Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 R 4291/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 1 R 1005/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 370/09 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Vermutungswirkungen des § 26 Abs. 2 und 3 SGB VI gelten in Bezug auf Pflichtversicherungszeiten nicht für nach dem 31.12.1972 liegende Beschäftigungszeiträume.
2. Die Vermutung des § 199 Satz 1 SGB VI erstreckt sich nicht darauf, in Bezug auf ein an sich versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis habe keine Befreiung von der Versicherungspflicht vorgelegen.
2. Die Vermutung des § 199 Satz 1 SGB VI erstreckt sich nicht darauf, in Bezug auf ein an sich versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis habe keine Befreiung von der Versicherungspflicht vorgelegen.
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 19. November 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Das Berufungsverfahren betrifft die Frage, ob dem Kläger eine höhere Regelaltersrente unter Einbeziehung weiterer Beitragszeiten zusteht.
Der 72-jährige Kläger hatte 1961 die Berechtigung erworben, die Berufsbezeichnung Ingenieur der Holzindustrie zu führen. In der Folgezeit war er abhängig beschäftigt. Ab 01.07.1966 arbeitete der Kläger bis 31.03.1984 für die Firma I. (im Folgenden: I). Jedenfalls ab 01.01.1967 lag das Arbeitsentgelt des Klägers bis zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses mit der I über der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung. Ende 1967 oder Anfang 1968 schloss der Kläger eine Lebensversicherung bei der N. Lebensversicherung AG ab. Diese wurde im Versicherungsschein als "Familien-Fundament"-Versicherung mit Gewinnbeteiligung bezeichnet. Das "Versorgungskapital" betrug laut Versicherungsschein 87.590 DM. Es gab eine "zusätzlich versicherte Zeitrente" von 3.153 DM jährlich. Die Lebensversicherung sah keine Unfalltod-Leistung, jedoch zusätzliche Leistungen bei Berufsunfähigkeit vor. Versicherungsbeginn war der 01.10.1967, der Fälligkeitszeitpunkt der Versicherungssumme der 01.10.2001. Der Beitrag war zunächst mit monatlich 240 DM festgelegt.
Im Jahr 1968 kam es zu einer Rückerstattung von Rentenversicherungsbeiträgen. Die AOK A-Stadt teilte der N. Lebensversicherung AG mit Schreiben vom 29.10.1968 in diesem Zusammenhang mit, aufgrund des Antrags vom 14.10.1968 würden die irrtümlich entrichteten Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten in Höhe von insgesamt 2.160 DM zurückerstattet. Als Begründung gab die AOK an, laut "Beschluss" der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) vom 10.04.1968 sei der Kläger von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung der Angestellten befreit worden. Eine von der Beklagten rekonstruierte Karteikarte weist als Eintragung mit der laufenden Nummer 1 eine Befreiung nach Art. 2 § 1 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) aus, wobei in der Spalte "Tag des Schriftstücks" ein Datum aus dem Monat Februar 1968 eingetragen ist. Die rekonstruierten Unterlagen enthalten des Weiteren eine Versicherungskarte, die von der Stadt A-Stadt am 23.04.1968 ausgegeben worden war. Auf der Rückseite hatte die I von 1968 bis 1971 Arbeitsentgelte eingetragen. Diese Eintragungen sind größten Teils durchgestrichen. Die AOK A-Stadt hat dazu folgenden Vermerk angebracht: "Beiträge zur (unleserlich) für die Zeit bis 30.9.68 Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil wurden in Höhe von 2.160 DM am 24.10.1968 zurückgezahlt, weil Befreiung (unleserlich) vorliegt."
Der Beklagten liegt eine Versicherungskarte herkömmlicher Art (in der bis 31.12.1972 vorgeschriebenen Fassung) für den Zeitraum 01.01.1965 bis 31.12.1968 vor. Weiter legte der Kläger im Lauf des Verfahrens für die Jahre 1973 bis 1978 jeweils eine Jahresmeldung nach Anlage 6 der Datenerfassungs-Verordnung vom 24. November 1972 (BGBl I S. 2159) - DEVO - vor, und zwar die Ausfertigung für den Versicherten. Diese Jahresmeldungen sind jeweils als "Versicherungskarte der Rentenversicherung der Angestellten" bezeichnet.
In einem Antrag auf Kontenklärung vom 23.03.1992 gab der Kläger unter Nr. 4.6 an, in der Angestelltenversicherung bestehe seit 1968 Versicherungsfreiheit wegen Überschreitens der Jahresarbeitsverdienstgrenze; in einem auf den gleichen Tag datierten Begleitschreiben erläuterte der Kläger, er habe eine befreiende Lebensversicherung bei der N. Lebensversicherung AG abgeschlossen. Er wisse nicht, so der Kläger in diesem Brief, ob für ihn Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt worden seien; mit Sicherheit wisse er, dass das seit 1982 nicht mehr der Fall sei. Im Zuge eines Arbeitsplatzwechsels des Klägers zum 01.02.1993 schrieb der seinerzeitige neue Arbeitgeber des Klägers, die Firma T. GmbH (im Folgenden: T), der Kläger behaupte, seit dem 01.01.1968 von der Rentenversicherungspflicht befreit zu sein.
Am 28.05.2002 beantragte der Kläger eine Regelaltersrente. Die Beklagte übersandte ihm einen auf den 27.09.2002 datierten Bescheid, der als "Mitteilung über eine vorläufige Leistung (Art. 45 der Verordnung Nr. 574/72 EWG)" überschrieben war. Damit wurde eine Regelaltersrente ab 01.04.2002 in Höhe von monatlich 255,41 EUR zugesprochen. Die Vorläufigkeit resultierte daraus, dass der finnische Versicherungsträger beteiligt werden musste. Die Rente, so die Beklagte, werde endgültig festgestellt, sobald die maßgeblichen Angaben des finnischen Versicherungsträgers vorlägen. In Anlage 10 dieses Bescheids wurde der Passus aufgenommen, die Zeit vom 01.04.1967 bis 01.05.1993 könne nicht als Beitragszeit anerkannt werden, weil nach dem seinerzeit geltenden Recht Versicherungs- oder Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht bestanden hätte.
Mit Schreiben vom 02.02.2003 fragte der Kläger an, wann er mit dem endgültigen Rentenbescheid "über die Zeit von 1966 bis 1984" rechnen dürfte. Die Beklagte erließ daraufhin einen auf den 26.02.2003 datierten Bescheid. Eine Überprüfung des Bescheids vom 27.09.2002, so die Beklagte, habe ergeben, dass weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Die AOK A-Stadt habe für die Zeit vom 01.04.1967 bis 31.12.1967 eine Rückerstattung des Arbeitgeber- und des Arbeitnehmerbeitragsanteils zur Rentenversicherung bestätigt. Es sei zu vermuten, dass wegen Überschreitens der seinerzeitigen Jahresarbeitsverdienstgrenze von 21.600 DM nach § 5 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) Versicherungsfreiheit bestanden habe. Ab 01.01.1968 sei der Kläger von der Versicherungspflicht befreit worden. Es verbleibe daher bei der Ablehnung der Beitragszeit vom 01.04.1967 bis 01.05.1993.
Den dagegen mit Schreiben vom 21.03.2003 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.06.2003 als unbegründet zurück. Weitere Pflichtbeiträge, so die Beklagte zur Begründung, seien bei der Berechnung der Altersrente nicht zu berücksichtigen. In einem Versicherungsverlauf vom 14.05.1984 seien zwar Pflichtbeiträge für die Zeit vom 01.10.1968 bis 31.12.1971 vermerkt gewesen. Diese Daten seien jedoch im September 1991 gelöscht worden. Die in Frage kommenden Krankenkassen hätten für die Jahre 1972 bis 1992 eine Beitragsentrichtung zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht bestätigen können.
Mit Bescheid vom 02.07.2003 wurde - nachdem der finnische Versicherungsträger mitgeteilt hatte, es würden keine Versicherungszeiten in Finnland vorliegen - die Rente auf der Grundlage der Mitteilung vom 27.09.2002 festgestellt.
