Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 47 R 2901/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 877/08
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zu den gesetzlichen Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts
München vom 22. September 2008 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1950 geborene Klägerin wurde nach ihren eigenen Angaben von April 1966 bis November 1967 für den Beruf der Verkäuferin angelernt. Eine Abschlussprüfung hat sie nicht abgelegt. Im Anschluss daran war sie bis Mai 1969 als Verkäuferin beschäftigt. Nach Zeiten der Kindererziehung war sie von Januar 1979 bis Oktober 1996 als Paketzustellerin bei der Deutschen Post AG in der Lohngruppe 6, von 1997 bis 1998 zunächst als Verkäuferin und dann als Projektleiterin bei einer Reinigungsfirma und zuletzt von 1999 bis 2003 als Zimmermädchen versicherungspflichtig beschäftigt. Seitdem ist die Klägerin arbeitsunfähig bzw. arbeitslos.
Die Klägerin beantragte erstmals am 21. Mai 1996 die Gewährung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit. Hierbei gab sie an, die Tätigkeit als Paketzustellerin krankheitsbedingt aufgegeben zu haben. Vorangegangen war eine stationäre orthopädische Heilbehandlung in der Klinik im S. Bad W ... Hier wurden ein Lendenwirbelsäulen-Syndrom bei beginnenden degenerativen Veränderungen, Gonalgien beidseits, linksbetont bei Verdacht auf Retropatellararthrose, ein rezidivierendes Halswirbelsäulen-Syndrom bei degenerativen Veränderungen sowie ein verschlucktes Prothesenteil festgestellt. Die Klägerin wurde als arbeitsfähig für die Tätigkeit als Paketzustellerin bei der Post entlassen. Dr. W. stellte in einem MDK-Gutachten vom 9. August 1996 Arbeitsfähigkeit für die Tätigkeit als Paketzustellerin fest. Der Internist und Sozialmediziner Dr. Z. bescheinigte der Klägerin in seinem Gutachten vom 20. September 1996 ebenfalls noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte und mittelschwere Arbeiten auch als Postarbeiterin. Der Antrag wurde daraufhin von der Beklagten abgelehnt.
Am 9. Oktober 2004 beantragte die Klägerin Leistungen zur medizinischen Rehabilitation bei der Beklagten. Hierbei gab sie an, die Tätigkeit als Postangestellte nicht aus Krankheitsgründen aufgegeben zu haben. In dem darauf folgenden Rehabilitationsverfahren in der Klinik H. wurden bei der Klägerin ein cervikocephales Syndrom, ein lokales Lendenwirbelsäulen-Syndrom und eine initiale Gonarthrose links diagnostiziert. Der Klägerin wurde ein Leistungsvermögen von unter 3 Stunden für die Tätigkeit als Zimmermädchen sowie von 6 Stunden für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bescheinigt. Die Beklagte holte ein Gutachten der Orthopädin Dr. B. vom 2. Februar 2005 ein. Hierin gab die Klägerin an, sie habe die Tätigkeit als Postarbeiterin aufgrund des Umzugs nach Bayern aufgegeben. Eine Rente von der Post werde nicht bezogen. Dr. B. bescheinigte der Klägerin noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sowie als Zimmermädchen. Nach Vorlage eines Entlassungsberichts des Rheumazentrums G-Stadt vom 10. Oktober 2005, in dem die Diagnose einer initialen seropositiven rheumatoiden Arthritis gestellt wird, nahm die Klägerin im Januar 2006 an einer Maßnahme der stationären Rehabilitation im G-Straße G-Stadt teil. Nach dem Entlassungsbericht vom 31. Januar 2006 bestehe derzeit als Zimmermädchen nur noch eine Leistungsfähigkeit von 3 bis unter 6 Stunden. Abhängig vom Therapieerfolg nach Umstellung der bisherigen Basistherapie sei mittelfristig auch insoweit mit einer Arbeitsfähigkeit zu rechnen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien noch leichte Tätigkeiten von 6 Stunden und mehr zumutbar.
Mit Antrag vom 13. Juni 2006 begehrte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. Hierbei gab sie an, die Tätigkeit als Angestellte bei der Post aufgrund Ortswechsels aufgegeben zu haben. Zur Begründung des Rentenantrags wurde auf die chronische Polyarthritis verwiesen. Die Beklagte holte ein orthopädisches Gutachten von Dr. P. vom 12. Juli 2006 ein. Dieser stellte eine seropositive Polyarthritis, ein degeneratives Lumbalsyndrom ohne radikuläre Symptomatik, ein Impingementsyndrom linke Schulter, einen rezidivierenden Reizzustand linkes Sprunggelenk, einen Olecranonsporn links sowie einen Zustand nach Epicondylitis-Operation beider Ellenbogengelenke fest. Rheumatypische Gelenkveränderungen lägen nicht vor. Der Klägerin seien noch leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne ausgeprägte Belastung der Hände über sechsstündig bis vollschichtig zumutbar.
Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin mit angefochtenem Bescheid vom 18. Juli 2006 ab.
Zur Begründung des hiergegen erhobenen Widerspruchs übersandte die Klägerin ein Gutachten des MDK in Bayern vom 19. Juli 2006, wonach die Klägerin aufgrund der chronischen Polyarthritis auf Dauer arbeitsunfähig sei. Die Beklagte holte ein Gutachten der Allgemeinmedizinerin Dr. L. vom 24. August 2006 ein. Diese stellte noch ein Leistungsvermögen von 6 Stunden und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt fest. Daraufhin wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 2006 zurückgewiesen.
In dem darauf folgenden Klageverfahren zum Sozialgericht München (SG) verwies die Klägerin erneut auf das Gutachten des MDK. Aufgrund der schmerzhaften Bewegungseinschränkungen der Finger-, Mittel- und Endgelenke auf beiden Seiten mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule sei die Klägerin erheblich in ihrem täglichen Tagesablauf eingeschränkt. Es liege eine Morgensteifigkeit von mehreren Stunden vor. In den Morgenstunden sei sie auf fremde Hilfe angewiesen. Einsatzmöglichkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für die Klägerin bestünden nicht. Das SG zog Befundberichte der Allgemeinmedizinerin Dr. C. und des Rheumatologen Dr. G. bei.
