Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 16 VS 7/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 VS 19/06
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Erleiden Soldaten eine Wehrdienstbeschädigung, so haben sie nach Maßgabe von § 80 Soldatenversorgungsgesetz (SVG) in Verbindung mit den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) auch Anspruch auf Gewährung eines Berufsschadensausgleiches (§ 30
Abs. 3 ff. BVG in Verbijndung mit der Berufsschadensausgleichsverordnung - BSchAV). Hat der Soldat vor dem Eintritt der Wehrdienstbeschädigung lediglich einen qualifizierenden Hauptschulabschluss erworben und diverse Hilfstätigkeiten als ungelernter bzw. angelernter Arbeiter ausgeübt, bemisst sich das maßgebliche Vergleichseinkommen gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BSchAV nach der Leistungsgruppe 1, 2 oder 3. Dies gilt insbesondere dann, wenn nach der fraglichen Laufbahn eines Unteroffizieres (§ 4 Abs. 3 Nr. 1 BSchAV) ein niedrigers Vergleichseinkommen zugrunde gelegte werden müsste, als nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BSchAV.
Abs. 3 ff. BVG in Verbijndung mit der Berufsschadensausgleichsverordnung - BSchAV). Hat der Soldat vor dem Eintritt der Wehrdienstbeschädigung lediglich einen qualifizierenden Hauptschulabschluss erworben und diverse Hilfstätigkeiten als ungelernter bzw. angelernter Arbeiter ausgeübt, bemisst sich das maßgebliche Vergleichseinkommen gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BSchAV nach der Leistungsgruppe 1, 2 oder 3. Dies gilt insbesondere dann, wenn nach der fraglichen Laufbahn eines Unteroffizieres (§ 4 Abs. 3 Nr. 1 BSchAV) ein niedrigers Vergleichseinkommen zugrunde gelegte werden müsste, als nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BSchAV.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 29. Juni 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der 1972 geborene Kläger hat Anspruch auf Leistungen nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) in Verbindung mit den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Streitig ist zwischen den Beteiligten die Grundlage für die Berechnung des Berufsschadensausgleichs im Sinne von § 30 Abs.3 BVG. Der Kläger begehrt statt dem Einkommen eines Arbeiters der Leistungsgruppe 2 - angelernter Arbeiter - im Wirtschaftsbereich "Produzierendes Gewerbe insgesamt" ein höheres Einkommen der Berechnung zugrunde zu legen.
Nach einem Einsatz in Somalia im August 1993 sind bei dem Kläger eine Encephalitis, eine endogene Psychose sowie ein Verdacht auf multiple Sklerose diagnostiziert worden. Der Beklagte hat mit Abhilfebescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung A-Stadt vom 26.04.2000 als Folge einer Wehrdienstbeschädigung (WDB) eine "multiple Sklerose" im Sinne der Entstehung anerkannt und Leistungen nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 70 ab 01.07.1994 gemäß § 30 Abs.1 BVG eingewiesen.
Mit gesondertem in Ziffer I nicht streitigem Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung A-Stadt vom 11.10.2000 sind ab 01.12.1996 unter Berücksichtigung einer besonderen beruflichen Betroffenheit nach § 30 Abs.2a BVG Rentenleistungen nach einem GdS von 80 bewilligt worden. Der Kläger sei nach dem Ausscheiden aus der Schule nach einer kurzen Übergangszeit verschiedenen angelernten Tätigkeiten nachgegangen. Es sei daher davon auszugehen, dass er ohne die Wehrdienstbeschädigung nach dem Ausscheiden aus dem Wehrdienst zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes wieder eine Erwerbstätigkeit aufgenommen hätte. Dies sei ihm allein wegen der wehrdienstbedingten Erwerbsunfähigkeit verwehrt gewesen. Da er auch nicht in der Lage sei, eine seiner früheren Tätigkeit sozial gleichwertige Beschäftigung auszuüben, sei der mit Bescheid vom 26.04.2000 festgestellte GdS von 70 nach § 30 Abs.2a BVG auf 80 zu erhöhen.
Weiterhin hat der Beklagte mit dem in Ziffer II streitgegenständlichem Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung A-Stadt vom 11.10.2000 ab 01.12.1996 Berufsschadensausgleich bewilligt. Als maßgebliches Vergleichseinkommen gelte das Durchschnittseinkommen eines Arbeiters der Leistungsgruppe 2 im Wirtschaftsbereich "Produzierendes Gewerbe insgesamt". Denn nach Beendigung der Schulausbildung habe der Kläger verschiedene angelernte Tätigkeiten in unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen ausgeübt (§ 2 Abs.1 Nr.1, § 3 Abs.1 Nr.1 und Abs.3 der Berufsschadensausgleichsverordnung - BschAV). Der von dem Kläger vertretenen Auffassung, er wäre ohne die Wehrdienstbeschädigung Offizier geworden, habe man nicht folgen können. Er habe seine schulische Laufbahn mit einem qualifizierenden Hauptschulabschluss beendet. Einstellungsvoraussetzung für die Offizierslaufbahn bei der Bundeswehr wäre zumindest die Fachhochschulreife gewesen, so dass bereits dieses Kriterium nicht erfüllt sei. Er könne auch nicht glaubhaft geltend machen, dass er die Fachhochschulreife nachgeholt hätte.
Der Widerspruch gegen diesen Bescheid ist mit Widerspruchsbescheid des Bayerischen Landesamtes für Versorgung und Familienförderung vom 29.05.2002 zurückgewiesen worden. Unverändert sei daran festzuhalten, dass Einstellungsvoraussetzung für die Offizierslaufbahn bei der Bundeswehr zumindest die Fachhochschulreife gewesen wäre, der Kläger einen derartigen Schulabschluss jedoch nicht habe und auch nicht wahrscheinlich nachgeholt hätte. Die vorgetragene Anmeldung zu einem Vorbereitungskurs beim A-Stadt-Kolleg sei erst fünf Jahre nach dem Ausscheiden aus der Bundeswehr erfolgt. Insoweit fehle es an einem zeitlichen Zusammenhang zwischen der Bundeswehrzeit und der behaupteten angestrebten Weiterbildung. Nach Mitteilung des Bundesministeriums für Verteidigung würden im Übrigen bei dem jeweiligen Auswahlverfahren zur Fortbildung zum Feldwebel bzw. Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten die Anzahl der Bewerber den Fortbildungsübernahmebedarf bei Weitem übersteigen. Es könne somit nicht mit der vom Gesetz geforderten Nachweispflicht angenommen werden, dass der Kläger diesen weiteren Berufsaufstieg hätte wahrnehmen können.
Im Rahmen des sich anschließenden Klageverfahrens hat das Sozialgericht Nürnberg folgenden Werdegang des Klägers ermittelt: Der 1972 geborene Kläger hat im Juli 1990 das Gymnasium ohne Abschluss verlassen, nachdem er am 21.07.1989 den qualifizierenden Hauptschulabschluss mit einem Notendurchschnitt von 3,0 erworben hatte. Er hat anschließend keine Berufsausbildung begonnen, sondern war von 29.10. bis 30.11.1990, 28.02. bis 15.03., 08.04. bis 31.10. und 04.11. bis 05.12.1991, 20.01. bis 23.02.,24.02. bis 06.03., 22.04. bis 26.05. und 22.06. bis 30.07.1992 rentenversicherungspflichtig als Hilfsarbeiter bzw. ungelernter Arbeiter beschäftigt. Am 04.01.1993 ist der Kläger zum Grundwehrdienst eingezogen worden und war aufgrund seiner Verpflichtungserklärung vom 02.06.1993 ab 01.07.1993 bis 30.06.1994 Soldat auf Zeit für 18 Monate ("SaM") im Mannschaftsgrad.
Zu seinem schulischen und beruflichen Werdegang hat der Kläger selbst folgende Angaben gemacht: Er habe die 8. Klasse freiwillig wiederholt und die 9. Klasse des Gymnasiums nicht bestanden. Ein geplanter Besuch der 9. Klasse einer Wirtschaftsschule sei ihm nicht möglich gewesen, da er von seinem Vater keinen Unterhalt erhalten habe. Er habe rasch aus dem Elternhaus ausziehen wollen und deshalb selbst Geld verdienen müssen. Er habe keine Berufsausbildung gemacht, sondern verschiedene Hilfstätigkeiten ausgeübt, u.a. bei B., bei der Post und in einer Metallfabrik.
Im Fragebogen vom 17.07.2000 hat der Kläger geltend gemacht, er wäre ohne die Folgen der WDB Hauptmann bei der Bundeswehr geworden. Bei der Bundeswehr habe er sich zunächst auf 18 Monate verpflichtet, eine darüber hinausgehende Verpflichtung habe im Raum gestanden. Er habe zuletzt im Jahr 1999 versucht, sich im Rahmen des "A-Stadt-Kolleg" fortzubilden und die Hochschulreife nachzuholen (vgl. Aufnahmeantrag für einen Vorkurs am A-Stadt-Kolleg vom 21.06.1999). Dieser Vorkurs entspräche der 10. Jahrgangsstufe des Gymnasiums. Das A-Stadt-Kolleg hat mitgeteilt, der Kläger habe vom 14.09.1999 bis 12.01.2000 an diesem Vorkurs teilgenommen und sei durch die Schule entlassen worden, da er nicht mehr erschienen sei.
Mit Schriftsatz vom 09.03.2001 hat der Kläger vorgetragen, er habe bei der Bundeswehr nicht gleich einen Vertrag für einige Jahre unterschrieben, sondern erst einen Einblick haben wollen. Er habe sich stark engagiert durch das Lesen zahlreicher Bücher zum Themenbereich Militär bzw. Bundeswehr. Das Bundesministerium der Verteidigung hat am 08.10.2001 die Auskunft erteilt, bei persönlicher und gesundheitlicher Eignung wäre eine Berufung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit mit einer Verpflichtungszeit von vier Jahren für die Laufbahn der Mannschaften bzw. der Unteroffiziere im Rahmen des gewöhnlichen Verlaufs möglich gewesen. Eine weitergehende Aussage bezüglich einer Fortbildung zum Feldwebel und der Aussichten auf Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten könne nicht getroffen werden, da erfahrungsgemäß bei den jeweiligen Auswahlverfahren die Anzahl der Bewerber den Fortbildungs- bzw. Übernahmebedarf weit übersteige. Die Personalunterlagen des Klägers könnten weder vom Kreiswehrersatzamt A-Stadt noch vom Kreiswehrersatzamt R. aufgefunden werden.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 10.12.2001 einen Lehrgangsnachweis "AGA Grundform" vom 30.03.1993 vorgelegt, in dem die Rubrik "Eignung erkennbar für Unteroffiziere/Reserveunteroffizier" mit "0" (für "nicht erfüllt", "nicht teilgenommen", "nein" stehend) beantwortet ist, und einen Lehrgangsnachweis "Spezialgrundausbildung Fschr" vom 14.05.1993. Der Kläger hat des Weiteren vorgetragen, er sei wegen Konflikten im Elternhaus im Alter von 17 Jahren von zu Hause ausgezogen, um endgültig auf eigenen Beinen zu stehen. Darunter hätte zunächst auch die Schule gelitten, da er für seinen finanziellen Lebensunterhalt habe sorgen müssen. Er habe verschiedene berufliche Tätigkeiten versucht und sei zuletzt in einer Industriewartungsgesellschaft tätig gewesen. Es sei unstreitig, dass er zunächst Tätigkeiten im angelernten Bereich ausgeübt habe, um seinen finanziellen Lebensunterhalt zu sichern. Weitergehende Ausbildungen wären nicht zuletzt wegen des noch bevorstehenden Dienstes in der Bundeswehr nicht sinnvoll gewesen. Er habe sich bereits vor der Einberufung zur Bundeswehr mit der Computertechnologie und Computerproblemen befasst. Er habe sich bei Eintritt in die Bundeswehr für eine langfristige Verpflichtung interessiert und einen weiteren beruflichen Aufstieg geplant. Er habe dabei u.a. an eine Aufgabe mit Auslandsbezug und/oder im Bereich der Computertechnik gedacht. Er sei entsprechend seiner Planung in der Lage gewesen, einen höheren Bildungsabschluss ganztägig oder berufsbegleitend zu erreichen und eine entsprechende berufliche Tätigkeit aufzunehmen. Die Erkrankung an multipler Sklerose habe eine längere Verpflichtung bei der Bundeswehr bzw. seine Lebensplanung zunichte gemacht.
Das Sozialgericht Nürnberg hat die Klage mit Urteil vom 29.06.2006 abgewiesen. Ausgehend von den erwiesenen Tatsachen zu seinem betätigten Ausbildungs- und Arbeitswillen einschließlich seines Werdegangs bei der Bundeswehr bis zur Erkrankung an multipler Sklerose würden zur Überzeugung der Kammer mehr Gesichtspunkte dafür als dagegen sprechen, dass der Kläger ohne die als Folge einer WDB anerkannte Erkrankung an multipler Sklerose - wie bereits vor seiner Einberufung zum Wehrdienst - weiterhin als angelernter Arbeiter im produzierenden Gewerbe berufstätig wäre. Dagegen sei zur Überzeugung der Kammer nicht wahrscheinlich, dass der Kläger ohne die Erkrankung an multipler Sklerose Unteroffizier oder gar Offizier bei der Bundeswehr geworden wäre. Im Übrigen werde ergänzend darauf hingewiesen, dass das dem gewährten Berufsschadensausgleich zugrunde gelegte Vergleichseinkommen nach dem Durchschnittseinkommen eines Arbeiters der Leistungsgruppe 2 im Wirtschaftsbereich "Produzierendes Gewerbe insgesamt" höher sei, als es das Vergleichseinkommen als Unteroffizier der Bundeswehr wäre.
Die hiergegen gerichtete Berufung ging am 27.10.2006 beim Sozialgericht Nürnberg ein. Vom Senat wurden die WDB- und Versorgungsakten des Klägers sowie insgesamt sechs Streitakten der Fachgebiete VS und SB des Sozialgerichts Nürnberg beigezogen.
