L 13 R 396/09 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 26 R 339/09 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 396/09 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Erfolgt in einem Rechtsstreit zugleich der Abzug einer fiktiv berechneten, ausländischen Rente (hier aus Rumänien), ist der statthafte Rechtsbehelf im einstweiligen Rechtsschutz der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 SGG.
2. Zum Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 8. April 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.



Gründe:

I.
Die Beschwerdeführerin (Bf) begehrt bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens die Gewährung der bewilligten Altersrente ohne Abzug einer fiktiv berechneten Rente aus Rumänien.
Die 1943 geborene Bf erhält mit "Mitteilung über die vorläufige Leistung" vom 2. Januar 2009 eine Regelaltersrente, beginnend am 1. Januar 2009. Der Rentenzahlbetrag betrug ab 1. Januar 2009 monatlich 893,72 EUR. Dabei nahm die Beschwerdegegnerin (Bg) einen fiktiven Abzug in Höhe einer geschätzten rumänischen Rente in Höhe von 29,25 EUR vor. Mit Schreiben vom 14. November 2008 sei die Bf aufgefordert worden, ihre Rentenansprüche gegenüber dem rumänischen Rentenversicherungsträger geltend zu machen. Eine Mitteilung sei hierzu nicht eingegangen. Die deutsche Rente sei ab 1. Januar 2009 nach § 31 Fremdrentengesetz (FRG) um den voraussichtlich zustehenden Betrag der ausländischen Rente zu mindern. Bei Anrechnung der ausländischen Leistung auf die deutsche Rente sei die ausländische Leistung nach Anwendung von Kürzungs- bzw. Ruhensvorschriften und vor Abzug von Steuern zugrunde zu legen.
Auf den Widerspruch der Bf wies die Bg mit Schreiben vom 4. Februar 2009 hin, dass es sich bei der festgestellten Altersrente um eine Erstfeststellung handele. Die beantragte aufschiebende Wirkung komme nicht in Betracht. Insofern sei § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einschlägig. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung müsse vor dem Sozialgericht gestellt werden. Die Bg schlug das Ruhen des Widerspruchsverfahrens vor.
Am 19. Februar 2009 beantragte die Bf beim Sozialgericht München die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Die Bf habe mit dem angefochtenen Bescheid zwei Regelungen getroffen. Zum einen sei die Rente festgestellt worden; diese Regelung werde nicht angegriffen. Zum anderen sei aber eine Ruhensverfügung getroffen und die festgestellte Rente um 29,25 EUR zum Ruhen gebracht worden. Da § 31 FRG keine Rentenberechnungsvorschrift, sondern eine Ruhensvorschrift sei, die eine festgestellte Rente voraussetze, werde das Ziel der Gewährung einer Altersrente ohne Ruhensverfügung mit einer Anfechtung der Ruhensverfügung erreicht. Die Bg hätte daher im Widerspruchsverfahren die aufschiebende Wirkung des Anfechtungswiderspruchs umsetzen müssen. Der statthafte Rechtsbehelf im einstweiligen Rechtsschutz sei deshalb nicht der Erlass einer einstweiligen Anordnung, sondern die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Die von der Bg vorgenommene Ruhensentscheidung sei rechtsgrundlos ergangen. Es lägen nach wie vor die gleichen Hindernisse vor, die für den Gesetzgeber der Grund der Neuregelung gewesen seien. Es läge vor allem auch ein Anordnungsgrund vor. Die gezahlte Rente führe zu einem Leben am Rande der Armutsgrenze. Auch kürze die Bg ohne jeden Rechtsgrund einen erheblichen Betrag, der aber zur Lebensführung dringend erforderlich sei. Hierzu sowie zur Frage des Vorliegens eines Anordnungsanspruchs hat die Bf auf mehrere bislang ergangene Entscheidungen verwiesen.