Es erhob gemäß § 106 Sozialgerichtsgesetz - SGG - Beweis durch Einholung eines orthopädischen Gutachtens von Dr. E. und eines internistisch-rheumatologischen Gutachtens von Dr. D. sowie gemäß § 109 SGG durch ein weiteres internistisch-rheumatologisches Gutachten von Dr. F ...
Dr. E. stellte bei der Klägerin in seinem Gutachten vom 28. Februar 2007 folgende Gesundheitsstörungen fest:
1. seropositive chronische Polyarthritis unter Basistherapie,
2. degenerative Veränderungen beider Hände mit Fingerpolyarthrose Heberden und Bou chard, STT-Arthrose und Rizarthrose rechts stärker als links,
3. statische Verformung beider Vorfüße mit Senk-Spreizfußdeformität beidseits; begin-
nender Hallux valgus beidseits und initialer Knorpelschaden oberes Sprunggelenk beid seits,
4. degeneratives Zervikalsyndrom Th3 bis C6 mit uncarthrotischer Einengung der Nero- foramina C4 bis C6 und Cervicobrachialgie rechts; derzeit asymptomatisches vordiag- nostiziertes degeneratives Lumbalsyndrom,
5. Schultereckgelenksarthrose beidseits mit Bursitis subacromialis,
6. derzeit asymptomatische Knorpelschädigung Kniegelenk links.
Die Klägerin sei noch in der Lage, leichte Arbeiten aus wechselnden Körperlagen, gehend, stehend und sitzend sowohl im Freien als auch in geschlossenen Räumen vollschichtig mit den arbeitsüblichen Pausen zu verrichten. Das Heben und Tragen von Lasten über 7-10 kg, Arbeiten aus ungünstigen Wirbelsäulenpositionen heraus kraftvolle Überkopfarbeiten und Tätigkeiten, die ausschließlich an Büromaschinen bzw. PC-Arbeitsplätzen absolviert werden können seien nicht mehr möglich. Manuelle Arbeiten dürften nur leicht sein. Auf die wechselnde Arbeitsposition sei aufgrund der Beschwerden in beiden Händen zu achten. Beschränkungen hinsichtlich des Anmarschwegs zur Arbeitsstätte bestünden nicht.
Dr. D. legte in ihrem Gutachten vom 3. Juli 2007 dar, die seropositive chronische Polyarthitis habe unter einer kombinierten Basistherapie nur eine leichtgradige Aktivität. Als weitere Gesundheitsstörungen wurden von ihr eine Struma multinodosa sowie eine Hypercholesterinämie benannt. Sie hält die Klägerin für in der Lage, leichte, gelegentlich mittelschwere Arbeiten aus wechselnder Ausgangslage bei ergonomisch günstiger Situation in geschlossenen Räumen zu verrichten. Nicht mehr möglich seien Arbeiten in Rumpfbeugehaltung, Haltungskonstanz oder Zwangshaltungen, im Knien oder in der Hocke, mit häufigem Besteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten oder an laufenden/ schneidenden Maschinen. Besondere Anforderungen an die feinmotorische Geschicklichkeit oder den kraftvollen Gebrauch von Armen und Händen könnten nicht mehr gestellt werden.
Der daraufhin von der Klägerin als Gutachter benannte Dr. F. diagnostizierte bei der Klägerin in seinem Gutachten vom 9. Juni 2008 eine seropositive rheumatoide Arthritis, destruierende Fingerpolyarthrose mit aktivierter Daumensattelgelenksarthrose rechts, eine Schultereckgelenksarthrose und eine geringe Periarthropathia humeroscapularis calcarea links, ein initiales Fibromyalgiesyndrom sowie ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom (Spondylarthrose, Osteochondrose, Uncovertebralarthrose). Die Klägerin sei aufgrund der fehlenden Berücksichtigung des aggressiv-progredienten Charakters der Grunderkrankung nur noch in der Lage, weniger als 3 Stunden am Tag leichte Arbeiten mit regelmäßigen Unterbrechungen im Wechsel der Position verrichten. Nicht mehr möglich seien schweres Heben, Verharren in Zwangshaltungen und Arbeiten an gefährlichen Arbeitsplätzen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 22. September 2008 unter Berufung auf die Gutachten von Dr. E. und Dr. D. abgewiesen. Die Ausführungen von Dr. F. seien nicht überzeugend. Der von ihm erhobene klinische Befund entspreche dem der Vorgutachter. Eine nachvollziehbare Begründung für seine abweichende Einschätzung liefere Dr. F. nicht.
Mit der hiergegen erhobenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Das Gutachten von Dr. D. sei in sich widersprüchlich, da einerseits eine vollschichtige Tätigkeit für möglich erachtet werde, andererseits eine Vielzahl von qualitativen Leistungseinschränkungen dargetan würde. Eine Tätigkeit, die von der Klägerin noch vollschichtig ausgeübt werden könnte, existiere nicht. Auch leide die Klägerin besonders in den Morgenstunden über mehrere Stunden hinweg unter einer Morgensteifigkeit. Dies sei nicht berücksichtigt worden. Das SG habe sich nicht hinreichend mit dem Gutachten von Dr. F. auseinandergesetzt. Auch liege bei der Klägerin ein depressives Syndrom vor. Die Klägerin habe sich allerdings insoweit zu keiner Zeit in fachärztlicher Behandlung befunden.
Der Senat hat die Schwerbehindertenakten beim Zentrum Bayern Familie und Soziales Region Oberpfalz (Grad der Behinderung - GdB - von 30) sowie Befundberichte des Rheumatologen Dr. G. beigezogen und gemäß § 106 SGG Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Gutachtens von Dr. H. vom 26.05.2009. Die Sachverständige stellte bei der Klägerin eine rheumatische entzündliche Gelenkserkrankung (seropositive chronische Polyarthritis) mit Funktionsbehinderungen beider Hände bei degenerativen Veränderungen des Daumensattelgelenks beidseits, beginnenden degenerativen Veränderungen der Langfingerendgelenke und rheumatischen Knochenveränderungen des handgelenksbeteiligten Endes der Elle beidseits, eine Funktionsbehinderung der Halswirbelsäule bei degenerativen Veränderungen vom dritten bis sechsten Halswirbelkörper sowie beginnende Aufbraucherscheinungen des lateralen Oberschenkelkniescheibengleitlagers beidseits ohne wesentliche Funktionsbehinderung fest.