Mit Schriftsatz vom 21.07.2003 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Augsburg. Dieses stellte weitere Ermittlungen an: Die AOK Bayern ließ dem Sozialgericht mit Schreiben vom 19.08.2003 wissen, vom 01.01.1968 bis 31.03.1984 während der Beschäftigung bei der I sei der Kläger ausschließlich zur Arbeitslosenversicherung gemeldet gewesen. Beitragsleistungen zur Rentenversicherung könnten nicht bestätigt werden. Die Deutsche Angestelltenkrankenkasse leitete dem Gericht ein auf den 15.07.1991 datiertes Schreiben der Beklagten an sie zu. Darin hatte die Beklagte der Krankenkasse mitgeteilt, mit Bescheid vom 10.04.1968 sei der Kläger gemäß Art. 2 § 1 AnVNG von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit worden. Der Kläger übersandte dem Sozialgericht mit Schriftsatz vom 03.12.2003 weitere Unterlagen, welche die Beklagte auswertete und zu denen sie sich mit Schriftsatz vom 18.12.2003 wie folgt äußerte: "Aus den diversen Unterlagen geht nicht hervor, dass Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt worden sind. Im Gegenteil: In den Lohnbescheinigungen der Firma I. sind in der Spalte "Rentenversicherung" keine Einträge vorhanden."
Mit Urteil vom 19.11.2008 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Beiträge zur Rentenversicherung seien dem Kläger für den Zeitraum April bis Dezember 1967 erstattet worden, weil dieser die seinerzeitige Jahresarbeitsverdienstgrenze überschritten hätte; die tatsächliche Erstattung sei mit Schreiben der AOK A-Stadt vom 10.04.1968 nachgewiesen. Ab 01.01.1968 sei eine grundsätzliche Versicherungspflicht für alle Angestellten eingetreten, da der seinerzeitige § 5 AVG gestrichen worden sei. Auf der Grundlage von Art. 2 § 1 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe b AnVNG habe sich der Kläger von der zum 01.01.1968 eingetretenen Versicherungspflicht befreien lassen, was aufgrund seiner abgeschlossenen Lebensversicherung möglich gewesen sei. Dies räume der Kläger auch selbst ein. In einem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 23.03.1992 habe er angegeben, seit 1968 von der Versicherungspflicht befreit zu sein und einen befreienden Lebensversicherungsvertrag mit der N. Lebensversicherung AG geschlossen zu haben. Des Weiteren habe sich der Kläger ähnlich gegenüber T geäußert. Der Umstand, dass in früheren Versicherungsverläufen Pflichtbeiträge von 1967 bis 1971 ausgewiesen seien, helfe dem Kläger nicht weiter. Diese Eintragungen seien nicht bindend gewesen. Eine Löschung dieser zu Unrecht gespeicherten Beitragszeiten sei im September 1991 erfolgt. Die vorgelegten Entgeltnachweise brächten ebenfalls zum Ausdruck, dass keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt worden seien.
Dagegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 19.12.2008 eingelegte Berufung, mit der der Kläger erneut darlegen will, die Beitragszahlung sei nur aufgrund eines der I zuzurechnenden persönlichen Fehlverhaltens unterblieben.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 19. November 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 2. Juli 2003 zu verurteilen, ihm unter Berücksichtigung der Zeit vom 01.04.1967 bis 31.03.1984 als weiterer Beitragszeit eine höhere Regelaltersrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Von einer gesonderten weiteren Begründung hat die Beklagte abgesehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Akten des Sozialgerichts und des Bayerischen Landessozialgerichts verwiesen. Diese waren alle Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass keine weiteren Beitragszeiten während des Zeitraums 01.04.1967 bis 31.03.1984 anzurechnen sind, und deswegen einen Anspruch auf eine höhere Regelaltersrente richtiger Weise verneint.
Soweit in Frage steht, welche Regelungen der Beklagten Streitgegenstand sind, beschränkt sich dieser auf den Rentenbescheid vom 02.07.2003. Die im Vorfeld getroffenen Regelungen wurden durch den endgültigen Rentenbescheid vom 02.07.2003 ersetzt mit der Folge, dass jener nach der seinerzeitigen Rechtslage gemäß § 86 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Verfahrensgegenstand wurde (vgl. BSGE 47, 28 (30 f.)).
Für die Bewertung der hier streitigen Zeiten ist das "neue" - gemeint ist das zum Zeitpunkt der Rentenentscheidung bzw. der Antragstellung geltende - Recht maßgebend, auch wenn es sich um vermeintliche Beitragszeiten aus den 1960er bis 1980er Jahren handelt. § 300 Abs. 1 des Sozialgesetzbuchs Sechstes Buch (SGB VI) enthält die Grundregel des rentenversicherungsrechtlichen Übergangsrechts. Danach ist neues Recht von dem Zeitpunkt seines Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Dem Übergangsrecht liegt das Prinzip zugrunde, dass Rechtsänderungen grundsätzlich relevant sind, egal ob ein Versicherter bereits eine Rente bezieht oder nicht. Von diesem Prinzip bestehen zwar weit reichende Ausnahmen (vgl. § 300 Abs. 4 SGB VI, für so genannte Bestandsrenten vor allem § 306 Abs. 1 SGB VI), die hier jedoch allesamt nicht einschlägig sind.
Weitere Beitragszeiten im Zeitraum 01.04.1967 bis 31.03.1984 können nicht anerkannt werden, so dass - mangels weiterer Entgeltpunkte - kein höherer Anspruch auf Regelaltersrente festgestellt werden kann. Denn im streitgegenständlichen Zeitraum wurden keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt. Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB VI sind Beitragszeiten Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Satz 2 bestimmt, dass Pflichtbeitragszeiten auch Zeiten sind, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten.
Die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB VI sind nicht erfüllt. Denn zur Überzeugung des Senats wurden weder Pflicht- noch freiwillige Beiträge gezahlt. Hinsichtlich möglicher freiwilliger Beiträge beschränkt sich der Senat auf den Hinweis, dass diese von dem freiwillig Versicherten selbst gezahlt werden müssen (§ 173 Satz 1 i.V.m. § 171 SGB VI); das war auch unter dem Reglement des Angestelltenversicherungsgesetzes so, auch wenn dort ausdrückliche Regelungen fehlten (vgl. Scholz in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 171 SGB VI RdNr. 3 (Stand: Mai 1994)). Dass er selbst Beiträge entrichtet hätte, hat der Kläger nie behauptet. Er stützt sich vielmehr darauf, von Seiten der I seien möglicherweise Beiträge als Pflichtbeiträge entrichtet worden.
Dieser Vortrag des Klägers kann nicht a priori mit dem Argument als unschlüssig eingestuft werden, dieser sei ja von der Versicherungspflicht befreit gewesen, weshalb keine Grundlage für eine Beitragszahlung bestanden hätte. Denn § 26 Abs. 1 Satz 3 des Sozialgesetzbuches Viertes Buch (SGB IV) sieht vor, dass nach Ablauf der in § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV bestimmten Frist zu Unrecht entrichtete als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge gelten.
Die I hat indes für den Kläger keine (Pflicht-) Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet bzw. wurden geleistete Beiträge erstattet. Hinsichtlich der Beweiswürdigung insoweit kommt der Senat zum gleichen Ergebnis wie das Sozialgericht. Im Detail sieht er gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer eigenen Begründung ab und verweist auf die in den Urteilsgründen des Sozialgerichts dargestellte sorgfältige Beweiswürdigung. Dieses hat zutreffend herausgearbeitet, dass alle einschlägigen Äußerungen - insbesondere versicherungsrechtliche Willenserklärungen - und Handlungen, die der Kläger im Lauf der Jahrzehnte unternommen hatte, nur den Schluss zulassen, dass er ab 1968 von der Rentenversicherungspflicht befreit und für die Zeit von April bis Dezember 1967 nicht versicherungspflichtig war. Daraus hat das Sozialgericht richtig den Schluss gezogen, für den Kläger seien ab 1968 keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung mehr geleistet worden. Das ist von der AOK Bayern auch bestätigt worden.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass das Bild, das sich aufgrund der genannten Würdigung der individuellen Versichertenbiografie des Klägers bietet, Bestätigung findet durch die seinerzeitige Rechtsentwicklung. Bis einschließlich 1967 bestand für diejenigen, welche die Jahresentgeltgrenze überschritten, keine Versicherungspflicht. Das wurde zum 01.01.1968 geändert, für die bisherigen "Entgeltüberschreiter" jedoch mit der Möglichkeit, sich von der nun eingetretenen Versicherungspflicht befreien zu lassen (Art. 2 § 1 AnVNG). Im Gegenzug finden sich keinerlei Anhaltspunkte, die I könnte doch Beiträge geleistet haben.
