rechtsprechung verneint regelmäßig einen Anordnungsgrund, wenn der Antragsgegner eine darlehensweise Gewährung anbietet (vgl. z.B. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 05.04.2006, Az.: L 23 B 19/06 SO ER).
Soweit sich der Antragsteller dieser Mitwirkung verweigert, hat er die Konsequenzen zu tragen. Die gegen eine darlehensweise Hilfegewährung vorgebrachten Argumente sind nicht stichhaltig. Hierbei muss immer der Bezugspunkt des einstweiligen Verfahrens im Auge behalten werden. Es geht um die Sicherstellung des Anspruchs in der Hauptsache bezüglich der Antragsteller. Dazu gehört nicht die Berücksichtigung einzelner Aspekte aus dem Erkenntnisverfahren, wie z. B. die Berücksichtigung des Wohnbedarfs der Tochter der Antragsteller und die Gewichtung dieses Umstands bei einer möglichen Härtefallprüfung oder des Vorliegens einer entsprechenden Unterhaltsverpflichtung. Auch die zur Darlehensgewährung abverlangte Bereiterklärung zur Verwertung der Wohnung bedroht die Antrag-

steller nicht in ihren existenziellen Bedürfnissen. Denn ein Verlangen zur Verwertung darf sich ohnehin immer nur im Rahmen der gesetzmäßigen Ordnung bewegen und ist für sich nicht gesetzwidrig. Auch werden den Antragstellern die finanziellen Mittel der darlehensweise bereitgestellten Hilfe durch die Bereiterklärung nicht genommen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 193 SGG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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