Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 3 KR 1490/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 B 73/08 KR
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Kostengrundentscheidung
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts München vom 07.01.2008 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klageverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Der 1926 geborene Kläger leidet unter einer Demenz- und Parkinsonerkrankung. Er bezieht Leistungen nach der Pflegestufe III von der Pflegeversicherung und ist stationär in einem Pflegeheim untergebracht. Ihm wurde von Dr. G. am 28.04.2006 ein Rollstuhl verordnet. Die Beklagte lehnte es mit Bescheid vom 11.07.2006 ab, den Kläger nach § 33 SGB V mit dem Rollstuhl auszustatten, da nach der Rechtsprechung Leistungen nach § 33 SGB V zwar nicht bereits dadurch ausgeschlossen sind, weil der Versicherte zum Kreis der pflegebedürftigen Personen nach §§ 14 und 15 SGB XI gehöre und das beantragte Hilfsmittel auch zur Erleichterung der Pflege diene, allerdings ende die Leistungspflicht der Kasse dort, wo bei vollstationärer Pflege die Pflicht der Einrichtung, also des Heimträgers zur Versorgung mit Hilfsmitteln einsetze. Dies sei beim Kläger der Fall, da dieser sich mit dem Rollstuhl aufgrund seiner Demenzerkrankung nicht selbstständig innerhalb oder außerhalb des Heimes bewegen könne, so dass die Hilfsmittelverordnung schwerpunktmäßig eine Erleichterung der Pflege darstelle. Deshalb werde empfohlen, bezüglich der Bereitstellung eines entsprechenden Rollstuhls sich mit der Heimleitung in Verbindung zu setzen.
An dieser Auffassung hielt die Beklagte auch im Widerspruchsbescheid vom 03.11.2006 fest.
Mit der Klage vom 07.12.2006 wurde die Kostenerstattung des zwischenzeitlich selbst beschafften Rollstuhls in Höhe von 376,64 EUR weiterverfolgt mit der Begründung, dieser sei vom Arzt verordnet worden und stelle deshalb ein Hilfsmittel im Sinne der Krankenversicherung dar. Die Beklagte beantragte zunächst die Abweisung der Klage und verwies auf die ihre Auffassung stützende Stellungnahme des Medizinischen Dienstes vom 01.09.2006. Mit Schriftsatz vom 30.04.2007 wandte sich der Klägerbevollmächtigte gegen die Argumentation der Beklagten und wies überdies darauf hin, dass seit dem 01.04.2007 eine überarbeitete Fassung des § 33 Abs. 1 S. 2 SGB V in Kraft sei. Dort heiße es: Der Anspruch auf Versorgung mit einem Hilfsmittel zum Behinderungsausgleich hänge insbesondere nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig seien, bleibe davon unberührt. Aufgrund dieser Rechtsänderung ergebe sich erst recht eine Leistungspflicht der Beklagten.
Mit Schriftsatz vom 19.05.2007 erklärte sich die Beklagte in Hinblick auf die gesetzliche Neuregelung ab 01.04.2007 für leistungsbereit machte aber geltend, dass außergerichtliche Kosten nicht übernommen werden könnten, da das Anerkenntnis auf die gesetzliche Neuregelung zurückzuführen sei und die Beklagte daher keine Kostenfolge treffe.
Der Klägerbevollmächtigte beantragte hingegen, der Beklagten die Kosten aufzuerlegen, da zum einen bereits zum Zeitpunkt des Widerspruchsverfahrens ein Anspruch des Klägers auf die Versorgung mit dem Hilfsmittel bestanden habe und zum anderen komme es auf den Sach- und Streitstand zum Ende des Verfahrens, also zum Zeitpunkt des Anerkenntnisses an.
