Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 40 AL 820/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 189/07
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Eine Zweckverfehlung im Sinne von § 47 Abs 2 S. 1 Nr. 1 SGB X stellt auf einen im Verwaltungsakt bestimmten Zweck ab.
2. Die eindeutige Zweckbestimmung einer Leistung ist mit der Bezeichnung Lehrgangskosten, Ausweisung eines Geldbetrags und Regelung von Zahlungsmodalitäten erfolgt.
3. Ein Sachaufwand als Lehrgangskosten kann an den Arbeitslosen direkt zugewandt werden.
4. Eine Einlassung, wonach es dem Empfänger einer Leistung der Bundesagentur gleichgültig gewesen ist, wie viel Geld er bekommen habe, entlastet ihn nicht vom Vorwurf der groben Fahrlässigkeit. Ein solches Verhalten ist vielmehr plastischer Ausdruck der Außerachtlassung einfachsten Sorgfaltspflichten.
5. Ein Verhalten ist grob fahrlässig, wenn jemand ungeprüft Leistungen empfängt, ohne wenigstens eine grobe Plausibilitätsprüfung vorzunehmen.
6. Bei § 47 Abs. 2 SGB X Ist ebenso wie bei § 45 Abs. 2 SGB X beim Vorliegen von Bösgläubigkeit des Begünstigten wenig Raum für eine Ermessensentscheidung.
7. Die Ermessensbetätigung verlangt nicht die verbale Wiedergabe der von der Rechtsprechung entwickelten Diktion i.S. von Leerformeln, wenn keine Umstände vorliegen, die dem Versicherungsträger Handlungsalternativen offen stehen lassen.
8. Wenn der Versicherungsträger den Betroffenen bei der Anhörung danach gefragt hat, was aus seiner Sicht gegen einen geplanten Widerruf spricht und insoweit nichts weiter vorgetragen wird, als dass dieser sich keines Verschuldens bewusst sei, kann diesem bei der Ermessensbetätigung nicht der Vorwurf mangelhafter Begründung gemacht werden. Er ist in Abwesenheit nahe liegender Gesichtspunkte nicht gehalten krampfhaft nach weiteren anzuführenden Umständen zu suchen.
9. In der Literatur lassen sich keine Belege dafür finden, dass bei einem Widerruf im Sinne von § 47 SGB X keine Verpflichtung zur Ausübung eines Ermessens gemäß § 330 Abs. 2 SGB III besteht.
2. Die eindeutige Zweckbestimmung einer Leistung ist mit der Bezeichnung Lehrgangskosten, Ausweisung eines Geldbetrags und Regelung von Zahlungsmodalitäten erfolgt.
3. Ein Sachaufwand als Lehrgangskosten kann an den Arbeitslosen direkt zugewandt werden.
4. Eine Einlassung, wonach es dem Empfänger einer Leistung der Bundesagentur gleichgültig gewesen ist, wie viel Geld er bekommen habe, entlastet ihn nicht vom Vorwurf der groben Fahrlässigkeit. Ein solches Verhalten ist vielmehr plastischer Ausdruck der Außerachtlassung einfachsten Sorgfaltspflichten.
5. Ein Verhalten ist grob fahrlässig, wenn jemand ungeprüft Leistungen empfängt, ohne wenigstens eine grobe Plausibilitätsprüfung vorzunehmen.
6. Bei § 47 Abs. 2 SGB X Ist ebenso wie bei § 45 Abs. 2 SGB X beim Vorliegen von Bösgläubigkeit des Begünstigten wenig Raum für eine Ermessensentscheidung.
7. Die Ermessensbetätigung verlangt nicht die verbale Wiedergabe der von der Rechtsprechung entwickelten Diktion i.S. von Leerformeln, wenn keine Umstände vorliegen, die dem Versicherungsträger Handlungsalternativen offen stehen lassen.
8. Wenn der Versicherungsträger den Betroffenen bei der Anhörung danach gefragt hat, was aus seiner Sicht gegen einen geplanten Widerruf spricht und insoweit nichts weiter vorgetragen wird, als dass dieser sich keines Verschuldens bewusst sei, kann diesem bei der Ermessensbetätigung nicht der Vorwurf mangelhafter Begründung gemacht werden. Er ist in Abwesenheit nahe liegender Gesichtspunkte nicht gehalten krampfhaft nach weiteren anzuführenden Umständen zu suchen.
9. In der Literatur lassen sich keine Belege dafür finden, dass bei einem Widerruf im Sinne von § 47 SGB X keine Verpflichtung zur Ausübung eines Ermessens gemäß § 330 Abs. 2 SGB III besteht.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 20. April 2007 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Rechtsstreit streiten die Beteiligten um die Erstattung von an die Klägerin ausbezahlten Lehrgangsgebühren in Höhe von 2.877,24 EUR.
Mit der Klägerin bekanntgegebenem Bescheid vom 05.11.2001 bewilligte die Beklagte Leistungen in Höhe von insgesamt 29.138,49 DM (Lehrgangskosten 19.695,69 DM - zahlbar ab September 2001 in 21 Raten monatlich im Voraus zu 967,89 DM - und Fahrkosten 9.442,80 DM - ebenfalls monatlich einmalig für September 429,22 DM und ab Oktober im Voraus 429,23 DM), nachdem dieser vom Maßnahmeträger (beruflichen Fortbildungszentrum der Bayerischen Wirtschaft R. - bfz) eine Aufnahmebescheinigung für den Lehrgang "Umschulung zur Fachinformatiker-Systemintegration" in der Zeit vom 24.09.2001 bis 27.06.2003 erteilt worden war.
Vorangegangen war ein Kurzantrag der Klägerin auf Förderung der Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme für Leistungsempfänger. Denn die Klägerin stand zuvor bereits seit dem 01.02.2001 im Leistungsbezug (Arbeitslosengeld über eine Anspruchsdauer von 360 Tagen). Damals erhielt sie Arbeitslosengeld in Höhe von circa 1670 DM monatlich.
Am 24.09.2001 trat die Klägerin die Maßnahme an, brach sie aber am 30.11.2001 aus gesundheitlichen Gründen ab. Nach Anhörung zur Rückforderung von im Zeitraum vom 01.12.2001 bis 31.12.2001 erbrachten Leistungen hob die Beklagte mit Bescheid vom 05.02.2002 die Entscheidung über die Bewilligung "der Leistung" wegen wesentlicher Änderung - Abbruch der Maßnahme - gemäß § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) in Verbindung mit § 330 Abs. 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) auf und verlangte Erstattung von 219,46 DM, die mit den noch zustehenden Leistungen aufgerechnet werden sollten. Mit Bescheid vom 07.04.2001 verlangte die Beklagte Erstattung von Ausbildungskosten in Höhe von 2.877,24 EUR für die ihr überwiesenen Kosten der beruflichen Weiterbildung, weil diese nicht an den Bildungsträger weitergeleitet worden seien. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.06.2003, diesmal gestützt auf § 47 SGB X, wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.
Fragen zur Leistungshöhe ging das SG in erster Instanz nach. Die Klägerin legte Kontoauszüge vor; die Beklagte ließ sich erläuternd ein. Sie hat dargelegt, dass drei Gutschriften über Lehrgangskosten an die Klägerin überwiesen worden sind, die mit der besonderen Kennziffer 6501 versehen waren (Zahlungsnachweise vom 18. und 19.12.2001 sowie vom 25.01.2002 über Beträge von 1.918,16 Euro, 479,54 Euro und 479,54 Euro. Zwei dieser Zahlungen finden sich auch in den vorgelegten Kontoauszügen der Klägerin. Jeweils daneben die monatlichen Dauerleistungen zum Lebensunterhalt in Höhe von 1.614,90 DM.
Mit Urteil vom 20.04.2007 hat das Sozialgericht München (SG Az.: S 48 AL 820/03) die Klage abgewiesen. Zur Begründung des Urteils hatte das SG im Wesentlichen auf die Ausführungen des erkennenden Senats in dessen Beschluss im Beschwerdeverfahren wegen Prozesskostenhilfe gestützt. Darin ist ausgeführt, dass der Beklagten zwar eine Befugnis zur Erstattung zukomme, aber Unklarheit über die genaue Höhe der Erstattung bestehe.
Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und im Wesentlichen vorgetragen, ihr stehe ein den Widerruf ausschließender Vertrauensschutz zu.
Die Klägerin stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 20.04.2007 sowie den Bescheid vom 17.04.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.06.2003 aufzuheben.
Die Beklagte stellt den Antrag,
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Senat konnte gemäß §§ 153 Abs. 4, 33, 12 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, da die Voraussetzungen eines Gerichtsbeschlusses gegeben sind und dessen Erlass nach vorangehender schriftlicher Umfrage bei den Berufsrichtern des Senats mit Schreiben vom 04.05.2009 an die Beteiligten unter Kundgabe des voraussichtlichen Verfahrensergebnisses angekündigt worden ist.
Die Berufung ist unbegründet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (§ 136 Abs. 3 SGG). Der Senat macht sich diese Ausführungen bis auf das Folgende voll zu eigen.
Der mit der isolierten Anfechtungsklage anfechtende Eingriff der Beklagten in das Vermögen der Klägerin ist berechtigt.
Zumindest der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 04.06.2003 erging zurecht und hat damit (§ 95 SGG) auch den angefochtenen Verwaltungsakt vom 07.04.2001 zulässig berichtigt. Er ist zutreffend auf § 47 Abs. 2 SGB X in der Fassung des Gesetzes vom 02.05.1996 (BGBl 1656) gestützt. Insoweit kann auch auf die Ausführungen im Beschluss vom 24.01.2006 gemäß §§ 153 Abs. 1 und 2, 142 SGG Bezug genommen. Diese Vorschrift hat ihren Anwendungsbereich speziell bei Bewilligung (oder der Anerkennung der Erfüllung der Voraussetzungen solcher Geld- oder Sachleistungen), für die eine enge Zweckbindung besteht; die Gesetzesmaterialien nennen insoweit besonders Leistungen aus dem Arbeitsförderungsrecht. Die konkrete Zweckbestimmung für den Einzelfall "Lehrgangskosten" war im Verwaltungsakt selbst getroffen worden.
Gemäß § 47 Abs. 2 SGB X kann ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, der eine Geld- oder Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes zuerkennt oder hierfür Voraussetzung ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn
1. die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird,
2. mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
Der Verwaltungsakt darf mit Wirkung für die Vergangenheit nicht widerrufen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einem Widerruf schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zum Widerruf des Verwaltungsaktes geführt haben. § 45 Abs. 4
Satz 2 SGB X gilt entsprechend.