Die Bevollmächtigten des Klägers hoben mit Berufungsbegründung vom 11.12.2006 hervor, bei der Bundeswehr habe sich der Kläger über eine Verpflichtungszeit von vier Jahren für die Laufbahn der Mannschaften bzw. der Unteroffiziere informiert. Außerhalb der Bundeswehr habe er zuletzt im Jahr 1999 an dem "A-Stadt-Kolleg" teilgenommen, um die Fachhochschulreife nachzuholen. Aufgrund seiner schweren Erkrankung (multiple Sklerose mit entsprechenden Folgewirkungen) habe er die Teilnahme an diesem Kurs vorzeitig aufgeben müssen. Alleiniger Grund hierfür sei damit die Wehrdienstbeschädigung und nicht etwa ein mangelndes Interesse des Klägers gewesen. Die bei dem Kläger bestandenen Interessen und Bestrebungen, die im Klageverfahren vorgebracht worden seien, hätten bei der Bemessung der besonderen beruflichen Betroffenheit und der Zugrundelegung der entsprechenden Qualifikation berücksichtigt werden müssen. Die Tatsache, dass der Kläger bereits früh die Verantwortung für seine drei kleineren Geschwister übernehmen habe müssen und dieser Verantwortung auch gerecht geworden sei, sowie die Tatsache, dass er bereits im Alter von 17 Jahren von zu Hause ausgezogen und damit selbstständig geworden sei, hätte entsprechende Beachtung finden müssen. Dass der Kläger u.a. bereit gewesen sei, am Auslandseinsatz der Bundeswehr in Somalia teilzunehmen, wobei ihm eine Tätigkeit im Stabsdienst ermöglicht worden sei, sei ebenfalls nicht ausreichend gewertet worden. Insgesamt sei nicht davon auszugehen, dass der Kläger weiterhin lediglich als gelernter Arbeiter tätig gewesen wäre. So sei er z.B. in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit in einer Industriewartungsgesellschaft bereits nach kurzer Zeit für die ihm zugeteilte Arbeitsgruppe verantwortlich gewesen. Auch unter Zugrundelegung der beruflichen Werdegänge seiner drei Geschwister sei davon auszugehen, dass er einen vergleichbaren Werdegang ohne die eingetretene Wehrdienstbeschädigung hätte verwirklichen können.
Nachdem der Rechtsstreit in dem gerichtsinternen Mediationsverfahren nicht beigelegt werden konnte, trugen die Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 18.10.2007 neu vor, dass der Kläger auf Messen sowohl an den Messeständen seiner Mutter als auch an Messeständen der Familie H. als Verkäufer von Boutiqueschmuck sowie von modernem Edelstein- bzw. Gold- und Silberschmuck tätig gewesen sei. Auf das Schreiben der Freifrau G. vom 08.10.2007 werde Bezug genommen. Diese bestätigte, dass der Kläger bis in das Jahr 1993 bei Verwandten (Herrn und Frau H.) für deren Firma Antik & Kunst H. gearbeitet habe. Sie selbst habe seit 1978 ein Antiquitätengeschäft in B-Stadt mit dem Schwerpunkt sakrale Kunst, frühes Glas und Schmuck geführt. Seit 1984 führe sie in ganz Deutschland Antiquitätenmessen, Antik- und Kunstmärkte und einige jurierte Antiquitätenmessen durch, die auch beim Bundesverband der Antiquitätenhändler Zustimmung fänden. Der Kläger sei in der oben genannten Zeit bei den von ihr ausgerichteten Veranstaltungen in B-Stadt, A. und R. am Stand der Familie H. tätig gewesen und zwar nicht nur beim Aufbau des Messestandes, sondern auch aktiv als Schmuckverkäufer. Die Firma H. habe u.a. mit Antikschmuck gehandelt sowie mit modernem Edelsteinschmuck. Der Einzelwert wirklich guter Stücke sei bis in Bereiche über 30.000,00 DM gegangen. Ferner habe der Kläger auch auf Ständen seiner Mutter gemeinschaftlich Objekte wie alten und neuen Silber- und Goldschmuck verkauft. Trotz seiner Jugend sei der Kläger ihr als guter Kaufmann und geschickter Verkäufer erschienen, der im Begriff gewesen sei, ein ordentlicher Antiquitätenhändler zu werden. Nach ihrer Überzeugung hätte er bei einem jährlichen Umsatz von ca. 200.000,00 DM ein zu versteuerndes Jahreseinkommen bis zu ca. 70.000,00 DM erzielen können.
Die Bevollmächtigten des Klägers haben mit Nachricht vom 27.11.2007 das Dienstzeugnis des Klägers vom 22.12.1993 nachgereicht. Danach hat der Kläger als Gefreiter vom 01.01.1993 bis 31.03.1993 an der allgemeinen Grundausbildung teilgenommen. Anschließend ist er bei dem ersten Fernmeldebattaillon 4 während einer Spezialgrundaus-
bildung zum Stabsdienstsoldaten ausgebildet worden. Vom 29.07.1993 bis 11.08.1993 hat er am Einsatz der Bundeswehr in Somalia teilgenommen. In seiner Tätigkeit als Stabsdienstsoldat hat er befriedigende Leistungen gezeigt.
In der nicht öffentlichen Sitzung des BayLSG vom 31.03.2009 hat der Kläger eine Bestätigung über die regelmäßige Teilnahme an sechswöchigen Goldschmiedekursen ab dem Frühjahr 1991 bis 2001 der Hobbygoldschmiede K. vorgelegt. Von Seiten des D.Gymnasi-ums ist bescheinigt worden, dass der Kläger aufgrund seiner guten Jahresnoten im Fach Wirtschafts- und Rechtslehre durchaus eine Grundbefähigung zur Ausübung des Berufs eines Kunst- und Antiquitätenhändlers gehabt hätte.
In der mündlichen Verhandlung vom 01.12.2009 stellt die Bevollmächtigte des Klägers den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 29.06.2006 aufzuheben sowie den Bescheid des Beklagten vom 11.10.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2002 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, bei dem Kläger ab 01.12.1996 einen höheren Berufsschadensausgleich unter Berücksichtigung eines günstigeren Vergleichseinkommens zu gewähren.
Der Bevollmächtigte des Beklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird gemäß § 202 SGG in Verbindung mit § 540 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie entsprechend § 136 Abs.2 SGG auf die Unterlagen des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 und 151 SGG zulässig, jedoch unbegründet.
Das Sozialgericht Nürnberg hat die Klage gegen den Bescheid vom 11.10.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2002 zutreffend mit Urteil vom 29.06.2006 abgewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird gemäß § 153 Abs.2 SGG auf die Gründe der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung Bezug genommen.
In Ergänzung hierzu macht der erkennende Senat nochmals auf die typisierend-pauscha-lierende Betrachtungsweise aufmerksam, die der Gewährung eines Berufsschadensausgleichs gemäß § 30 Abs. 3 ff BVG zugrunde zu legen ist: Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder frührer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Abs. 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 v.H. des auf volle EUR aufgerundeten Einkommensverlustes (Abs. 4) oder, falls es günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Abs. 6 (§ 30 Abs. 3 BVG). Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen (§ 30 Abs. 4 Satz 1 BVG). Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 6 aus dem monatlichen Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der die Beschädigten ohne die Schädigung nach ihren Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen wahrscheinlich angehört hätten (§ 30 Abs. 5 Satz 1 BVG). Somit ist nach § 30 Abs. 3 BVG nicht individuell festzustellen, wie sich das Einkommen eines Beschädigten wahrscheinlich gestaltet hätten, und es ist nicht dieses wahrscheinliche Einkommen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit (zuzüglich der Ausgleichsrente) gegenüber zu stellen; vielmehr ist von der generalisierenden (pauschalen) Betrachtungsweise auszugehen, die in § 30 Abs. 4 BVG für die Ermittlung des "Vergleichseinkommens" vorgesehen ist (Bundessozialgericht - BSG - mit Urteil vom 06.07.1971 - 9 RV 514/68 - in Breithaupt 1971, S. 1018).
Das Durchschnittseinkommen nach § 30 Abs. 5 BVG wird gemäß § 2 Abs. 1 der Berufsschadensausgleichsverordnung (BSchAV) ermittelt, wenn der Beschädigte
1. unselbständig in der privaten Wirtschaft tätig wäre, nach § 3 BSchAV;
2. im öffentlichen Dienst tätig wäre, nach § 4 BSchAV;
3. selbständig tätig wäre, nach § 5 BSchAV.
Soweit der Kläger zweitinstanzlich daran festhält, er wäre ohne die Wehrdienstbeschädigung Offizier geworden, ist unverändert entscheidungserheblich, dass der Kläger die Fachhochschulreife nicht erreicht hat. Er hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass er diese nachgeholt hätte. Vielmehr ist den Unterlagen, die er mit Schriftsatz vom 10.12.2001 vorgelegt hat, zu entnehmen, dass bereits eine Eignung für die Unteroffizierslaufbahn nicht erfüllt erscheint. Dies korrespondiert mit dem Dienstzeugnis vom 22.12.1993, in welchem seine Führung und seine Leistung als Stabsdienstsoldat lediglich als befriedigend beschrieben worden sind.
Der Senat verkennt nicht, dass der Kläger vom 29.07.1993 bis 11.08.1993 als Gefreiter am Einsatz der Bundeswehr in Somalia teilgenommen hat. Dies hätte ihm bei einer weiteren Verpflichtung wie vorgetragen möglicherweise die Chance eröffnet, dennoch die Unteroffizierslaufbahn einzuschlagen. Selbst wenn man unterstellt, dass dies auch tatsächlich so eingetreten wäre, wäre dies nicht anspruchsbegründend. Denn nach § 4 Abs.3 Nr.1 der BSchAV in der bisherigen als auch in der nunmehr geltenden Fassung (Bek. vom 29.06.1984, BGBl I 861; zuletzt geändert durch Art.17 G. v. 13.12.2007, BGBl I 2904) wäre das nach Lebensjahren gestaffelte Vergleichseinkommen der Besoldungsgruppe A6 Dienstaltersstufe 2 bis einschließlich A9 Dienstaltersstufe 13 (bzw. nunmehr Stufe 11) niedriger als das bereits zugrunde gelegte Vergleichseinkommen nach dem Durchschnittseinkommen eines Arbeiters der Leistungsgruppe 2 im Wirtschaftsbereich "Produzierendes Gewerbe insgesamt" (ab 01.07.2008: 2.411,00 EUR, ab 01.07.2009: 2.471,00 EUR).
Es ist einerseits nicht ausreichend, dass der Kläger möglicherweise eine der Chancen ergriffen hätte, wie sie sich aus den vorgelegten Bescheinigungen der S. Freifrau von G., der Hobbygoldschmiede K. und des D.Gymnasiums ergeben. Denn ein entsprechender beruflicher Werdegang muss wahrscheinlich sein, was hier jedoch nicht der Fall ist. Der Kläger, der aktenkundig bereits ab dem Frühjahr 1991 sechswöchige Goldschmiedekurse absolviert und in den späten 80-er Jahren bis zum Jahr 1993 bei Verwandten (Firma Antik & Kunst H.) mitgearbeitet hat, hat sich im Folgenden bewusst für eine Tätigkeit bei der Bundeswehr entschieden. Andererseits wäre auch, wenn der Kläger das Berufsziel eines selbstständigen Kunst- und Antiquitätenhändlers entsprechend den genannten aktenkundigen Bescheinigungen später wieder ins Auge gefasst hätte, dies im Hinblick auf das nach § 5 Abs.1 BSchAV dann maßgebliche Vergleichseinkommen nach dem Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A7 nicht anspruchsbegründend.
Denn der Kläger hat lediglich einen qualifizierenden Hauptschulabschluss erworben, der einer abgeschlossenen Mittelschulausbildung oder gleichwertiger oder höherer Schulausbildung im Sinne von § 5 Abs.1 BSchAV nicht gleich steht. Nachdem eine fünfjährige selbstständige Tätigkeit jedoch einer abgeschlossenen Berufsausbildung gleich steht, wäre somit bei einer unterstellten Tätigkeit als selbstständiger Antiquitätenhändler ein Durchschnittseinkommen des Endgrundgehaltes der Besoldungsgruppe A7 maßgeblich gewesen (§ 5 Abs.1 und 3 BSchAV). Insoweit wären ab 01.07.2008 2.298,00 EUR und ab 01.07.2009 2.355,00 EUR maßgeblich gewesen. Auch dieses Vergleichseinkommen liegt unter dem bereits zugrunde gelegten Vergleichseinkommen nach dem Durchschnittseinkommen eines Arbeiters der Leistungsgruppe 2 im Wirtschaftsbereich "Produzierendes Gewerbe insgesamt", das ab 01.07.2008 mit 2.411,00 EUR und ab 01.07.2009 mit 2.471,00 EUR anzusetzen war, wie vom Beklagten auch zutreffend vorgenommen.
In der mündlichen Verhandlung vom 01.12.2009 hat der Kläger ergänzend hervorgehoben, er wäre nach seiner Auffassung wahrscheinlich als Kunst- und Antiquitätenhändler in abhängiger Stellung tätig geworden. Somit sei gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 BSchAV das Einkommen eines kaufmännischen Angestellten der Leistungsgruppe II oder III zugrunde zu legen. Auch dieser Werdegang kann nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit festgestellt werden. Der aktenkundige Rentenversicherungsverlauf der Landesversicherungsanstalt Oberfranken und Mittelfranken vom 12.08.1999 enthält keinerlei Hinweise darauf, dass der Kläger in diesem Bereich bereits eine rentenversicherungspflichtige abhängige Tätigkeit vor dem Eintritt der Schädigung 1993 in Somalia aufgenommen hätte. Der vorstehend bezeichnete Versicherungsverlauf belegt vielmehr zweifelsfrei, dass der Kläger von 1990 bis 1992 diversen rentenversicherungspflichtigen Tätigkeiten als Arbeitnehmer (Arbeiter) nachgegangen ist, bevor er am 04.10.1993 zum Grundwehrdienst eingezogen worden ist. Der Beklagte hat somit völlig zutreffend gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 BSchAV das Durchschnittseinkommen eines Arbeiter der Leistungsgruppe 2 - angelernter Arbeiter - im Wirtschaftsbereich "produzierendes Gewerbe insgesamt" zugrunde gelegt. Denn, wie bereits eingangs festgestellt, errechnet sich das Vergleichseinkommen aus dem monatlichen Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der die Beschädigten ohne die Schädigung nach ihren Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und den bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen wahrscheinlich angehört hätten (§ 3 Abs. 5 Satz 1 BVG), also aus der Sicht ex ante vor dem Eintritt des schädigenden Ereignisses.