Die Bg vertrat die Ansicht, es lägen weder ein Anordnungsanspruch noch ein -grund vor. Die Zulässigkeit der Minderung der nach dem FRG berechneten Rente um die der Berechtigten voraussichtlich zustehenden rumänischen Rente ergebe sich aus dem Sinn des § 31 FRG und stehe insbesondere im Zusammenhang mit § 2 FRG. § 2 S. 1 Buchst. b FRG schließe die Anwendung des FRG vollständig aus, soweit Versicherungs- und Beschäftigungszeiten nach der Verordnung 1408/71 EWG, einem bilateralen Sozialversicherungsabkommen oder den innerstaatlichen Vorschriften eines Vertragsstaates anrechungsfähig seien. Dabei komme es nicht darauf an, ob diese Zeiten im Einzelfall tatsächlich der Berechnung der Leistung zugrunde gelegt würden. Damit werde entsprechend den Grundsätzen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bestimmt, dass die Entschädigung der ausländischen Versicherungs- und Beschäftigungszeiten vorrangig vom Träger des Staates zu erfolgen habe, nach dessen Rechtsvorschriften sie zurückgelegt worden seien. Das FRG sei insoweit nachrangig. Die Bg verwies ferner auf das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über soziale Sicherheit vom 8. Dezember 1990 sowie auf § 2 S. 2 FRG, ferner auf die weitere Anwendung des FRG im Verhältnis zu Rumänien gemäß dem Schlussprotokoll zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien über soziale Sicherheit vom 8. April 2005 in Verbindung mit dem Eintrag im Anhang III Buchst. A Nr. 20b der Verordnung Nr. 1408/71 EWG. Im Rahmen der Sozialversicherungsabkommen bzw. des europäischen Gemeinschaftsrechts sei es den Berechtigten zuzumuten, die ihnen zustehenden ausländischen Rentenbeträge zu realisieren, um damit die in § 31 FRG vorgesehene Entlastung der deutschen Rentenversicherung zu ermöglichen. In der Zwischenzeit seien auch die Schwierigkeiten im Zahlungsverkehr mit Rumänien ausgeräumt.
Neben dem Anordnungsanspruch fehle es aber auch an einem Anordnungsgrund. Die Bf habe nicht glaubhaft gemacht, dass ihr eine Rente, die nur ein Leben an der Armutsgrenze zulasse, erheblich gekürzt worden sei. Es sei lediglich zu einer Kürzung in Höhe von brutto 29,25 EUR gekommen.
Das Sozialgericht lehnte den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs mit Beschluss vom 8. April 2009 ab. Es ging dabei von einem Antrag gemäß § 86 b Abs. 2 SGG aus. Zwar bestünden Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Bg, es fehle jedoch zumindest an einem Anordnungsgrund. Zu Recht habe die Bg darauf hingewiesen, dass sich aus dem Sachvortrag der Bf nichts Konkretes zur Frage, ob der Bf ein wesentlicher Nachteil im Sinne des § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG droht, ergebe. Darüber hinaus läge der Rentenbetrag deutlich über dem Niveau der Grundsicherung gemäß § 20 Abs. 2 S. 1 des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB II) in Verbindung mit der Bekanntmachung über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II für die Zeit ab 1. Juli 2008. In diesem Zusammenhang sei zu würdigen, dass der Minderungsbetrag lediglich 29,25 EUR (brutto) im Monat betrage.
Gegen den Beschluss des Sozialgerichts hat die Bf Beschwerde eingelegt. Es handele sich um eine reine Anfechtungssituation. Sie hat nochmals vorgebracht, dass der Rentenbescheid mehrere Verfügungen treffe, die jeweils isoliert anfechtbar seien. Zum einen sei die Rente dem Grunde nach festgestellt worden, zum anderen stelle die Ruhensverfügung eine eigene Regelung dar. Auch wenn die Folgen des Ruhens bei Erfüllung des Ruhenstatbestandes nach § 31 FRG von Gesetzes wegen eintreten, bedürften diese stets eines Verwaltungsaktes über die Zahlung der Rente nach Anwendung der Ruhensvorschrift. Ein derartiger Verwaltungsakt könne isoliert mit der Anfechtungsklage angegriffen werden. Dies müsse sowohl gelten, wenn das Ruhen erst nach Erlass eines Rentenbescheides als auch sofort im Erstbescheid festgestellt werde. Im Übrigen bestehe sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein -grund. Zum Anordnungsgrund hat die Bf ergänzend ausgeführt, ihr Erfüllungsinteresse übertreffe das Interesse der Bg, eine vermeintlich nicht zustehende Leistung vorerst nicht auszuzahlen, bei Weitem. Sie sei auf die ungekürzte Altersrente als Lohnersatzleistung zum laufenden Lebensunterhalt dringend angewiesen, da sie lediglich eine geringe Rente beziehe, die im Bereich der Armutsgrenze liege. Diese liege nach der EU-Definition in Deutschland bei rund 880.- EUR. Die Bg könne sich im Falle ihres Obsiegens im Hauptsacheverfahren im Wege der Aufrechnung der fälligen Rente bis zur Hälfte des monatlichen Zahlbetrages schadlos halten.

Die Bg hat unter Verweis auf die sozialgerichtliche Entscheidung beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86 b Abs. 2 SGG seien nicht gegeben.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist gemäß §§ 172 ff SGG zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht lehnte das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab.
Der statthafte Rechtsbehelf im einstweiligen Rechtsschutz ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86 b Abs. 2 SGG. In der Hauptsache liegt nämlich keine isolierte Anfechtungsklage, sondern eine kombinierte Anrechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) vor. Die Bf argumentiert zu Unrecht, ihr sei zunächst eine Regelaltersrente ungekürzt zugesprochen worden, und erst dann sei ihr durch die Anwendung von § 31 Abs. 1 FRG wieder ein Teil ihres "Besitzstandes" weggenommen worden. Diese Auffassung spaltet die von der Bg getroffene konkrete Regelung fälschlicher Weise in zwei verschiedene, zeitlich nacheinander gelagerte Regelungen auf, die aber in dieser Form nicht existieren. Zuzugeben ist der Bf, dass nicht selten in ein und demselben Bescheid mehrere Regelungen getroffen werden. Gerade zu Rentenbescheiden hat das Bundessozialgericht entscheiden, diese würden vier verschiedene Verwaltungsakte verlautbaren: sie würden die Rentenart, die Rentenhöhe, den Rentenbeginn und die Rentendauer feststellen.

Hier jedoch behauptet die Bf, es gäbe mehrere gleichzeitig getroffene Regelungen dergestalt, dass die eine die andere modifizieren würde. Dem kann sich der Senat nicht anschließen. Aus der von der Bf angegriffenen "Mitteilung über die vorläufige Leistung" vom 2. Januar 2009 geht unmissverständlich hervor, dass die auf der Grundlage von § 31
Abs. 1 FRG durchgeführte Ruhensberechnung lediglich einen Berechnungsfaktor zur Rentenhöhe verkörpert. Die insoweit einschlägige Anlagen 7 und 10 der "Mitteilung" erläutern lediglich, aus welchem Grund in die Berechnung der laufenden Zahlung nur
994,69 EUR (einschließlich der Sozialversicherungsbeiträge) und nicht 1.023,94 EUR einfließen. Der Bf ist hinsichtlich der Höhe der Rente nie eine Rechtsposition ohne die in Streit stehende Kürzung eingeräumt worden. Die Bf verkennt, dass Anlage 7 einen bloßen nachgelagerten Berechnungsschritt verkörpert, der keine bereits getroffene, für sie günstige Regelung zu ihrem Nachteil abändert, sondern erst als Teil einer Gesamtberechnung zu der Regelung der Rentenhöhe führt. Würde man der Argumentation der Bf folgen, müsste man es in der Konsequenz generell zulassen, dass bei zahlreichen mehrstufigen Leistungsberechnungen in großem Maße einzelne für den Leistungsempfänger nachteilige Berechnungselemente isoliert gerichtlich angefochten werden könnten (siehe zum Ganzen: Bayer. Landessozialgericht, Beschluss vom 9. Juni 2009, Az.: L 1 R 407/09 B ER).