Die Voraussetzungen dieser Eingriffsnormen liegen vor.
Der Verwaltungsakt vom 05.11.2001 war rechtmäßig. Die Klägerin und nur diese (vgl.
§§ 77, 79 SGB III bzw. §§ 77, 81 SGB III in der damals für die Klägerin geltenden Fassung des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes) hatte einen Anspruch auf Übernahme der Lehrgangskosten, weswegen der Bescheid sei an sie persönlich gerichtet und zugestellt gewesen war. Die Zweckverfehlung (§ 47 Abs 2 S. 1 Nr. 1 SGB X) stellt auf den im Verwaltungsakt bestimmten Zweck ab; eine Zweckgefährdung reicht nicht (OVG MV NVwZ-RR 2002, 805, 806). Die konkrete Zweckbestimmung für den Einzelfall muss im Verwaltungsakt selbst getroffen werden (vgl. Urteil des BSG, BSGE 87, 219, 221). Dies ist durch die eindeutige Bestimmung der Leistung Lehrgangskosten im Bescheid vom 05.11.2001 erfolgt. Dort wurden von der Beklagten Leistungen in Höhe von insgesamt 29.138,49 DM bewilligt und darüber hinaus auch die Zahlungsmodalitäten geregelt ("Lehrgangskosten 19.695,69 DM - zahlbar ab September 2001 in 21 Raten monatlich im Voraus zu
967,89 DM ...").
Es konnte der Beklagten auch nicht verwehrt werden, der Klägerin den Sachaufwand direkt zuzuwenden, wie es klar und deutlich im genannten Bescheid zum Ausdruck gekommen ist. Der Bescheid führt auch aus, dass Lehrgangskosten bewilligt werden, die ab September 2001 in 21 Raten monatlich im Voraus gezahlt werden. Damit war überhaupt nicht erkennbar, dass Ansprüche des Bildungsträgers bfz begründet oder Zahlungen an diesen erfolgen sollten. In diesem Zusammenhang ist auch festzustellen, dass kein Amtsverschulden vorliegt, wie es der Klägerbevollmächtigte immer behauptet hat. Es ist nicht einmal bekannt, ob der Beklagten der Berufsförderungsvertrag des bfz vorgelegen hat, in dem aus dessen Sicht behauptet wird, dass eine direkte Zahlung vereinbart sei. Im Übrigen ist es nicht unüblich, dass Weiterbildungskosten und Teilnahmekosten an den Versicherten erbracht werden (vgl. §§ 79 Abs. 2, 337 Abs. 3 Satz 3 SGB III in der Fassung des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 - Harz I; die Vorgängervorschrift des § 81 Abs. 2 SGB III ist gleich lautend). Ansonsten wäre diese Bestimmung zur Auszahlung überflüssig. Es verhält sich vielmehr so, dass früher die Auszahlung an den Bildungsträger die Ausnahme war und dies auf Auftragsmaßnahmen beschränkt war (vgl. dazu Niesel, SGB III, 3. Auflage, Rn. 6 zu § 79). So lauten auch die Ausführungen im Merkblatt 6.
Den Bescheid vom 05.11.2001 hat die Beklagte auch ausgeführt, denn er ist bindend geworden. Die Klägerin hat auch nicht bestritten, Zahlungen erhalten zu haben.
Die von der Beklagten erbrachte Leistung ist aber weder alsbald nach der Erbringung noch überhaupt von der Klägerin für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet worden. Vielmehr hat sie die ihr zugeflossen Leistungen für ihren Lebensunterhalt verwendet. Dies steht zur vollen Überzeugung des Senats aufgrund der eigenen Bekundungen der Klägerin fest. Sie hat die empfangenen Beträge nicht an den Maßnahmeträger weitergeleitet und dies auch nicht beabsichtigt. Denn die Klägerin hat selbst durch Vorlage ihres Teilnahmevertrages vom 24.09.2001 dargelegt, dass der Bildungsträger mit dem zuständigen Arbeitsamt eine Direktzahlung vereinbart habe. Die Lehrgangskosten sind schließlich von der Beklagten direkt an den Bildungsträger überwiesen worden.
Damit hat die bewilligte Leistung ihren Zweck, die Kosten des Lehrgangs durch Weiterleitung durch den Leistungsempfänger an den Lehrgangsträger abzudecken, verfehlt. Die Gründe der Zweckverfehlung sind unerheblich, insbesondere kommt es grundsätzlich nicht auf ein Verschulden an. Unerheblich ist auch, ob die Zweckverfehlung bereits bei Erlass des Verwaltungsakts eingetreten war ("nicht") - für den Fall, dass damit bereits der Verwaltungsakt von Anfang an rechtswidrig war oder erst später eintritt ("nicht mehr") (vgl. dazu KassKomm - Steinwedel, Rn. 3 § 47 SGB X).
Auch die übrigen Voraussetzungen der Befugnisnorm (§ 47 SGB X) liegen vor. Denn danach darf der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht widerrufen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einem Widerruf schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte aber - wie hier - gemäß § 47 Abs. 2 S. 4 SGB X nicht berufen, soweit er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zum Widerruf des Verwaltungsaktes geführt haben. Unabhängig davon, ob ein typisierter Fall schutzwürdigen Vertrauens wegen eines Verbrauchs der Leistungen vorliegt, kann sich die Klägerin als Begünstigte damit nicht auf Vertrauen berufen da sie die Umstände, die zum Widerruf des Verwaltungsakts geführt haben, gekannt hat.
Ein eventuell bei der Klägerin vorhandener Vertrauensschutz tritt somit hinter dem normierten Regelfall fehlenden Vertrauensschutzes zurück. § 47 Abs. 2 Sätze 2-4 SGB X übernehmen die Regelungen des § 45 Abs. 2 S. 1, 2 und abgewandelt 3 Nr. 3 SGB X. Erst wenn ein Vertrauensschutz nicht aus den Gründen von § 45 Abs. 2 S. 3 SGB X, der hier entsprechend anwendbar ist, entfallen ist und somit Schutzwürdigkeit in subjektiver Hinsicht festgestellt wurde, ist zu prüfen, ob das Vertrauen des Begünstigten auch in objektiver Hinsicht im Sinne von § 45 Abs. 2 S. 1 und 2 SGB X schutzwürdig ist. Dieses erfolgt in jedem Falle durch eine Abwägung der Schutzwürdigkeit des Vertrauens des Begünstigten in den Bestand des Verwaltungsakts gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme (KassKomm-Steinwedel, SGB X § 45 Rn. 46; von Wulffen/Wiesner SGB X § 45 Rn. 17). Als Tatbestände, bei deren Vorliegen das Vertrauen des Begünstigten "in der Regel" schutzwürdig ist, nennt das Gesetz in § 45 Abs. 2 S 2 SGB X die Betätigung oder Realisierung des Vertrauens durch Verbrauch erbrachter Leistungen oder das Eingehen von nur unter Schwierigkeiten rückgängig zu machender Vermögensdisposition. Leistungsverbrauch und Vermögensdisposition sind nur Beispielsfälle dafür, wann aus objektiven Gesichtspunkten Vertrauensschutz in Betracht kommt; sie haben auch nur "in der Regel" Vorrang vor dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme des betreffenden Verwaltungsakts (KassKomm-Steinwedel SGB X § 45 Rn. 45). Der Leistungsverbrauch entspricht der Entreicherung in § 818 Abs. 3 BGB und liegt vor, wenn das Empfangene zur allgemeinen Lebensführung ausgegeben wurde und eine Minderung des Vermögens zur Folge hat.
Auf einen Vertrauensschutz kann sich die Klägerin aber nicht berufen, da sie die Umstände der Zweckverfehlung (§ 47 Abs. 2 Satz 4 SGB X auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zum Widerruf des Verwaltungsaktes geführt haben") hätte erkennen können (entsprechende Anwendung des Tatbestands nach Nr. 3). Ihr ist insoweit grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt hat.
Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, wer schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (BSGE 42, 184, 187 = SozR 4100 § 152 Nr. 3; BSGE 62, 32, 35 = SozR 4100 § 71 Nr. 2); dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie der besonderen Umstände des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff; BSGE 35, 108, 112; 44, 264, 273, zuletzt Urteil vom 05.02.2006, Az.: B 70 AL 58/05 R Bezugspunkt für das grob fahrlässige Nichtwissen ist schon nach dem Wortlaut des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes oder wie hier die Zweckverfehlung der Zuwendung. Zunächst besteht eine Obliegenheit, Bewilligungsbescheide zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen, auch wenn dies nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt ist. In verschiedenen Zusammenhängen hat das BSG aus dem Sozialrechtsverhältnis hergeleitet, dass die Beteiligten "sich gegenseitig vor vermeidbaren, das Versicherungsverhältnis betreffenden Schaden zu bewahren" haben (vgl. BSGE 34, 124, 127; BSGE 77, 175, 180, SozR 3-130 § 45Nr. 45). Die Klägerin steht als Beteiligte eines Versicherungsrechtsverhältnisses (vgl. § 24 SGB III) in einem Geflecht besonderer Mitwirkungs- und Schadensabwendungsverpflichtungen. Dies kommt beispielsweise hinsichtlich der beruflichen Entwicklung in § 2 Abs. 5 SGB III zum Ausdruck. Sie sind weiter konkretisiert in den Vorschriften der §§ 60 ff. SGB I, ohne dass sich hier aus dem allgemeinen Grundsatz der Grenzen der Mitwirkungsverpflichtung (§ 65 SGB I) eine Unangemessenheit der einfachen Überprüfungspflicht von Zahlungen herleiten lässt.
Die Einlassung der Klägerin, dass es ihr gleichgültig gewesen sei, wie viel Geld sie bekommen habe, entlastet sie nicht vom Vorwurf der groben Fahrlässigkeit. Ein solches Verhalten ist vielmehr ein plastischer Ausdruck der Außerachtlassung einfachsten Sorgfaltspflichten. Daher kann sich die Klägerin auch nicht insoweit entlasten, als ihr die der jeweiligen Zahlung beigegebenen Schlüsselnummern unwichtig erschienen seien. Denn schon im Bewilligungsbescheid erfolgte ein deutlicher Hinweis, dass die Lehrgangskosten mit den Nummern 6501/6509 gekennzeichnet seien. Dies war dann auch bei den später von der Klägerin vorgelegten Kontoauszügen tatsächlich so geschehen.
