Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 12 U 59/08
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 98/09 B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Die einem säumigen Sachverständigen gesetzte Frist zur Abgabe des Gutachtens sowie die nachfolgende Nachfrist müssen eindeutig bestimmbar sein, bevor Ordnungsgeld verhängt weden kann.
I. Auf die Beschwerde wird der Ordnungsgeldbeschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 12.02.2009 aufgehoben.
II. Dem Beschwerdeführer sind die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens aus der Staatskasse zu erstatten.
III. Im Übrigen werden keine Kosten erhoben.
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen ihm auferlegtes Ordnungsgeld.
Mit Beschluss vom 22.04.2008 war der Beschwerdeführer auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit der Erstattung eines Gutachtens nach Aktenlage beauftragt worden. Ihm war aufgegeben worden darzulegen, ob das von der Klägerin angeschuldigte Ereignis vom 06.02.1992 wesentlich mitursächlich war für die später aufgetretenen Hörstörungen und wie hoch die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit sei. Anfragen des Bevollmächtigten der Klägerin vom 30.05.2008 und 05.11.2008 nach dem voraussichtlichen Fertigstellungstermin für das Gutachten übersandte das Sozialgericht dem Beschwerdeführer. Mit Schreiben vom 06.11.2008 bat es um Mitteilung, bis wann mit dem Eingang des Gutachtens zu rechnen sei bzw. welche Gründe einer Fertigstellung entgegenstünden. Der Beschwerdeführer teilte am 24.11.2008 mit, das Gutachten werde in voraussichtlich sechs Wochen eingehen. Mit beim Sozialgericht am 07.01.2009 eingegangenem Schreiben erklärte der Beschwerdeführer, organisatorische Gründe hätten zu einer Verzögerung geführt; mit der Vorlage des Gutachtens sei voraussichtlich am 07.02.2009 zu rechnen.
Im Schreiben vom 08.01.2009 nahm das Sozialgericht auf das vorerwähnte Schreiben des Beschwerdeführers Bezug und setzte ihm Frist zur Vorlage des Gutachtens auf den 07.02.2009. Zugleich kündigte es an, bei Nichteinhaltung der Vorlagefrist werde die Verhängung von Ordnungsgeld in Betracht gezogen. Das Schreiben wurde mit einfachem Brief versandt.
Mit Beschluss vom 12.02.2009 legte das Sozialgericht dem Beschwerdeführer Ordnungsgeld in Höhe von 500,00 EUR auf, weil das Gutachten innerhalb der bis 07.02.2009 gesetzten Nachfrist nicht eingegangen sei. Der Beschluss wurde dem Beschwerdeführer mit Postzustellungsurkunde vom 16.02.2009 zugestellt. Am 02.03.2009 ging das Gutachten beim Sozialgericht ein.
Gegen den Ordnungsgeldbeschluss legte der Beschwerdeführer am 09.03.2009 Beschwerde beim Sozialgericht ein, das die Beschwerde an das Bayer. Landessozialgericht zur Entscheidung weiterleitete. Der Beschwerdeführer gab an, organisatorische Gründe hätten zur Verzögerung der Gutachtenserstellung geführt. Das im Beschluss des Sozialgerichts erwähnte Schreiben vom 08.01.2009 habe er nicht erhalten. Er habe demnach keine Kenntnis von einer ihm gesetzten Nachfrist bis 07.02.2009 gehabt. Umfangreiche Nachforschungen in der Klinik hätten den Eingang des Schreibens nicht nachweisen lassen. Im Übrigen sei er seiner Pflicht zur Gutachtenserstattung nachgekommen. Er habe dem Gericht das Gutachten per Kurierdienst am 02.03.2009 übersandt.
Der Beschwerdeführer beantragt,
den Ordnungsgeldbeschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 12.02.2009 aufzuheben.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird gemäß § 136 Abs.2 SGG auf den Inhalt der beigezogenen Akten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 SGG) und begründet. Der Ordnungsgeldbeschluss vom 12.02.2009 war aufzuheben.