Nach alledem ist die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 29.06.2006 zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der 1972 geborene Kläger hat Anspruch auf Leistungen nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) in Verbindung mit den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Streitig ist zwischen den Beteiligten die Grundlage für die Berechnung des Berufsschadensausgleichs im Sinne von § 30 Abs.3 BVG. Der Kläger begehrt statt dem Einkommen eines Arbeiters der Leistungsgruppe 2 - angelernter Arbeiter - im Wirtschaftsbereich "Produzierendes Gewerbe insgesamt" ein höheres Einkommen der Berechnung zugrunde zu legen.
Nach einem Einsatz in Somalia im August 1993 sind bei dem Kläger eine Encephalitis, eine endogene Psychose sowie ein Verdacht auf multiple Sklerose diagnostiziert worden. Der Beklagte hat mit Abhilfebescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung A-Stadt vom 26.04.2000 als Folge einer Wehrdienstbeschädigung (WDB) eine "multiple Sklerose" im Sinne der Entstehung anerkannt und Leistungen nach einem Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 70 ab 01.07.1994 gemäß § 30 Abs.1 BVG eingewiesen.
Mit gesondertem in Ziffer I nicht streitigem Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung A-Stadt vom 11.10.2000 sind ab 01.12.1996 unter Berücksichtigung einer besonderen beruflichen Betroffenheit nach § 30 Abs.2a BVG Rentenleistungen nach einem GdS von 80 bewilligt worden. Der Kläger sei nach dem Ausscheiden aus der Schule nach einer kurzen Übergangszeit verschiedenen angelernten Tätigkeiten nachgegangen. Es sei daher davon auszugehen, dass er ohne die Wehrdienstbeschädigung nach dem Ausscheiden aus dem Wehrdienst zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes wieder eine Erwerbstätigkeit aufgenommen hätte. Dies sei ihm allein wegen der wehrdienstbedingten Erwerbsunfähigkeit verwehrt gewesen. Da er auch nicht in der Lage sei, eine seiner früheren Tätigkeit sozial gleichwertige Beschäftigung auszuüben, sei der mit Bescheid vom 26.04.2000 festgestellte GdS von 70 nach § 30 Abs.2a BVG auf 80 zu erhöhen.
Weiterhin hat der Beklagte mit dem in Ziffer II streitgegenständlichem Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung A-Stadt vom 11.10.2000 ab 01.12.1996 Berufsschadensausgleich bewilligt. Als maßgebliches Vergleichseinkommen gelte das Durchschnittseinkommen eines Arbeiters der Leistungsgruppe 2 im Wirtschaftsbereich "Produzierendes Gewerbe insgesamt". Denn nach Beendigung der Schulausbildung habe der Kläger verschiedene angelernte Tätigkeiten in unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen ausgeübt (§ 2 Abs.1 Nr.1, § 3 Abs.1 Nr.1 und Abs.3 der Berufsschadensausgleichsverordnung - BschAV). Der von dem Kläger vertretenen Auffassung, er wäre ohne die Wehrdienstbeschädigung Offizier geworden, habe man nicht folgen können. Er habe seine schulische Laufbahn mit einem qualifizierenden Hauptschulabschluss beendet. Einstellungsvoraussetzung für die Offizierslaufbahn bei der Bundeswehr wäre zumindest die Fachhochschulreife gewesen, so dass bereits dieses Kriterium nicht erfüllt sei. Er könne auch nicht glaubhaft geltend machen, dass er die Fachhochschulreife nachgeholt hätte.
Der Widerspruch gegen diesen Bescheid ist mit Widerspruchsbescheid des Bayerischen Landesamtes für Versorgung und Familienförderung vom 29.05.2002 zurückgewiesen worden. Unverändert sei daran festzuhalten, dass Einstellungsvoraussetzung für die Offizierslaufbahn bei der Bundeswehr zumindest die Fachhochschulreife gewesen wäre, der Kläger einen derartigen Schulabschluss jedoch nicht habe und auch nicht wahrscheinlich nachgeholt hätte. Die vorgetragene Anmeldung zu einem Vorbereitungskurs beim A-Stadt-Kolleg sei erst fünf Jahre nach dem Ausscheiden aus der Bundeswehr erfolgt. Insoweit fehle es an einem zeitlichen Zusammenhang zwischen der Bundeswehrzeit und der behaupteten angestrebten Weiterbildung. Nach Mitteilung des Bundesministeriums für Verteidigung würden im Übrigen bei dem jeweiligen Auswahlverfahren zur Fortbildung zum Feldwebel bzw. Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten die Anzahl der Bewerber den Fortbildungsübernahmebedarf bei Weitem übersteigen. Es könne somit nicht mit der vom Gesetz geforderten Nachweispflicht angenommen werden, dass der Kläger diesen weiteren Berufsaufstieg hätte wahrnehmen können.
Im Rahmen des sich anschließenden Klageverfahrens hat das Sozialgericht Nürnberg folgenden Werdegang des Klägers ermittelt: Der 1972 geborene Kläger hat im Juli 1990 das Gymnasium ohne Abschluss verlassen, nachdem er am 21.07.1989 den qualifizierenden Hauptschulabschluss mit einem Notendurchschnitt von 3,0 erworben hatte. Er hat anschließend keine Berufsausbildung begonnen, sondern war von 29.10. bis 30.11.1990, 28.02. bis 15.03., 08.04. bis 31.10. und 04.11. bis 05.12.1991, 20.01. bis 23.02.,24.02. bis 06.03., 22.04. bis 26.05. und 22.06. bis 30.07.1992 rentenversicherungspflichtig als Hilfsarbeiter bzw. ungelernter Arbeiter beschäftigt. Am 04.01.1993 ist der Kläger zum Grundwehrdienst eingezogen worden und war aufgrund seiner Verpflichtungserklärung vom 02.06.1993 ab 01.07.1993 bis 30.06.1994 Soldat auf Zeit für 18 Monate ("SaM") im Mannschaftsgrad.
Zu seinem schulischen und beruflichen Werdegang hat der Kläger selbst folgende Angaben gemacht: Er habe die 8. Klasse freiwillig wiederholt und die 9. Klasse des Gymnasiums nicht bestanden. Ein geplanter Besuch der 9. Klasse einer Wirtschaftsschule sei ihm nicht möglich gewesen, da er von seinem Vater keinen Unterhalt erhalten habe. Er habe rasch aus dem Elternhaus ausziehen wollen und deshalb selbst Geld verdienen müssen. Er habe keine Berufsausbildung gemacht, sondern verschiedene Hilfstätigkeiten ausgeübt, u.a. bei B., bei der Post und in einer Metallfabrik.