Es ist des weiteren auch grob fahrlässig, wenn jemand ungeprüft Leistungen empfängt, ohne wenigstens eine grobe Plausibilitätsprüfung vorzunehmen. Ansonsten hätte die Klägerin unschwer erkennen können, dass sie zwei relativ hohe Einzelleistungen, Unterhaltsgeld (Bescheid vom 07.11.2001 - mit Zahlbeträgen von 1614,90 DM und
1668,73 DM) und Bildungsaufwand (monatliche Raten für Lehrgangskosten und Fahrtkosten mit zeitlich kurz zuvor erfolgtem Bescheid vom 05.11.2001) in Höhe von 947,89 DM bzw. 429,23 DM erhalten hat. Denn nunmehr steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin, so wie von der Beklagten dargelegt, am 20.12.2001 einen Betrag von 3751,56 DM, am 21.12.2001 einen Betrag von 937,89 DM und am 29.01.2002 einen Betrag von 479,54 Euro überwiesen erhalten hat. Dies ergibt sich zum Teil aus den von der Klägerin vorgelegten Kontoauszügen (Auszug Nr. 22, Blätter 1 und 2). Auszüge für 2002 wurden nicht vorgelegt. Schließlich ergab sich dies auch aus den nunmehr von der Beklagten erklärten Vorgängen der der Leistungsakte vorgehefteten Zahlungsnachweise mit der Verfügungsnummer 2 vom 25.01.2002, vom 09.12.2001 und vom 08.12.2001. Damit erklärt sich auch die Betragshöhe: am 20.12.2001 wurden die ausstehenden ersten 4 Raten ab September überwiesen, sonst jeweils die laufende Rate.
Diese Zahlungen zusammen mit den gleichzeitig erfolgten Zahlungen von Unterhaltsgeld in Höhe von 1614,90 DM beziehungsweise 1668,73 DM (festgestellt aus den Zahlungsnachweisen der Leistungsakte und den vorgelegten Kontoauszügen) sowie den ebenfalls erfolgten Zahlungen von Fahrtkosten entsprachen einer Leistungshöhe, die weit über dem lag, was die Klägerin zuvor netto verdient hatte, wenn bedacht wird, dass für die Beitragsabführung ein Entgelt von 3649 DM monatlich zu Grunde gelegt wurde. Bei den bekannten wirtschaftlichen Verhältnissen der Klägerin hat es sich ohnehin so verhalten, da sie sonst keine namhaften Geldzuflüsse hatte. Dadurch hätten der Klägerin zumindest erhebliche aufklärungsbedürftige Zweifel über die Rechtmäßigkeit der Zahlungshöhe kommen müssen. Sie hätte im Übrigen leicht zwei Zahlungen auseinander halten können und sich zumindest um Aufklärung bemühen müssen, weswegen monatlich mehrere Zahlungen erfolgt sind. Eine Verwechslung ist dabei, ohne dass dies besondere Anstrengungen erforderte, ausgeschlossen, da die monatlichen Raten im Einzelnen festgestanden haben und das Gleiche für die gleichzeitig im Bescheid vom 05.11.2000 bewilligten Fahrtkosten erfolgte. Zusätzlich waren die Überweisungen noch mit genau aufgeführten Kennziffern versehen. Ausdrücklich ist im Bescheid vom 05.11.2001 aufgeführt, dass die Klägerin über die Zahlung von Unterhaltsgeld einen gesonderten Bescheid erhält, was dann auch zwei Tage später erfolgt ist.
Schließlich aber befand sich der Teilnahmevertrag vom 24.09.2001 im Besitz der Klägerin. Sie hat nie bestritten zu wissen ja sogar damit dokumentiert, dass darin stand, dass mit dem zuständigen Arbeitsamt eine Direktzahlung vereinbart sei. In diesem Vertrag ist auch unter Ziff. 4 vereinbart, dass der Teilnehmer sich verpflichtet, unverzüglich einen Antrag auf Förderung nach dem SGB III zu stellen. Weiter ist darin die Verpflichtung enthalten, dem Bildungsträger eine Kopie des Bewilligungsbescheides zu überlassen. Schließlich ist darin auch geregelt, dass eventuell eine Abtretungserklärung nötig ist. Bei diesem Sachverhalt hätten bei der Klägerin auch Zweifel an den hohen Zahlungen aufkommen müssen. Soweit sie einwendet, dass dies nicht der Fall gewesen sei, ist das nach Ansicht des Senats nicht glaubhaft. Bei ihrem intellektuellen Zuschnitt hätte sie sich Klarheit darüber verschaffen müssen, wie der Bildungsträger zu seinen Kursgebühren kommt. Dazu hätte sie entweder beim Arbeitsamt oder beim Bildungsträger nachfragen müssen.
Angesichts dieser Umstände hätte die Klägerin schon nicht ohne weitere Rückfragen den Bescheid vom 05.11.2001 akzeptieren dürfen, in welchem ihr die Kursgebühren zuerkannt worden sind, obwohl nach dem Wissensstand der Klägerin Direktzahlungen vereinbart waren. Sie verhielt sich grob fahrlässig, wenn sie diesen Bescheid nicht dem Bildungsträger vorgelegt hat, ebenso wenn sie dies getan hat und ihr der Widerspruch zwischen Bewilligungsbescheid und Teilnahmevertrag nicht aufgefallen ist.
Bei der groben Fahrlässigkeit handelt es sich zwar auch um einen subjektiven Begriff. Dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen der Beteiligten sowie den besonderen Umständen des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff im Sinne der Rechtsprechung des BSG, BSGE 35, 108). Insbesondere ist somit in subjektiver Sicht ein gegenüber einfacher Fahrlässigkeit gesteigertes Verschulden nötig. Der Leistungsempfänger muss unter Berücksichtigung seiner individuellen Einsichts- und Urteilsfähigkeit seine Sorgfaltspflichten in außergewöhnlich hohem Maße, d.h. in einem das gewöhnliche Maß an Fahrlässigkeit erheblich übersteigenden Ausmaß verletzt haben.
Es ist aber in keiner Weise ersichtlich, dass die Klägerin in ihren kognitiven Fähigkeiten beeinträchtigt war. Immerhin war mit ihr eine Umschulung zur Fachinformatikerin über fast zwei Jahre mit Zugangsvoraussetzungen von mindestens einem mittleren Bildungsabschluss vorgesehen, was der Senat aus der in den Akten befindlichen Beschreibung der Lehrgangsmaßnahme entnimmt. Dies setzt derartige intellektuelle Voraussetzungen voraus, dass die Überwachung eines Girokontos verlangt werden kann. Der Abbruch der Maßnahme erfolgte auch nicht aus intellektuellen Gründen, sondern wegen gesundheitlicher Beschwerden. Schließlich handelte es sich bei der am 10.02.1976 geborenen, mithin damals 25-jährigen Klägerin, um eine relativ junge Leistungsempfängerin, die mit den Gegebenheiten der modernen Technik und des modernen Zahlungsverkehrs vertraut ist, zumal sie auch die Ausbildung einer Systeminformatikerin anstrebte. Auch das gesamte Verhalten der Klägerin, wie z. B. die gezielte Vorlage von ausgewählten Kontoauszügen im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens oder die detaillierte Beschreibung ihres Immobilienbesitzes im Prozesskostenhilfeverfahren, lassen auf einen überlegten und bedachten Umgang mit Finanzmitteln schließen. Gerade aus ihrem Verhalten im Verfahren ergibt sich, dass die Klägerin im Stande war, ihre Kontobewegungen zu kontrollieren und zu analysieren.
Hinzu kommt noch, dass die Klägerin durch die Bezugnahme auf den Bescheid vom 05.11.2001 bzw. Aushändigung des Merkblattes 6 (beim Antrag) besonders an ihre Sorgfaltverpflichtung gemahnt worden ist. Damit kommt es auch nicht auf das Vorbringen der Klägerin an, sie habe das "Merkblatt 6" tatsächlich erst als Anhang zu dem Schreiben der Beklagten vom 05.02.2002 erhalten. Denn sie ist zweimal bereits auf das Merkblatt 6 vor Empfang der Teilnahmekosten hingewiesen worden und sie hat auch nicht bestritten, dieses bei der Antragsstellung ausgehändigt erhalten zu haben.
Die Klägerin wusste, was angesichts ihres eigenen Vortrags zur vollen Überzeugung des Senats feststeht, dass der Bildungsträger davon ausging, dass er seine Kosten unmittelbar von der Beklagten erhalten würde. Denn sie befand sich im Besitz eines Exemplars des mit dem bfz geschlossen Ausbildungsvertrages, den sie selbst im Verfahren vorgelegt hat. Wenn sie dennoch Lehrgangskosten entgegengenommen und nicht weitergeleitet hat, würde sie sich eigentlich vorsätzlich verhalten haben. Von der Feststellung eines derartigen Umstandes, der unter Umständen einen strafrechtlichen Betrugsvorwurf tragen würde, kann der Senat nur deshalb absehen, weil die positive Überzeugung des Erhalts gerade von Grundlehrgangsgebühren nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht. Wohl aber kann aus den gesamten Umständen deswegen auf grobe Fahrlässigkeit geschlossen werden, weil die Klägerin nicht um Aufklärung dieser höchst suspekten Situation bemüht war.
Die bei der Klägerin vorhandene subjektive Einsichtsfähigkeit wird im Übrigen auch durch ihr Verhalten zur Rückerstattung von im Dezember 2001 geleisteten Fahrtkosten dokumentiert. Denn schon am 04.01.2002 wurde sie auf den unrechtmäßigen Bezug von Fahrtkosten trotz Abbruchs der Maßnahme hingewiesen. Sie hat diesen Sachverhalt auch am 08.01.2002 in einer schriftlichen Stellungnahme eingeräumt. In der Anhörung erkannte sie sofort, dass der unrechtmäßige Bezug eins zu eins in Euro ausgewiesen war, obwohl es sich lediglich um 429,22 DM handelte. Besonders aber zeigt sich, dass die Klägerin durch das Anhörungsschreiben schon Anfang Januar 2002 von der Unrechtmäßigkeit des weiterlaufenden Bezuges in Kenntnis gesetzt worden ist. Dennoch hat sie noch am 29.01.2001 weitere 479,54 Euro auf ihrem Konto in Empfang genommen, ohne sich nach deren Rechtmäßigkeit zu erkundigen. Zwar hat sie insoweit keine Kontoauszüge vorgelegt, jedoch ergibt sich diese Erkenntnis aus der unzweifelhaften Einlassung der Beklagten und insbesondere dem der Leistungsakte vorgehefteten Zahlungsnachweis vom 25.01.2002.
Auch die sonstigen Voraussetzungen eines Widerrufs sind erfüllt. § 47 Abs. 2 Satz 5
SGB X verweist unmittelbar auf § 45 Abs. 4 S 2 SGB X, also die Jahresfrist nach Kenntnis der Tatsachen, die die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts (bei § 47 Abs. 2: den Widerruf eines rechtmäßigen begünstigenden VA) rechtfertigen; (hierzu eingehend BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 27 sowie § 45 Rn. 25 ff.); auch diese Frist ist eingehalten.
Zu einer anderen Gestaltung, z. B. einem Absehen von dem Widerruf oder dessen Reduzierung oder Minderung der Erstattungsforderung, hatte die Beklagte keine Veranlassung. Die ursprüngliche Verwaltungsentscheidung enthält keine besonderen Ausführungen. Denn ebenso wie bei § 45 Abs. 1 SGB X ist nach § 47 Abs. 2 SGB X bei Bösgläubigkeit des Begünstigten wenig Raum für eine Ermessensentscheidung. Die Beklagte hat im Widerspruchsbescheid ihr Ermessen nicht verkannt. Denn sie beschreibt, dass die Klägerin sich nicht auf einen Vertrauensschutz berufen könne und zieht daraus die Schlussfolgerung, dass sie die Begünstigung widerruft. Im einzelnen führt die Beklagte dabei aus, dass der Klägerin aus dem zur Information überlassenen Merkblatt Nr. 6 bekannt sein musste, dass Lehrgangsgebühren Sachkosten der Maßnahme seien, die im Regelfall an den Maßnahmeträger direkt ausgezahlt würden. Sie habe damit keinen Anlass für die Annahme gehabt, dass sie diese Leistungen für den Lebensunterhalt gebrauchen könne. Denn es sei auch bekannt gewesen, dass für diesen Zweck die Leistung "Unterhaltsgeld" vorgesehen war. Somit könne sie sich nicht auf einen Vertrauensschutz im Sinne von § 47 Abs. 2 S. 2 und 3 SGB X berufen. Diese Beschreibung der Interessenlage genügt. Die Ermessensbetätigung verlangt nicht die verbale Wiedergabe der von der Rechtsprechung entwickelten Diktion i.S. von Leerformeln.
Die im Rahmen des Ermessens für die Gerichte nur begrenzt überprüfbare Rechtsfolgensetzung der Beklagten ist insoweit nicht zu beanstanden. Diese konnte sich angesichts des Ausmaßes an Bösgläubigkeit, ohne einen Gewichtungsfehler zu machen, zu einem uneingeschränkten Widerruf entschließen.
Dazu muss man sich nochmals die wirtschaftlichen Gegebenheiten vor Augen halten. Die Klägerin hat bis zum Beginn der Maßnahme Arbeitslosengeld in Höhe von etwa 1670 DM erhalten. Anschließend wurden ihr monatlich insgesamt als Unterhaltsgeld ein Betrag von über 1600 DM, für Lehrgangskosten ein Betrag von 947,89 DM und für Fahrtkosten von 429,23 DM zugewandt. Dies entspricht der Summe nach in etwa Leistungen von 3000 DM und fast dem Doppelten des vorangegangenen Arbeitslosengeldes. Es ist nicht vorstellbar, dass bei einem derartigen Leistungssprung irgend jemand davon ausgehen kann, dass er diese Leistungen vollständig für seinen Lebensunterhalt erhält. Diese Zahlungen entsprachen, was oben bereits schon festgestellt worden war, einer Leistungshöhe, die weit über dem liegt, was die Klägerin zuvor netto verdient hat, wenn bedacht wird, dass für die Beitragsabführungen ein Entgelt von 3649 DM monatlich zu Grunde gelegt worden ist. Eine derartige Einstellung kann auch nicht damit entschuldigt werden, dass die Klägerin seit Mitte November 2001 schwanger gewesen war und durch die Geburt ihrer Tochter 2002 erhöhten finanziellen und kräftemäßigen Belastungen ausgesetzt war.
Dieser enorme wirtschaftliche Zufluss erfolgte darüber hinaus in geballter Form. So ist der Klägerin im Dezember 2001 gegen Jahresende wegen der aufgelaufenen Nachzahlung an Jahresraten unter dem Bildungsträger allein dafür ein Betrag von 3751,56 DM, am 21.12.2001 einen Betrag von 937,89 DM neben dem Unterhaltsgeld ausbezahlt worden. Damit handelte sich um eine Summe von nahezu 8.000 DM. Angesichts dieses Umstands kann niemand darauf vertrauen, dass er dies alles selbst behalten dürfe. Besonders die Sorgfalt erhöhend kommt aber noch hinzu, dass zu diesem Zeitpunkt seit 30.11.2001 bereits der Abbruch der Maßnahme erfolgt war und Zahlungen noch Ende Dezember in dieser Höhe unbedingt einer Erklärung bedurften.
Schließlich hätten der Klägerin auch die unterschiedlichen Überweisungsbeträge Anlass sein müssen, sich Klarheit zu verschaffen. So ist monatlicher regelmäßig ein mit keinem Kennwort versehener Betrag von 1668,73 DM bzw. 1614,90 DM überwiesen worden. Daneben, aber mit Kennziffern (6510 bzw. 6509) versehenen, in wechselnder Höhe Beträge von 1.287,66, 429,22 bzw. 3751,56 DM. Schließlich hätte es der Klägerin noch auffallen müssen, dass sie am 30.11., am selben Tag, zwei Überweisungen des Arbeitsamtes erhalten hat, die eine über 16414,90 DM, die andere über 429,22 DM. Auch hätte es ihr zu denken geben müssen, dass sie am 20.09. vom Bildungsträger BFZ eine Gutschrift über 665,00 DM mit dem Vermerk FahrtkostenTMECOL erhalten hatte. Diese Erkenntnisse des Senats beruhen allesamt auf den von der Klägerin selbst überlassenen, ausgewählten Kopien von Kontoauszügen.
Die beim Ermessen dem Träger der Verwaltung eingeräumte Befugnis, unter mehreren Möglichkeiten selbst die Rechtsfolge auszuwählen, ist hier derart reduziert, dass die Entscheidung der Beklagten zum Widerruf nicht zu beanstanden ist. Letztlich lagen keine Umstände vor, die der Beklagten Handlungsalternativen hätten offen stehen lassen. Angesichts der Rechtsnatur der Leistungen als Kostenersatz für Sachleistungen droht der Klägerin bei einer Rückforderung auch nicht der Ausfall von Sozialleistungen, die sie im Nachhinein nicht erlangen könnte. Das Ermessen ist gerichtlich lediglich dahin zu überprüfen, ob die Verwaltung bei ihrer Entscheidung alle "wesentlichen Umstände" berücksichtigt hat (BVerwG NJW 1975, 2156 f; so im Ergebnis auch BSG SozR 3 - 1300 § 45
Nr. 18). Berücksichtigt werden können zwar auch die wirtschaftlichen Folgen für den Betroffenen (BSGE 59, 157, 171 = SozR 1300 § 45 Nr. 19 S. 66; SozR 3-1300 § 45 Nr. 2
S. 14 f; eingeschränkt BSGE 75, 291, 295 = SozR 3 - 1300 § 50 Nr. 17). Dann aber müssten sich diese bei der Klägerin gegenüber anderen Aufhebungs- und Rücknahmefällen besonders auswirken. Ein Ausfall an Sozialhilfe ist bei der Klägerin nicht eingetreten. Sie ist auch sonst keiner zwischenzeitlichen Verarmung anheimgefallen. Ihre Angaben zur Prozesskostenhilfe zeigen, dass sie zwischenzeitlich eine Immobilie erworben hat.
Irgendwelche schützenswerten Gesichtspunkte, die die Beklagte von einer Rückabwicklung der fehlgeleiteten Erfüllung für die sachlichen Aufwendungen der Bildungsmaßnahme hätten absehen lassen könnten, sind weiter nicht ersichtlich. In ihrer ersten Einlassung zum involvierten Sachverhalt hat die Klägerin darüber hinaus lediglich ausgeführt, dass der Bescheid über Lehrgangskosten an sie persönlich adressiert worden sei und sie deswegen davon ausgehen habe können, dass diese Leistungen ihr zugestanden und ihr bewilligt worden seien. Es sei aber aus diesem nicht ersichtlich gewesen, dass von ihr eine Weiterleitung hätte erfolgen sollen. Daraus ergeben sich keine schützenswerte Interessen der Klägerin, die die Beklagte von einer Rückerstattung abhalten könnten. Wenn die Beklagte die Klägerin als Betroffene bei der Anhörung danach gefragt hat, was aus ihrer Sicht gegen den geplanten Widerruf spricht und insoweit nichts weiter vorgetragen wird, als dass die Klägerin sich keines Verschuldens bewusst sei, kann der Beklagten kein Vorwurf mangelhafter Begründung gemacht werden. Sie ist nicht gehalten in Abwesenheit nahe liegender - z.B. vom Versicherer vorgetragener - Gesichtspunkte krampfhaft nach weiteren anzuführenden Umständen zu suchen, die aber - eben weil fern liegend - aus ihrer Sicht ein Abgehen von der Rücknahmenetscheidung ohnehin nicht rechtfertigen könnten. Wenn also die Beklagte dann angesichts der vorliegenden Gesamtumstände über den Widerruf in der vorliegenden Weise entscheidet, Anhaltspunkte dafür, dass sie ihr Ermessen fehlerhaft ausübt, aber nicht ersichtlich sind, kann dies als der Rechtsnatur der Ermessensentscheidung heraus vom Senat nicht beanstandet werden.
Letztlich würde der einzig zusätzlich zu würdigende Gesichtspunkt, nämlich das Verschulden an der Zweckverfehlung, unbedingt für eine Rücknahme sprechen. Denn daran trägt die Beklagte keinen Anteil. Sie wusste nichts vom Teilnehmervertrag. Sie hat sich eindeutig verhalten. Demgegenüber ist die wiederum die Situation der Zweckverfehlung von der Klägerin zu verantworten gewesen. Insoweit kann auf das oben ausgeführte Bezug genommen hatten.