Es greifen im Sinn von § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB VI keine Vorschriften ein, nach denen Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten (vgl. die abschließende Aufzählung dieser so genannten fiktiven Pflichtbeitragszeiten bei Kreikebohm/von Koch/ Krauß in: Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts Band 3, 1999, § 30 RdNr. 54 ff.). Die §§ 247 bis 249 a SGB VI enthalten für Beitragszeiten Sonderbestimmungen, die beim Kläger allesamt nicht einschlägig sind.
Der Umstand, dass im vorliegenden Fall "Versicherungskarten der Rentenversicherung der Angestellten" für die Jahre 1973 bis 1978 vorhanden sind, führt zu keinem für den Kläger günstigeren Ergebnis. Denn diese "Versicherungskarten" lösen keine Vermutungswirkungen aus, nach denen eine Beitragszahlung oder ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis fingiert wird.
Einerseits helfen dem Kläger die gesetzlichen Vermutungen nach § 286 Abs. 2 und 3 SGB VI nicht weiter. Darin werden Vermutungswirkungen an die Aufrechnung bzw. den Umtausch einer Versicherungskarte geknüpft. Die Vermutungswirkungen zielen auf das Bestehen eines die Versicherungspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnisses, auf ein bestimmtes Arbeitsentgelt und auf eine rechtzeitige Beitragszahlung. § 286 Abs. 2 und 3 SGB VI erscheinen auf den ersten Blick nicht abwegig, weil die darin normierten Vermutungswirkungen gerade auf Versicherungskarten aufbauen und zudem die den Kläger betreffenden Versicherungsnachweise, die sich für den Zeitraum 1973 bis 1978 in der Beklagtenakte befinden, mit "Versicherungskarte" überschrieben sind. Dennoch lösen diese Dokumente keine Vermutungswirkungen aus. Denn § 286 SGB VI erfasst nur Tatbestände vor dem 01.01.1973 (vgl. Gürtner, Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 286 SGB VI RdNr. 8; Kreikebohm in: GK-SGB VI, § 286 RdNr. 6 (Stand: November 2004); Finke in: Hauck/Noftz, SGB VI, § 286 RdNr. 6 (Stand: November 1993); Verbandskommentar, § 286 SGB VI Nr. 2 (Stand: Oktober 2005) und § 199 SGB VI Nr. 1.4 (Stand: September 2001)), was die hier vorliegenden "Versicherungskarten" aus dem Anwendungsbereich der Norm ausschließt.
Mit dem Inkrafttreten der Datenerfassungs-Verordnung zum 01.01.1973 wurde gegenüber den bis dato geltenden Nachweismodalitäten ein grundlegend anderes Verfahren installiert, um den Rentenversicherungsträgern die für die Leistungsberechnung erforderlichen Daten an die Hand zu geben. Die Versicherungskarte in ihrer typischen Funktionalität gab es für pflichtversicherte Arbeitnehmer ab diesem Zeitpunkt nicht mehr.
Dass der Rentenversicherungsträger vor dem 01.01.1973 Kenntnis vom versicherten Arbeitsentgelt bekam, bewirkte § 123 AVG. Diese Vorschrift betraf die Entgeltbescheinigung durch den Arbeitgeber, wenn dieser die Beiträge entrichtete. Danach war die Entrichtung der Beiträge durch den Arbeitgeber durch Entgeltbescheinigungen in der Versicherungskarte des Versicherten nachzuweisen. Von Einführung der Rentenversicherung an waren rentenrechtliche Zeiten bis dahin stets auf Versicherungskarten nachgewiesen worden. Die Versicherungskarte bestand aus dickem Papier oder Karton und enthielt Felder für die Verwendung bzw. das Einkleben der Beitragsmarken bzw. ab 1942 Felder für Entgelteintragungen. Sie war bis zum 31.12.1972 der maßgebende Nachweis der Beitragszahlung.
Die Datenerfassungs-Verordnung führte zu einem grundlegenden Wandel in Bezug auf die rentenversicherungsrechtlich relevanten Nachweise. Nach der seinerzeit maßgebenden Ermächtigungsgrundlage des § 123 Abs. 3 AVG bestimmte der zuständige Bundesminister durch Rechtsverordnung u.a. das Muster der maschinell lesbaren Versicherungskarte, das Nähere über Inhalt und Form der Eintragungen. Der Wortlaut von § 123 Abs. 3 AVG "dissimuliert", dass mit dem Inkrafttreten der Datenerfassungs-Verordnung eine Systemänderung stattgefunden hatte: In der Tat wurde das Versicherungskartenverfahren abgeschafft und ein Verfahren der Jahresmeldung installiert, wie die Verordnungsregelungen zeigen:
§ 1 DEVO schrieb vor, dass Meldungen auf Grund von § 123 AVG sich nach den Vorschriften "dieser Verordnung" richteten. § 2 DEVO stellte eine Meldepflicht für Arbeitnehmer auf, die krankenversicherungspflichtig, rentenversicherungspflichtig oder beitragspflichtig nach dem Arbeitsförderungsgesetz waren oder für die Beitragsanteile zu den gesetzlichen Rentenversicherungen zu entrichten waren. Im vorliegenden Fall war der Kläger zwar von der Rentenversicherungspflicht befreit, jedoch nach wie vor "beitragspflichtig nach dem Arbeitsförderungsgesetz". § 2 Abs. 3 Satz 2 DEVO regelte, dass bei nicht krankenversicherungspflichtigen Arbeitnehmern die Meldungen bei dem Träger der Krankenversicherung zu erstatten waren, der für den Einzug der Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen oder zur Bundesanstalt für Arbeit zuständig war. Die "Versicherungskarte" war nominell in den Vordruck nach Anlage 6 umgesetzt worden. Dieser war mit "Versicherungskarte der Rentenversicherung der Angestellten" betitelt. Diese Anlage 6 war der Vordruck für die Jahresmeldung nach § 5 DEVO. Das Versicherungskartenverfahren wurde also, folgt man der Intention der Verordnung, in ein Jahresmeldeverfahren umgewandelt, das Institut der Versicherungskarte jedoch formal nicht abgeschafft. Sie wurde allerdings ihrer überkommenen Funktionen und ihres seit jeher typschen Verfahrenskontextes beraubt.
Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht vertretbar, die Vermutungen des § 286 SGB VI auch auf Tatbestände nach dem 01.01.1973 anzuwenden. Da die vom Kläger vorgelegten "Versicherungskarten" allesamt aus der Zeit ab 1973 stammen, ist § 286 Abs. 2 oder 3 SGB VI nicht einschlägig. Daran ändert nichts, dass auch nach dem 01.01.1973 § 145 Abs. 1 und 2 AVG - es handelte sich dabei um Vermutungsregelungen, welche den § 286 Abs. 2 und 3 SGB VI entsprochen und an die Versicherungskarten Vermutungswirkungen geknüpft hatten - weitergalten und keine Regelung eingeführt wurde, die - wie jetzt § 199 Satz 1 SGB VI - an die Meldungen eine Vermutungswirkung band (vgl. dazu Verbandskommentar, § 199 SGB VI Nr. 1.3 Vorgängerregelungen: Mit Einführung des integrierten Meldeverfahrens ab 01.01.1973 durch die Datenerfassungs-Verordnung hätte § 145 Abs. 1 AVG wesentlich an Bedeutung verloren; seitdem seien Versicherungskarten zum Nachweis der durch Abführung an eine Einzugsstelle entrichteten Beiträge nicht mehr zugelassen; auf das Fehlen einer § 199 Satz 1 SGB VI entsprechenden Vermutungsregelung vor dem 01.01.1992 weist auch hin Finke in: Hauck/Noftz, SGB VI, § 199 SGB VI RdNr. 6, 8 (Stand: Juni 2001)). Ein eventueller Schluss, weil § 145 Abs. 1 und 2 AVG - zumindest formal - auch für die ab 01.01.1973 eingetretenen Tatbestände gegolten habe, müsste dies auch für § 286 Abs. 2 und 3 SGB VI so sein, wäre falsch. Denn mit § 199 Satz 1 SGB VI ist im aktuellen Rentenversicherungsrecht gerade eine Sonderregelung eingeführt worden, die eine Vermutungswirkung an Meldungen knüpft. Es besteht damit keine Notwendigkeit mehr, die Vermutungsregelung zu den alten Versicherungskarten "zurecht zu biegen" und sie auch auf die ab 01.01.1973 abzugebenden Jahresmeldungen anzuwenden.
Aber auch die somit näher liegende Vermutung des § 199 Satz 1 SGB VI verhilft dem Kläger nicht zum Erfolg. Nach § 199 Satz 1 SGB VI wird bei Beschäftigungszeiten, die den Trägern der Rentenversicherung ordnungsgemäß gemeldet worden sind, vermutet, dass während dieser Zeiten ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit dem gemeldeten Arbeitsentgelt bestanden hat und der Beitrag dafür wirksam gezahlt worden ist. Diese Vermutungswirkung führt, wenn man der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts folgt, für Beschäftigte dazu, dass es de facto - entgegen dem rechtlichen Grundsatz - doch nicht auf eine tatsächliche Beitragszahlung ankommt. Denn die in § 199 Satz 1 SGB VI ausgesprochene Vermutungswirkung ist - so zumindest das Bundessozialgericht - unwiderleglich. Das hat der 4. Senat in der Entscheidung BSGE 86, 262 (271 und 279) festgestellt. Es kann dahin stehen, ob diese Ansicht zutrifft. Dazu sei nur angemerkt, dass die nahezu einhellige Ansicht in der Literatur von einer widerleglichen Vermutung ausgeht (Verbandskommentar, § 199 SGB VI Nr. 2 (Stand: September 2001); Peters in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 199 SGB VI RdNr. 4 (Stand: Dezember 1998); Finke in: Hauck/Noftz, SGB VI, § 199 RdNr. 14 (Stand: Juni 2001); sehr ausführlich, sich vor allem auch mit der Ansicht des Bundessozialgerichts kritisch auseinandersetzend Kreikebohm in: GK-SGB VI, § 199 RdNr. 9 f. (Stand: April 2003)).
Aber auch wenn die Vermutung des § 199 Satz 1 SGB VI unwiderleglich wäre, würde die Regelung nicht greifen, weil es schon an einem Vermutungstatbestand fehlt. Denn auf der einen Seite sind Beschäftigungszeiten nicht im Sinn dieser Vorschrift "dem Träger der Rentenversicherung" gemeldet worden. Im vorliegenden Fall war nach dem seinerzeit einschlägigen Recht der Datenerfassungs-Verordnung eine Meldung zu erstatten, weil der Kläger beitragspflichtig zum Recht der Arbeitsförderung war; nur aus diesem Grund existieren die Meldungen überhaupt. Zwar stellte nach § 12 Abs. 3 DEVO der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung "Durchgangsstation" für die Meldung dar. Diese Norm bestimmte, dass die Träger der Krankenversicherung die Meldungen für Angestellte an die BfA weiterzuleiten hatten; dies galt offenbar auch für solche Beschäftigte, die nur beitragspflichtig nach dem Arbeitsförderungsgesetz waren. Die BfA hatte die Daten zu speichern und sie z.B. für die Bundesanstalt für Arbeit bereit zu halten (vgl. § 14 Abs. 1 DEVO). Die Vermutungswirkung des § 199 Satz 1 SGB VI kann aber nicht an diesen Umstand anknüpfen, sondern gilt vielmehr nur dann, wenn der Träger der Rentenversicherung auch tatsächlich Meldungsdestinatar war. Das war hier nicht der Fall. Zu Lasten des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung können sich nicht aus einer Meldung Vermutungswirkungen ergeben, die überhaupt nicht für ihn bestimmt war und die er inhaltlich nicht zur Kenntnis nehmen musste.
Die Vermutungswirkung des § 199 Satz 1 SGB VI greift auch deswegen nicht, weil es keine Vermutungswirkung dafür gibt, dass tatsächlich ein Versicherungsverhältnis bestanden hatte; diese bezieht sich nur ein "versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis". Es existiert demzufolge keine negative Vermutung dahin, eine Befreiung von der Versicherungspflicht habe gerade nicht vorgelegen.
Nach dem Gesetz gilt die Vermutung für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, und zwar eines versicherungspflichtigen. Das Attribut "versicherungspflichtig" darf nicht dahin ausgelegt werden, es müsse tatsächlich eine Versicherung bestanden haben. Die Versicherungspflichtigkeit des Beschäftigungsverhältnisses muss vielmehr nach zum Teil abstrakten Maßstäben beurteilt werden. Zwar kommt es darauf an, ob ein Beschäftigungsverhältnis mit der konkret vorliegenden Tätigkeit und dem konkret erzielten Arbeitsentgelt versicherungspflichtig ist bzw. wäre. Das so gestaltete Arbeitsverhältnis wird in der weiteren Prüfung aber als Typus beurteilt. Eine Abstrahierung muss insoweit vorgenommen werden, als nicht maßgebend ist, ob konkret eine Befreiung von der Versicherungspflicht vorliegt oder nicht.
Diese Auffassung wird durch § 199 Satz 2 SGB VI bestätigt. Denn würde bereits die ordnungsgemäße Meldung unwiderleglich für ein bestehendes Versicherungsverhältnis sprechen, wäre das in dieser Norm fixierte Recht der Versicherten, von den Rentenversicherungsträgern die Feststellung eines gültigen Versicherungsverhältnisses (während der ordnungsgemäß gemeldeten Beschäftigungszeit) zu verlangen, nicht recht verständlich. Für die Beseitigung dieser Vermutung wäre nach der gesetzlichen Systematik nämlich das Einzugsstellenverfahren gemäß § 28 h Abs. 2 SGB IV vorgesehen. Für eine gesonderte Feststellungsbefugnis des Rentenversicherungsträgers bestünde keine Notwendigkeit; diese wäre vielmehr wegen einer zu befürchtenden Regelungszersplitterung kontraproduktiv.
Weiter wird von der Vermutung des § 199 Satz 1 SGB VI die Höhe des bezogenen Arbeitsentgelts erfasst. Diese Vermutungswirkung spielt im vorliegenden Fall keine Rolle.
Der Tatbestand der dritten und für den hier vorliegenden Fall entscheidenden Vermutung, dass nämlich Beiträge tatsächlich gezahlt worden sind, wird nicht erfüllt, weil eine "beitragspflichthindernde" Einwendung vorliegt. Nach der gesetzlichen Systematik ist bei der leistungsrechtlichen Ermittlung und Bewertung von Beschäftigungszeiten zunächst das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses festzustellen, wobei die Vermutung des § 199 Satz 1 SGB VI einschlägig ist. Auf der nächsten Stufe gilt es die Höhe des Arbeitsentgelts zu ermitteln; auch insoweit greift § 199 Satz 1 SGB VI ein. Bevor man sich aber im dritten Schritt der Frage zuwenden kann, ob Beiträge gezahlt worden sind, muss geklärt werden, ob die Beitragspflicht - die sich aus dem Umstand einer versicherungspflichtigen Beschäftigung im Prinzip ergibt - nicht aufgrund besonderer Umstände doch nicht besteht. Ein solcher "besonderer Umstand" wäre eben die hier vorliegenden Befreiung von der Versicherungspflicht. Für diesen Zwischenschritt fehlt es jedoch an einem gesetzlichen Vermutungstatbestand. Es bedarf vielmehr einer positiven Feststellung, wobei insoweit die Feststellung des Rentenversicherungsträgers nach § 199 Satz 2 SGB VI zum Tragen kommt. Erst wenn solche "beitragspflichthindernden" Einwendungen ausgeschlossen werden können, ist es gerechtfertigt, eine Vermutung zu Gunsten einer Beitragsentrichtung zu statuieren, wie sie wiederum in § 199 Satz 1 SGB VI enthalten ist. Daran fehlt es hier.