Gemäß § 86 b Abs. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach
§ 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dabei hat das Gericht die Belange der Öffentlichkeit und des Antragstellers abzuwägen. Wenn eine Klage keine Aussicht auf Erfolg hätte, ist ein Recht, das geschützt werden muss, nicht vorhanden.

Ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist begründet, wenn ein Anordnungsanspruch sowie ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht sind (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m.
§§ 920 Abs. 2, § 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO). Prüfungs- und Entscheidungsmaßstab für das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs ist grundsätzlich das materielle Recht, das vor dem Anordnungsgrund zu prüfen ist (siehe etwa BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005, NVwZ 2005, 927 ff und Beschluss vom 25. Juli 1996, NVwZ 1997, 479 f). Ist dem Gericht im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich und können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das
Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, so verlangt der Anspruch des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz eine Eilentscheidung anhand einer umfassenden Güter- und Folgenabwägung (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005, a.a.O.).

Nach Ansicht des Senats ist die Rechtslage hinsichtlich des Anordnungsanspruchs weiterhin als offen zu bezeichnen. Der Senat teilt insoweit die Ausführungen des Sozialgerichts und kann die Argumentation nur wiederholen. Die Ansicht der Bf, es lägen flächendeckend Entscheidungen der Sozialgerichte und einiger Landessozialgerichte vor, die die Rechtspraxis der Beschwerdegegnerin als offensichtlich rechtswidrig bezeichnen, ist in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend. So finden sich z.B. auch in Bayern in der Begründung und im Ergebnis unterschiedliche Entscheidungen des Bayer. Landessozialgerichts, allerdings beide ergangen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Beschluss des 14. Senates vom 2. Juli 2008, Az.: L 14 B 469/08 R ER; Beschluss des 6. Senats vom
19. August 2008, Az.: L 6 B 523/08 R ER, Beschluss des 1. Senats vom 23. Dezember 2008, Az.: L 1 B 802/08 R ER).

Die Bg stützt den Fiktivabzug auf §§ 31, 2 FRG, der zumindest bei sinngemäßer Auslegung zu einer Rentenminderung führe. Es bestehen zwar von Seiten des Senats Zweifel, ob die Minderung der Rente dadurch gedeckt ist. Das Bayer. Landessozialgericht hat in seinem Beschluss vom 2. Juli 2008 (Bayer. Landessozialgericht, a.a.O.) bereits umfassend dargelegt, dass aus dem Wortlaut des § 31 FRG keine Ermächtigung zur Anrechnung einer fiktiven Auslandsrente entnommen werden kann. Eine Ruhensanordnung ist nach § 31 Abs. 1 S. 1 FRG nur bei tatsächlicher Auszahlung einer Leistung eines ausländischen Trägers, nicht jedoch bei Leistungen eines ausländischen Trägers, auf die lediglich ein Anspruch besteht, die jedoch nicht ausgezahlt werden, vorgesehen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entstehungsgeschichte der Norm (siehe hierzu im Einzelnen: Bayer. Landessozialgericht, a.a.O.). Darüber hinaus ist problematisch, inwieweit die Regelungen der Verordnungen Nr. 1408/71 EWG und Nr. 574/72 EWG anwendbar sind und zu einem Ausschluss der §§ 31, 2 FRG führen.