Die Klägerin könne noch leichte Arbeiten in wechselnden Körperhaltungen mit den üblichen Arbeitspausen 6 Stunden und mehr in geschlossenen Räumen verrichten. Nicht mehr möglich seien Arbeiten in einseitigen Körperhaltungen (Überkopfarbeiten, Arbeiten im Knien, in der Hocke oder mit häufigem Besteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten), unter Einfluss von Kälte, Nässe und Zugluft oder mit vermehrter Belastung der Hände hinsichtlich Grob- und Feinmotorik. Beschränkungen hinsichtlich des Anmarschwegs zur Arbeitsstätte bestünden nicht. Weitere Gutachten seien nicht erforderlich.
Hierzu hat die Klägerin erklärt, das Ergebnis der Begutachtung sei für sie nicht nachvollziehbar. Ein Tätigwerden im Haushalt sei für sie nicht denkbar. Die Morgensteifigkeit dauere bis zur Mittagszeit an. Auch seien die Arme und Beine am Morgen und am Abend in erheblicher Weise angeschwollen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 22. September 2008 und des Bescheids vom 18. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. September 2006 zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Akten des SG, der Beklagten und des Zentrums Bayern Familie und Soziales Region Oberpfalz verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 18. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. September 2006 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI, Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI bzw. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß §§ 43 Abs. 1, 240 SGB VI zu.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Leistungsfähigkeit der Klägerin qualitativ hinsichtlich der Art und Schwere der noch möglichen Tätigkeiten gemindert, ohne dass die qualitativen Leistungseinschränkungen jedoch einen rentenerheblichen Umfang angenommen hätten. Eine quantitative Leistungseinschränkung liegt nach Überzeugung des erkennenden Senats nicht vor. Die Klägerin kann nach den nachvollziehbaren Feststellungen von Dr. H., Dr. E. und Dr. D. noch 6 Stunden täglich und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, auf den sie verwiesen werden kann, leichte Arbeiten verrichten. Das Gutachten von Dr. F. konnte demgegenüber den Senat nicht überzeugen.
Bei der Klägerin stehen die Gesundheitsstörungen auf internistisch-rheumatologischem und orthopädischem Fachgebiet im Vordergrund.
Bei der letzten Untersuchung der Klägerin durch Dr. H. befand sich die Klägerin in einem altersentsprechenden guten Allgemeinzustand. Bei der Untersuchung der Wirbelsäule zeigte sich ein Beckengeradstand bei regelgerechtem Aufbau. Brustkyphose und Lendenlordose waren im Normbereich. Die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule (Schober -sches Maß) war bei der Vorwärts-/Rückneigung mit 14,5-10-9 cm nur geringfügig eingeschränkt, die Seitneigung und die Rotation um die Rumpfachse waren normgerecht. Auch die Beweglichkeit der Brustwirbelsäule entsprach nahezu den Normwerten. Nur bei der Prüfung der Seitneigung der Halswirbelsäule ergaben sich größere Abweichungen vom Normwert (35-0-35).
Die oberen Extremitäten wiesen eine seitengleich kräftig entwickelte Muskulatur bei psychologischem Valgus auf. Bei der Prüfung der Beweglichkeit von Schultergelenken, Ellenbogengelenken und Handgelenken zeigten sich keinerlei Auffälligkeiten. Auch an den Fingergelenken konnte die erfahrene Gerichtssachverständige keine wesentliche synovitische Schwellung, keine Ergussbildung und keine Überwärmung feststellen. Der Klägerin gelang der Spitzgriff mit allen Fingern; der Faustschluss war der Klägerin infolge der rheumatischen Erkrankung nicht mehr vollständig möglich. Die grobe Kraft war beim gekreuzten Händedruck beidseits nicht wesentlich vermindert bei intakter Sensibilität aller Finger. Die Röntgenaufnahmen ergaben lediglich Verschmälerungen der Gelenksspalten im Handwurzelbereich der distalen Reihe sowie des Daumensattelgelenksspaltes. Randkantenausziehungen, subchondrale Reaktionen und rheumatische Veränderungen fanden sich - mit Ausnahme einer sehr kleinen zystischen Aufhellung im Bereich des Mittelgliedes des II. Fingers - nicht.
Die Überprüfung der Beweglichkeit von Hüft-, Knie- und Sprunggelenken erbrachte keinerlei Auffälligkeiten bei neurologisch völlig unauffälligem Befund. Die Muskulatur an beiden Beinen ist seitengleich kräftig entwickelt.
Wie schon bei der Untersuchung der Klägerin durch Dr. D. zeigten sich damit sowohl radiologisch als auch klinisch keine ausgeprägten Zeichen der bei der Klägerin zweifelsohne vorliegenden rheumatischen Erkrankung. Typische synovitische Schwellungen bestehen nach wie vor nicht, das Zeichen nach Gaenslen war bei der Untersuchung durch Dr. H. negativ. Die geltend gemachte Morgensteifigkeit der Gelenke bei der Klägerin ist sicher gegeben. Nicht nachvollziehbar ist jedoch der Hinweis, eine solche läge bis mittags vor. Die Klägerin hat gegenüber Dr. D. von einer Morgensteifigkeit von ca. 1 bis 2 Stunden, gegenüber Dr. H. nur von einer Morgensteifigkeit von bis zu 1 Stunde berichtet.
Nach alledem ist für den Senat eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens nicht nachvollziehbar begründbar. Auch Dr. F., der als einziger Sachverständiger ein Absinken des Leistungsvermögens sogar auf unter 3 Stunden annimmt, bleibt hierfür eine plausible Begründung schuldig. Wie das SG bereits zutreffend dargelegt hat, ist die bloße Möglichkeit eines progredienten Verlaufs der rheumatischen Erkrankung kein rechtfertigender Grund dafür, bei derzeit (noch) fehlenden wesentlichen Funktionseinschränkungen bereits jetzt eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens anzunehmen. Insofern ist aber auch darauf hinzuweisen, dass der Krankheitsverlauf sich als nicht derart dramatisch darstellt, wie dies von Dr. F. geschildert wird. Denn im Rahmen der sich über Jahre hinziehenden Begutachtungen der Klägerin haben sich keine wesentlichen Veränderungen des Krankheitsbildes im Sinne einer Verschlechterung gezeigt.
Für den Senat steht damit fest, dass die Klägerin noch mindestens 6 Stunden täglich zumindest leichte Arbeiten verrichten kann.
Ein Rentenanspruch ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin unter den üblichen Bedingungen des für sie in Betracht kommenden allgemeinen Arbeitsmarktes keine Tätigkeit finden würde. Denn bei ihr liegen weder ein nur eine Teilzeit erlaubendes Erwerbsvermögen noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, die ausnahmsweise die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich machen würde.
Das Bundessozialgericht - BSG - hat eine Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarkts aufgrund einer schweren spezifische Leistungsbehinderung für möglich erachtet, wenn die Einsatzfähigkeit eines Einarmigen noch weiter beschränkt ist (BSG SozR
3-2200 § 1246 Nr. 34). Der Klägerin können zwar nach den übereinstimmenden Feststellungen aller Gerichtssachverständigen keine Tätigkeiten mehr abverlangt werden, die vermehrte Anforderungen in Bezug auf Grob- und Feinmotorik der Hände verlangen. Von einer Einschränkung der Beweglichkeit der oberen Extremitäten, die mit einer (funktionellen) Einarmigkeit vergleichbar wäre, kann bei der Klägerin jedoch keinesfalls die Rede sein. So war die Klägerin bei der am Vormittag stattfindenden Untersuchung durch Dr. H. noch in der Lage, sich selbstständig und zügig auszukleiden. Eine Vergleichbarkeit mit einem einarmigen Versicherten ist damit nicht gegeben.
Die Klägerin benötigt nach den überzeugenden Feststellungen von Dr. H., Dr. E. und Dr. G., denen sich der Senat anschließt, keine arbeitsunüblichen Pausen. Soweit Dr. F. insoweit abweichend angegeben hatte, die Klägerin bedürfe in jeder Stunde einer Pause von etwa 5 Minuten, hat er dieses Erfordernis in keiner Weise nachvollziehbar begründet, so dass dahingestellt bleiben kann, ob durch dieses Erfordernis überhaupt die Notwendigkeit unüblicher Pausen begründet wird.
Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen liegt bei der Klägerin ebenfalls nicht vor. Die von den Gerichtssachverständigen festgestellten qualitativen Einschränkungen werden teilweise bereits durch den Ausschluss von mittelschweren und schweren Arbeiten abgedeckt; im Übrigen handelt es sich nicht um eine Vielzahl ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen.
Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung scheidet damit aus.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 Abs. 1, 2 SGB VI in Verbindung mit § 43 Abs. 1 SGB VI.
Die Klägerin genießt keinen Berufsschutz als Facharbeiterin bzw. Ausgebildete (Angestellte mit längerer Ausbildung, regelmäßig von 3 Jahren). Maßgeblicher Hauptberuf der Klägerin ist die letzte versicherungspflichtige Tätigkeit als Zimmermädchen. Von dem angelernten Beruf als Verkäuferin hat sich die Klägerin freiwillig gelöst. Dies gilt auch für die Tätigkeit als Paketzustellerin bei der Deutschen Post. Zwar findet sich hier im ersten Rentenantrag vom 21. Mai 1996 die einmalige Angabe, diesen Beruf aus Krankheitsgründen aufgegeben zu haben. Diese Aussage hat die Klägerin in der Folgezeit aber nie mehr wiederholt, sondern sowohl in weiteren Anträgen als auch gegenüber den untersuchenden Ärzten angegeben, diese Tätigkeit aufgrund eines Ortswechsels aufgegeben zu haben. Gegen eine Aufgabe der Tätigkeit als Paketzustellerin aus gesundheitlichen Gründen spricht auch der Umstand, dass sowohl in dem Entlassungsbericht der S. Kliniken Bad W. vom 24. August 1995 als auch in dem Gutachten von Dr. W. (MDK) die Klägerin für ihre letzte Tätigkeit als Paketzustellerin als arbeitsfähig erachtet worden ist. Die Klägerin bezieht auch von der Deutschen Post AG keine Berufsunfähigkeitsrente. Schließlich hat die Klägerin nach Aufgabe der Tätigkeit als Postzustellerin noch über Jahre eine Tätigkeit als Zimmermädchen ausgeübt, die gerade aufgrund der dort zu hebenden Lasten und der Notwendigkeit der Einnahme von Zwangshaltungen als schwere Arbeit anzusehen ist. Nach alledem geht der Senat davon aus, dass sich die Klägerin nicht aus gesundheitlichen Gründen, sondern freiwillig im Rahmen eines Ortswechsels vom Beruf der Paketzustellerin gelöst hat mit der Folge, dass die Tätigkeit als Postzustellerin nicht als Hauptberuf anzusehen ist.
Damit ist die letzte, nicht nur vorübergehend ausgeübte Tätigkeit als Zimmermädchen der maßgebliche Hauptberuf der Klägerin. Nach dem Vierstufenschema des BSG ist diese Tätigkeit dem ungelernten Bereich bzw. allenfalls dem unteren Anlernbereich mit der Folge zuzuordnen, dass die Klägerin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden kann, ohne dass es der konkreten Benennung eines Verweisungsberufes bedürfte, da Arbeitsgelegenheiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in genügender Anzahl vorhanden sind. Da die Klägerin insoweit sechs Stunden täglich einsatzfähig ist, kommt ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gem. §§ 43 Abs. 1, 240 SGB VI ebenfalls nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) entspricht dem Umstand, dass die Klägerin auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
München vom 22. September 2008 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1950 geborene Klägerin wurde nach ihren eigenen Angaben von April 1966 bis November 1967 für den Beruf der Verkäuferin angelernt. Eine Abschlussprüfung hat sie nicht abgelegt. Im Anschluss daran war sie bis Mai 1969 als Verkäuferin beschäftigt. Nach Zeiten der Kindererziehung war sie von Januar 1979 bis Oktober 1996 als Paketzustellerin bei der Deutschen Post AG in der Lohngruppe 6, von 1997 bis 1998 zunächst als Verkäuferin und dann als Projektleiterin bei einer Reinigungsfirma und zuletzt von 1999 bis 2003 als Zimmermädchen versicherungspflichtig beschäftigt. Seitdem ist die Klägerin arbeitsunfähig bzw. arbeitslos.
Die Klägerin beantragte erstmals am 21. Mai 1996 die Gewährung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit. Hierbei gab sie an, die Tätigkeit als Paketzustellerin krankheitsbedingt aufgegeben zu haben. Vorangegangen war eine stationäre orthopädische Heilbehandlung in der Klinik im S. Bad W ... Hier wurden ein Lendenwirbelsäulen-Syndrom bei beginnenden degenerativen Veränderungen, Gonalgien beidseits, linksbetont bei Verdacht auf Retropatellararthrose, ein rezidivierendes Halswirbelsäulen-Syndrom bei degenerativen Veränderungen sowie ein verschlucktes Prothesenteil festgestellt. Die Klägerin wurde als arbeitsfähig für die Tätigkeit als Paketzustellerin bei der Post entlassen. Dr. W. stellte in einem MDK-Gutachten vom 9. August 1996 Arbeitsfähigkeit für die Tätigkeit als Paketzustellerin fest. Der Internist und Sozialmediziner Dr. Z. bescheinigte der Klägerin in seinem Gutachten vom 20. September 1996 ebenfalls noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte und mittelschwere Arbeiten auch als Postarbeiterin. Der Antrag wurde daraufhin von der Beklagten abgelehnt.
Am 9. Oktober 2004 beantragte die Klägerin Leistungen zur medizinischen Rehabilitation bei der Beklagten. Hierbei gab sie an, die Tätigkeit als Postangestellte nicht aus Krankheitsgründen aufgegeben zu haben. In dem darauf folgenden Rehabilitationsverfahren in der Klinik H. wurden bei der Klägerin ein cervikocephales Syndrom, ein lokales Lendenwirbelsäulen-Syndrom und eine initiale Gonarthrose links diagnostiziert. Der Klägerin wurde ein Leistungsvermögen von unter 3 Stunden für die Tätigkeit als Zimmermädchen sowie von 6 Stunden für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bescheinigt. Die Beklagte holte ein Gutachten der Orthopädin Dr. B. vom 2. Februar 2005 ein. Hierin gab die Klägerin an, sie habe die Tätigkeit als Postarbeiterin aufgrund des Umzugs nach Bayern aufgegeben. Eine Rente von der Post werde nicht bezogen. Dr. B. bescheinigte der Klägerin noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sowie als Zimmermädchen. Nach Vorlage eines Entlassungsberichts des Rheumazentrums G-Stadt vom 10. Oktober 2005, in dem die Diagnose einer initialen seropositiven rheumatoiden Arthritis gestellt wird, nahm die Klägerin im Januar 2006 an einer Maßnahme der stationären Rehabilitation im G-Straße G-Stadt teil. Nach dem Entlassungsbericht vom 31. Januar 2006 bestehe derzeit als Zimmermädchen nur noch eine Leistungsfähigkeit von 3 bis unter 6 Stunden. Abhängig vom Therapieerfolg nach Umstellung der bisherigen Basistherapie sei mittelfristig auch insoweit mit einer Arbeitsfähigkeit zu rechnen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien noch leichte Tätigkeiten von 6 Stunden und mehr zumutbar.
Mit Antrag vom 13. Juni 2006 begehrte die Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. Hierbei gab sie an, die Tätigkeit als Angestellte bei der Post aufgrund Ortswechsels aufgegeben zu haben. Zur Begründung des Rentenantrags wurde auf die chronische Polyarthritis verwiesen. Die Beklagte holte ein orthopädisches Gutachten von Dr. P. vom 12. Juli 2006 ein. Dieser stellte eine seropositive Polyarthritis, ein degeneratives Lumbalsyndrom ohne radikuläre Symptomatik, ein Impingementsyndrom linke Schulter, einen rezidivierenden Reizzustand linkes Sprunggelenk, einen Olecranonsporn links sowie einen Zustand nach Epicondylitis-Operation beider Ellenbogengelenke fest. Rheumatypische Gelenkveränderungen lägen nicht vor. Der Klägerin seien noch leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne ausgeprägte Belastung der Hände über sechsstündig bis vollschichtig zumutbar.
Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin mit angefochtenem Bescheid vom 18. Juli 2006 ab.
Zur Begründung des hiergegen erhobenen Widerspruchs übersandte die Klägerin ein Gutachten des MDK in Bayern vom 19. Juli 2006, wonach die Klägerin aufgrund der chronischen Polyarthritis auf Dauer arbeitsunfähig sei. Die Beklagte holte ein Gutachten der Allgemeinmedizinerin Dr. L. vom 24. August 2006 ein. Diese stellte noch ein Leistungsvermögen von 6 Stunden und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt fest. Daraufhin wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 2006 zurückgewiesen.
In dem darauf folgenden Klageverfahren zum Sozialgericht München (SG) verwies die Klägerin erneut auf das Gutachten des MDK. Aufgrund der schmerzhaften Bewegungseinschränkungen der Finger-, Mittel- und Endgelenke auf beiden Seiten mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule sei die Klägerin erheblich in ihrem täglichen Tagesablauf eingeschränkt. Es liege eine Morgensteifigkeit von mehreren Stunden vor. In den Morgenstunden sei sie auf fremde Hilfe angewiesen. Einsatzmöglichkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für die Klägerin bestünden nicht. Das SG zog Befundberichte der Allgemeinmedizinerin Dr. C. und des Rheumatologen Dr. G. bei.
Es erhob gemäß § 106 Sozialgerichtsgesetz - SGG - Beweis durch Einholung eines orthopädischen Gutachtens von Dr. E. und eines internistisch-rheumatologischen Gutachtens von Dr. D. sowie gemäß § 109 SGG durch ein weiteres internistisch-rheumatologisches Gutachten von Dr. F ...
Dr. E. stellte bei der Klägerin in seinem Gutachten vom 28. Februar 2007 folgende Gesundheitsstörungen fest:
1. seropositive chronische Polyarthritis unter Basistherapie,
2. degenerative Veränderungen beider Hände mit Fingerpolyarthrose Heberden und Bou chard, STT-Arthrose und Rizarthrose rechts stärker als links,
3. statische Verformung beider Vorfüße mit Senk-Spreizfußdeformität beidseits; begin-
nender Hallux valgus beidseits und initialer Knorpelschaden oberes Sprunggelenk beid seits,
4. degeneratives Zervikalsyndrom Th3 bis C6 mit uncarthrotischer Einengung der Nero- foramina C4 bis C6 und Cervicobrachialgie rechts; derzeit asymptomatisches vordiag- nostiziertes degeneratives Lumbalsyndrom,
5. Schultereckgelenksarthrose beidseits mit Bursitis subacromialis,
6. derzeit asymptomatische Knorpelschädigung Kniegelenk links.
Die Klägerin sei noch in der Lage, leichte Arbeiten aus wechselnden Körperlagen, gehend, stehend und sitzend sowohl im Freien als auch in geschlossenen Räumen vollschichtig mit den arbeitsüblichen Pausen zu verrichten. Das Heben und Tragen von Lasten über 7-10 kg, Arbeiten aus ungünstigen Wirbelsäulenpositionen heraus kraftvolle Überkopfarbeiten und Tätigkeiten, die ausschließlich an Büromaschinen bzw. PC-Arbeitsplätzen absolviert werden können seien nicht mehr möglich. Manuelle Arbeiten dürften nur leicht sein. Auf die wechselnde Arbeitsposition sei aufgrund der Beschwerden in beiden Händen zu achten. Beschränkungen hinsichtlich des Anmarschwegs zur Arbeitsstätte bestünden nicht.
Dr. D. legte in ihrem Gutachten vom 3. Juli 2007 dar, die seropositive chronische Polyarthitis habe unter einer kombinierten Basistherapie nur eine leichtgradige Aktivität. Als weitere Gesundheitsstörungen wurden von ihr eine Struma multinodosa sowie eine Hypercholesterinämie benannt. Sie hält die Klägerin für in der Lage, leichte, gelegentlich mittelschwere Arbeiten aus wechselnder Ausgangslage bei ergonomisch günstiger Situation in geschlossenen Räumen zu verrichten. Nicht mehr möglich seien Arbeiten in Rumpfbeugehaltung, Haltungskonstanz oder Zwangshaltungen, im Knien oder in der Hocke, mit häufigem Besteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten oder an laufenden/ schneidenden Maschinen. Besondere Anforderungen an die feinmotorische Geschicklichkeit oder den kraftvollen Gebrauch von Armen und Händen könnten nicht mehr gestellt werden.
Der daraufhin von der Klägerin als Gutachter benannte Dr. F. diagnostizierte bei der Klägerin in seinem Gutachten vom 9. Juni 2008 eine seropositive rheumatoide Arthritis, destruierende Fingerpolyarthrose mit aktivierter Daumensattelgelenksarthrose rechts, eine Schultereckgelenksarthrose und eine geringe Periarthropathia humeroscapularis calcarea links, ein initiales Fibromyalgiesyndrom sowie ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom (Spondylarthrose, Osteochondrose, Uncovertebralarthrose). Die Klägerin sei aufgrund der fehlenden Berücksichtigung des aggressiv-progredienten Charakters der Grunderkrankung nur noch in der Lage, weniger als 3 Stunden am Tag leichte Arbeiten mit regelmäßigen Unterbrechungen im Wechsel der Position verrichten. Nicht mehr möglich seien schweres Heben, Verharren in Zwangshaltungen und Arbeiten an gefährlichen Arbeitsplätzen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 22. September 2008 unter Berufung auf die Gutachten von Dr. E. und Dr. D. abgewiesen. Die Ausführungen von Dr. F. seien nicht überzeugend. Der von ihm erhobene klinische Befund entspreche dem der Vorgutachter. Eine nachvollziehbare Begründung für seine abweichende Einschätzung liefere Dr. F. nicht.
Mit der hiergegen erhobenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Das Gutachten von Dr. D. sei in sich widersprüchlich, da einerseits eine vollschichtige Tätigkeit für möglich erachtet werde, andererseits eine Vielzahl von qualitativen Leistungseinschränkungen dargetan würde. Eine Tätigkeit, die von der Klägerin noch vollschichtig ausgeübt werden könnte, existiere nicht. Auch leide die Klägerin besonders in den Morgenstunden über mehrere Stunden hinweg unter einer Morgensteifigkeit. Dies sei nicht berücksichtigt worden. Das SG habe sich nicht hinreichend mit dem Gutachten von Dr. F. auseinandergesetzt. Auch liege bei der Klägerin ein depressives Syndrom vor. Die Klägerin habe sich allerdings insoweit zu keiner Zeit in fachärztlicher Behandlung befunden.
Der Senat hat die Schwerbehindertenakten beim Zentrum Bayern Familie und Soziales Region Oberpfalz (Grad der Behinderung - GdB - von 30) sowie Befundberichte des Rheumatologen Dr. G. beigezogen und gemäß § 106 SGG Beweis erhoben durch Einholung eines orthopädischen Gutachtens von Dr. H. vom 26.05.2009. Die Sachverständige stellte bei der Klägerin eine rheumatische entzündliche Gelenkserkrankung (seropositive chronische Polyarthritis) mit Funktionsbehinderungen beider Hände bei degenerativen Veränderungen des Daumensattelgelenks beidseits, beginnenden degenerativen Veränderungen der Langfingerendgelenke und rheumatischen Knochenveränderungen des handgelenksbeteiligten Endes der Elle beidseits, eine Funktionsbehinderung der Halswirbelsäule bei degenerativen Veränderungen vom dritten bis sechsten Halswirbelkörper sowie beginnende Aufbraucherscheinungen des lateralen Oberschenkelkniescheibengleitlagers beidseits ohne wesentliche Funktionsbehinderung fest.