Im Fragebogen vom 17.07.2000 hat der Kläger geltend gemacht, er wäre ohne die Folgen der WDB Hauptmann bei der Bundeswehr geworden. Bei der Bundeswehr habe er sich zunächst auf 18 Monate verpflichtet, eine darüber hinausgehende Verpflichtung habe im Raum gestanden. Er habe zuletzt im Jahr 1999 versucht, sich im Rahmen des "A-Stadt-Kolleg" fortzubilden und die Hochschulreife nachzuholen (vgl. Aufnahmeantrag für einen Vorkurs am A-Stadt-Kolleg vom 21.06.1999). Dieser Vorkurs entspräche der 10. Jahrgangsstufe des Gymnasiums. Das A-Stadt-Kolleg hat mitgeteilt, der Kläger habe vom 14.09.1999 bis 12.01.2000 an diesem Vorkurs teilgenommen und sei durch die Schule entlassen worden, da er nicht mehr erschienen sei.
Mit Schriftsatz vom 09.03.2001 hat der Kläger vorgetragen, er habe bei der Bundeswehr nicht gleich einen Vertrag für einige Jahre unterschrieben, sondern erst einen Einblick haben wollen. Er habe sich stark engagiert durch das Lesen zahlreicher Bücher zum Themenbereich Militär bzw. Bundeswehr. Das Bundesministerium der Verteidigung hat am 08.10.2001 die Auskunft erteilt, bei persönlicher und gesundheitlicher Eignung wäre eine Berufung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit mit einer Verpflichtungszeit von vier Jahren für die Laufbahn der Mannschaften bzw. der Unteroffiziere im Rahmen des gewöhnlichen Verlaufs möglich gewesen. Eine weitergehende Aussage bezüglich einer Fortbildung zum Feldwebel und der Aussichten auf Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten könne nicht getroffen werden, da erfahrungsgemäß bei den jeweiligen Auswahlverfahren die Anzahl der Bewerber den Fortbildungs- bzw. Übernahmebedarf weit übersteige. Die Personalunterlagen des Klägers könnten weder vom Kreiswehrersatzamt A-Stadt noch vom Kreiswehrersatzamt R. aufgefunden werden.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 10.12.2001 einen Lehrgangsnachweis "AGA Grundform" vom 30.03.1993 vorgelegt, in dem die Rubrik "Eignung erkennbar für Unteroffiziere/Reserveunteroffizier" mit "0" (für "nicht erfüllt", "nicht teilgenommen", "nein" stehend) beantwortet ist, und einen Lehrgangsnachweis "Spezialgrundausbildung Fschr" vom 14.05.1993. Der Kläger hat des Weiteren vorgetragen, er sei wegen Konflikten im Elternhaus im Alter von 17 Jahren von zu Hause ausgezogen, um endgültig auf eigenen Beinen zu stehen. Darunter hätte zunächst auch die Schule gelitten, da er für seinen finanziellen Lebensunterhalt habe sorgen müssen. Er habe verschiedene berufliche Tätigkeiten versucht und sei zuletzt in einer Industriewartungsgesellschaft tätig gewesen. Es sei unstreitig, dass er zunächst Tätigkeiten im angelernten Bereich ausgeübt habe, um seinen finanziellen Lebensunterhalt zu sichern. Weitergehende Ausbildungen wären nicht zuletzt wegen des noch bevorstehenden Dienstes in der Bundeswehr nicht sinnvoll gewesen. Er habe sich bereits vor der Einberufung zur Bundeswehr mit der Computertechnologie und Computerproblemen befasst. Er habe sich bei Eintritt in die Bundeswehr für eine langfristige Verpflichtung interessiert und einen weiteren beruflichen Aufstieg geplant. Er habe dabei u.a. an eine Aufgabe mit Auslandsbezug und/oder im Bereich der Computertechnik gedacht. Er sei entsprechend seiner Planung in der Lage gewesen, einen höheren Bildungsabschluss ganztägig oder berufsbegleitend zu erreichen und eine entsprechende berufliche Tätigkeit aufzunehmen. Die Erkrankung an multipler Sklerose habe eine längere Verpflichtung bei der Bundeswehr bzw. seine Lebensplanung zunichte gemacht.
Das Sozialgericht Nürnberg hat die Klage mit Urteil vom 29.06.2006 abgewiesen. Ausgehend von den erwiesenen Tatsachen zu seinem betätigten Ausbildungs- und Arbeitswillen einschließlich seines Werdegangs bei der Bundeswehr bis zur Erkrankung an multipler Sklerose würden zur Überzeugung der Kammer mehr Gesichtspunkte dafür als dagegen sprechen, dass der Kläger ohne die als Folge einer WDB anerkannte Erkrankung an multipler Sklerose - wie bereits vor seiner Einberufung zum Wehrdienst - weiterhin als angelernter Arbeiter im produzierenden Gewerbe berufstätig wäre. Dagegen sei zur Überzeugung der Kammer nicht wahrscheinlich, dass der Kläger ohne die Erkrankung an multipler Sklerose Unteroffizier oder gar Offizier bei der Bundeswehr geworden wäre. Im Übrigen werde ergänzend darauf hingewiesen, dass das dem gewährten Berufsschadensausgleich zugrunde gelegte Vergleichseinkommen nach dem Durchschnittseinkommen eines Arbeiters der Leistungsgruppe 2 im Wirtschaftsbereich "Produzierendes Gewerbe insgesamt" höher sei, als es das Vergleichseinkommen als Unteroffizier der Bundeswehr wäre.
Die hiergegen gerichtete Berufung ging am 27.10.2006 beim Sozialgericht Nürnberg ein. Vom Senat wurden die WDB- und Versorgungsakten des Klägers sowie insgesamt sechs Streitakten der Fachgebiete VS und SB des Sozialgerichts Nürnberg beigezogen.
Die Bevollmächtigten des Klägers hoben mit Berufungsbegründung vom 11.12.2006 hervor, bei der Bundeswehr habe sich der Kläger über eine Verpflichtungszeit von vier Jahren für die Laufbahn der Mannschaften bzw. der Unteroffiziere informiert. Außerhalb der Bundeswehr habe er zuletzt im Jahr 1999 an dem "A-Stadt-Kolleg" teilgenommen, um die Fachhochschulreife nachzuholen. Aufgrund seiner schweren Erkrankung (multiple Sklerose mit entsprechenden Folgewirkungen) habe er die Teilnahme an diesem Kurs vorzeitig aufgeben müssen. Alleiniger Grund hierfür sei damit die Wehrdienstbeschädigung und nicht etwa ein mangelndes Interesse des Klägers gewesen. Die bei dem Kläger bestandenen Interessen und Bestrebungen, die im Klageverfahren vorgebracht worden seien, hätten bei der Bemessung der besonderen beruflichen Betroffenheit und der Zugrundelegung der entsprechenden Qualifikation berücksichtigt werden müssen. Die Tatsache, dass der Kläger bereits früh die Verantwortung für seine drei kleineren Geschwister übernehmen habe müssen und dieser Verantwortung auch gerecht geworden sei, sowie die Tatsache, dass er bereits im Alter von 17 Jahren von zu Hause ausgezogen und damit selbstständig geworden sei, hätte entsprechende Beachtung finden müssen. Dass der Kläger u.a. bereit gewesen sei, am Auslandseinsatz der Bundeswehr in Somalia teilzunehmen, wobei ihm eine Tätigkeit im Stabsdienst ermöglicht worden sei, sei ebenfalls nicht ausreichend gewertet worden. Insgesamt sei nicht davon auszugehen, dass der Kläger weiterhin lediglich als gelernter Arbeiter tätig gewesen wäre. So sei er z.B. in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit in einer Industriewartungsgesellschaft bereits nach kurzer Zeit für die ihm zugeteilte Arbeitsgruppe verantwortlich gewesen. Auch unter Zugrundelegung der beruflichen Werdegänge seiner drei Geschwister sei davon auszugehen, dass er einen vergleichbaren Werdegang ohne die eingetretene Wehrdienstbeschädigung hätte verwirklichen können.
Nachdem der Rechtsstreit in dem gerichtsinternen Mediationsverfahren nicht beigelegt werden konnte, trugen die Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 18.10.2007 neu vor, dass der Kläger auf Messen sowohl an den Messeständen seiner Mutter als auch an Messeständen der Familie H. als Verkäufer von Boutiqueschmuck sowie von modernem Edelstein- bzw. Gold- und Silberschmuck tätig gewesen sei. Auf das Schreiben der Freifrau G. vom 08.10.2007 werde Bezug genommen. Diese bestätigte, dass der Kläger bis in das Jahr 1993 bei Verwandten (Herrn und Frau H.) für deren Firma Antik & Kunst H. gearbeitet habe. Sie selbst habe seit 1978 ein Antiquitätengeschäft in B-Stadt mit dem Schwerpunkt sakrale Kunst, frühes Glas und Schmuck geführt. Seit 1984 führe sie in ganz Deutschland Antiquitätenmessen, Antik- und Kunstmärkte und einige jurierte Antiquitätenmessen durch, die auch beim Bundesverband der Antiquitätenhändler Zustimmung fänden. Der Kläger sei in der oben genannten Zeit bei den von ihr ausgerichteten Veranstaltungen in B-Stadt, A. und R. am Stand der Familie H. tätig gewesen und zwar nicht nur beim Aufbau des Messestandes, sondern auch aktiv als Schmuckverkäufer. Die Firma H. habe u.a. mit Antikschmuck gehandelt sowie mit modernem Edelsteinschmuck. Der Einzelwert wirklich guter Stücke sei bis in Bereiche über 30.000,00 DM gegangen. Ferner habe der Kläger auch auf Ständen seiner Mutter gemeinschaftlich Objekte wie alten und neuen Silber- und Goldschmuck verkauft. Trotz seiner Jugend sei der Kläger ihr als guter Kaufmann und geschickter Verkäufer erschienen, der im Begriff gewesen sei, ein ordentlicher Antiquitätenhändler zu werden. Nach ihrer Überzeugung hätte er bei einem jährlichen Umsatz von ca. 200.000,00 DM ein zu versteuerndes Jahreseinkommen bis zu ca. 70.000,00 DM erzielen können.
Die Bevollmächtigten des Klägers haben mit Nachricht vom 27.11.2007 das Dienstzeugnis des Klägers vom 22.12.1993 nachgereicht. Danach hat der Kläger als Gefreiter vom 01.01.1993 bis 31.03.1993 an der allgemeinen Grundausbildung teilgenommen. Anschließend ist er bei dem ersten Fernmeldebattaillon 4 während einer Spezialgrundaus-
bildung zum Stabsdienstsoldaten ausgebildet worden. Vom 29.07.1993 bis 11.08.1993 hat er am Einsatz der Bundeswehr in Somalia teilgenommen. In seiner Tätigkeit als Stabsdienstsoldat hat er befriedigende Leistungen gezeigt.
In der nicht öffentlichen Sitzung des BayLSG vom 31.03.2009 hat der Kläger eine Bestätigung über die regelmäßige Teilnahme an sechswöchigen Goldschmiedekursen ab dem Frühjahr 1991 bis 2001 der Hobbygoldschmiede K. vorgelegt. Von Seiten des D.Gymnasi-ums ist bescheinigt worden, dass der Kläger aufgrund seiner guten Jahresnoten im Fach Wirtschafts- und Rechtslehre durchaus eine Grundbefähigung zur Ausübung des Berufs eines Kunst- und Antiquitätenhändlers gehabt hätte.
In der mündlichen Verhandlung vom 01.12.2009 stellt die Bevollmächtigte des Klägers den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 29.06.2006 aufzuheben sowie den Bescheid des Beklagten vom 11.10.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2002 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, bei dem Kläger ab 01.12.1996 einen höheren Berufsschadensausgleich unter Berücksichtigung eines günstigeren Vergleichseinkommens zu gewähren.
Der Bevollmächtigte des Beklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird gemäß § 202 SGG in Verbindung mit § 540 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie entsprechend § 136 Abs.2 SGG auf die Unterlagen des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 und 151 SGG zulässig, jedoch unbegründet.
Das Sozialgericht Nürnberg hat die Klage gegen den Bescheid vom 11.10.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2002 zutreffend mit Urteil vom 29.06.2006 abgewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird gemäß § 153 Abs.2 SGG auf die Gründe der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung Bezug genommen.
In Ergänzung hierzu macht der erkennende Senat nochmals auf die typisierend-pauscha-lierende Betrachtungsweise aufmerksam, die der Gewährung eines Berufsschadensausgleichs gemäß § 30 Abs. 3 ff BVG zugrunde zu legen ist: Rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder frührer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist, erhalten nach Anwendung des Abs. 2 einen Berufsschadensausgleich in Höhe von 42,5 v.H. des auf volle EUR aufgerundeten Einkommensverlustes (Abs. 4) oder, falls es günstiger ist, einen Berufsschadensausgleich nach Abs. 6 (§ 30 Abs. 3 BVG). Einkommensverlust ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit zuzüglich der Ausgleichsrente (derzeitiges Einkommen) und dem höheren Vergleichseinkommen (§ 30 Abs. 4 Satz 1 BVG). Das Vergleichseinkommen errechnet sich nach den Sätzen 2 bis 6 aus dem monatlichen Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der die Beschädigten ohne die Schädigung nach ihren Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und dem bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen wahrscheinlich angehört hätten (§ 30 Abs. 5 Satz 1 BVG). Somit ist nach § 30 Abs. 3 BVG nicht individuell festzustellen, wie sich das Einkommen eines Beschädigten wahrscheinlich gestaltet hätten, und es ist nicht dieses wahrscheinliche Einkommen dem derzeitigen Bruttoeinkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit (zuzüglich der Ausgleichsrente) gegenüber zu stellen; vielmehr ist von der generalisierenden (pauschalen) Betrachtungsweise auszugehen, die in § 30 Abs. 4 BVG für die Ermittlung des "Vergleichseinkommens" vorgesehen ist (Bundessozialgericht - BSG - mit Urteil vom 06.07.1971 - 9 RV 514/68 - in Breithaupt 1971, S. 1018).
Das Durchschnittseinkommen nach § 30 Abs. 5 BVG wird gemäß § 2 Abs. 1 der Berufsschadensausgleichsverordnung (BSchAV) ermittelt, wenn der Beschädigte
1. unselbständig in der privaten Wirtschaft tätig wäre, nach § 3 BSchAV;
2. im öffentlichen Dienst tätig wäre, nach § 4 BSchAV;
3. selbständig tätig wäre, nach § 5 BSchAV.
Soweit der Kläger zweitinstanzlich daran festhält, er wäre ohne die Wehrdienstbeschädigung Offizier geworden, ist unverändert entscheidungserheblich, dass der Kläger die Fachhochschulreife nicht erreicht hat. Er hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass er diese nachgeholt hätte. Vielmehr ist den Unterlagen, die er mit Schriftsatz vom 10.12.2001 vorgelegt hat, zu entnehmen, dass bereits eine Eignung für die Unteroffizierslaufbahn nicht erfüllt erscheint. Dies korrespondiert mit dem Dienstzeugnis vom 22.12.1993, in welchem seine Führung und seine Leistung als Stabsdienstsoldat lediglich als befriedigend beschrieben worden sind.
Der Senat verkennt nicht, dass der Kläger vom 29.07.1993 bis 11.08.1993 als Gefreiter am Einsatz der Bundeswehr in Somalia teilgenommen hat. Dies hätte ihm bei einer weiteren Verpflichtung wie vorgetragen möglicherweise die Chance eröffnet, dennoch die Unteroffizierslaufbahn einzuschlagen. Selbst wenn man unterstellt, dass dies auch tatsächlich so eingetreten wäre, wäre dies nicht anspruchsbegründend. Denn nach § 4 Abs.3 Nr.1 der BSchAV in der bisherigen als auch in der nunmehr geltenden Fassung (Bek. vom 29.06.1984, BGBl I 861; zuletzt geändert durch Art.17 G. v. 13.12.2007, BGBl I 2904) wäre das nach Lebensjahren gestaffelte Vergleichseinkommen der Besoldungsgruppe A6 Dienstaltersstufe 2 bis einschließlich A9 Dienstaltersstufe 13 (bzw. nunmehr Stufe 11) niedriger als das bereits zugrunde gelegte Vergleichseinkommen nach dem Durchschnittseinkommen eines Arbeiters der Leistungsgruppe 2 im Wirtschaftsbereich "Produzierendes Gewerbe insgesamt" (ab 01.07.2008: 2.411,00 EUR, ab 01.07.2009: 2.471,00 EUR).
Es ist einerseits nicht ausreichend, dass der Kläger möglicherweise eine der Chancen ergriffen hätte, wie sie sich aus den vorgelegten Bescheinigungen der S. Freifrau von G., der Hobbygoldschmiede K. und des D.Gymnasiums ergeben. Denn ein entsprechender beruflicher Werdegang muss wahrscheinlich sein, was hier jedoch nicht der Fall ist. Der Kläger, der aktenkundig bereits ab dem Frühjahr 1991 sechswöchige Goldschmiedekurse absolviert und in den späten 80-er Jahren bis zum Jahr 1993 bei Verwandten (Firma Antik & Kunst H.) mitgearbeitet hat, hat sich im Folgenden bewusst für eine Tätigkeit bei der Bundeswehr entschieden. Andererseits wäre auch, wenn der Kläger das Berufsziel eines selbstständigen Kunst- und Antiquitätenhändlers entsprechend den genannten aktenkundigen Bescheinigungen später wieder ins Auge gefasst hätte, dies im Hinblick auf das nach § 5 Abs.1 BSchAV dann maßgebliche Vergleichseinkommen nach dem Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A7 nicht anspruchsbegründend.
Denn der Kläger hat lediglich einen qualifizierenden Hauptschulabschluss erworben, der einer abgeschlossenen Mittelschulausbildung oder gleichwertiger oder höherer Schulausbildung im Sinne von § 5 Abs.1 BSchAV nicht gleich steht. Nachdem eine fünfjährige selbstständige Tätigkeit jedoch einer abgeschlossenen Berufsausbildung gleich steht, wäre somit bei einer unterstellten Tätigkeit als selbstständiger Antiquitätenhändler ein Durchschnittseinkommen des Endgrundgehaltes der Besoldungsgruppe A7 maßgeblich gewesen (§ 5 Abs.1 und 3 BSchAV). Insoweit wären ab 01.07.2008 2.298,00 EUR und ab 01.07.2009 2.355,00 EUR maßgeblich gewesen. Auch dieses Vergleichseinkommen liegt unter dem bereits zugrunde gelegten Vergleichseinkommen nach dem Durchschnittseinkommen eines Arbeiters der Leistungsgruppe 2 im Wirtschaftsbereich "Produzierendes Gewerbe insgesamt", das ab 01.07.2008 mit 2.411,00 EUR und ab 01.07.2009 mit 2.471,00 EUR anzusetzen war, wie vom Beklagten auch zutreffend vorgenommen.
In der mündlichen Verhandlung vom 01.12.2009 hat der Kläger ergänzend hervorgehoben, er wäre nach seiner Auffassung wahrscheinlich als Kunst- und Antiquitätenhändler in abhängiger Stellung tätig geworden. Somit sei gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 BSchAV das Einkommen eines kaufmännischen Angestellten der Leistungsgruppe II oder III zugrunde zu legen. Auch dieser Werdegang kann nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit festgestellt werden. Der aktenkundige Rentenversicherungsverlauf der Landesversicherungsanstalt Oberfranken und Mittelfranken vom 12.08.1999 enthält keinerlei Hinweise darauf, dass der Kläger in diesem Bereich bereits eine rentenversicherungspflichtige abhängige Tätigkeit vor dem Eintritt der Schädigung 1993 in Somalia aufgenommen hätte. Der vorstehend bezeichnete Versicherungsverlauf belegt vielmehr zweifelsfrei, dass der Kläger von 1990 bis 1992 diversen rentenversicherungspflichtigen Tätigkeiten als Arbeitnehmer (Arbeiter) nachgegangen ist, bevor er am 04.10.1993 zum Grundwehrdienst eingezogen worden ist. Der Beklagte hat somit völlig zutreffend gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 BSchAV das Durchschnittseinkommen eines Arbeiter der Leistungsgruppe 2 - angelernter Arbeiter - im Wirtschaftsbereich "produzierendes Gewerbe insgesamt" zugrunde gelegt. Denn, wie bereits eingangs festgestellt, errechnet sich das Vergleichseinkommen aus dem monatlichen Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der die Beschädigten ohne die Schädigung nach ihren Lebensverhältnissen, Kenntnissen und Fähigkeiten und den bisher betätigten Arbeits- und Ausbildungswillen wahrscheinlich angehört hätten (§ 3 Abs. 5 Satz 1 BVG), also aus der Sicht ex ante vor dem Eintritt des schädigenden Ereignisses.
Nach alledem ist die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 29.06.2006 zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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