Der dritte in Betracht zu ziehende Vermutungstatbestand, § 203 Abs. 1 SGB VI, hilft dem Kläger ebenfalls nicht weiter. Denn eine Beitragszahlung ist nicht glaubhaft gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Berufung des Klägers ohne Erfolg geblieben ist.
Die Revision wurde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Das Berufungsverfahren betrifft die Frage, ob dem Kläger eine höhere Regelaltersrente unter Einbeziehung weiterer Beitragszeiten zusteht.
Der 72-jährige Kläger hatte 1961 die Berechtigung erworben, die Berufsbezeichnung Ingenieur der Holzindustrie zu führen. In der Folgezeit war er abhängig beschäftigt. Ab 01.07.1966 arbeitete der Kläger bis 31.03.1984 für die Firma I. (im Folgenden: I). Jedenfalls ab 01.01.1967 lag das Arbeitsentgelt des Klägers bis zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses mit der I über der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung. Ende 1967 oder Anfang 1968 schloss der Kläger eine Lebensversicherung bei der N. Lebensversicherung AG ab. Diese wurde im Versicherungsschein als "Familien-Fundament"-Versicherung mit Gewinnbeteiligung bezeichnet. Das "Versorgungskapital" betrug laut Versicherungsschein 87.590 DM. Es gab eine "zusätzlich versicherte Zeitrente" von 3.153 DM jährlich. Die Lebensversicherung sah keine Unfalltod-Leistung, jedoch zusätzliche Leistungen bei Berufsunfähigkeit vor. Versicherungsbeginn war der 01.10.1967, der Fälligkeitszeitpunkt der Versicherungssumme der 01.10.2001. Der Beitrag war zunächst mit monatlich 240 DM festgelegt.
Im Jahr 1968 kam es zu einer Rückerstattung von Rentenversicherungsbeiträgen. Die AOK A-Stadt teilte der N. Lebensversicherung AG mit Schreiben vom 29.10.1968 in diesem Zusammenhang mit, aufgrund des Antrags vom 14.10.1968 würden die irrtümlich entrichteten Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten in Höhe von insgesamt 2.160 DM zurückerstattet. Als Begründung gab die AOK an, laut "Beschluss" der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) vom 10.04.1968 sei der Kläger von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung der Angestellten befreit worden. Eine von der Beklagten rekonstruierte Karteikarte weist als Eintragung mit der laufenden Nummer 1 eine Befreiung nach Art. 2 § 1 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) aus, wobei in der Spalte "Tag des Schriftstücks" ein Datum aus dem Monat Februar 1968 eingetragen ist. Die rekonstruierten Unterlagen enthalten des Weiteren eine Versicherungskarte, die von der Stadt A-Stadt am 23.04.1968 ausgegeben worden war. Auf der Rückseite hatte die I von 1968 bis 1971 Arbeitsentgelte eingetragen. Diese Eintragungen sind größten Teils durchgestrichen. Die AOK A-Stadt hat dazu folgenden Vermerk angebracht: "Beiträge zur (unleserlich) für die Zeit bis 30.9.68 Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil wurden in Höhe von 2.160 DM am 24.10.1968 zurückgezahlt, weil Befreiung (unleserlich) vorliegt."
Der Beklagten liegt eine Versicherungskarte herkömmlicher Art (in der bis 31.12.1972 vorgeschriebenen Fassung) für den Zeitraum 01.01.1965 bis 31.12.1968 vor. Weiter legte der Kläger im Lauf des Verfahrens für die Jahre 1973 bis 1978 jeweils eine Jahresmeldung nach Anlage 6 der Datenerfassungs-Verordnung vom 24. November 1972 (BGBl I S. 2159) - DEVO - vor, und zwar die Ausfertigung für den Versicherten. Diese Jahresmeldungen sind jeweils als "Versicherungskarte der Rentenversicherung der Angestellten" bezeichnet.
In einem Antrag auf Kontenklärung vom 23.03.1992 gab der Kläger unter Nr. 4.6 an, in der Angestelltenversicherung bestehe seit 1968 Versicherungsfreiheit wegen Überschreitens der Jahresarbeitsverdienstgrenze; in einem auf den gleichen Tag datierten Begleitschreiben erläuterte der Kläger, er habe eine befreiende Lebensversicherung bei der N. Lebensversicherung AG abgeschlossen. Er wisse nicht, so der Kläger in diesem Brief, ob für ihn Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt worden seien; mit Sicherheit wisse er, dass das seit 1982 nicht mehr der Fall sei. Im Zuge eines Arbeitsplatzwechsels des Klägers zum 01.02.1993 schrieb der seinerzeitige neue Arbeitgeber des Klägers, die Firma T. GmbH (im Folgenden: T), der Kläger behaupte, seit dem 01.01.1968 von der Rentenversicherungspflicht befreit zu sein.
Am 28.05.2002 beantragte der Kläger eine Regelaltersrente. Die Beklagte übersandte ihm einen auf den 27.09.2002 datierten Bescheid, der als "Mitteilung über eine vorläufige Leistung (Art. 45 der Verordnung Nr. 574/72 EWG)" überschrieben war. Damit wurde eine Regelaltersrente ab 01.04.2002 in Höhe von monatlich 255,41 EUR zugesprochen. Die Vorläufigkeit resultierte daraus, dass der finnische Versicherungsträger beteiligt werden musste. Die Rente, so die Beklagte, werde endgültig festgestellt, sobald die maßgeblichen Angaben des finnischen Versicherungsträgers vorlägen. In Anlage 10 dieses Bescheids wurde der Passus aufgenommen, die Zeit vom 01.04.1967 bis 01.05.1993 könne nicht als Beitragszeit anerkannt werden, weil nach dem seinerzeit geltenden Recht Versicherungs- oder Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht bestanden hätte.
Mit Schreiben vom 02.02.2003 fragte der Kläger an, wann er mit dem endgültigen Rentenbescheid "über die Zeit von 1966 bis 1984" rechnen dürfte. Die Beklagte erließ daraufhin einen auf den 26.02.2003 datierten Bescheid. Eine Überprüfung des Bescheids vom 27.09.2002, so die Beklagte, habe ergeben, dass weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Die AOK A-Stadt habe für die Zeit vom 01.04.1967 bis 31.12.1967 eine Rückerstattung des Arbeitgeber- und des Arbeitnehmerbeitragsanteils zur Rentenversicherung bestätigt. Es sei zu vermuten, dass wegen Überschreitens der seinerzeitigen Jahresarbeitsverdienstgrenze von 21.600 DM nach § 5 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) Versicherungsfreiheit bestanden habe. Ab 01.01.1968 sei der Kläger von der Versicherungspflicht befreit worden. Es verbleibe daher bei der Ablehnung der Beitragszeit vom 01.04.1967 bis 01.05.1993.
Den dagegen mit Schreiben vom 21.03.2003 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.06.2003 als unbegründet zurück. Weitere Pflichtbeiträge, so die Beklagte zur Begründung, seien bei der Berechnung der Altersrente nicht zu berücksichtigen. In einem Versicherungsverlauf vom 14.05.1984 seien zwar Pflichtbeiträge für die Zeit vom 01.10.1968 bis 31.12.1971 vermerkt gewesen. Diese Daten seien jedoch im September 1991 gelöscht worden. Die in Frage kommenden Krankenkassen hätten für die Jahre 1972 bis 1992 eine Beitragsentrichtung zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht bestätigen können.
Mit Bescheid vom 02.07.2003 wurde - nachdem der finnische Versicherungsträger mitgeteilt hatte, es würden keine Versicherungszeiten in Finnland vorliegen - die Rente auf der Grundlage der Mitteilung vom 27.09.2002 festgestellt.