Erst recht aber unterliegt das Verhalten der Beklagten keinen Beanstandungen, wenn die Rechtsansicht vertreten wird, dass die Beklagte gemäß § 330 Abs. 2 SGB III keine Verpflichtung zur Ausübung eines Ermessens hat, wofür sich aber in der Literatur keine Belege finden lassen. Mit dieser seit 01.01.1998 geltenden Vorschrift werden Besonderheiten für die Bundesagentur bei der Aufhebung von Verwaltungsakten geregelt, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die meisten Leistungen der Arbeitsverwaltung kurzfristig zu erbringen und vielfach ebenso kurz wieder zu beenden sind, so dass Überzahlungen praktisch nicht zu vermeiden sind. Ebenso wie § 45 Abs. 1 SGB X tritt nach § 47 Abs. 2 SGB X bei Bösgläubigkeit des Begünstigten an die Stelle einer Ermessensentscheidung eine gebundene Entscheidung, soweit es - wieder auch - die Vergangenheit betrifft. Nichts deutet darauf hin, dass § 47 Abs. 2 SGB X von der Anwendung des § 330 Abs. 2 SGB X ausgeschlossen sein soll. Es handelt sich um dieselbe Interessenlage wie bei originär nach § 45 Abs. 1 SGB X ergehenden Verwaltungsakten. § 47 Abs. 2 Satz 5 SGB X nimmt § 45 Abs. 4 Sätze 1 und 2 SGB X voll in Bezug, darüber hinaus stellt er wiederum auf
§ 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X als den Tatbeständen der Bösgläubigkeit ab bzw. passt sie darauf an, dass der entsprechende Tatbestand nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X auf die Umstände abstellt, die zum Widerruf des Verwaltungsaktes geführt haben. Nur wegen Letzterem ist die direkte Anwendung von § 45 SGB X nicht möglich, der auf die originäre Rechtswidrigkeit abstellt.
Über die Höhe der Rückforderungsansprüche bestehen zwischenzeitlich keine Zweifel mehr. Die Überzeugung von der Rechtmäßigkeit der Forderung ist oben bereits dargelegt.
Die Klägerin ist im gesamten Verfahren unterlegen und hat deswegen keinen Anspruch auf Kostenerstattung durch die Beklagte (§ 193 SGG).
Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Rechtsstreit streiten die Beteiligten um die Erstattung von an die Klägerin ausbezahlten Lehrgangsgebühren in Höhe von 2.877,24 EUR.
Mit der Klägerin bekanntgegebenem Bescheid vom 05.11.2001 bewilligte die Beklagte Leistungen in Höhe von insgesamt 29.138,49 DM (Lehrgangskosten 19.695,69 DM - zahlbar ab September 2001 in 21 Raten monatlich im Voraus zu 967,89 DM - und Fahrkosten 9.442,80 DM - ebenfalls monatlich einmalig für September 429,22 DM und ab Oktober im Voraus 429,23 DM), nachdem dieser vom Maßnahmeträger (beruflichen Fortbildungszentrum der Bayerischen Wirtschaft R. - bfz) eine Aufnahmebescheinigung für den Lehrgang "Umschulung zur Fachinformatiker-Systemintegration" in der Zeit vom 24.09.2001 bis 27.06.2003 erteilt worden war.
Vorangegangen war ein Kurzantrag der Klägerin auf Förderung der Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme für Leistungsempfänger. Denn die Klägerin stand zuvor bereits seit dem 01.02.2001 im Leistungsbezug (Arbeitslosengeld über eine Anspruchsdauer von 360 Tagen). Damals erhielt sie Arbeitslosengeld in Höhe von circa 1670 DM monatlich.
Am 24.09.2001 trat die Klägerin die Maßnahme an, brach sie aber am 30.11.2001 aus gesundheitlichen Gründen ab. Nach Anhörung zur Rückforderung von im Zeitraum vom 01.12.2001 bis 31.12.2001 erbrachten Leistungen hob die Beklagte mit Bescheid vom 05.02.2002 die Entscheidung über die Bewilligung "der Leistung" wegen wesentlicher Änderung - Abbruch der Maßnahme - gemäß § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) in Verbindung mit § 330 Abs. 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) auf und verlangte Erstattung von 219,46 DM, die mit den noch zustehenden Leistungen aufgerechnet werden sollten. Mit Bescheid vom 07.04.2001 verlangte die Beklagte Erstattung von Ausbildungskosten in Höhe von 2.877,24 EUR für die ihr überwiesenen Kosten der beruflichen Weiterbildung, weil diese nicht an den Bildungsträger weitergeleitet worden seien. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.06.2003, diesmal gestützt auf § 47 SGB X, wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.
Fragen zur Leistungshöhe ging das SG in erster Instanz nach. Die Klägerin legte Kontoauszüge vor; die Beklagte ließ sich erläuternd ein. Sie hat dargelegt, dass drei Gutschriften über Lehrgangskosten an die Klägerin überwiesen worden sind, die mit der besonderen Kennziffer 6501 versehen waren (Zahlungsnachweise vom 18. und 19.12.2001 sowie vom 25.01.2002 über Beträge von 1.918,16 Euro, 479,54 Euro und 479,54 Euro. Zwei dieser Zahlungen finden sich auch in den vorgelegten Kontoauszügen der Klägerin. Jeweils daneben die monatlichen Dauerleistungen zum Lebensunterhalt in Höhe von 1.614,90 DM.
Mit Urteil vom 20.04.2007 hat das Sozialgericht München (SG Az.: S 48 AL 820/03) die Klage abgewiesen. Zur Begründung des Urteils hatte das SG im Wesentlichen auf die Ausführungen des erkennenden Senats in dessen Beschluss im Beschwerdeverfahren wegen Prozesskostenhilfe gestützt. Darin ist ausgeführt, dass der Beklagten zwar eine Befugnis zur Erstattung zukomme, aber Unklarheit über die genaue Höhe der Erstattung bestehe.
Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und im Wesentlichen vorgetragen, ihr stehe ein den Widerruf ausschließender Vertrauensschutz zu.
Die Klägerin stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 20.04.2007 sowie den Bescheid vom 17.04.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.06.2003 aufzuheben.
Die Beklagte stellt den Antrag,
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Senat konnte gemäß §§ 153 Abs. 4, 33, 12 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, da die Voraussetzungen eines Gerichtsbeschlusses gegeben sind und dessen Erlass nach vorangehender schriftlicher Umfrage bei den Berufsrichtern des Senats mit Schreiben vom 04.05.2009 an die Beteiligten unter Kundgabe des voraussichtlichen Verfahrensergebnisses angekündigt worden ist.
Die Berufung ist unbegründet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (§ 136 Abs. 3 SGG). Der Senat macht sich diese Ausführungen bis auf das Folgende voll zu eigen.
Der mit der isolierten Anfechtungsklage anfechtende Eingriff der Beklagten in das Vermögen der Klägerin ist berechtigt.
Zumindest der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 04.06.2003 erging zurecht und hat damit (§ 95 SGG) auch den angefochtenen Verwaltungsakt vom 07.04.2001 zulässig berichtigt. Er ist zutreffend auf § 47 Abs. 2 SGB X in der Fassung des Gesetzes vom 02.05.1996 (BGBl 1656) gestützt. Insoweit kann auch auf die Ausführungen im Beschluss vom 24.01.2006 gemäß §§ 153 Abs. 1 und 2, 142 SGG Bezug genommen. Diese Vorschrift hat ihren Anwendungsbereich speziell bei Bewilligung (oder der Anerkennung der Erfüllung der Voraussetzungen solcher Geld- oder Sachleistungen), für die eine enge Zweckbindung besteht; die Gesetzesmaterialien nennen insoweit besonders Leistungen aus dem Arbeitsförderungsrecht. Die konkrete Zweckbestimmung für den Einzelfall "Lehrgangskosten" war im Verwaltungsakt selbst getroffen worden.
Gemäß § 47 Abs. 2 SGB X kann ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, der eine Geld- oder Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes zuerkennt oder hierfür Voraussetzung ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn
1. die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird,
2. mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
Der Verwaltungsakt darf mit Wirkung für die Vergangenheit nicht widerrufen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einem Widerruf schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zum Widerruf des Verwaltungsaktes geführt haben. § 45 Abs. 4
Satz 2 SGB X gilt entsprechend.
Die Voraussetzungen dieser Eingriffsnormen liegen vor.
Der Verwaltungsakt vom 05.11.2001 war rechtmäßig. Die Klägerin und nur diese (vgl.
§§ 77, 79 SGB III bzw. §§ 77, 81 SGB III in der damals für die Klägerin geltenden Fassung des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes) hatte einen Anspruch auf Übernahme der Lehrgangskosten, weswegen der Bescheid sei an sie persönlich gerichtet und zugestellt gewesen war. Die Zweckverfehlung (§ 47 Abs 2 S. 1 Nr. 1 SGB X) stellt auf den im Verwaltungsakt bestimmten Zweck ab; eine Zweckgefährdung reicht nicht (OVG MV NVwZ-RR 2002, 805, 806). Die konkrete Zweckbestimmung für den Einzelfall muss im Verwaltungsakt selbst getroffen werden (vgl. Urteil des BSG, BSGE 87, 219, 221). Dies ist durch die eindeutige Bestimmung der Leistung Lehrgangskosten im Bescheid vom 05.11.2001 erfolgt. Dort wurden von der Beklagten Leistungen in Höhe von insgesamt 29.138,49 DM bewilligt und darüber hinaus auch die Zahlungsmodalitäten geregelt ("Lehrgangskosten 19.695,69 DM - zahlbar ab September 2001 in 21 Raten monatlich im Voraus zu
967,89 DM ...").
Es konnte der Beklagten auch nicht verwehrt werden, der Klägerin den Sachaufwand direkt zuzuwenden, wie es klar und deutlich im genannten Bescheid zum Ausdruck gekommen ist. Der Bescheid führt auch aus, dass Lehrgangskosten bewilligt werden, die ab September 2001 in 21 Raten monatlich im Voraus gezahlt werden. Damit war überhaupt nicht erkennbar, dass Ansprüche des Bildungsträgers bfz begründet oder Zahlungen an diesen erfolgen sollten. In diesem Zusammenhang ist auch festzustellen, dass kein Amtsverschulden vorliegt, wie es der Klägerbevollmächtigte immer behauptet hat. Es ist nicht einmal bekannt, ob der Beklagten der Berufsförderungsvertrag des bfz vorgelegen hat, in dem aus dessen Sicht behauptet wird, dass eine direkte Zahlung vereinbart sei. Im Übrigen ist es nicht unüblich, dass Weiterbildungskosten und Teilnahmekosten an den Versicherten erbracht werden (vgl. §§ 79 Abs. 2, 337 Abs. 3 Satz 3 SGB III in der Fassung des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 - Harz I; die Vorgängervorschrift des § 81 Abs. 2 SGB III ist gleich lautend). Ansonsten wäre diese Bestimmung zur Auszahlung überflüssig. Es verhält sich vielmehr so, dass früher die Auszahlung an den Bildungsträger die Ausnahme war und dies auf Auftragsmaßnahmen beschränkt war (vgl. dazu Niesel, SGB III, 3. Auflage, Rn. 6 zu § 79). So lauten auch die Ausführungen im Merkblatt 6.
Den Bescheid vom 05.11.2001 hat die Beklagte auch ausgeführt, denn er ist bindend geworden. Die Klägerin hat auch nicht bestritten, Zahlungen erhalten zu haben.
Die von der Beklagten erbrachte Leistung ist aber weder alsbald nach der Erbringung noch überhaupt von der Klägerin für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet worden. Vielmehr hat sie die ihr zugeflossen Leistungen für ihren Lebensunterhalt verwendet. Dies steht zur vollen Überzeugung des Senats aufgrund der eigenen Bekundungen der Klägerin fest. Sie hat die empfangenen Beträge nicht an den Maßnahmeträger weitergeleitet und dies auch nicht beabsichtigt. Denn die Klägerin hat selbst durch Vorlage ihres Teilnahmevertrages vom 24.09.2001 dargelegt, dass der Bildungsträger mit dem zuständigen Arbeitsamt eine Direktzahlung vereinbart habe. Die Lehrgangskosten sind schließlich von der Beklagten direkt an den Bildungsträger überwiesen worden.
Damit hat die bewilligte Leistung ihren Zweck, die Kosten des Lehrgangs durch Weiterleitung durch den Leistungsempfänger an den Lehrgangsträger abzudecken, verfehlt. Die Gründe der Zweckverfehlung sind unerheblich, insbesondere kommt es grundsätzlich nicht auf ein Verschulden an. Unerheblich ist auch, ob die Zweckverfehlung bereits bei Erlass des Verwaltungsakts eingetreten war ("nicht") - für den Fall, dass damit bereits der Verwaltungsakt von Anfang an rechtswidrig war oder erst später eintritt ("nicht mehr") (vgl. dazu KassKomm - Steinwedel, Rn. 3 § 47 SGB X).
Auch die übrigen Voraussetzungen der Befugnisnorm (§ 47 SGB X) liegen vor. Denn danach darf der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht widerrufen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einem Widerruf schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte aber - wie hier - gemäß § 47 Abs. 2 S. 4 SGB X nicht berufen, soweit er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zum Widerruf des Verwaltungsaktes geführt haben. Unabhängig davon, ob ein typisierter Fall schutzwürdigen Vertrauens wegen eines Verbrauchs der Leistungen vorliegt, kann sich die Klägerin als Begünstigte damit nicht auf Vertrauen berufen da sie die Umstände, die zum Widerruf des Verwaltungsakts geführt haben, gekannt hat.
Ein eventuell bei der Klägerin vorhandener Vertrauensschutz tritt somit hinter dem normierten Regelfall fehlenden Vertrauensschutzes zurück. § 47 Abs. 2 Sätze 2-4 SGB X übernehmen die Regelungen des § 45 Abs. 2 S. 1, 2 und abgewandelt 3 Nr. 3 SGB X. Erst wenn ein Vertrauensschutz nicht aus den Gründen von § 45 Abs. 2 S. 3 SGB X, der hier entsprechend anwendbar ist, entfallen ist und somit Schutzwürdigkeit in subjektiver Hinsicht festgestellt wurde, ist zu prüfen, ob das Vertrauen des Begünstigten auch in objektiver Hinsicht im Sinne von § 45 Abs. 2 S. 1 und 2 SGB X schutzwürdig ist. Dieses erfolgt in jedem Falle durch eine Abwägung der Schutzwürdigkeit des Vertrauens des Begünstigten in den Bestand des Verwaltungsakts gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme (KassKomm-Steinwedel, SGB X § 45 Rn. 46; von Wulffen/Wiesner SGB X § 45 Rn. 17). Als Tatbestände, bei deren Vorliegen das Vertrauen des Begünstigten "in der Regel" schutzwürdig ist, nennt das Gesetz in § 45 Abs. 2 S 2 SGB X die Betätigung oder Realisierung des Vertrauens durch Verbrauch erbrachter Leistungen oder das Eingehen von nur unter Schwierigkeiten rückgängig zu machender Vermögensdisposition. Leistungsverbrauch und Vermögensdisposition sind nur Beispielsfälle dafür, wann aus objektiven Gesichtspunkten Vertrauensschutz in Betracht kommt; sie haben auch nur "in der Regel" Vorrang vor dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme des betreffenden Verwaltungsakts (KassKomm-Steinwedel SGB X § 45 Rn. 45). Der Leistungsverbrauch entspricht der Entreicherung in § 818 Abs. 3 BGB und liegt vor, wenn das Empfangene zur allgemeinen Lebensführung ausgegeben wurde und eine Minderung des Vermögens zur Folge hat.
Auf einen Vertrauensschutz kann sich die Klägerin aber nicht berufen, da sie die Umstände der Zweckverfehlung (§ 47 Abs. 2 Satz 4 SGB X auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zum Widerruf des Verwaltungsaktes geführt haben") hätte erkennen können (entsprechende Anwendung des Tatbestands nach Nr. 3). Ihr ist insoweit grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt hat.
Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, wer schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (BSGE 42, 184, 187 = SozR 4100 § 152 Nr. 3; BSGE 62, 32, 35 = SozR 4100 § 71 Nr. 2); dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie der besonderen Umstände des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff; BSGE 35, 108, 112; 44, 264, 273, zuletzt Urteil vom 05.02.2006, Az.: B 70 AL 58/05 R Bezugspunkt für das grob fahrlässige Nichtwissen ist schon nach dem Wortlaut des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes oder wie hier die Zweckverfehlung der Zuwendung. Zunächst besteht eine Obliegenheit, Bewilligungsbescheide zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen, auch wenn dies nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt ist. In verschiedenen Zusammenhängen hat das BSG aus dem Sozialrechtsverhältnis hergeleitet, dass die Beteiligten "sich gegenseitig vor vermeidbaren, das Versicherungsverhältnis betreffenden Schaden zu bewahren" haben (vgl. BSGE 34, 124, 127; BSGE 77, 175, 180, SozR 3-130 § 45Nr. 45). Die Klägerin steht als Beteiligte eines Versicherungsrechtsverhältnisses (vgl. § 24 SGB III) in einem Geflecht besonderer Mitwirkungs- und Schadensabwendungsverpflichtungen. Dies kommt beispielsweise hinsichtlich der beruflichen Entwicklung in § 2 Abs. 5 SGB III zum Ausdruck. Sie sind weiter konkretisiert in den Vorschriften der §§ 60 ff. SGB I, ohne dass sich hier aus dem allgemeinen Grundsatz der Grenzen der Mitwirkungsverpflichtung (§ 65 SGB I) eine Unangemessenheit der einfachen Überprüfungspflicht von Zahlungen herleiten lässt.
Die Einlassung der Klägerin, dass es ihr gleichgültig gewesen sei, wie viel Geld sie bekommen habe, entlastet sie nicht vom Vorwurf der groben Fahrlässigkeit. Ein solches Verhalten ist vielmehr ein plastischer Ausdruck der Außerachtlassung einfachsten Sorgfaltspflichten. Daher kann sich die Klägerin auch nicht insoweit entlasten, als ihr die der jeweiligen Zahlung beigegebenen Schlüsselnummern unwichtig erschienen seien. Denn schon im Bewilligungsbescheid erfolgte ein deutlicher Hinweis, dass die Lehrgangskosten mit den Nummern 6501/6509 gekennzeichnet seien. Dies war dann auch bei den später von der Klägerin vorgelegten Kontoauszügen tatsächlich so geschehen.
Es ist des weiteren auch grob fahrlässig, wenn jemand ungeprüft Leistungen empfängt, ohne wenigstens eine grobe Plausibilitätsprüfung vorzunehmen. Ansonsten hätte die Klägerin unschwer erkennen können, dass sie zwei relativ hohe Einzelleistungen, Unterhaltsgeld (Bescheid vom 07.11.2001 - mit Zahlbeträgen von 1614,90 DM und
1668,73 DM) und Bildungsaufwand (monatliche Raten für Lehrgangskosten und Fahrtkosten mit zeitlich kurz zuvor erfolgtem Bescheid vom 05.11.2001) in Höhe von 947,89 DM bzw. 429,23 DM erhalten hat. Denn nunmehr steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin, so wie von der Beklagten dargelegt, am 20.12.2001 einen Betrag von 3751,56 DM, am 21.12.2001 einen Betrag von 937,89 DM und am 29.01.2002 einen Betrag von 479,54 Euro überwiesen erhalten hat. Dies ergibt sich zum Teil aus den von der Klägerin vorgelegten Kontoauszügen (Auszug Nr. 22, Blätter 1 und 2). Auszüge für 2002 wurden nicht vorgelegt. Schließlich ergab sich dies auch aus den nunmehr von der Beklagten erklärten Vorgängen der der Leistungsakte vorgehefteten Zahlungsnachweise mit der Verfügungsnummer 2 vom 25.01.2002, vom 09.12.2001 und vom 08.12.2001. Damit erklärt sich auch die Betragshöhe: am 20.12.2001 wurden die ausstehenden ersten 4 Raten ab September überwiesen, sonst jeweils die laufende Rate.