Nach § 118 SGG in Verbindung mit § 411 Abs.1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO) kann gegen den Sachverständigen nach Fristsetzung und fruchtlosem Ablauf einer Nachfrist ein zuvor angedrohtes Ordnungsgeld verhängt werden, wenn der Sachverständige seiner Verpflichtung zur Erstattung eines Gutachtens bis dahin nicht nachgekommen ist. Demnach muss dem Sachverständigen eine eindeutige Frist gesetzt worden sein, innerhalb derer er das Gutachten dem Gericht vorzulegen hat. Nach Ablauf dieser Frist bedarf es einer Nachfristsetzung und Androhung von Ordnungsgeld, bevor eine solche Maßnahme ergriffen werden kann. Aus dem Akteninhalt geht hervor, dass sich das Sozialgericht zwar mehrfach erkundigt hatte, bis wann mit dem Eingang des Gutachtens zu rechnen sei. Jedoch enthält erstmals das Schreiben vom 08.01.2009 eine eindeutig bestimmbare Frist zum 07.02.2009 für die Abgabe des Gutachtens. Unter Beachtung des Verfahrens nach
§ 411 Abs.1 und 2 ZPO hätte es erst nach fruchtlosem Ablauf der bis 07.02.2009 gesetzten Frist einer Nachfristsetzung bedurft. Erst dann hätte das Ordnungsgeld verhängt werden dürfen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Beschwerdeführer selbst in seinem Schreiben vom 05.01.2009 den Eingang des Gutachtens bis 07.02.2009 angekündigt hat. Darüber hinaus bestreitet der Beschwerdeführer den Zugang des vorerwähnten Schreibens des Sozialgerichts vom 08.01.2009. Da das Schreiben mit einfachem Brief bekannt gegeben wurde, lässt sich der Zugang an den Beschwerdeführer nicht nachweisen. Einfaches Bestreiten des Zugangs eines Schreibens genügt zwar in der Regel nicht, jedoch kommt hier hinzu, dass sich der Beschwerdeführer von sich aus am 05.01.2009 an das Sozialgericht gewandt und am 02.03.2009 das Gutachten übersandt hatte. Es deutet somit nichts darauf hin, dass er vor Zustellung des Ordnungsgeldbeschlusses, in dem das Schreiben vom 08.01.2009 erwähnt wurde, Kenntnis von der Frist- bzw. Nachfristsetzung hatte. Die gesetzlichen Voraussetzungen zur Verhängung von Ordnungsgeld lagen damit nicht vor.
Der Beschluss des Sozialgerichts vom 12.02.2009 war daher aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG, der hier Anwendung findet, weil der Beschwerdeführer nicht zu dem kostenprivilegierten Personenkreis des § 183 SGG gehört. Da die Beschwerde zur vollständigen Aufhebung des angefochtenen Beschlusses führt, hat die Staatskasse dem Beschwerdeführer die außergerichtlichen Kosten, sofern welche angefallen sind, zu erstatten. Der Senat folgt damit der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (Beschluss vom 01.07.2003 - L 13 KN 2951/02 B) sowie der Auffassung des Bundesfinanzhofes (BFH/NV 1994, 733 ff.). Danach sind in entsprechender Anwendung des § 467 Abs.1 Strafprozessordnung und § 46 Abs.1 Ordnungswidrigkeitengesetz der Staatskasse die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers für die Durchführung einer erfolgreichen Beschwerde aufzuerlegen. Von der Erhebung von Gerichtskosten war gemäß § 21 Gerichtskostengesetz abzusehen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
II. Dem Beschwerdeführer sind die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens aus der Staatskasse zu erstatten.
III. Im Übrigen werden keine Kosten erhoben.
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen ihm auferlegtes Ordnungsgeld.
Mit Beschluss vom 22.04.2008 war der Beschwerdeführer auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit der Erstattung eines Gutachtens nach Aktenlage beauftragt worden. Ihm war aufgegeben worden darzulegen, ob das von der Klägerin angeschuldigte Ereignis vom 06.02.1992 wesentlich mitursächlich war für die später aufgetretenen Hörstörungen und wie hoch die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit sei. Anfragen des Bevollmächtigten der Klägerin vom 30.05.2008 und 05.11.2008 nach dem voraussichtlichen Fertigstellungstermin für das Gutachten übersandte das Sozialgericht dem Beschwerdeführer. Mit Schreiben vom 06.11.2008 bat es um Mitteilung, bis wann mit dem Eingang des Gutachtens zu rechnen sei bzw. welche Gründe einer Fertigstellung entgegenstünden. Der Beschwerdeführer teilte am 24.11.2008 mit, das Gutachten werde in voraussichtlich sechs Wochen eingehen. Mit beim Sozialgericht am 07.01.2009 eingegangenem Schreiben erklärte der Beschwerdeführer, organisatorische Gründe hätten zu einer Verzögerung geführt; mit der Vorlage des Gutachtens sei voraussichtlich am 07.02.2009 zu rechnen.
Im Schreiben vom 08.01.2009 nahm das Sozialgericht auf das vorerwähnte Schreiben des Beschwerdeführers Bezug und setzte ihm Frist zur Vorlage des Gutachtens auf den 07.02.2009. Zugleich kündigte es an, bei Nichteinhaltung der Vorlagefrist werde die Verhängung von Ordnungsgeld in Betracht gezogen. Das Schreiben wurde mit einfachem Brief versandt.
Mit Beschluss vom 12.02.2009 legte das Sozialgericht dem Beschwerdeführer Ordnungsgeld in Höhe von 500,00 EUR auf, weil das Gutachten innerhalb der bis 07.02.2009 gesetzten Nachfrist nicht eingegangen sei. Der Beschluss wurde dem Beschwerdeführer mit Postzustellungsurkunde vom 16.02.2009 zugestellt. Am 02.03.2009 ging das Gutachten beim Sozialgericht ein.
Gegen den Ordnungsgeldbeschluss legte der Beschwerdeführer am 09.03.2009 Beschwerde beim Sozialgericht ein, das die Beschwerde an das Bayer. Landessozialgericht zur Entscheidung weiterleitete. Der Beschwerdeführer gab an, organisatorische Gründe hätten zur Verzögerung der Gutachtenserstellung geführt. Das im Beschluss des Sozialgerichts erwähnte Schreiben vom 08.01.2009 habe er nicht erhalten. Er habe demnach keine Kenntnis von einer ihm gesetzten Nachfrist bis 07.02.2009 gehabt. Umfangreiche Nachforschungen in der Klinik hätten den Eingang des Schreibens nicht nachweisen lassen. Im Übrigen sei er seiner Pflicht zur Gutachtenserstattung nachgekommen. Er habe dem Gericht das Gutachten per Kurierdienst am 02.03.2009 übersandt.
Der Beschwerdeführer beantragt,
den Ordnungsgeldbeschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 12.02.2009 aufzuheben.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird gemäß § 136 Abs.2 SGG auf den Inhalt der beigezogenen Akten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 SGG) und begründet. Der Ordnungsgeldbeschluss vom 12.02.2009 war aufzuheben.
Nach § 118 SGG in Verbindung mit § 411 Abs.1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO) kann gegen den Sachverständigen nach Fristsetzung und fruchtlosem Ablauf einer Nachfrist ein zuvor angedrohtes Ordnungsgeld verhängt werden, wenn der Sachverständige seiner Verpflichtung zur Erstattung eines Gutachtens bis dahin nicht nachgekommen ist. Demnach muss dem Sachverständigen eine eindeutige Frist gesetzt worden sein, innerhalb derer er das Gutachten dem Gericht vorzulegen hat. Nach Ablauf dieser Frist bedarf es einer Nachfristsetzung und Androhung von Ordnungsgeld, bevor eine solche Maßnahme ergriffen werden kann. Aus dem Akteninhalt geht hervor, dass sich das Sozialgericht zwar mehrfach erkundigt hatte, bis wann mit dem Eingang des Gutachtens zu rechnen sei. Jedoch enthält erstmals das Schreiben vom 08.01.2009 eine eindeutig bestimmbare Frist zum 07.02.2009 für die Abgabe des Gutachtens. Unter Beachtung des Verfahrens nach
§ 411 Abs.1 und 2 ZPO hätte es erst nach fruchtlosem Ablauf der bis 07.02.2009 gesetzten Frist einer Nachfristsetzung bedurft. Erst dann hätte das Ordnungsgeld verhängt werden dürfen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Beschwerdeführer selbst in seinem Schreiben vom 05.01.2009 den Eingang des Gutachtens bis 07.02.2009 angekündigt hat. Darüber hinaus bestreitet der Beschwerdeführer den Zugang des vorerwähnten Schreibens des Sozialgerichts vom 08.01.2009. Da das Schreiben mit einfachem Brief bekannt gegeben wurde, lässt sich der Zugang an den Beschwerdeführer nicht nachweisen. Einfaches Bestreiten des Zugangs eines Schreibens genügt zwar in der Regel nicht, jedoch kommt hier hinzu, dass sich der Beschwerdeführer von sich aus am 05.01.2009 an das Sozialgericht gewandt und am 02.03.2009 das Gutachten übersandt hatte. Es deutet somit nichts darauf hin, dass er vor Zustellung des Ordnungsgeldbeschlusses, in dem das Schreiben vom 08.01.2009 erwähnt wurde, Kenntnis von der Frist- bzw. Nachfristsetzung hatte. Die gesetzlichen Voraussetzungen zur Verhängung von Ordnungsgeld lagen damit nicht vor.
Der Beschluss des Sozialgerichts vom 12.02.2009 war daher aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG, der hier Anwendung findet, weil der Beschwerdeführer nicht zu dem kostenprivilegierten Personenkreis des § 183 SGG gehört. Da die Beschwerde zur vollständigen Aufhebung des angefochtenen Beschlusses führt, hat die Staatskasse dem Beschwerdeführer die außergerichtlichen Kosten, sofern welche angefallen sind, zu erstatten. Der Senat folgt damit der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (Beschluss vom 01.07.2003 - L 13 KN 2951/02 B) sowie der Auffassung des Bundesfinanzhofes (BFH/NV 1994, 733 ff.). Danach sind in entsprechender Anwendung des § 467 Abs.1 Strafprozessordnung und § 46 Abs.1 Ordnungswidrigkeitengesetz der Staatskasse die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers für die Durchführung einer erfolgreichen Beschwerde aufzuerlegen. Von der Erhebung von Gerichtskosten war gemäß § 21 Gerichtskostengesetz abzusehen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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