L 18 U 2/09 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 U 167/08 ER**
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 18 U 2/09 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zur Anordnung einer Sicherheitsleistung nach § 86b Abs 1 Satz 3 SGG.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 09.12.2008 wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 29.352,90 EUR festgesetzt.



Gründe:


I.

Der Beschwerdeführer (Bf) wendet sich gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Nürnberg vom 09.12.2008. Das SG hatte die aufschiebende Wirkung des Widerspruches des Bf gegen Beitragsbescheide der Beschwerdegegnerin (Bg) vom 06.05.2008 unter Bestellung einer Sicherheitsleistung angeordnet.

Der Bf ist Lizenznehmer einer für den Spielbetrieb in der ersten Handball-Bundesliga der Damen gemeldeten Mannschaft. Die Bg erließ die Beitragsbescheide vom 06.05.2008, mit der der Bf für die Jahre 2005, 2006 und 2007 (01.05.2005 bis 31.03.2007) zu Beiträgen in Höhe von insgesamt 117.411,58 EUR zur gesetzlichen Unfallversicherung herangezogen wurde. Der Bf habe zur Durchführung des Spielbetriebes Spielerinnen und den Trainer beschäftigt, für die Beiträge zu entrichten seien. Die Spielerinnen und der Trainer seien in der Gesamtbetrachtung gegenüber dem Bf persönlich abhängig und dem Direktions- und Weisungsrecht der verantwortlich Handelnden des Bf unterworfen gewesen.

Dagegen richtete sich der Widerspruch des Bf vom 21.04.2008 (richtig: 21.05.2008). Der Spielbetrieb sei nicht vom Bf organisiert worden, sondern auf eine Spielbetriebsgesellschaft ausgelagert worden. Die Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisse der Spielerinnen und des Trainers bestünden gegenüber dieser Betreibergesellschaft.

Den ebenfalls am 21.05.2008 gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte die Bg unter dem 27.05.2008 ab.

Am 02.07.2008 hat der Bf beim SG die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches gegen die Beitragsbescheide vom 06.05.2008 im Wege der einstweiligen Anordnung beantragt und ergänzend vorgetragen, dass die sofortige Vollziehung der Beitragsbescheide für den Bf eine unbillige Härte bedeuten und zur Insolvenz führen würde.

Mit Beschluss vom 09.12.2008 hat das SG die aufschiebende Wirkung des Widerspruches gegen die Beitragsbescheide vom 06.05.2008 angeordnet. Unter Abweisung des Antrages im Übrigen hat das SG die Anordnung davon abhängig gemacht, dass der Bf bis spätestens 30.01.2009 eine Sicherheitsleistung in Höhe von 117.411,58 EUR erbringt. Die Sicherheitsleistung könne durch Vorlage einer selbstschuldnerischen, schriftlichen, unwiderruflichen, unbedingten und unbefristeten Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts erbracht werden. Nach summarischer Prüfung sei davon auszugehen, dass ein Erfolg des Rechtsbehelfs in der Hauptsache nicht wahrscheinlicher sei als ein Misserfolg. Dennoch sei die aufschiebende Wirkung des Widerspruches anzuordnen, da die Vollziehung der Beitragsbescheide für den Bf eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte bedeute. Der Bf habe ausreichend glaubhaft gemacht, dass die Vollstreckung aus den Beitragsbescheiden eine Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz zur Folge hätte. Da kaum zu erwarten sei, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Bf veränderten, könne dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nur unter Bestellung einer Sicherheit entsprochen werden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Bf. Der Erfolg in der Hauptsache sei zumindest sehr wahrscheinlich, da der Bf mit dem Einsatz der Spielerinnen bzw. des Trainers und der Organisation des Spielbetriebes nicht befasst gewesen sei. Ein Beschäftigungsverhältnis habe nicht bestanden. Aufgrund der Anordnung einer Sicherheitsleistung sei der Bf beschwert, so dass das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben sei. Die Anordnung sei ermessensfehlerhaft. Der Bf, der als Verein lediglich Amateur- und Breitensport betreibe, sei unter keinen Umständen in der Lage, eine Sicherheit in der geforderten Höhe zu erbringen (Hinweis auf ein Schreiben der S.-Bank A-Stadt vom 22.12.2008). Auch eine andere Sicherheitsleistung, egal in welcher Höhe, könne nicht beigebracht werden. Ein finanzieller Verlust der Bg im Falle dessen Obsiegens drohe nicht, da der Bf weder zum jetzigen Zeitpunkt noch zukünftig in der Lage sei, die geforderten Beiträge zu entrichten. Die Anordnung sei im Übrigen unverhältnismäßig und unzumutbar. Die Aufrechterhaltung dieser Anordnung hätte zur Folge, dass die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes leer laufe.

Der Bf beantragt, den Beschluss des SG vom 09.12.2008 abzuändern und die aufschiebende Wirkung des Widerspruches vom 21.05.2008 ohne Sicherheitsleistung anzuordnen.

Die Bg beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie bezieht sich auf die Ausführungen des SG.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogen Akten der Bg und des SG sowie auf die Akte des vorliegenden Beschwerdeverfahrens Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist der Bf beschwert, da er sich dagegen wendet, dass das SG nicht seinem uneingeschränkten Aussetzungsbegehren entsprochen hat. Nach seinem Antrag und Vorbringen im Beschwerdeverfahren stellt der Bf zwar nur die Festsetzung der Sicherheitsleistung zur Überprüfung. Allerdings hat das SG die Sicherheitsleistung in Ausübung des Ermessens unter Berücksichtung der Anordnung der aufschiebenden Wirkung auferlegt. Es ist daher bei verständiger Würdigung des Beschwerdebegehrens davon auszugehen, dass der Bf sich nicht isoliert gegen die Anordnung der Sicherheitsleistung wendet (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 86b Rn 21).

Die Beschwerde ist unbegründet und daher zurückzuweisen.

Zutreffend hat das SG die aufschiebende Wirkung des Widerspruches gegen die Bescheide vom 06.05.2008 nach § 86b Abs 1 Satz 1 Nr 2 Sozialgerichtgesetz (SGG) angeordnet. Nach § 86b Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die Anwendung dieser Vorschrift kommt hier in Betracht, weil der Widerspruch des Bf gegen die angefochtenen Beitragsbescheide nach § 86a Abs 2 Nr 1 SGG keine aufschiebende Wirkung hat. Weiter hat das SG gemäß § 86b Abs 1 Satz 3 SGG die Anordnung der aufschiebenden Wirkung von der Vorlage einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht und sich zu Recht auf § 86b Abs 1 Satz 3 SGG gestützt. Über den Wortlaut dieser Vorschrift hinaus kann nicht nur die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung mit Auflagen versehen oder befristet werden, sondern auch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung (Hk-SGG/Binder, 3. Aufl., § 86b Rn 24). Der Begriff der Auflage schließt auch die Sicherheitsleistung ein.

Die Anordnung der Sicherheitsleistung ist nicht zu beanstanden. Die Bestimmung einer Sicherheitsleistung erfolgt nach freiem Ermessen des Gerichts (§ 86b Abs 1 Satz 3 SGG, § 108 Zivilprozessordnung in Verbindung mit § 202 SGG). Ermessensfehlerfrei und zutreffend hat das SG herausgestellt, dass Anhaltspunkte für einen finanziellen Verlust der Bg bei Obsiegen der Bg in dem zu erwartenden Hauptsacheverfahren vorliegen und der Erfolg des Bf in der Hauptsache nicht überwiegend wahrscheinlich ist. Das SG hat berücksichtigt, dass im Fall der Vollziehung der Beitragsbescheide von einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Bf auszugehen ist und insoweit öffentliche Interessen diese Härte nicht notwendig machen. Allerdings hat sich hieraus für das SG auch die Befürchtung ergeben, dass bei einem für den Bf negativen Prozessausgang die Beiträge nicht geleistet werden können, so dass die auferlegte Sicherheitsleistung dem Interesse des Bg dient, aufgrund der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes möglicherweise eintretende Nachteile zu vermeiden.

Der Senat geht auch davon aus, dass die Anordnung der Sicherheitsleistung nicht unzumutbar oder zweckwidrig ist und der Erfolg der einstweiligen Anordnung insoweit nicht unterlaufen wird, als davon tatsächlich kein Gebrauch gemacht werden kann (vgl. insoweit BVerfG Beschluss vom 03.12.1998 - 1 BvR 592/97 = SozR 3- 1500 § 97 Nr 4 für den Fall des Leerlaufens einer Anordnung einer Sicherheitsleistung, weil der Antragsteller die infolge der Aussetzung weitergezahlten Beträge für die Sicherheitsleistung einsetzen musste). An Kosten der Bankbürgschaft fallen lediglich Avalzinsen an. Nicht Gegenstand der Beschwerde ist die Frage, ob eine Abänderung der Anordnungsentscheidung ggf. verlangt werden kann, falls sich nachträglich herausstellt, dass die Auflage (Sicherheitsleistung) nicht erfüllbar ist (vgl. zum selbständigen Abänderungsverfahren § 86b Abs 1 Satz 4 SGG). Mit dem beigebrachten Schreiben der S.-Bank vom 22.12.2008 hat der Bf jedenfalls nicht ausreichend substantiiert glaubhaft gemacht, dass die Aufrechterhaltung der Sicherheitsleistung die Insolvenz des Bf zur Folge hätte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154

Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren entspricht einem Viertel der streitigen Beitragsforderungen (§ 197a SGG in Verbindung mit §§ 52 Abs1, 53 Abs 3 Nr 4 Gerichtskostengesetz).

Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar, vgl. § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved