L 2 AS 94/09 B

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 46 AS 914/06
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 AS 94/09 B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zu den Voraussetzungen der Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers bei verweigerter Mitwirkung zur Aufklärung des Sachverhalts
I. Der Antrag des Beschwerdeführers, ihm Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens zu gewähren, wird abgelehnt.

II. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom
16. Januar 2009 wird zurückgewiesen.



Gründe:

I.

In drei miteinander verbundenen Verfahren zu den Az.: S 46 AS 241/06, S 46 AS 275/06 und S 46 AS 914/06 begehrt der Beschwerdeführer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II). Zu den mit Beschluss vom 27.08.2008 verbundenen Verfahren bestellte sich mit Fax vom 27.08.2008 Rechtsanwalt Dr.von F. für den dortigen Kläger (jetzt Beschwerdeführer). Der Beschwerdeführer erklärte zugleich, er werde fortan von Rechtsanwalt von F. vertreten und nicht vom F. A-Stadt e.V., dessen Vorstand er sei. Erörterungstermine, die für den 29.08.2008 bzw. 31.10.2008 anberaumt waren, wurden auf Antrag des Bevollmächtigten des Beschwerdeführers aufgehoben.

Am 23.12.2008 verfügte das Sozialgericht die Ladung der Beteiligten auf den 16.01.2009 zu einem Erörterungstermin. Es ordnete hierzu das persönliche Erscheinen des Beschwerdeführers an. Die Ladung wurde dem Beschwerdeführer mit Postzustellungsurkunde vom 24.12.2008 durch Einlegen in den zu seiner Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt. Sie enthielt den Hinweis, dass Ordnungsgeld verhängt werden könne, falls der Beschwerdeführer unentschuldigt dem Termin fern bleiben sollte.

Am 12.01.2009, eingegangen bei Gericht am 13.01.2009, erklärte der Beschwerdeführer, er habe Rechtsanwalt von F. beauftragt und Prozesskostenhilfe beantragt. Ein Erscheinen zum Termin sei nicht möglich, solange die "Taten nicht den Fakten folgten". Er bitte, den Termin aufzuheben. Da der Bevollmächtigte des Klägers auf dem Empfangsbekenntnis vermerkte, er habe zwar das Empfangsbekenntnis, aber nicht die Ladung erhalten, wurde ihm diese per Fax am 13.01.2009 nochmals übermittelt und darauf hingewiesen, dass es bei dem Termin am 16.01.2009 bleiben werde.

Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 16.01.2009 erschien nach Aufruf der Sache für den Beschwerdeführer niemand. Mit Beschluss vom selben Tag legte das Sozialgericht dem Beschwerdeführer Ordnungsgeld in Höhe von 20,00 EUR auf, weil er unentschuldigt dem Termin fern geblieben war. In einem weiteren Beschluss lehnte das Sozialgericht die Gewährung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung von Rechtsanwalt von F. ab, weil die Klagen keine Erfolgsaussichten hätten.

Mit am 16.01.2009 eingegangenem Fax zeigte Rechtsanwalt von F. an, er habe das Mandat mit sofortiger Wirkung niedergelegt.

Der Ordnungsgeldbeschluss wurde dem Beschwerdeführer mit Postzustellungsurkunde vom 24.01.2009 zugestellt.

Dagegen legte er beim Bayer. Landessozialgericht am 16.02.2009 Beschwerde ein. Er rügte, er sei nicht ordnungsgemäß geladen worden, weil in der Ladung und im Protokoll vom 16.01.2009 sein Schreiben vom 12.01.2009 ignoriert worden sei. Darin habe er erklärt, er werde nicht mehr von dem F. A-Stadt e.V. vertreten, sondern durch Rechtsanwalt von F ... Weiter beantragte er, Prozesskostenhilfe zu gewähren und zu prüfen, ob die Verbindung der drei Klagen vor dem Sozialgericht Sinn mache.

Der Beschwerdeführer beantragt,
ihm Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens zu gewähren und den Ordnungsgeldbeschluss des Sozialgerichts München vom 16.01.2009 aufzuheben.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gemäß § 136 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Inhalt der beigezogenen Akten Bezug genommen.

II.

Der Beschwerdeführer hat keinen Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens. Nach § 73a Abs.1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) kann einem Beteiligten auf Antrag bei ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Erfolgsaussicht des Beschwerdeverfahrens gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 16.01.2009, mit dem dem Beschwerdeführer 20,00 EUR Ordnungsgeld wegen unentschuldigten Fernbleibens vom Termin auferlegt wurden, ist zu verneinen.

Zu Recht legte das Sozialgericht dem Beschwerdeführer Ordnungsgeld für sein unentschuldigtes Fernbleiben vom Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 16.01.2009 auf. Nach §§ 111, 202 SGG in Verbindung mit § 141 ZPO kann das persönliche Erscheinen eines Beteiligten zur mündlichen Verhandlung bzw. zum Erörterungstermin angeordnet werden und derjenige, der der Anordnung nicht Folge leistet, mit Ordnungsgeld wie ein im Vernehmungstermin nicht erschienener Zeuge belegt werden. Ob der Vorsitzende eine Anordnung nach § 111 SGG treffen will, steht in seinem Ermessen. Hält er zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vor der gesamten Kammer eine Erörterung und Beweiserhebung für notwendig, so kann er hierzu das persönliche Erscheinen eines Beteiligten anordnen. Zwar lässt sich der Ladung und der Begründung des Ordnungsgeldbeschlusses nicht entnehmen, inwieweit der Kammervorsitzende die Erörterung des Sachverhalts mit dem Beschwerdeführer für nötig gehalten hat, jedoch ist aus der Klageerhebung und dem Verlauf des Verfahrens zu ersehen, dass Erörterungsbedarf bestanden hat. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die vom Kläger verweigerte Mitwirkung zur Aufklärung des Sachverhalts, ob die medizinischen Voraussetzungen für die Anrechnung eines Mehrbedarfs für kostenaufwendige Ernährung gegeben ist. Insoweit lässt sich anhand der Akten die Ermessenserwägung des Kammervorsitzenden nachvollziehen. Das persönliche Erscheinen des Beschwerdeführers konnte angeordnet werden. In der Ladung war er auf die Folgen eines unentschuldigten Fernbleibens, nämlich auf Auferlegung von Ordnungsgeld bis zu 1.000,00 EUR, hingewiesen worden. Unbestritten ist er im Termin vom 16.01.2009 nicht erschienen.

Die Voraussetzungen zur Verhängung von Ordnungsgeld gemäß § 111 SGG in Verbindung mit § 141 Abs.3 ZPO, der seinerseits auf die Vorschriften der Zeugenvernehmung gemäß §§ 380 ff. ZPO verweist, lagen damit vor. Nach § 380 ZPO sind einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten sowie ein Ordnungsgeld aufzuerlegen.

Voraussetzung ist somit die ordnungsgemäße Ladung des Beschwerdeführers. Ausweislich der Postzustellungsurkunde vom 24.12.2008 wurde dem Beschwerdeführer die Ladung zum Termin auf den 16.01.2009 an diesem Tag durch Einlegen in seinen zur Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt. Als Adressat war allein der Beschwerdeführer genannt. Lediglich die Adresse war um den Zusatz "F.-A-Stadt e.V." ergänzt gewesen. Zugleich wurde der damals für den Beschwerdeführer bestellte Bevollmächtigte, Rechtsanwalt von F., geladen. Der Vortrag des Beschwerdeführers, es habe keine ordnungsgemäße Ladung stattgefunden, ist für den Senat in Anbetracht dieser Tatsachen nicht nachvollziehbar. Allenfalls könnte das Vorbringen des Beschwerdeführers dahin verstanden werden, dass er meint, ihm hätte vorab Prozesskostenhilfe bewilligt werden müssen, bevor sein persönliches Erscheinen zum Termin angeordnet werden durfte. Hierfür findet sich jedoch keine gesetzliche Grundlage. Im Übrigen wurde der Beschwerdeführer in der Ladung darauf hingewiesen, dass er auch dann zu erscheinen habe, wenn für ihn ein Prozessbevollmächtigter tätig werde. Die Voraussetzungen zur Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen den Beschwerdeführer waren erfüllt.

Auch die Höhe des durch das Sozialgericht festgesetzten Ordnungsgeldes begegnet keinen Bedenken. Das Ordnungsgeld in Höhe von 20,00 EUR bewegt sich nahezu am untersten Rand des von Art.6 EGStGB vorgegebenen Rahmens von 5,00 EUR bis
1.000,00 EUR und ist der finanziellen Situation des Beschwerdeführers angemessen. Hinsichtlich der Höhe brachte der Beschwerdeführer keine Einwendungen vor; solche sind auch nicht zu erkennen.

Da die Beschwerde, wie dargelegt, keine Aussicht auf Erfolg hat und die Beurteilung der Sach- und Rechtslage auch zum Zeitpunkt der Antragstellung am 27.08.2008 nicht anders war, konnte Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens nicht bewilligt werden.

Dem Gesuch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe war nicht stattzugeben; die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 16.01.2009 war zurückzuweisen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved