Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 6 R 643/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 R 18/09 B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Das gegen die Klägerin wegen unentschuldigten Nichterscheinens festgesetzte Ordnungsgeld kann herabgestezt werden, wenn die Säumnis auf einer Fehlinformation durch ihren Prozessbevollmächtigten beruht
I. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 05.11.2008 abgeändert und das gegen die Beschwerdeführerin festgesetzte Ordnungsgeld auf 100,00 EUR herabgesetzt.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
III. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen das ihr auferlegte Ordnungsgeld. Im Hauptsacheverfahren zum Aktenzeichen S 6 R 643/08 begehrt die Beschwerdeführerin höhere Rente. Sie ist der Meinung, sie sei in unzulässiger Weise als Spätaussiedlerin von einer verfassungswidrigen Rentenkürzung betroffen.
Das Sozialgericht Bayreuth (SG) lud die Beschwerdeführerin zur Erörterung des Sach- und Streitverhältnisses auf den 05.11.2008. Hierzu ordnete es das persönliche Erscheinen der durch einen Bevollmächtigten vertretenen Beschwerdeführerin an. Auch ihr Bevollmächtigter wurde geladen.
Am 20.10.2008 erklärte der Bevollmächtigte der Beschwerdeführerin, er sei mit schriftlicher Entscheidung einverstanden. Am 04.11.2008 teilte er mit, er selbst werde an der Verhandlung nicht teilnehmen und beantrage, die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Beschwerdeführerin aufzuheben. Der Kammervorsitzende teilte dem Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin noch am selben Tag telefonisch mit, es werde weder der Termin noch das persönliche Erscheinen der Klägerin aufgehoben. Den Inhalt des Telefongesprächs hielt er in einem Aktenvermerk fest.
Im Erörterungstermin vom 05.11.2008 erschien für die Beschwerdeführerin niemand, wohl aber der Bevollmächtigte der Beklagten. Der Kammervorsitzende setzte gegen die Beschwerdeführerin Ordnungsgeld in Höhe von 250,00 EUR fest. Sie sei unentschuldigt nicht erschienen. Ihr persönliches Erscheinen sei notwendig, um ihr die Sach- und Rechtslage sowie die Aussichtslosigkeit der Klage vor dem Hintergrund der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darzulegen. Der mit Rechtsmittelbelehrung versehene Beschluss wurde dem Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin mit Empfangsbestätigung vom 07.11.2008 zugestellt.
Dagegen legte die Beschwerdeführerin am 19.11.2008 Beschwerde ein. Sie erklärte, ihr Bevollmächtigter habe ihr mitgeteilt, sie brauche nicht zu erscheinen. Auf den Hinweis des Senats, der Vorsitzende habe ihrem Bevollmächtigten telefonisch mitgeteilt, dass es bei dem Termin bleibe, antwortete die Beschwerdeführerin nicht. Das SG legte die Beschwerde dem Bayerischen Landessozialgericht zur Entscheidung vor.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 05.11.2008 aufzuheben.
II.
Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist insoweit begründet, als das Ordnungsgeld von 250,00 EUR auf 100,00 EUR herabzusetzen ist. Im Übrigen war die Beschwerde zurückzuweisen.
Gemäß §§ 111, 202 SGG i.V.m. § 141 Zivilprozessordnung (ZPO) kann das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung angeordnet werden und derjenige, der der Anordnung nicht Folge leistet, mit Ordnungsgeld wie ein im Vernehmungstermin nicht erschienener Zeuge belegt werden. Ob der Vorsitzende eine Anordnung nach § 111 SGG treffen will, steht in seinem Ermessen. Hält er zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vor der gesamten Kammer eine Erörterung des Streitverhältnisses für notwendig, so kann er hierzu das persönliche Erscheinen eines Beteiligten anordnen. Dass die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Beschwerdeführerin für notwendig gehalten worden war, lässt sich aus der Begründung des Ordnungsgeldbeschlusses ersehen. Anders als der enger gefasste § 141 ZPO ist im sozialgerichtlichen Verfahren im Rahmen der Aufklärung auch die bloße Erörterung der Sach- und Streitsache in Anwesenheit der Beteiligten zulässig. Insoweit sieht der Senat keine ermessensfehlerhafte Anordnung des persönlichen Erscheinens der Beschwerdeführerin. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich um die Erörterung einer so schwierigen Rechtsfrage handelt wie der hier im Streit stehenden Rentenkürzung, wenngleich die Mitwirkung der Beschwerdeführerin nicht zur Aufklärung des Sachverhalts notwendig war.
Die Voraussetzungen zur Verhängung eines Ordnungsgeldes gemäß § 111 SGG i.V.m. § 141 Abs.3 ZPO, der auf die Vorschriften der Zeugenvernehmung verweist, liegen vor, da die Beschwerdeführerin im Termin zur Erörterung des Sach- und Streitverhältnisses am 05.11.2008 nicht erschienen war. Nach § 380 ZPO sind einem ordnungsgemäß geladenen
Zeugen, der nicht erscheint, die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten sowie ein Ordnungsgeld aufzuerlegen. Die Festsetzung von Ordnungsgeld hat zu unterbleiben bzw. kann nachträglich aufgehoben werden, wenn der Beteiligte sein Ausbleiben genügend entschuldigen kann. Entschuldigt er sein Fernbleiben rechzeitig, das heißt so rechtzeitig, dass der Termin aufgehoben und die übrigen Beteiligten hiervon noch unterrichtet werden können, so hat die Festsetzung von Ordnungsmitteln zu unterbleiben. Erfolgt die Entschuldigung nicht rechtzeitig, so entfällt die Festsetzung eines Ordnungsmittels nur dann, wenn glaubhaft gemacht wird, dass den Betroffenen an der Verspätung der Entschuldigung kein Verschulden trifft und die Entschuldigung nachvollziehbar ist. Letzteres ist dann der Fall, wenn unter Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalles das Ausbleiben nicht als pflichtwidrig erscheint. Grundsätzlich ist eine Entschuldigung nicht genügend, die darauf beruht, dass der Prozessbevollmächtigte den Beteiligten abbestellt. Denn allein das Gericht kann die Ladung wirksam aufheben. Hat der Beteiligte vom Gericht keine Mitteilung von der beantragten Terminsaufhebung erhalten, so muss er sich zumindest durch Rückfrage beim Gericht versichern (Baumbach/Lauterbach, Albers/Hartmann, ZPO, 67. Auflage, § 381 Rdnr.6). Eine derartige Rückversicherung hat die Beschwerdeführerin unterlassen. Insofern ist von einer nachträglichen hinreichenden Entschuldigung nicht auszugehen.
Der Senat berücksichtigt jedoch das Verhalten der Beschwerdeführerin, das offensichtlich auf einer Fehlinformation durch ihren Bevollmächtigten beruht. Er sieht insoweit eine geringere Schuld, weil das Nichterscheinen auf einer Fehlinformation und nicht auf einer willentlichen Nichtachtung der Bürgerpflicht, auf Ladung bei Gericht zu erscheinen, beruht. Insofern sah sich der Senat veranlasst, das gegen die Beschwerdeführerin festgesetzte Ordnungsgeld von 250,00 EUR auf 100,00 EUR herabzusetzen. Im Übrigen war jedoch die Beschwerde zurückzuweisen.
Einen Anspruch auf Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten im Beschwerdeverfahren, etwa gegenüber der Staatskasse, hat die Beschwerdeführerin nicht, weil erst ihr Verhalten nach Erlass des Ordnungsgeldbeschlusses, nämlich das sofortige Eingeständnis ihrer Verfehlung, zu Herabsetzung des Ordnungsgeldes führte.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
III. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen das ihr auferlegte Ordnungsgeld. Im Hauptsacheverfahren zum Aktenzeichen S 6 R 643/08 begehrt die Beschwerdeführerin höhere Rente. Sie ist der Meinung, sie sei in unzulässiger Weise als Spätaussiedlerin von einer verfassungswidrigen Rentenkürzung betroffen.
Das Sozialgericht Bayreuth (SG) lud die Beschwerdeführerin zur Erörterung des Sach- und Streitverhältnisses auf den 05.11.2008. Hierzu ordnete es das persönliche Erscheinen der durch einen Bevollmächtigten vertretenen Beschwerdeführerin an. Auch ihr Bevollmächtigter wurde geladen.
Am 20.10.2008 erklärte der Bevollmächtigte der Beschwerdeführerin, er sei mit schriftlicher Entscheidung einverstanden. Am 04.11.2008 teilte er mit, er selbst werde an der Verhandlung nicht teilnehmen und beantrage, die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Beschwerdeführerin aufzuheben. Der Kammervorsitzende teilte dem Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin noch am selben Tag telefonisch mit, es werde weder der Termin noch das persönliche Erscheinen der Klägerin aufgehoben. Den Inhalt des Telefongesprächs hielt er in einem Aktenvermerk fest.
Im Erörterungstermin vom 05.11.2008 erschien für die Beschwerdeführerin niemand, wohl aber der Bevollmächtigte der Beklagten. Der Kammervorsitzende setzte gegen die Beschwerdeführerin Ordnungsgeld in Höhe von 250,00 EUR fest. Sie sei unentschuldigt nicht erschienen. Ihr persönliches Erscheinen sei notwendig, um ihr die Sach- und Rechtslage sowie die Aussichtslosigkeit der Klage vor dem Hintergrund der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darzulegen. Der mit Rechtsmittelbelehrung versehene Beschluss wurde dem Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin mit Empfangsbestätigung vom 07.11.2008 zugestellt.
Dagegen legte die Beschwerdeführerin am 19.11.2008 Beschwerde ein. Sie erklärte, ihr Bevollmächtigter habe ihr mitgeteilt, sie brauche nicht zu erscheinen. Auf den Hinweis des Senats, der Vorsitzende habe ihrem Bevollmächtigten telefonisch mitgeteilt, dass es bei dem Termin bleibe, antwortete die Beschwerdeführerin nicht. Das SG legte die Beschwerde dem Bayerischen Landessozialgericht zur Entscheidung vor.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 05.11.2008 aufzuheben.