Mit Beschluss vom 07.01.2005 entschied das Sozialgericht, dass die Beklagte von außergerichtlichen Kosten freizustellen sei. Da sich die Rechtsposition des Klägers durch die am 01.04.2007 geänderte Rechtslage verbessert habe und die Beklagte unverzüglich am 10.05.2007 ein Anerkenntnis abgegeben habe, bestehe keine Kostentragungspflicht für die Beklagte.
Dagegen richtet sich die zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegte Beschwerde zu deren Begründung ausgeführt wurde, dass die Beklagte weder unmittelbar nach Inkrafttreten des GKV- Wettbewerb-Stärkungsgesetzes am 01.04.2007 ihre ursprüngliche Entscheidung abgeändert noch das Hilfsmittel unaufgefordert bewilligt habe. Sie habe vielmehr bis 10.05.2007 gewartet bevor sie das Anerkenntnis abgegeben habe. Deshalb könne nicht von einer unverzüglichen Anerkennung gesprochen werden.
Die Beklagte hält hingegen den Beschluss des Sozialgerichts für zutreffend. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts hat die Beklagte dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten gemäß § 193 SGG zu erstatten, denn der Anspruch des Klägers auf das Hilfsmittel war, wie das Anerkenntnis der Beklagten zeigt, begründet.
Nach § 193 SGG hat das Gericht im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben (§ 193 Abs. 1 S. 1 SGG). Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluss, wenn das Verfahren anders als durch Urteil beendet wird (§ 193 Abs. 1 S. 3 SGG).
Da das Verfahren nicht durch Urteil, sondern durch das angenommene Anerkenntnis der Beklagten beendet wurde, hatte das Gericht von Amts wegen keine Kostenentscheidung zu treffen. Auf Antrag ist aber in entsprechender Anwendung des § 102 S. 3 SGG durch Beschluss zu befinden. Dabei hat das Gericht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen (Rechtsgedanke des § 91a ZPO) zu entscheiden. Dabei sind die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen wie z.B. die Veranlassung zur Klage, der Anlass der Klagerhebung, die Verursachung besondere Kosten insbesondere aber die Gründe für die Klagerhebung und die Erledigung (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, § 193 Rn. 12 ff.). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, insbesondere des Verursachungsprinzips sowie des Erfolgs, den der Kläger mit der Klage erzielt hat, entspricht es billigem Ermessen, wenn die Beklagte ihm die außergerichtlichen Kosten erstattet. Zwar kann die Pflicht zur Kostenerstattung dann entfallen, wenn der obsiegenden Partei aufgrund einer Gesetzesänderung der Anspruch zusteht, dies setzt aber auch voraus, dass der Verwaltungsträger der Veränderung unverzüglich nach Kenntnis Rechnung trägt, zum Beispiel durch ein sofortiges Anerkenntnis (Leitherer a.a.O. § 193 Anm. 12c). Ein derartiges sofortiges Anerkenntnis liegt hier aber nicht vor, denn nicht die Beklagte hat auf die veränderte Rechtslage hingewiesen und sofort nach Änderung ein entsprechendes Anerkenntnis abgegeben, vielmehr hat einen Monat nach Inkrafttreten der Änderung der Klägerbevollmächtigte die geänderte Bestimmung geltend gemacht und die Beklagte so veranlasst, ihr Anerkenntnis abzugeben. Damit hat die Beklagte nicht alles in ihren Möglichkeiten liegende getan, den Rechtsstreit entsprechend der geänderten Sach- und Rechtslage unstreitig zu beenden, so dass die Übernahme der außergerichtlichen Kosten des Klägers durch die Beklagte angebracht ist (so auch Hessisches LSG im Urteil vom 30.03.1994, L 13 B 17/93 in Breithaupt 1995 S. 166 ff.) Dabei konnte ungeprüft bleiben, ob nicht bereits zum Zeitpunkt der Klagerhebung der Anspruch des Klägers ebenfalls begründet gewesen wäre.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG) und ergeht kostenfrei.
Gründe:
I.
Der 1926 geborene Kläger leidet unter einer Demenz- und Parkinsonerkrankung. Er bezieht Leistungen nach der Pflegestufe III von der Pflegeversicherung und ist stationär in einem Pflegeheim untergebracht. Ihm wurde von Dr. G. am 28.04.2006 ein Rollstuhl verordnet. Die Beklagte lehnte es mit Bescheid vom 11.07.2006 ab, den Kläger nach § 33 SGB V mit dem Rollstuhl auszustatten, da nach der Rechtsprechung Leistungen nach § 33 SGB V zwar nicht bereits dadurch ausgeschlossen sind, weil der Versicherte zum Kreis der pflegebedürftigen Personen nach §§ 14 und 15 SGB XI gehöre und das beantragte Hilfsmittel auch zur Erleichterung der Pflege diene, allerdings ende die Leistungspflicht der Kasse dort, wo bei vollstationärer Pflege die Pflicht der Einrichtung, also des Heimträgers zur Versorgung mit Hilfsmitteln einsetze. Dies sei beim Kläger der Fall, da dieser sich mit dem Rollstuhl aufgrund seiner Demenzerkrankung nicht selbstständig innerhalb oder außerhalb des Heimes bewegen könne, so dass die Hilfsmittelverordnung schwerpunktmäßig eine Erleichterung der Pflege darstelle. Deshalb werde empfohlen, bezüglich der Bereitstellung eines entsprechenden Rollstuhls sich mit der Heimleitung in Verbindung zu setzen.
An dieser Auffassung hielt die Beklagte auch im Widerspruchsbescheid vom 03.11.2006 fest.
Mit der Klage vom 07.12.2006 wurde die Kostenerstattung des zwischenzeitlich selbst beschafften Rollstuhls in Höhe von 376,64 EUR weiterverfolgt mit der Begründung, dieser sei vom Arzt verordnet worden und stelle deshalb ein Hilfsmittel im Sinne der Krankenversicherung dar. Die Beklagte beantragte zunächst die Abweisung der Klage und verwies auf die ihre Auffassung stützende Stellungnahme des Medizinischen Dienstes vom 01.09.2006. Mit Schriftsatz vom 30.04.2007 wandte sich der Klägerbevollmächtigte gegen die Argumentation der Beklagten und wies überdies darauf hin, dass seit dem 01.04.2007 eine überarbeitete Fassung des § 33 Abs. 1 S. 2 SGB V in Kraft sei. Dort heiße es: Der Anspruch auf Versorgung mit einem Hilfsmittel zum Behinderungsausgleich hänge insbesondere nicht davon ab, in welchem Umfang eine Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft noch möglich ist; die Pflicht zur Vorhaltung von Hilfsmitteln und Pflegehilfsmitteln, die für den üblichen Pflegebetrieb jeweils notwendig seien, bleibe davon unberührt. Aufgrund dieser Rechtsänderung ergebe sich erst recht eine Leistungspflicht der Beklagten.
Mit Schriftsatz vom 19.05.2007 erklärte sich die Beklagte in Hinblick auf die gesetzliche Neuregelung ab 01.04.2007 für leistungsbereit machte aber geltend, dass außergerichtliche Kosten nicht übernommen werden könnten, da das Anerkenntnis auf die gesetzliche Neuregelung zurückzuführen sei und die Beklagte daher keine Kostenfolge treffe.
Der Klägerbevollmächtigte beantragte hingegen, der Beklagten die Kosten aufzuerlegen, da zum einen bereits zum Zeitpunkt des Widerspruchsverfahrens ein Anspruch des Klägers auf die Versorgung mit dem Hilfsmittel bestanden habe und zum anderen komme es auf den Sach- und Streitstand zum Ende des Verfahrens, also zum Zeitpunkt des Anerkenntnisses an.