Allerdings bedarf es der Klärung, ob im Rahmen der Rechtsfortbildung eine analoge Anwendung des § 31 FRG vorzunehmen ist sowie ob eine Inanspruchnahme eines ausländischen Versicherungsträgers zur Disposition des Versicherten steht. So stellte z.B. auch das Bayer. Landessozialgericht in seinem Beschluss vom 19. August 2008 (Bayer. Landessozialgericht, a.a.O.) die Frage, ob in Auslegung des § 31 FRG gesagt werden kann, ein Träger der Sozialversicherung gewähre eine Rente nicht und zahle sie nicht aus, wenn der Berechtigte die für eine Inanspruchnahme notwendige Verfahrenshandlung unterlässt oder, wie im vorliegenden Fall, ausdrücklich nicht will. Es könne nicht ohne Weiteres als dem Eingliederungsgrundsatz widersprechend angesehen werden, wenn der deutsche Rentenversicherungsträger bei der Anwendung des § 31 FRG unter Berücksichtigung der Leistung einer nach einem zwischenstaatlichen Abkommen gezahlten Rente noch so viel an Leistung auszahlt, dass der Betrag garantiert ist, der ohne die fremde Leistung zustünde. Der Senat teilt wie der 1. Senat (Beschluss vom 29. Dezember 2008, a.a.O.) diese Bedenken, ohne diese im Rahmen der summarischen Prüfung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes abschließend zu bewerten, zumal auch eine Rechtsprechung des BSG zu der hier streitigen Anwendung des § 31 FRG nicht ersichtlich ist.

Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens ist eine umfassende Interessenabwägung erforderlich. Zugleich ist aber auch das Vorliegen eines Anordnungsgrundes Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Bei der hier maßgeblichen Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG ist Anordnungsgrund die Notwendigkeit zur Abwendung wesentlicher Nachteile. Entscheidend ist, ob es bei einer Folgenabwägung nach den Umständen des Einzelfalls für den Betroffenen zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl.,
§ 86 b Rdnr. 28). Durch den Aufschub der rumänischen Rentenleistung und die gleichzeitige Auszahlung einer ungeminderten Rente wird die deutsche Rentenversicherung finanziell belastet, die insoweit - ggf. in Verbindung mit der Abtretung von Ansprüchen durch die Bf - in Vorleistung tritt. Demgegenüber trifft die Bf durch den Fiktivabzug im Falle des Obsiegens eine verzögerte Auszahlung des Rententeils, den die Bg zum Ruhen gebracht hat. Im Rahmen der Prüfung eines Anordnungsgrundes liegt darin jedoch kein wesentlicher Nachteil für die Bf. Dabei ist zwar ihr Interesse an der Auszahlung des vollen Rentennettobetrages anzuerkennen, zumal der monatliche Zahlbetrag der Rente in Höhe von 893,72 EUR für sich betrachtet zur Deckung des Lebensbedarfs dringend benötigt wird.

Allerdings ist im Rahmen der Prüfung, ob der Bf ein wesentlicher Nachteil im Sinne des
§ 86 b Abs. 2 S. 2 SGG droht, auf die wirtschaftlichen Verhältnisse insgesamt abzustellen und nicht allein auf die Höhe der Rente. Zu berücksichtigen sind ggf. auch weitere Einnahmen sowie eventuell vorhandenes Vermögen. Auch im Beschwerdeverfahren wird hierzu nichts Näheres vorgetragen. Zutreffend begründete das Sozialgericht auch, dass der der Bf zustehende Rentenbetrag von monatlich 994,69 EUR brutto deutlich über dem Niveau der Grundsicherung gemäß § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II in Verbindung mit der Bekanntmachung über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II für die Zeit ab 1. Juli 2008 vom 26. Juni 2008 (BGBl. I S. 1102) liegt. Im Übrigen liegt dieser Bruttobetrag, aber auch der Nettobetrag, deutlich über der von der Bf herangezogenen Festlegung der Armutsgrenze nach europarechtlichen Vorgaben. In diesem Zusammenhang ist ferner zu würdigen, dass der Minderungsbetrag lediglich 29,25 EUR im Monat beträgt.

Der Senat kann daher offen lassen, ob der Anordnungsgrund dadurch entfallen ist, dass in der Zwischenzeit der rumänische Rentenversicherungsträger Zahlungen auf deutsche Konten vornimmt. Weitere Ermittlungen konnten hierzu unterbleiben.

Es ist der Bf daher zuzumuten, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und berücksichtigt, dass auch die Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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