L 18 SO 101/09 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
18
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 20 SO 49/09 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 18 SO 101/09 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Für einen einstweiligen Rechtsschutz besteht dort kein Raum mehr, wo die beantragte Leistung des Antragstellers, die im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes begehrt wird, bereits bestandskräftig versagt worden ist.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 18.06.2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.



Gründe:


I.

Streitig in dem Antragsverfahren ist die Gewährung von Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Der 1937 geborene Beschwerdeführer (Bf) ist türkischer Staatsangehöriger. Er ist seit dem 01.10.2008 unter der Adresse W.Straße in N. gemeldet.

Am 27.11.2008 ging bei der Beschwerdegegnerin (Bg) ein Antrag vom 08.10.2008 auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII ein. Als Wohnanschrift wurde für den Bf und dessen Ehefrau die W.Straße in N. genannt. Bei mehreren Hausbesuchen im Dezember 2008 durch Mitarbeiter der Bg wurde der Bf nicht angetroffen. In einer Aktennotiz wurde festgehalten, dass eine Haustürglocke mit dem Namen "A." nicht existiere; allerdings sei ein Briefkasten mit dem Namen "G.-A." vorhanden.

Nachfolgend forderte die Bg vom Bf die Vorlage verschiedener Unterlagen und Nachweise bis zum 15.03.2009. Mit Bescheid vom 02.04.2009 lehnte die Bg den Antrag vom 27.11.2008 wegen fehlender Mitwirkung des Bf ab, da der Bf die angeforderten Unterlagen und Nachweise nicht vorgelegt habe. Der Bescheid war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Er wurde laut Aktenvermerk am 02.04.2009 abgesandt. Gegen diesen Bescheid wurde kein Widerspruch erhoben.

Gegen den Bescheid vom 02.04.2009 hat der Bf mit Schreiben vom 29.04.2009 (Eingang am 12.05.2009) Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Gleichzeitig hat er den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, die Bg zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII ab 01.01.2006 zu verpflichten. Auch sei ab dem gleichen Datum Ersatz für den Schaden zu leisten, der ihm und seiner Ehefrau "im Gesundheitswesen" entstanden sei. Er sei in N. angemeldet und habe sämtliche notwendigen Unterlagen der Bg übergeben. Er habe gegenüber der Bg einen Bevollmächtigten beauftragt und eingesetzt (Herrn P. H. G., N.). Die Postanschrift seiner für die Klage/für das Antragsverfahren beauftragten Vertretung laute Z.-G., S. , F./Türkei.

Das SG hat mit Schreiben vom 19.05.2009 den Bf unter Fristsetzung bis zum 31.05.2009 aufgefordert mitzuteilen, welche Person und in welchem Umfang er diese Person mit seiner Vertretung beauftragt habe. Dies gehe aus der Klageschrift nicht hervor. Im Falle einer Bevollmächtigung eines im Ausland ansässigen Prozessvertreters wäre entsprechend § 63 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Zustellungsbevollmächtigter im Inland zu bestellen bzw. würde weiterhin an den Bf unter dessen Wohnanschrift in N. zugestellt. Ggf. werde um Übersendung einer entsprechenden schriftlichen Vollmacht gebeten.

Das Schreiben vom 19.05.2009 hat der Bf nicht beantwortet. Das SG hat nach Zustellung der Ladung an den Bf am 09.06.2009 (Zustellungsurkunde vom 09.06.2009) am 18.06.2009 einen Erörterungstermin durchgeführt, zu dem der Bf nicht erschien.

Mit Beschluss ebenfalls vom 18.06.2009 hat das SG ohne mündliche Verhandlung den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Bf habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Er habe keinen Anspruch auf die von ihm am 27.11.2008 beantragten Leistungen nach dem SGB XII, da die Bg die Leistungen mit Bescheid vom 02.04.2009 bestandskräftig abgelehnt habe. Dies ergebe sich daraus, dass der Bf nicht Widerspruch gegen den Bescheid vom 02.04.2009 erhoben habe. Soweit die Klage oder etwa der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vom 12.05.2009 als Widerspruch angesehen werde, sei die Widerspruchsfrist nach § 84 Abs 1 Satz 1 SGG nicht gewahrt. Denn nach dieser Vorschrift sei der Widerspruch binnen eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Stelle einzureichen, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Der Bescheid vom 02.04.2009, der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehen worden sei, sei am 02.04.2009 zur Post gegeben worden und dem Bf auch tatsächlich zugegangen. Damit gelte dieser Bescheid gem. § 37 Abs 2 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) als am 05.04.2009 bekanntgegeben. Dies habe zur Folge, dass mit Eingang am 12.05.2009 der Widerspruch verfristet und somit unzulässig sei. Da auch Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vorgetragen und nachgewiesen seien, sei die Versagungsentscheidung der Bg vom 02.04.2009 als bestandskräftig und damit unanfechtbar zu beurteilen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Bf. Er beanstande, dass weder er noch ein dem Gericht benannter Bevollmächtigter ordnungsgemäß zum Termin vom 18.06.2009 geladen worden sei.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet und daher zurückzuweisen. Zutreffend hat das SG die beantragte einstweilige Anordnung abgelehnt.

Der Senat weist die Beschwerde aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses zurück. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 142 Abs 2 Satz 3 SGG).

Gegenstand der einstweiligen Anordnung ist vorliegend der Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs 2 Satz 2 SGG. Diese setzt einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus. Das SG hat zu Recht bereits einen Anordnungsanspruch des Bf verneint, da der Bescheid der Bg vom 02.04.2009 bestandskräftig geworden ist. Für einen einstweiligen Rechtsschutz besteht dort kein Raum mehr, wo die beantragte Leistung des Antragstellers, die im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes begehrt wird, bereits bestandskräftig versagt worden ist.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass das SG zu Recht von einer Verfristung der Klage oder etwa der Antragstellung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ausgegangen ist, soweit diese als Widerspruch betrachtet werden könnten. Es kommt nicht darauf ab, ob der Bf tatsächlich im Verwaltungsverfahren einen Bevollmächtigten beauftragt hat, da die Bekanntgabe des Bescheides vom 02.04.2009 an den Bf ausreicht (§ 37 Abs 1 SGB X,
s. Engelmann in von Wulffen, Kommentar zum SGB X, 6. Aufl., Rz 10 zu § 37). Wegen der Fiktion des § 37 Abs 2 Satz 1 SGB X begann die Widerspruchsfrist am 05.04.2009 zu laufen und endete am 05.05.2009. Eine Einlegung des Widerspruches am 12.05.2009 ist somit verspätet (§§ 84 Abs 1 Satz 1, 64 Abs 2 Satz 1 SGG).

Ohne Belang ist, ob der Bf ordnungsgemäß zum Erörterungstermin vom 18.06.2009 geladen wurde, da der angefochtene Beschluss zwar ebenfalls am 18.06.2009, aber außerhalb des Erörterungstermins erging.

Soweit es dem Bf um Ersatzleistungen für Schäden geht, die er und seine Ehefrau "im Gesundheitswesen" erlitten hätten, hat der Bf im Übrigen auch nicht glaubhaft gemacht, dass ihm der geltend gemachte Anspruch zusteht.

Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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