Mit Beschluss vom 07.01.2005 entschied das Sozialgericht, dass die Beklagte von außergerichtlichen Kosten freizustellen sei. Da sich die Rechtsposition des Klägers durch die am 01.04.2007 geänderte Rechtslage verbessert habe und die Beklagte unverzüglich am 10.05.2007 ein Anerkenntnis abgegeben habe, bestehe keine Kostentragungspflicht für die Beklagte.
Dagegen richtet sich die zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegte Beschwerde zu deren Begründung ausgeführt wurde, dass die Beklagte weder unmittelbar nach Inkrafttreten des GKV- Wettbewerb-Stärkungsgesetzes am 01.04.2007 ihre ursprüngliche Entscheidung abgeändert noch das Hilfsmittel unaufgefordert bewilligt habe. Sie habe vielmehr bis 10.05.2007 gewartet bevor sie das Anerkenntnis abgegeben habe. Deshalb könne nicht von einer unverzüglichen Anerkennung gesprochen werden.
Die Beklagte hält hingegen den Beschluss des Sozialgerichts für zutreffend. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts hat die Beklagte dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten gemäß § 193 SGG zu erstatten, denn der Anspruch des Klägers auf das Hilfsmittel war, wie das Anerkenntnis der Beklagten zeigt, begründet.
Nach § 193 SGG hat das Gericht im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben (§ 193 Abs. 1 S. 1 SGG). Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluss, wenn das Verfahren anders als durch Urteil beendet wird (§ 193 Abs. 1 S. 3 SGG).
Da das Verfahren nicht durch Urteil, sondern durch das angenommene Anerkenntnis der Beklagten beendet wurde, hatte das Gericht von Amts wegen keine Kostenentscheidung zu treffen. Auf Antrag ist aber in entsprechender Anwendung des § 102 S. 3 SGG durch Beschluss zu befinden. Dabei hat das Gericht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen (Rechtsgedanke des § 91a ZPO) zu entscheiden. Dabei sind die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen wie z.B. die Veranlassung zur Klage, der Anlass der Klagerhebung, die Verursachung besondere Kosten insbesondere aber die Gründe für die Klagerhebung und die Erledigung (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, § 193 Rn. 12 ff.). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, insbesondere des Verursachungsprinzips sowie des Erfolgs, den der Kläger mit der Klage erzielt hat, entspricht es billigem Ermessen, wenn die Beklagte ihm die außergerichtlichen Kosten erstattet. Zwar kann die Pflicht zur Kostenerstattung dann entfallen, wenn der obsiegenden Partei aufgrund einer Gesetzesänderung der Anspruch zusteht, dies setzt aber auch voraus, dass der Verwaltungsträger der Veränderung unverzüglich nach Kenntnis Rechnung trägt, zum Beispiel durch ein sofortiges Anerkenntnis (Leitherer a.a.O. § 193 Anm. 12c). Ein derartiges sofortiges Anerkenntnis liegt hier aber nicht vor, denn nicht die Beklagte hat auf die veränderte Rechtslage hingewiesen und sofort nach Änderung ein entsprechendes Anerkenntnis abgegeben, vielmehr hat einen Monat nach Inkrafttreten der Änderung der Klägerbevollmächtigte die geänderte Bestimmung geltend gemacht und die Beklagte so veranlasst, ihr Anerkenntnis abzugeben. Damit hat die Beklagte nicht alles in ihren Möglichkeiten liegende getan, den Rechtsstreit entsprechend der geänderten Sach- und Rechtslage unstreitig zu beenden, so dass die Übernahme der außergerichtlichen Kosten des Klägers durch die Beklagte angebracht ist (so auch Hessisches LSG im Urteil vom 30.03.1994, L 13 B 17/93 in Breithaupt 1995 S. 166 ff.) Dabei konnte ungeprüft bleiben, ob nicht bereits zum Zeitpunkt der Klagerhebung der Anspruch des Klägers ebenfalls begründet gewesen wäre.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG) und ergeht kostenfrei.
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