Die Klägerin könne noch leichte Arbeiten in wechselnden Körperhaltungen mit den üblichen Arbeitspausen 6 Stunden und mehr in geschlossenen Räumen verrichten. Nicht mehr möglich seien Arbeiten in einseitigen Körperhaltungen (Überkopfarbeiten, Arbeiten im Knien, in der Hocke oder mit häufigem Besteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten), unter Einfluss von Kälte, Nässe und Zugluft oder mit vermehrter Belastung der Hände hinsichtlich Grob- und Feinmotorik. Beschränkungen hinsichtlich des Anmarschwegs zur Arbeitsstätte bestünden nicht. Weitere Gutachten seien nicht erforderlich.
Hierzu hat die Klägerin erklärt, das Ergebnis der Begutachtung sei für sie nicht nachvollziehbar. Ein Tätigwerden im Haushalt sei für sie nicht denkbar. Die Morgensteifigkeit dauere bis zur Mittagszeit an. Auch seien die Arme und Beine am Morgen und am Abend in erheblicher Weise angeschwollen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 22. September 2008 und des Bescheids vom 18. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. September 2006 zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen Erwerbsminderung nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Akten des SG, der Beklagten und des Zentrums Bayern Familie und Soziales Region Oberpfalz verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage gegen den angefochtenen Bescheid vom 18. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. September 2006 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI, Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI bzw. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß §§ 43 Abs. 1, 240 SGB VI zu.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Leistungsfähigkeit der Klägerin qualitativ hinsichtlich der Art und Schwere der noch möglichen Tätigkeiten gemindert, ohne dass die qualitativen Leistungseinschränkungen jedoch einen rentenerheblichen Umfang angenommen hätten. Eine quantitative Leistungseinschränkung liegt nach Überzeugung des erkennenden Senats nicht vor. Die Klägerin kann nach den nachvollziehbaren Feststellungen von Dr. H., Dr. E. und Dr. D. noch 6 Stunden täglich und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, auf den sie verwiesen werden kann, leichte Arbeiten verrichten. Das Gutachten von Dr. F. konnte demgegenüber den Senat nicht überzeugen.
Bei der Klägerin stehen die Gesundheitsstörungen auf internistisch-rheumatologischem und orthopädischem Fachgebiet im Vordergrund.
Bei der letzten Untersuchung der Klägerin durch Dr. H. befand sich die Klägerin in einem altersentsprechenden guten Allgemeinzustand. Bei der Untersuchung der Wirbelsäule zeigte sich ein Beckengeradstand bei regelgerechtem Aufbau. Brustkyphose und Lendenlordose waren im Normbereich. Die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule (Schober -sches Maß) war bei der Vorwärts-/Rückneigung mit 14,5-10-9 cm nur geringfügig eingeschränkt, die Seitneigung und die Rotation um die Rumpfachse waren normgerecht. Auch die Beweglichkeit der Brustwirbelsäule entsprach nahezu den Normwerten. Nur bei der Prüfung der Seitneigung der Halswirbelsäule ergaben sich größere Abweichungen vom Normwert (35-0-35).
Die oberen Extremitäten wiesen eine seitengleich kräftig entwickelte Muskulatur bei psychologischem Valgus auf. Bei der Prüfung der Beweglichkeit von Schultergelenken, Ellenbogengelenken und Handgelenken zeigten sich keinerlei Auffälligkeiten. Auch an den Fingergelenken konnte die erfahrene Gerichtssachverständige keine wesentliche synovitische Schwellung, keine Ergussbildung und keine Überwärmung feststellen. Der Klägerin gelang der Spitzgriff mit allen Fingern; der Faustschluss war der Klägerin infolge der rheumatischen Erkrankung nicht mehr vollständig möglich. Die grobe Kraft war beim gekreuzten Händedruck beidseits nicht wesentlich vermindert bei intakter Sensibilität aller Finger. Die Röntgenaufnahmen ergaben lediglich Verschmälerungen der Gelenksspalten im Handwurzelbereich der distalen Reihe sowie des Daumensattelgelenksspaltes. Randkantenausziehungen, subchondrale Reaktionen und rheumatische Veränderungen fanden sich - mit Ausnahme einer sehr kleinen zystischen Aufhellung im Bereich des Mittelgliedes des II. Fingers - nicht.
Die Überprüfung der Beweglichkeit von Hüft-, Knie- und Sprunggelenken erbrachte keinerlei Auffälligkeiten bei neurologisch völlig unauffälligem Befund. Die Muskulatur an beiden Beinen ist seitengleich kräftig entwickelt.
Wie schon bei der Untersuchung der Klägerin durch Dr. D. zeigten sich damit sowohl radiologisch als auch klinisch keine ausgeprägten Zeichen der bei der Klägerin zweifelsohne vorliegenden rheumatischen Erkrankung. Typische synovitische Schwellungen bestehen nach wie vor nicht, das Zeichen nach Gaenslen war bei der Untersuchung durch Dr. H. negativ. Die geltend gemachte Morgensteifigkeit der Gelenke bei der Klägerin ist sicher gegeben. Nicht nachvollziehbar ist jedoch der Hinweis, eine solche läge bis mittags vor. Die Klägerin hat gegenüber Dr. D. von einer Morgensteifigkeit von ca. 1 bis 2 Stunden, gegenüber Dr. H. nur von einer Morgensteifigkeit von bis zu 1 Stunde berichtet.
