L 11 AS 173/09 NZB

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 AS 851/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 173/09 NZB
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des
Sozialgerichts Würzburg vom 20. Februar 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.



Gründe:

I.
Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung der Kostenübernahme für eine Mieterhöhung um monatlich 30,00 EUR in der Zeit vom 01.06.2008 bis 31.01.2009.
Der Kläger, der seit 01.01.2005 laufende Leistungen zum Lebensunterhalt erhält - zuletzt mit Bewilligungsbescheid vom 29.01.2009 betreffend den Zeitraum ab 01.02.2009 -, vereinbarte mit seinem Vermieter eine Erhöhung um monatlich 30,00 EUR. Die Beklagte lehnte die ab 01.06.2008 beantragte Kostenübernahme für die Mieterhöhung ab, weil diese völlig unangemessen für die schlecht ausgestattete Wohnung sei und Vermieter und Kläger die Erhöhung abgesprochen hätten.
Das Sozialgericht hat die Klage auf Übernahme der Mieterhöhung von 270,00 EUR auf 300,00 EUR ab 01.06.2008 abgewiesen und dies im Urteil vom 20.02.2009 damit begründet, die vom Kläger selbst herbeigeführte erhöhte Hilfebedürftigkeit könne in keinem Fall auf die Allgemeinheit abgewälzt werden. Entsprechend § 22 Abs 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hätte der Kläger die Zustimmung der Beklagten einholen müssen, weil nur so vermieden werden könne, dass unangemessen hohe Unterkunftskosten anfallen.
Gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem am 28.02.2009 zugestellten Urteil des Sozialgerichts Würzburg hat der Kläger am 17.03.2009 Beschwerde eingelegt. Die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, da es um die Frage gehe, ob bei einem Mieterhöhungsverlangen entsprechend § 22 Abs 2 SGB II die vorherige Zustimmung des Leistungsträgers einzuholen sei. Die Kosten der Unterkunft nach der Mieterhöhung seien angemessen, was klärungsbedürftig sei, nachdem im Landkreis M. kein Mietspiegel existiere.

II.
Die vom Kläger fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 145 Abs 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Es gibt keinen Grund, die gemäß § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG wegen des Wertes des Beschwerdegegenstandes ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Der Beschwerdegegenstand war durch den Antrag in der mündlichen Verhandlung auf den Zeitraum vom 01.06.2008 bis 31.01.2009 begrenzt. Auch wenn die Leistung auf Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft mit Bescheid vom 30.07.2008/ Widerspruchsbescheid vom 17.09.2008 ohne zeitliche Begrenzung abgelehnt wurde, ist Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens lediglich die gesamte bis zur Entscheidung verstrichene Zeit, weil mit Bescheid vom 29.01.2009 für die Zeit ab 01.02.2009 eine neue Regelung getroffen worden ist und dieser Bescheid nicht Gegenstand des anhängigen Verfahrens geworden ist (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - Az: B 7b AS 14/06 R). Damit liegt der Beschwerdewert weit unterhalb der Berufungsgrenze von 750,00 EUR.
Nach § 144 Abs 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
Der Kläger hat keine Abweichung des Sozialgerichts von einer höchstrichterlichen Entscheidung geltend gemacht. Ebenso wenig wird ein Verstoß gegen eine Vorschrift des Verfahrensrechts gerügt. Die Rechtssache ist auch nicht von grundsätzlicher Bedeutung.
Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage abstrakter Art aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern, wobei ein Individualinteresse nicht genügt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 9.Aufl, § 144 Rdnr 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, die sich nach der Gesetzeslage und dem Stand von Rechtsprechung und Literatur nicht ohne weiteres beantworten lässt. Nicht klärungsbedürftig ist die Rechtsfrage, wenn die Antwort auf sie so gut wie unbestritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17) oder praktisch von vornherein außer Zweifel steht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 4).
Es kann dahingestellt bleiben, ob die entsprechende Anwendung des § 22 Abs 2 SGB II auf Mieterhöhungsvereinbarungen dogmatisch diskussionswürdig ist. Die entsprechende Anwendung des § 22 Abs 2 SGB II hat das Sozialgericht jedoch nur deshalb vorgenommen, weil es von einem kollusiven Zusammenwirken zwischen Antragsteller und Vermieter ausgegangen ist. Damit handelt es sich um eine Konstellation, die zwar die Interessen der unmittelbar Beteiligten berührt, die aber wohl nur vereinzelt vorkommt. Über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung ist nur zu bejahen, wenn die Klärung einer Rechtsfrage zugleich mit Rücksicht auf eine unbestimmte Anzahl ähnlich liegender Fälle erwünscht ist (Leitherer aaO § 160 Rz 7b mwN). Der Senat geht nicht davon aus, dass ein derart sozial- widriges Verhalten, wie es das Sozialgericht dem Kläger unterstellt, häufiger vorkommt. Das Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter ist typischerweise von einem Interessengegensatz geprägt. Zudem ist einem Missbrauch von Sozialleistungen durch die Angemessenheitsgrenze des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II vorgebeugt. Vor diesem Hintergrund muss die grundsätzliche Bedeutung abgelehnt werden.
Die weiter vom Kläger aufgeworfene Frage, ob die nach der Mieterhöhung anfallenden Kosten angemessen sind, bedarf keiner Erörterung, weil die im Einzelfall mögliche sachliche Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung keinen Grund darstellt, eine kraft Gesetzes ausgeschlossene Berufung zuzulassen. Bei Verfahren mit geringem Streitwert soll es grundsätzlich mit einer gerichtlichen sachlichen Überprüfung des Klagebegehrens sein Bewenden haben. Welche Methode zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten beim Fehlen eines Mietspiegels zur Anwendung kommt, ist im Übrigen höchstrichterlich geklärt (BSG, Urteil vom 18.06.2008 - B 14/7b AS 44/06 R).
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG). Nach § 145 Abs 4 Satz 4 SGG wird das Urteil des Sozialgerichts mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Landessozialgericht rechtskräftig.
Rechtskraft
Aus
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