Mit Schriftsatz vom 21.07.2003 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Augsburg. Dieses stellte weitere Ermittlungen an: Die AOK Bayern ließ dem Sozialgericht mit Schreiben vom 19.08.2003 wissen, vom 01.01.1968 bis 31.03.1984 während der Beschäftigung bei der I sei der Kläger ausschließlich zur Arbeitslosenversicherung gemeldet gewesen. Beitragsleistungen zur Rentenversicherung könnten nicht bestätigt werden. Die Deutsche Angestelltenkrankenkasse leitete dem Gericht ein auf den 15.07.1991 datiertes Schreiben der Beklagten an sie zu. Darin hatte die Beklagte der Krankenkasse mitgeteilt, mit Bescheid vom 10.04.1968 sei der Kläger gemäß Art. 2 § 1 AnVNG von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit worden. Der Kläger übersandte dem Sozialgericht mit Schriftsatz vom 03.12.2003 weitere Unterlagen, welche die Beklagte auswertete und zu denen sie sich mit Schriftsatz vom 18.12.2003 wie folgt äußerte: "Aus den diversen Unterlagen geht nicht hervor, dass Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt worden sind. Im Gegenteil: In den Lohnbescheinigungen der Firma I. sind in der Spalte "Rentenversicherung" keine Einträge vorhanden."
Mit Urteil vom 19.11.2008 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Beiträge zur Rentenversicherung seien dem Kläger für den Zeitraum April bis Dezember 1967 erstattet worden, weil dieser die seinerzeitige Jahresarbeitsverdienstgrenze überschritten hätte; die tatsächliche Erstattung sei mit Schreiben der AOK A-Stadt vom 10.04.1968 nachgewiesen. Ab 01.01.1968 sei eine grundsätzliche Versicherungspflicht für alle Angestellten eingetreten, da der seinerzeitige § 5 AVG gestrichen worden sei. Auf der Grundlage von Art. 2 § 1 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe b AnVNG habe sich der Kläger von der zum 01.01.1968 eingetretenen Versicherungspflicht befreien lassen, was aufgrund seiner abgeschlossenen Lebensversicherung möglich gewesen sei. Dies räume der Kläger auch selbst ein. In einem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 23.03.1992 habe er angegeben, seit 1968 von der Versicherungspflicht befreit zu sein und einen befreienden Lebensversicherungsvertrag mit der N. Lebensversicherung AG geschlossen zu haben. Des Weiteren habe sich der Kläger ähnlich gegenüber T geäußert. Der Umstand, dass in früheren Versicherungsverläufen Pflichtbeiträge von 1967 bis 1971 ausgewiesen seien, helfe dem Kläger nicht weiter. Diese Eintragungen seien nicht bindend gewesen. Eine Löschung dieser zu Unrecht gespeicherten Beitragszeiten sei im September 1991 erfolgt. Die vorgelegten Entgeltnachweise brächten ebenfalls zum Ausdruck, dass keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt worden seien.
Dagegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 19.12.2008 eingelegte Berufung, mit der der Kläger erneut darlegen will, die Beitragszahlung sei nur aufgrund eines der I zuzurechnenden persönlichen Fehlverhaltens unterblieben.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 19. November 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 2. Juli 2003 zu verurteilen, ihm unter Berücksichtigung der Zeit vom 01.04.1967 bis 31.03.1984 als weiterer Beitragszeit eine höhere Regelaltersrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Von einer gesonderten weiteren Begründung hat die Beklagte abgesehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Akten des Sozialgerichts und des Bayerischen Landessozialgerichts verwiesen. Diese waren alle Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass keine weiteren Beitragszeiten während des Zeitraums 01.04.1967 bis 31.03.1984 anzurechnen sind, und deswegen einen Anspruch auf eine höhere Regelaltersrente richtiger Weise verneint.
Soweit in Frage steht, welche Regelungen der Beklagten Streitgegenstand sind, beschränkt sich dieser auf den Rentenbescheid vom 02.07.2003. Die im Vorfeld getroffenen Regelungen wurden durch den endgültigen Rentenbescheid vom 02.07.2003 ersetzt mit der Folge, dass jener nach der seinerzeitigen Rechtslage gemäß § 86 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Verfahrensgegenstand wurde (vgl. BSGE 47, 28 (30 f.)).
Für die Bewertung der hier streitigen Zeiten ist das "neue" - gemeint ist das zum Zeitpunkt der Rentenentscheidung bzw. der Antragstellung geltende - Recht maßgebend, auch wenn es sich um vermeintliche Beitragszeiten aus den 1960er bis 1980er Jahren handelt. § 300 Abs. 1 des Sozialgesetzbuchs Sechstes Buch (SGB VI) enthält die Grundregel des rentenversicherungsrechtlichen Übergangsrechts. Danach ist neues Recht von dem Zeitpunkt seines Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Dem Übergangsrecht liegt das Prinzip zugrunde, dass Rechtsänderungen grundsätzlich relevant sind, egal ob ein Versicherter bereits eine Rente bezieht oder nicht. Von diesem Prinzip bestehen zwar weit reichende Ausnahmen (vgl. § 300 Abs. 4 SGB VI, für so genannte Bestandsrenten vor allem § 306 Abs. 1 SGB VI), die hier jedoch allesamt nicht einschlägig sind.
Weitere Beitragszeiten im Zeitraum 01.04.1967 bis 31.03.1984 können nicht anerkannt werden, so dass - mangels weiterer Entgeltpunkte - kein höherer Anspruch auf Regelaltersrente festgestellt werden kann. Denn im streitgegenständlichen Zeitraum wurden keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt. Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB VI sind Beitragszeiten Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Satz 2 bestimmt, dass Pflichtbeitragszeiten auch Zeiten sind, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten.
Die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB VI sind nicht erfüllt. Denn zur Überzeugung des Senats wurden weder Pflicht- noch freiwillige Beiträge gezahlt. Hinsichtlich möglicher freiwilliger Beiträge beschränkt sich der Senat auf den Hinweis, dass diese von dem freiwillig Versicherten selbst gezahlt werden müssen (§ 173 Satz 1 i.V.m. § 171 SGB VI); das war auch unter dem Reglement des Angestelltenversicherungsgesetzes so, auch wenn dort ausdrückliche Regelungen fehlten (vgl. Scholz in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 171 SGB VI RdNr. 3 (Stand: Mai 1994)). Dass er selbst Beiträge entrichtet hätte, hat der Kläger nie behauptet. Er stützt sich vielmehr darauf, von Seiten der I seien möglicherweise Beiträge als Pflichtbeiträge entrichtet worden.
Dieser Vortrag des Klägers kann nicht a priori mit dem Argument als unschlüssig eingestuft werden, dieser sei ja von der Versicherungspflicht befreit gewesen, weshalb keine Grundlage für eine Beitragszahlung bestanden hätte. Denn § 26 Abs. 1 Satz 3 des Sozialgesetzbuches Viertes Buch (SGB IV) sieht vor, dass nach Ablauf der in § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV bestimmten Frist zu Unrecht entrichtete als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge gelten.
Die I hat indes für den Kläger keine (Pflicht-) Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet bzw. wurden geleistete Beiträge erstattet. Hinsichtlich der Beweiswürdigung insoweit kommt der Senat zum gleichen Ergebnis wie das Sozialgericht. Im Detail sieht er gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer eigenen Begründung ab und verweist auf die in den Urteilsgründen des Sozialgerichts dargestellte sorgfältige Beweiswürdigung. Dieses hat zutreffend herausgearbeitet, dass alle einschlägigen Äußerungen - insbesondere versicherungsrechtliche Willenserklärungen - und Handlungen, die der Kläger im Lauf der Jahrzehnte unternommen hatte, nur den Schluss zulassen, dass er ab 1968 von der Rentenversicherungspflicht befreit und für die Zeit von April bis Dezember 1967 nicht versicherungspflichtig war. Daraus hat das Sozialgericht richtig den Schluss gezogen, für den Kläger seien ab 1968 keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung mehr geleistet worden. Das ist von der AOK Bayern auch bestätigt worden.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass das Bild, das sich aufgrund der genannten Würdigung der individuellen Versichertenbiografie des Klägers bietet, Bestätigung findet durch die seinerzeitige Rechtsentwicklung. Bis einschließlich 1967 bestand für diejenigen, welche die Jahresentgeltgrenze überschritten, keine Versicherungspflicht. Das wurde zum 01.01.1968 geändert, für die bisherigen "Entgeltüberschreiter" jedoch mit der Möglichkeit, sich von der nun eingetretenen Versicherungspflicht befreien zu lassen (Art. 2 § 1 AnVNG). Im Gegenzug finden sich keinerlei Anhaltspunkte, die I könnte doch Beiträge geleistet haben.