Nach alledem ist für den Senat eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens nicht nachvollziehbar begründbar. Auch Dr. F., der als einziger Sachverständiger ein Absinken des Leistungsvermögens sogar auf unter 3 Stunden annimmt, bleibt hierfür eine plausible Begründung schuldig. Wie das SG bereits zutreffend dargelegt hat, ist die bloße Möglichkeit eines progredienten Verlaufs der rheumatischen Erkrankung kein rechtfertigender Grund dafür, bei derzeit (noch) fehlenden wesentlichen Funktionseinschränkungen bereits jetzt eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens anzunehmen. Insofern ist aber auch darauf hinzuweisen, dass der Krankheitsverlauf sich als nicht derart dramatisch darstellt, wie dies von Dr. F. geschildert wird. Denn im Rahmen der sich über Jahre hinziehenden Begutachtungen der Klägerin haben sich keine wesentlichen Veränderungen des Krankheitsbildes im Sinne einer Verschlechterung gezeigt.
Für den Senat steht damit fest, dass die Klägerin noch mindestens 6 Stunden täglich zumindest leichte Arbeiten verrichten kann.
Ein Rentenanspruch ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin unter den üblichen Bedingungen des für sie in Betracht kommenden allgemeinen Arbeitsmarktes keine Tätigkeit finden würde. Denn bei ihr liegen weder ein nur eine Teilzeit erlaubendes Erwerbsvermögen noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, die ausnahmsweise die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich machen würde.
Das Bundessozialgericht - BSG - hat eine Verschlossenheit des allgemeinen Arbeitsmarkts aufgrund einer schweren spezifische Leistungsbehinderung für möglich erachtet, wenn die Einsatzfähigkeit eines Einarmigen noch weiter beschränkt ist (BSG SozR
3-2200 § 1246 Nr. 34). Der Klägerin können zwar nach den übereinstimmenden Feststellungen aller Gerichtssachverständigen keine Tätigkeiten mehr abverlangt werden, die vermehrte Anforderungen in Bezug auf Grob- und Feinmotorik der Hände verlangen. Von einer Einschränkung der Beweglichkeit der oberen Extremitäten, die mit einer (funktionellen) Einarmigkeit vergleichbar wäre, kann bei der Klägerin jedoch keinesfalls die Rede sein. So war die Klägerin bei der am Vormittag stattfindenden Untersuchung durch Dr. H. noch in der Lage, sich selbstständig und zügig auszukleiden. Eine Vergleichbarkeit mit einem einarmigen Versicherten ist damit nicht gegeben.
Die Klägerin benötigt nach den überzeugenden Feststellungen von Dr. H., Dr. E. und Dr. G., denen sich der Senat anschließt, keine arbeitsunüblichen Pausen. Soweit Dr. F. insoweit abweichend angegeben hatte, die Klägerin bedürfe in jeder Stunde einer Pause von etwa 5 Minuten, hat er dieses Erfordernis in keiner Weise nachvollziehbar begründet, so dass dahingestellt bleiben kann, ob durch dieses Erfordernis überhaupt die Notwendigkeit unüblicher Pausen begründet wird.
Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen liegt bei der Klägerin ebenfalls nicht vor. Die von den Gerichtssachverständigen festgestellten qualitativen Einschränkungen werden teilweise bereits durch den Ausschluss von mittelschweren und schweren Arbeiten abgedeckt; im Übrigen handelt es sich nicht um eine Vielzahl ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen.
Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung scheidet damit aus.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 Abs. 1, 2 SGB VI in Verbindung mit § 43 Abs. 1 SGB VI.
Die Klägerin genießt keinen Berufsschutz als Facharbeiterin bzw. Ausgebildete (Angestellte mit längerer Ausbildung, regelmäßig von 3 Jahren). Maßgeblicher Hauptberuf der Klägerin ist die letzte versicherungspflichtige Tätigkeit als Zimmermädchen. Von dem angelernten Beruf als Verkäuferin hat sich die Klägerin freiwillig gelöst. Dies gilt auch für die Tätigkeit als Paketzustellerin bei der Deutschen Post. Zwar findet sich hier im ersten Rentenantrag vom 21. Mai 1996 die einmalige Angabe, diesen Beruf aus Krankheitsgründen aufgegeben zu haben. Diese Aussage hat die Klägerin in der Folgezeit aber nie mehr wiederholt, sondern sowohl in weiteren Anträgen als auch gegenüber den untersuchenden Ärzten angegeben, diese Tätigkeit aufgrund eines Ortswechsels aufgegeben zu haben. Gegen eine Aufgabe der Tätigkeit als Paketzustellerin aus gesundheitlichen Gründen spricht auch der Umstand, dass sowohl in dem Entlassungsbericht der S. Kliniken Bad W. vom 24. August 1995 als auch in dem Gutachten von Dr. W. (MDK) die Klägerin für ihre letzte Tätigkeit als Paketzustellerin als arbeitsfähig erachtet worden ist. Die Klägerin bezieht auch von der Deutschen Post AG keine Berufsunfähigkeitsrente. Schließlich hat die Klägerin nach Aufgabe der Tätigkeit als Postzustellerin noch über Jahre eine Tätigkeit als Zimmermädchen ausgeübt, die gerade aufgrund der dort zu hebenden Lasten und der Notwendigkeit der Einnahme von Zwangshaltungen als schwere Arbeit anzusehen ist. Nach alledem geht der Senat davon aus, dass sich die Klägerin nicht aus gesundheitlichen Gründen, sondern freiwillig im Rahmen eines Ortswechsels vom Beruf der Paketzustellerin gelöst hat mit der Folge, dass die Tätigkeit als Postzustellerin nicht als Hauptberuf anzusehen ist.
Damit ist die letzte, nicht nur vorübergehend ausgeübte Tätigkeit als Zimmermädchen der maßgebliche Hauptberuf der Klägerin. Nach dem Vierstufenschema des BSG ist diese Tätigkeit dem ungelernten Bereich bzw. allenfalls dem unteren Anlernbereich mit der Folge zuzuordnen, dass die Klägerin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden kann, ohne dass es der konkreten Benennung eines Verweisungsberufes bedürfte, da Arbeitsgelegenheiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in genügender Anzahl vorhanden sind. Da die Klägerin insoweit sechs Stunden täglich einsatzfähig ist, kommt ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gem. §§ 43 Abs. 1, 240 SGB VI ebenfalls nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) entspricht dem Umstand, dass die Klägerin auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.
Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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