Diese Zahlungen zusammen mit den gleichzeitig erfolgten Zahlungen von Unterhaltsgeld in Höhe von 1614,90 DM beziehungsweise 1668,73 DM (festgestellt aus den Zahlungsnachweisen der Leistungsakte und den vorgelegten Kontoauszügen) sowie den ebenfalls erfolgten Zahlungen von Fahrtkosten entsprachen einer Leistungshöhe, die weit über dem lag, was die Klägerin zuvor netto verdient hatte, wenn bedacht wird, dass für die Beitragsabführung ein Entgelt von 3649 DM monatlich zu Grunde gelegt wurde. Bei den bekannten wirtschaftlichen Verhältnissen der Klägerin hat es sich ohnehin so verhalten, da sie sonst keine namhaften Geldzuflüsse hatte. Dadurch hätten der Klägerin zumindest erhebliche aufklärungsbedürftige Zweifel über die Rechtmäßigkeit der Zahlungshöhe kommen müssen. Sie hätte im Übrigen leicht zwei Zahlungen auseinander halten können und sich zumindest um Aufklärung bemühen müssen, weswegen monatlich mehrere Zahlungen erfolgt sind. Eine Verwechslung ist dabei, ohne dass dies besondere Anstrengungen erforderte, ausgeschlossen, da die monatlichen Raten im Einzelnen festgestanden haben und das Gleiche für die gleichzeitig im Bescheid vom 05.11.2000 bewilligten Fahrtkosten erfolgte. Zusätzlich waren die Überweisungen noch mit genau aufgeführten Kennziffern versehen. Ausdrücklich ist im Bescheid vom 05.11.2001 aufgeführt, dass die Klägerin über die Zahlung von Unterhaltsgeld einen gesonderten Bescheid erhält, was dann auch zwei Tage später erfolgt ist.
Schließlich aber befand sich der Teilnahmevertrag vom 24.09.2001 im Besitz der Klägerin. Sie hat nie bestritten zu wissen ja sogar damit dokumentiert, dass darin stand, dass mit dem zuständigen Arbeitsamt eine Direktzahlung vereinbart sei. In diesem Vertrag ist auch unter Ziff. 4 vereinbart, dass der Teilnehmer sich verpflichtet, unverzüglich einen Antrag auf Förderung nach dem SGB III zu stellen. Weiter ist darin die Verpflichtung enthalten, dem Bildungsträger eine Kopie des Bewilligungsbescheides zu überlassen. Schließlich ist darin auch geregelt, dass eventuell eine Abtretungserklärung nötig ist. Bei diesem Sachverhalt hätten bei der Klägerin auch Zweifel an den hohen Zahlungen aufkommen müssen. Soweit sie einwendet, dass dies nicht der Fall gewesen sei, ist das nach Ansicht des Senats nicht glaubhaft. Bei ihrem intellektuellen Zuschnitt hätte sie sich Klarheit darüber verschaffen müssen, wie der Bildungsträger zu seinen Kursgebühren kommt. Dazu hätte sie entweder beim Arbeitsamt oder beim Bildungsträger nachfragen müssen.
Angesichts dieser Umstände hätte die Klägerin schon nicht ohne weitere Rückfragen den Bescheid vom 05.11.2001 akzeptieren dürfen, in welchem ihr die Kursgebühren zuerkannt worden sind, obwohl nach dem Wissensstand der Klägerin Direktzahlungen vereinbart waren. Sie verhielt sich grob fahrlässig, wenn sie diesen Bescheid nicht dem Bildungsträger vorgelegt hat, ebenso wenn sie dies getan hat und ihr der Widerspruch zwischen Bewilligungsbescheid und Teilnahmevertrag nicht aufgefallen ist.
Bei der groben Fahrlässigkeit handelt es sich zwar auch um einen subjektiven Begriff. Dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen der Beteiligten sowie den besonderen Umständen des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff im Sinne der Rechtsprechung des BSG, BSGE 35, 108). Insbesondere ist somit in subjektiver Sicht ein gegenüber einfacher Fahrlässigkeit gesteigertes Verschulden nötig. Der Leistungsempfänger muss unter Berücksichtigung seiner individuellen Einsichts- und Urteilsfähigkeit seine Sorgfaltspflichten in außergewöhnlich hohem Maße, d.h. in einem das gewöhnliche Maß an Fahrlässigkeit erheblich übersteigenden Ausmaß verletzt haben.
Es ist aber in keiner Weise ersichtlich, dass die Klägerin in ihren kognitiven Fähigkeiten beeinträchtigt war. Immerhin war mit ihr eine Umschulung zur Fachinformatikerin über fast zwei Jahre mit Zugangsvoraussetzungen von mindestens einem mittleren Bildungsabschluss vorgesehen, was der Senat aus der in den Akten befindlichen Beschreibung der Lehrgangsmaßnahme entnimmt. Dies setzt derartige intellektuelle Voraussetzungen voraus, dass die Überwachung eines Girokontos verlangt werden kann. Der Abbruch der Maßnahme erfolgte auch nicht aus intellektuellen Gründen, sondern wegen gesundheitlicher Beschwerden. Schließlich handelte es sich bei der am 10.02.1976 geborenen, mithin damals 25-jährigen Klägerin, um eine relativ junge Leistungsempfängerin, die mit den Gegebenheiten der modernen Technik und des modernen Zahlungsverkehrs vertraut ist, zumal sie auch die Ausbildung einer Systeminformatikerin anstrebte. Auch das gesamte Verhalten der Klägerin, wie z. B. die gezielte Vorlage von ausgewählten Kontoauszügen im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens oder die detaillierte Beschreibung ihres Immobilienbesitzes im Prozesskostenhilfeverfahren, lassen auf einen überlegten und bedachten Umgang mit Finanzmitteln schließen. Gerade aus ihrem Verhalten im Verfahren ergibt sich, dass die Klägerin im Stande war, ihre Kontobewegungen zu kontrollieren und zu analysieren.
Hinzu kommt noch, dass die Klägerin durch die Bezugnahme auf den Bescheid vom 05.11.2001 bzw. Aushändigung des Merkblattes 6 (beim Antrag) besonders an ihre Sorgfaltverpflichtung gemahnt worden ist. Damit kommt es auch nicht auf das Vorbringen der Klägerin an, sie habe das "Merkblatt 6" tatsächlich erst als Anhang zu dem Schreiben der Beklagten vom 05.02.2002 erhalten. Denn sie ist zweimal bereits auf das Merkblatt 6 vor Empfang der Teilnahmekosten hingewiesen worden und sie hat auch nicht bestritten, dieses bei der Antragsstellung ausgehändigt erhalten zu haben.
Die Klägerin wusste, was angesichts ihres eigenen Vortrags zur vollen Überzeugung des Senats feststeht, dass der Bildungsträger davon ausging, dass er seine Kosten unmittelbar von der Beklagten erhalten würde. Denn sie befand sich im Besitz eines Exemplars des mit dem bfz geschlossen Ausbildungsvertrages, den sie selbst im Verfahren vorgelegt hat. Wenn sie dennoch Lehrgangskosten entgegengenommen und nicht weitergeleitet hat, würde sie sich eigentlich vorsätzlich verhalten haben. Von der Feststellung eines derartigen Umstandes, der unter Umständen einen strafrechtlichen Betrugsvorwurf tragen würde, kann der Senat nur deshalb absehen, weil die positive Überzeugung des Erhalts gerade von Grundlehrgangsgebühren nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht. Wohl aber kann aus den gesamten Umständen deswegen auf grobe Fahrlässigkeit geschlossen werden, weil die Klägerin nicht um Aufklärung dieser höchst suspekten Situation bemüht war.
Die bei der Klägerin vorhandene subjektive Einsichtsfähigkeit wird im Übrigen auch durch ihr Verhalten zur Rückerstattung von im Dezember 2001 geleisteten Fahrtkosten dokumentiert. Denn schon am 04.01.2002 wurde sie auf den unrechtmäßigen Bezug von Fahrtkosten trotz Abbruchs der Maßnahme hingewiesen. Sie hat diesen Sachverhalt auch am 08.01.2002 in einer schriftlichen Stellungnahme eingeräumt. In der Anhörung erkannte sie sofort, dass der unrechtmäßige Bezug eins zu eins in Euro ausgewiesen war, obwohl es sich lediglich um 429,22 DM handelte. Besonders aber zeigt sich, dass die Klägerin durch das Anhörungsschreiben schon Anfang Januar 2002 von der Unrechtmäßigkeit des weiterlaufenden Bezuges in Kenntnis gesetzt worden ist. Dennoch hat sie noch am 29.01.2001 weitere 479,54 Euro auf ihrem Konto in Empfang genommen, ohne sich nach deren Rechtmäßigkeit zu erkundigen. Zwar hat sie insoweit keine Kontoauszüge vorgelegt, jedoch ergibt sich diese Erkenntnis aus der unzweifelhaften Einlassung der Beklagten und insbesondere dem der Leistungsakte vorgehefteten Zahlungsnachweis vom 25.01.2002.
Auch die sonstigen Voraussetzungen eines Widerrufs sind erfüllt. § 47 Abs. 2 Satz 5
SGB X verweist unmittelbar auf § 45 Abs. 4 S 2 SGB X, also die Jahresfrist nach Kenntnis der Tatsachen, die die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts (bei § 47 Abs. 2: den Widerruf eines rechtmäßigen begünstigenden VA) rechtfertigen; (hierzu eingehend BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 27 sowie § 45 Rn. 25 ff.); auch diese Frist ist eingehalten.
Zu einer anderen Gestaltung, z. B. einem Absehen von dem Widerruf oder dessen Reduzierung oder Minderung der Erstattungsforderung, hatte die Beklagte keine Veranlassung. Die ursprüngliche Verwaltungsentscheidung enthält keine besonderen Ausführungen. Denn ebenso wie bei § 45 Abs. 1 SGB X ist nach § 47 Abs. 2 SGB X bei Bösgläubigkeit des Begünstigten wenig Raum für eine Ermessensentscheidung. Die Beklagte hat im Widerspruchsbescheid ihr Ermessen nicht verkannt. Denn sie beschreibt, dass die Klägerin sich nicht auf einen Vertrauensschutz berufen könne und zieht daraus die Schlussfolgerung, dass sie die Begünstigung widerruft. Im einzelnen führt die Beklagte dabei aus, dass der Klägerin aus dem zur Information überlassenen Merkblatt Nr. 6 bekannt sein musste, dass Lehrgangsgebühren Sachkosten der Maßnahme seien, die im Regelfall an den Maßnahmeträger direkt ausgezahlt würden. Sie habe damit keinen Anlass für die Annahme gehabt, dass sie diese Leistungen für den Lebensunterhalt gebrauchen könne. Denn es sei auch bekannt gewesen, dass für diesen Zweck die Leistung "Unterhaltsgeld" vorgesehen war. Somit könne sie sich nicht auf einen Vertrauensschutz im Sinne von § 47 Abs. 2 S. 2 und 3 SGB X berufen. Diese Beschreibung der Interessenlage genügt. Die Ermessensbetätigung verlangt nicht die verbale Wiedergabe der von der Rechtsprechung entwickelten Diktion i.S. von Leerformeln.
Die im Rahmen des Ermessens für die Gerichte nur begrenzt überprüfbare Rechtsfolgensetzung der Beklagten ist insoweit nicht zu beanstanden. Diese konnte sich angesichts des Ausmaßes an Bösgläubigkeit, ohne einen Gewichtungsfehler zu machen, zu einem uneingeschränkten Widerruf entschließen.
Dazu muss man sich nochmals die wirtschaftlichen Gegebenheiten vor Augen halten. Die Klägerin hat bis zum Beginn der Maßnahme Arbeitslosengeld in Höhe von etwa 1670 DM erhalten. Anschließend wurden ihr monatlich insgesamt als Unterhaltsgeld ein Betrag von über 1600 DM, für Lehrgangskosten ein Betrag von 947,89 DM und für Fahrtkosten von 429,23 DM zugewandt. Dies entspricht der Summe nach in etwa Leistungen von 3000 DM und fast dem Doppelten des vorangegangenen Arbeitslosengeldes. Es ist nicht vorstellbar, dass bei einem derartigen Leistungssprung irgend jemand davon ausgehen kann, dass er diese Leistungen vollständig für seinen Lebensunterhalt erhält. Diese Zahlungen entsprachen, was oben bereits schon festgestellt worden war, einer Leistungshöhe, die weit über dem liegt, was die Klägerin zuvor netto verdient hat, wenn bedacht wird, dass für die Beitragsabführungen ein Entgelt von 3649 DM monatlich zu Grunde gelegt worden ist. Eine derartige Einstellung kann auch nicht damit entschuldigt werden, dass die Klägerin seit Mitte November 2001 schwanger gewesen war und durch die Geburt ihrer Tochter 2002 erhöhten finanziellen und kräftemäßigen Belastungen ausgesetzt war.
Dieser enorme wirtschaftliche Zufluss erfolgte darüber hinaus in geballter Form. So ist der Klägerin im Dezember 2001 gegen Jahresende wegen der aufgelaufenen Nachzahlung an Jahresraten unter dem Bildungsträger allein dafür ein Betrag von 3751,56 DM, am 21.12.2001 einen Betrag von 937,89 DM neben dem Unterhaltsgeld ausbezahlt worden. Damit handelte sich um eine Summe von nahezu 8.000 DM. Angesichts dieses Umstands kann niemand darauf vertrauen, dass er dies alles selbst behalten dürfe. Besonders die Sorgfalt erhöhend kommt aber noch hinzu, dass zu diesem Zeitpunkt seit 30.11.2001 bereits der Abbruch der Maßnahme erfolgt war und Zahlungen noch Ende Dezember in dieser Höhe unbedingt einer Erklärung bedurften.
Schließlich hätten der Klägerin auch die unterschiedlichen Überweisungsbeträge Anlass sein müssen, sich Klarheit zu verschaffen. So ist monatlicher regelmäßig ein mit keinem Kennwort versehener Betrag von 1668,73 DM bzw. 1614,90 DM überwiesen worden. Daneben, aber mit Kennziffern (6510 bzw. 6509) versehenen, in wechselnder Höhe Beträge von 1.287,66, 429,22 bzw. 3751,56 DM. Schließlich hätte es der Klägerin noch auffallen müssen, dass sie am 30.11., am selben Tag, zwei Überweisungen des Arbeitsamtes erhalten hat, die eine über 16414,90 DM, die andere über 429,22 DM. Auch hätte es ihr zu denken geben müssen, dass sie am 20.09. vom Bildungsträger BFZ eine Gutschrift über 665,00 DM mit dem Vermerk FahrtkostenTMECOL erhalten hatte. Diese Erkenntnisse des Senats beruhen allesamt auf den von der Klägerin selbst überlassenen, ausgewählten Kopien von Kontoauszügen.
Die beim Ermessen dem Träger der Verwaltung eingeräumte Befugnis, unter mehreren Möglichkeiten selbst die Rechtsfolge auszuwählen, ist hier derart reduziert, dass die Entscheidung der Beklagten zum Widerruf nicht zu beanstanden ist. Letztlich lagen keine Umstände vor, die der Beklagten Handlungsalternativen hätten offen stehen lassen. Angesichts der Rechtsnatur der Leistungen als Kostenersatz für Sachleistungen droht der Klägerin bei einer Rückforderung auch nicht der Ausfall von Sozialleistungen, die sie im Nachhinein nicht erlangen könnte. Das Ermessen ist gerichtlich lediglich dahin zu überprüfen, ob die Verwaltung bei ihrer Entscheidung alle "wesentlichen Umstände" berücksichtigt hat (BVerwG NJW 1975, 2156 f; so im Ergebnis auch BSG SozR 3 - 1300 § 45
Nr. 18). Berücksichtigt werden können zwar auch die wirtschaftlichen Folgen für den Betroffenen (BSGE 59, 157, 171 = SozR 1300 § 45 Nr. 19 S. 66; SozR 3-1300 § 45 Nr. 2
S. 14 f; eingeschränkt BSGE 75, 291, 295 = SozR 3 - 1300 § 50 Nr. 17). Dann aber müssten sich diese bei der Klägerin gegenüber anderen Aufhebungs- und Rücknahmefällen besonders auswirken. Ein Ausfall an Sozialhilfe ist bei der Klägerin nicht eingetreten. Sie ist auch sonst keiner zwischenzeitlichen Verarmung anheimgefallen. Ihre Angaben zur Prozesskostenhilfe zeigen, dass sie zwischenzeitlich eine Immobilie erworben hat.
Irgendwelche schützenswerten Gesichtspunkte, die die Beklagte von einer Rückabwicklung der fehlgeleiteten Erfüllung für die sachlichen Aufwendungen der Bildungsmaßnahme hätten absehen lassen könnten, sind weiter nicht ersichtlich. In ihrer ersten Einlassung zum involvierten Sachverhalt hat die Klägerin darüber hinaus lediglich ausgeführt, dass der Bescheid über Lehrgangskosten an sie persönlich adressiert worden sei und sie deswegen davon ausgehen habe können, dass diese Leistungen ihr zugestanden und ihr bewilligt worden seien. Es sei aber aus diesem nicht ersichtlich gewesen, dass von ihr eine Weiterleitung hätte erfolgen sollen. Daraus ergeben sich keine schützenswerte Interessen der Klägerin, die die Beklagte von einer Rückerstattung abhalten könnten. Wenn die Beklagte die Klägerin als Betroffene bei der Anhörung danach gefragt hat, was aus ihrer Sicht gegen den geplanten Widerruf spricht und insoweit nichts weiter vorgetragen wird, als dass die Klägerin sich keines Verschuldens bewusst sei, kann der Beklagten kein Vorwurf mangelhafter Begründung gemacht werden. Sie ist nicht gehalten in Abwesenheit nahe liegender - z.B. vom Versicherer vorgetragener - Gesichtspunkte krampfhaft nach weiteren anzuführenden Umständen zu suchen, die aber - eben weil fern liegend - aus ihrer Sicht ein Abgehen von der Rücknahmenetscheidung ohnehin nicht rechtfertigen könnten. Wenn also die Beklagte dann angesichts der vorliegenden Gesamtumstände über den Widerruf in der vorliegenden Weise entscheidet, Anhaltspunkte dafür, dass sie ihr Ermessen fehlerhaft ausübt, aber nicht ersichtlich sind, kann dies als der Rechtsnatur der Ermessensentscheidung heraus vom Senat nicht beanstandet werden.
Letztlich würde der einzig zusätzlich zu würdigende Gesichtspunkt, nämlich das Verschulden an der Zweckverfehlung, unbedingt für eine Rücknahme sprechen. Denn daran trägt die Beklagte keinen Anteil. Sie wusste nichts vom Teilnehmervertrag. Sie hat sich eindeutig verhalten. Demgegenüber ist die wiederum die Situation der Zweckverfehlung von der Klägerin zu verantworten gewesen. Insoweit kann auf das oben ausgeführte Bezug genommen hatten.
Erst recht aber unterliegt das Verhalten der Beklagten keinen Beanstandungen, wenn die Rechtsansicht vertreten wird, dass die Beklagte gemäß § 330 Abs. 2 SGB III keine Verpflichtung zur Ausübung eines Ermessens hat, wofür sich aber in der Literatur keine Belege finden lassen. Mit dieser seit 01.01.1998 geltenden Vorschrift werden Besonderheiten für die Bundesagentur bei der Aufhebung von Verwaltungsakten geregelt, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die meisten Leistungen der Arbeitsverwaltung kurzfristig zu erbringen und vielfach ebenso kurz wieder zu beenden sind, so dass Überzahlungen praktisch nicht zu vermeiden sind. Ebenso wie § 45 Abs. 1 SGB X tritt nach § 47 Abs. 2 SGB X bei Bösgläubigkeit des Begünstigten an die Stelle einer Ermessensentscheidung eine gebundene Entscheidung, soweit es - wieder auch - die Vergangenheit betrifft. Nichts deutet darauf hin, dass § 47 Abs. 2 SGB X von der Anwendung des § 330 Abs. 2 SGB X ausgeschlossen sein soll. Es handelt sich um dieselbe Interessenlage wie bei originär nach § 45 Abs. 1 SGB X ergehenden Verwaltungsakten. § 47 Abs. 2 Satz 5 SGB X nimmt § 45 Abs. 4 Sätze 1 und 2 SGB X voll in Bezug, darüber hinaus stellt er wiederum auf
§ 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X als den Tatbeständen der Bösgläubigkeit ab bzw. passt sie darauf an, dass der entsprechende Tatbestand nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X auf die Umstände abstellt, die zum Widerruf des Verwaltungsaktes geführt haben. Nur wegen Letzterem ist die direkte Anwendung von § 45 SGB X nicht möglich, der auf die originäre Rechtswidrigkeit abstellt.
Über die Höhe der Rückforderungsansprüche bestehen zwischenzeitlich keine Zweifel mehr. Die Überzeugung von der Rechtmäßigkeit der Forderung ist oben bereits dargelegt.
Die Klägerin ist im gesamten Verfahren unterlegen und hat deswegen keinen Anspruch auf Kostenerstattung durch die Beklagte (§ 193 SGG).
Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 SGG).
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