II.
Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist insoweit begründet, als das Ordnungsgeld von 250,00 EUR auf 100,00 EUR herabzusetzen ist. Im Übrigen war die Beschwerde zurückzuweisen.
Gemäß §§ 111, 202 SGG i.V.m. § 141 Zivilprozessordnung (ZPO) kann das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung angeordnet werden und derjenige, der der Anordnung nicht Folge leistet, mit Ordnungsgeld wie ein im Vernehmungstermin nicht erschienener Zeuge belegt werden. Ob der Vorsitzende eine Anordnung nach § 111 SGG treffen will, steht in seinem Ermessen. Hält er zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vor der gesamten Kammer eine Erörterung des Streitverhältnisses für notwendig, so kann er hierzu das persönliche Erscheinen eines Beteiligten anordnen. Dass die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Beschwerdeführerin für notwendig gehalten worden war, lässt sich aus der Begründung des Ordnungsgeldbeschlusses ersehen. Anders als der enger gefasste § 141 ZPO ist im sozialgerichtlichen Verfahren im Rahmen der Aufklärung auch die bloße Erörterung der Sach- und Streitsache in Anwesenheit der Beteiligten zulässig. Insoweit sieht der Senat keine ermessensfehlerhafte Anordnung des persönlichen Erscheinens der Beschwerdeführerin. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich um die Erörterung einer so schwierigen Rechtsfrage handelt wie der hier im Streit stehenden Rentenkürzung, wenngleich die Mitwirkung der Beschwerdeführerin nicht zur Aufklärung des Sachverhalts notwendig war.
Die Voraussetzungen zur Verhängung eines Ordnungsgeldes gemäß § 111 SGG i.V.m. § 141 Abs.3 ZPO, der auf die Vorschriften der Zeugenvernehmung verweist, liegen vor, da die Beschwerdeführerin im Termin zur Erörterung des Sach- und Streitverhältnisses am 05.11.2008 nicht erschienen war. Nach § 380 ZPO sind einem ordnungsgemäß geladenen
Zeugen, der nicht erscheint, die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten sowie ein Ordnungsgeld aufzuerlegen. Die Festsetzung von Ordnungsgeld hat zu unterbleiben bzw. kann nachträglich aufgehoben werden, wenn der Beteiligte sein Ausbleiben genügend entschuldigen kann. Entschuldigt er sein Fernbleiben rechzeitig, das heißt so rechtzeitig, dass der Termin aufgehoben und die übrigen Beteiligten hiervon noch unterrichtet werden können, so hat die Festsetzung von Ordnungsmitteln zu unterbleiben. Erfolgt die Entschuldigung nicht rechtzeitig, so entfällt die Festsetzung eines Ordnungsmittels nur dann, wenn glaubhaft gemacht wird, dass den Betroffenen an der Verspätung der Entschuldigung kein Verschulden trifft und die Entschuldigung nachvollziehbar ist. Letzteres ist dann der Fall, wenn unter Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalles das Ausbleiben nicht als pflichtwidrig erscheint. Grundsätzlich ist eine Entschuldigung nicht genügend, die darauf beruht, dass der Prozessbevollmächtigte den Beteiligten abbestellt. Denn allein das Gericht kann die Ladung wirksam aufheben. Hat der Beteiligte vom Gericht keine Mitteilung von der beantragten Terminsaufhebung erhalten, so muss er sich zumindest durch Rückfrage beim Gericht versichern (Baumbach/Lauterbach, Albers/Hartmann, ZPO, 67. Auflage, § 381 Rdnr.6). Eine derartige Rückversicherung hat die Beschwerdeführerin unterlassen. Insofern ist von einer nachträglichen hinreichenden Entschuldigung nicht auszugehen.
Der Senat berücksichtigt jedoch das Verhalten der Beschwerdeführerin, das offensichtlich auf einer Fehlinformation durch ihren Bevollmächtigten beruht. Er sieht insoweit eine geringere Schuld, weil das Nichterscheinen auf einer Fehlinformation und nicht auf einer willentlichen Nichtachtung der Bürgerpflicht, auf Ladung bei Gericht zu erscheinen, beruht. Insofern sah sich der Senat veranlasst, das gegen die Beschwerdeführerin festgesetzte Ordnungsgeld von 250,00 EUR auf 100,00 EUR herabzusetzen. Im Übrigen war jedoch die Beschwerde zurückzuweisen.
Einen Anspruch auf Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten im Beschwerdeverfahren, etwa gegenüber der Staatskasse, hat die Beschwerdeführerin nicht, weil erst ihr Verhalten nach Erlass des Ordnungsgeldbeschlusses, nämlich das sofortige Eingeständnis ihrer Verfehlung, zu Herabsetzung des Ordnungsgeldes führte.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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