Es greifen im Sinn von § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB VI keine Vorschriften ein, nach denen Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten (vgl. die abschließende Aufzählung dieser so genannten fiktiven Pflichtbeitragszeiten bei Kreikebohm/von Koch/ Krauß in: Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts Band 3, 1999, § 30 RdNr. 54 ff.). Die §§ 247 bis 249 a SGB VI enthalten für Beitragszeiten Sonderbestimmungen, die beim Kläger allesamt nicht einschlägig sind.
Der Umstand, dass im vorliegenden Fall "Versicherungskarten der Rentenversicherung der Angestellten" für die Jahre 1973 bis 1978 vorhanden sind, führt zu keinem für den Kläger günstigeren Ergebnis. Denn diese "Versicherungskarten" lösen keine Vermutungswirkungen aus, nach denen eine Beitragszahlung oder ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis fingiert wird.
Einerseits helfen dem Kläger die gesetzlichen Vermutungen nach § 286 Abs. 2 und 3 SGB VI nicht weiter. Darin werden Vermutungswirkungen an die Aufrechnung bzw. den Umtausch einer Versicherungskarte geknüpft. Die Vermutungswirkungen zielen auf das Bestehen eines die Versicherungspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnisses, auf ein bestimmtes Arbeitsentgelt und auf eine rechtzeitige Beitragszahlung. § 286 Abs. 2 und 3 SGB VI erscheinen auf den ersten Blick nicht abwegig, weil die darin normierten Vermutungswirkungen gerade auf Versicherungskarten aufbauen und zudem die den Kläger betreffenden Versicherungsnachweise, die sich für den Zeitraum 1973 bis 1978 in der Beklagtenakte befinden, mit "Versicherungskarte" überschrieben sind. Dennoch lösen diese Dokumente keine Vermutungswirkungen aus. Denn § 286 SGB VI erfasst nur Tatbestände vor dem 01.01.1973 (vgl. Gürtner, Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 286 SGB VI RdNr. 8; Kreikebohm in: GK-SGB VI, § 286 RdNr. 6 (Stand: November 2004); Finke in: Hauck/Noftz, SGB VI, § 286 RdNr. 6 (Stand: November 1993); Verbandskommentar, § 286 SGB VI Nr. 2 (Stand: Oktober 2005) und § 199 SGB VI Nr. 1.4 (Stand: September 2001)), was die hier vorliegenden "Versicherungskarten" aus dem Anwendungsbereich der Norm ausschließt.
Mit dem Inkrafttreten der Datenerfassungs-Verordnung zum 01.01.1973 wurde gegenüber den bis dato geltenden Nachweismodalitäten ein grundlegend anderes Verfahren installiert, um den Rentenversicherungsträgern die für die Leistungsberechnung erforderlichen Daten an die Hand zu geben. Die Versicherungskarte in ihrer typischen Funktionalität gab es für pflichtversicherte Arbeitnehmer ab diesem Zeitpunkt nicht mehr.
Dass der Rentenversicherungsträger vor dem 01.01.1973 Kenntnis vom versicherten Arbeitsentgelt bekam, bewirkte § 123 AVG. Diese Vorschrift betraf die Entgeltbescheinigung durch den Arbeitgeber, wenn dieser die Beiträge entrichtete. Danach war die Entrichtung der Beiträge durch den Arbeitgeber durch Entgeltbescheinigungen in der Versicherungskarte des Versicherten nachzuweisen. Von Einführung der Rentenversicherung an waren rentenrechtliche Zeiten bis dahin stets auf Versicherungskarten nachgewiesen worden. Die Versicherungskarte bestand aus dickem Papier oder Karton und enthielt Felder für die Verwendung bzw. das Einkleben der Beitragsmarken bzw. ab 1942 Felder für Entgelteintragungen. Sie war bis zum 31.12.1972 der maßgebende Nachweis der Beitragszahlung.
Die Datenerfassungs-Verordnung führte zu einem grundlegenden Wandel in Bezug auf die rentenversicherungsrechtlich relevanten Nachweise. Nach der seinerzeit maßgebenden Ermächtigungsgrundlage des § 123 Abs. 3 AVG bestimmte der zuständige Bundesminister durch Rechtsverordnung u.a. das Muster der maschinell lesbaren Versicherungskarte, das Nähere über Inhalt und Form der Eintragungen. Der Wortlaut von § 123 Abs. 3 AVG "dissimuliert", dass mit dem Inkrafttreten der Datenerfassungs-Verordnung eine Systemänderung stattgefunden hatte: In der Tat wurde das Versicherungskartenverfahren abgeschafft und ein Verfahren der Jahresmeldung installiert, wie die Verordnungsregelungen zeigen:
§ 1 DEVO schrieb vor, dass Meldungen auf Grund von § 123 AVG sich nach den Vorschriften "dieser Verordnung" richteten. § 2 DEVO stellte eine Meldepflicht für Arbeitnehmer auf, die krankenversicherungspflichtig, rentenversicherungspflichtig oder beitragspflichtig nach dem Arbeitsförderungsgesetz waren oder für die Beitragsanteile zu den gesetzlichen Rentenversicherungen zu entrichten waren. Im vorliegenden Fall war der Kläger zwar von der Rentenversicherungspflicht befreit, jedoch nach wie vor "beitragspflichtig nach dem Arbeitsförderungsgesetz". § 2 Abs. 3 Satz 2 DEVO regelte, dass bei nicht krankenversicherungspflichtigen Arbeitnehmern die Meldungen bei dem Träger der Krankenversicherung zu erstatten waren, der für den Einzug der Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen oder zur Bundesanstalt für Arbeit zuständig war. Die "Versicherungskarte" war nominell in den Vordruck nach Anlage 6 umgesetzt worden. Dieser war mit "Versicherungskarte der Rentenversicherung der Angestellten" betitelt. Diese Anlage 6 war der Vordruck für die Jahresmeldung nach § 5 DEVO. Das Versicherungskartenverfahren wurde also, folgt man der Intention der Verordnung, in ein Jahresmeldeverfahren umgewandelt, das Institut der Versicherungskarte jedoch formal nicht abgeschafft. Sie wurde allerdings ihrer überkommenen Funktionen und ihres seit jeher typschen Verfahrenskontextes beraubt.
Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht vertretbar, die Vermutungen des § 286 SGB VI auch auf Tatbestände nach dem 01.01.1973 anzuwenden. Da die vom Kläger vorgelegten "Versicherungskarten" allesamt aus der Zeit ab 1973 stammen, ist § 286 Abs. 2 oder 3 SGB VI nicht einschlägig. Daran ändert nichts, dass auch nach dem 01.01.1973 § 145 Abs. 1 und 2 AVG - es handelte sich dabei um Vermutungsregelungen, welche den § 286 Abs. 2 und 3 SGB VI entsprochen und an die Versicherungskarten Vermutungswirkungen geknüpft hatten - weitergalten und keine Regelung eingeführt wurde, die - wie jetzt § 199 Satz 1 SGB VI - an die Meldungen eine Vermutungswirkung band (vgl. dazu Verbandskommentar, § 199 SGB VI Nr. 1.3 Vorgängerregelungen: Mit Einführung des integrierten Meldeverfahrens ab 01.01.1973 durch die Datenerfassungs-Verordnung hätte § 145 Abs. 1 AVG wesentlich an Bedeutung verloren; seitdem seien Versicherungskarten zum Nachweis der durch Abführung an eine Einzugsstelle entrichteten Beiträge nicht mehr zugelassen; auf das Fehlen einer § 199 Satz 1 SGB VI entsprechenden Vermutungsregelung vor dem 01.01.1992 weist auch hin Finke in: Hauck/Noftz, SGB VI, § 199 SGB VI RdNr. 6, 8 (Stand: Juni 2001)). Ein eventueller Schluss, weil § 145 Abs. 1 und 2 AVG - zumindest formal - auch für die ab 01.01.1973 eingetretenen Tatbestände gegolten habe, müsste dies auch für § 286 Abs. 2 und 3 SGB VI so sein, wäre falsch. Denn mit § 199 Satz 1 SGB VI ist im aktuellen Rentenversicherungsrecht gerade eine Sonderregelung eingeführt worden, die eine Vermutungswirkung an Meldungen knüpft. Es besteht damit keine Notwendigkeit mehr, die Vermutungsregelung zu den alten Versicherungskarten "zurecht zu biegen" und sie auch auf die ab 01.01.1973 abzugebenden Jahresmeldungen anzuwenden.
Aber auch die somit näher liegende Vermutung des § 199 Satz 1 SGB VI verhilft dem Kläger nicht zum Erfolg. Nach § 199 Satz 1 SGB VI wird bei Beschäftigungszeiten, die den Trägern der Rentenversicherung ordnungsgemäß gemeldet worden sind, vermutet, dass während dieser Zeiten ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit dem gemeldeten Arbeitsentgelt bestanden hat und der Beitrag dafür wirksam gezahlt worden ist. Diese Vermutungswirkung führt, wenn man der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts folgt, für Beschäftigte dazu, dass es de facto - entgegen dem rechtlichen Grundsatz - doch nicht auf eine tatsächliche Beitragszahlung ankommt. Denn die in § 199 Satz 1 SGB VI ausgesprochene Vermutungswirkung ist - so zumindest das Bundessozialgericht - unwiderleglich. Das hat der 4. Senat in der Entscheidung BSGE 86, 262 (271 und 279) festgestellt. Es kann dahin stehen, ob diese Ansicht zutrifft. Dazu sei nur angemerkt, dass die nahezu einhellige Ansicht in der Literatur von einer widerleglichen Vermutung ausgeht (Verbandskommentar, § 199 SGB VI Nr. 2 (Stand: September 2001); Peters in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 199 SGB VI RdNr. 4 (Stand: Dezember 1998); Finke in: Hauck/Noftz, SGB VI, § 199 RdNr. 14 (Stand: Juni 2001); sehr ausführlich, sich vor allem auch mit der Ansicht des Bundessozialgerichts kritisch auseinandersetzend Kreikebohm in: GK-SGB VI, § 199 RdNr. 9 f. (Stand: April 2003)).
Aber auch wenn die Vermutung des § 199 Satz 1 SGB VI unwiderleglich wäre, würde die Regelung nicht greifen, weil es schon an einem Vermutungstatbestand fehlt. Denn auf der einen Seite sind Beschäftigungszeiten nicht im Sinn dieser Vorschrift "dem Träger der Rentenversicherung" gemeldet worden. Im vorliegenden Fall war nach dem seinerzeit einschlägigen Recht der Datenerfassungs-Verordnung eine Meldung zu erstatten, weil der Kläger beitragspflichtig zum Recht der Arbeitsförderung war; nur aus diesem Grund existieren die Meldungen überhaupt. Zwar stellte nach § 12 Abs. 3 DEVO der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung "Durchgangsstation" für die Meldung dar. Diese Norm bestimmte, dass die Träger der Krankenversicherung die Meldungen für Angestellte an die BfA weiterzuleiten hatten; dies galt offenbar auch für solche Beschäftigte, die nur beitragspflichtig nach dem Arbeitsförderungsgesetz waren. Die BfA hatte die Daten zu speichern und sie z.B. für die Bundesanstalt für Arbeit bereit zu halten (vgl. § 14 Abs. 1 DEVO). Die Vermutungswirkung des § 199 Satz 1 SGB VI kann aber nicht an diesen Umstand anknüpfen, sondern gilt vielmehr nur dann, wenn der Träger der Rentenversicherung auch tatsächlich Meldungsdestinatar war. Das war hier nicht der Fall. Zu Lasten des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung können sich nicht aus einer Meldung Vermutungswirkungen ergeben, die überhaupt nicht für ihn bestimmt war und die er inhaltlich nicht zur Kenntnis nehmen musste.
Die Vermutungswirkung des § 199 Satz 1 SGB VI greift auch deswegen nicht, weil es keine Vermutungswirkung dafür gibt, dass tatsächlich ein Versicherungsverhältnis bestanden hatte; diese bezieht sich nur ein "versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis". Es existiert demzufolge keine negative Vermutung dahin, eine Befreiung von der Versicherungspflicht habe gerade nicht vorgelegen.
Nach dem Gesetz gilt die Vermutung für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, und zwar eines versicherungspflichtigen. Das Attribut "versicherungspflichtig" darf nicht dahin ausgelegt werden, es müsse tatsächlich eine Versicherung bestanden haben. Die Versicherungspflichtigkeit des Beschäftigungsverhältnisses muss vielmehr nach zum Teil abstrakten Maßstäben beurteilt werden. Zwar kommt es darauf an, ob ein Beschäftigungsverhältnis mit der konkret vorliegenden Tätigkeit und dem konkret erzielten Arbeitsentgelt versicherungspflichtig ist bzw. wäre. Das so gestaltete Arbeitsverhältnis wird in der weiteren Prüfung aber als Typus beurteilt. Eine Abstrahierung muss insoweit vorgenommen werden, als nicht maßgebend ist, ob konkret eine Befreiung von der Versicherungspflicht vorliegt oder nicht.
Diese Auffassung wird durch § 199 Satz 2 SGB VI bestätigt. Denn würde bereits die ordnungsgemäße Meldung unwiderleglich für ein bestehendes Versicherungsverhältnis sprechen, wäre das in dieser Norm fixierte Recht der Versicherten, von den Rentenversicherungsträgern die Feststellung eines gültigen Versicherungsverhältnisses (während der ordnungsgemäß gemeldeten Beschäftigungszeit) zu verlangen, nicht recht verständlich. Für die Beseitigung dieser Vermutung wäre nach der gesetzlichen Systematik nämlich das Einzugsstellenverfahren gemäß § 28 h Abs. 2 SGB IV vorgesehen. Für eine gesonderte Feststellungsbefugnis des Rentenversicherungsträgers bestünde keine Notwendigkeit; diese wäre vielmehr wegen einer zu befürchtenden Regelungszersplitterung kontraproduktiv.
Weiter wird von der Vermutung des § 199 Satz 1 SGB VI die Höhe des bezogenen Arbeitsentgelts erfasst. Diese Vermutungswirkung spielt im vorliegenden Fall keine Rolle.
Der Tatbestand der dritten und für den hier vorliegenden Fall entscheidenden Vermutung, dass nämlich Beiträge tatsächlich gezahlt worden sind, wird nicht erfüllt, weil eine "beitragspflichthindernde" Einwendung vorliegt. Nach der gesetzlichen Systematik ist bei der leistungsrechtlichen Ermittlung und Bewertung von Beschäftigungszeiten zunächst das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses festzustellen, wobei die Vermutung des § 199 Satz 1 SGB VI einschlägig ist. Auf der nächsten Stufe gilt es die Höhe des Arbeitsentgelts zu ermitteln; auch insoweit greift § 199 Satz 1 SGB VI ein. Bevor man sich aber im dritten Schritt der Frage zuwenden kann, ob Beiträge gezahlt worden sind, muss geklärt werden, ob die Beitragspflicht - die sich aus dem Umstand einer versicherungspflichtigen Beschäftigung im Prinzip ergibt - nicht aufgrund besonderer Umstände doch nicht besteht. Ein solcher "besonderer Umstand" wäre eben die hier vorliegenden Befreiung von der Versicherungspflicht. Für diesen Zwischenschritt fehlt es jedoch an einem gesetzlichen Vermutungstatbestand. Es bedarf vielmehr einer positiven Feststellung, wobei insoweit die Feststellung des Rentenversicherungsträgers nach § 199 Satz 2 SGB VI zum Tragen kommt. Erst wenn solche "beitragspflichthindernden" Einwendungen ausgeschlossen werden können, ist es gerechtfertigt, eine Vermutung zu Gunsten einer Beitragsentrichtung zu statuieren, wie sie wiederum in § 199 Satz 1 SGB VI enthalten ist. Daran fehlt es hier.
Der dritte in Betracht zu ziehende Vermutungstatbestand, § 203 Abs. 1 SGB VI, hilft dem Kläger ebenfalls nicht weiter. Denn eine Beitragszahlung ist nicht glaubhaft gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Berufung des Klägers ohne Erfolg geblieben ist.
Die Revision wurde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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